Schnell hat man mal behauptet, durch angebliches anwaltliches Versagen, durch Falschberatung oder ähnliches sei einem ein exorbitanter Schaden entstanden. Offenkundig hat eine Mandatin die ursprünglich von ihr beauftragte Anwaltskanzlei ziemlich verärgert, ansonsten hätte diese kaum negative Feststellungsklage gegen die ehemalige Mandantin erhoben, dass dieser die behaupteten Schadenersatzansprüche nicht zustehen. Immerhin ging es um Ansprüche in einer behaupteten Größenordnung von 150.000€.
Die verklagte Mandantin verlor den Rechtsstreit über 2 Instanzen, die von ihr eingelegte (kostenpflichtige) Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH wurde späterhin zurückgenommen. Diese Behauptung hat nun ein Vermögen an Anwalts- und Gerichtskosten verschlungen, wie nachfolgende Rechnung zeigt:
16.049,32€ Kosten I. Instanz incl. außergerichtlicher Kosten mit Anrechnung
17.306,92€ Kosten II. Instanz
   6.221,45€ Nichtzulassungsbeschwerde (geschätzt mindestens)
39.577,69€ (Tolles) Ergebnis

Bei vorstehender Rechnung wurde die Widerklage nicht streitwerterhöhend berücksichtigt. Nachfolgender Beschluss des BGH beschreibt die vergeblichen Bemühungen der Rechtsanwälte der Mandantin, die Kostenfolgen der unbedachten Behauptung zu minimieren.

BGH, Beschluss vom 09. Juni 2015 – IX ZR 257/14 –, juris
vorgehend OLG Rostock, 3. November 2014, Az: 6 U 12/13
vorgehend LG Schwerin, 13. Februar 2013, Az: 3 O 284/12

Tenor

Die Gegenvorstellung der Beklagten gegen die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Beschluss vom 30. April 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beklagte wurde von den Mitgliedern einer Anwaltssozietät auf Feststellung verklagt, dass keine Anwalthaftungsansprüche der Beklagten in Höhe von 150.000 € gegen die Sozietät aufgrund der anwaltlichen Beratung in einem Scheidungsverfahren bestünden. Widerklagend hat die Beklagte von der Anwaltssozietät die Zahlung von 10.000 € Schadensersatz begehrt. Der Klage wurde stattgegeben, die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen. Der Senat hat der Beklagten die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auferlegt und den Streitwert auf 150.000 € festgesetzt. Gegen die Streitwertfestsetzung hat die Beklagte am 24. Mai 2015 „Beschwerde“ eingelegt.

II.

Das Schreiben der Beklagten vom 24. Mai 2015 ist als Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 30. April 2015 auszulegen, weil nach § 68 Abs. 2 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 – XII ZB 113/11, nv Rn. 3). Die Gegenvorstellung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist binnen der in § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG analog bestimmten Frist eingelegt worden (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2014 – XI ZR 362/12, nv Rn. 2; vom 29. Juni 2011, aaO; vgl. zum Beginn der Frist Jäckel, BeckOK Kostenrecht, 2015, § 63 Rn. 31 für § 516 Abs. 3 ZPO). Jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG, § 78 Abs. 3 ZPO bedurfte die Beklagte hierzu auch keiner anwaltlichen Vertretung.

Doch besteht kein Anlass zu einer abweichenden Streitwertfestsetzung. Bei der negativen (leugnenden) Feststellungsklage ist wegen der vernichtenden Wirkung des obsiegenden Urteils der Streitwert so hoch zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt, also ohne Feststellungsabschlag (BGH, Beschluss vom 29. April 2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352, 353; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 unter dem Stichwort Feststellungsklagen). Durch die Erhebung der Widerklage hat sich der Streitwert jedenfalls nicht verringert (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2003, 236 f). Ob die negative Feststellungsklage durch die Leistungswiderklage in Höhe des Klageantrags (10.000 €) unzulässig geworden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 7d f), kann dahinstehen. Denn die Höhe des Streitwerts wird zumindest vorliegend von der Zulässigkeit der Klage nicht berührt.

Dass die Beklagte sich gegenüber den Klägern einer irrealen Forderung berühmt hätte (vgl. Zöller/Herget, aaO § 3 Rn. 16 unter dem Stichwort Feststellungsklagen), macht die Beklagte nicht geltend, wurde von den Tatsacheninstanzen nicht festgestellt und ergibt sich so nicht aus den Akten.