Hier ein Beitrag von Sebastian Rübbert vom 1.5.2011 im
Zwangsvollstreckung abgewendet

Burg Scharfenstein: Lösung mit Zukunft gesucht

Nachdem die Burg Scharfenstein im Obereichsfeld mit Millionenaufwand saniert und restauriert worden ist, richtet sich die Hoffnung vieler Eichsfelder Heimatfreunde jetzt auf die seit Jahren verschlossene Burg Gleichenstein. Auch sie, wird immer wieder gefordert, sollte wieder geöffnet und für den Tourismus zugänglich gemacht werden.
Zwangsvollstreckung abgewendet

Trutziges Gemäuer auf dem Bergsporn: Historische Ansicht der Burg Scharfenstein mit der Wachstedter Pfarrkirche.

© EF

Genau darum bemüht sich derzeit der Mühlhäuser Rechtsanwalt Carsten Oehlmann. Ihm ist es bereits gelungen, eine drohenden Zwangsversteigerung der Burg abzuwenden, außerdem bemüht er sich darum, mit der Betreibergesellschaft der Burg eine zukunftsträchtige Lösung zu finden. Dabei ist der Jurist durchaus zuversichtlich gestimmt. „Ich habe schon mehrere ähnliche Projekte auf den Weg gebracht“, betont Oelmann im Tageblatt-Gespräch. Beim Wachstedter Bürgermeister Leander Lins (parteilos) stößt das Vorhaben auf offene Ohren: „Die oberhalb des Ortes auf einem Bergsporn gelegene Burg wäre auch für unser Dorf ein touristischer Magnet.

Um eine Wiederbelebung der Burg Gleichenstein war auch ihr ehemaliger Besitzer, Winfried von Schutzbar genannt Milchling, über Jahre hinweg bemüht. Das historische Gebäude hatte seit 1937 im Besitz seiner aus Nordhessen stammenden Familie gestanden und ihr als Wohn- und Betriebsstätte eines etwa 90 Hektar großen landwirtschaftlichen Betriebes gedient – bis zum Eintreffen der sowjetischen Besatzungstruppen in Thüringen. Das damals von Wolfgang von Schutzbar geleitete Anwesen wurde schnell im Rahmen der anlaufenden Bodenreform enteignet. Schutzbar konnte sich durch Flucht der Verhaftung entziehen. Stattdessen wanderte aber damals sein Sohn Winfried, damals 14 Jahre alt, ins Geheimdienst-Gefängnis in Mühlhausen, heute „Haus des Todes“ genannt.

Es folgten für den Jungen viele Verhöre, schwere Haftbedingungen und auch Misshandlungen, ehe der Jugendliche dann plötzlich und unerwartet frei gelassen wurde. Die Familie floh in den Westen nach Nesselröden im Ringgau, und für lange Zeit war damit für die Schutzbars das Kapitel Gleichenstein vorerst beendet.

Erst in den Jahren des kleinen Grenzverkehrs konnte Winfried von Schutzbar dann wieder nach Wachstedt und zur Burg reisen, die er allerdings offiziell nicht betreten durfte. Nur durch die Vermittlung eines Försters konnte er sie heimlich besichtigen. Inzwischen war dort ein Ferienheim für Kinder von Beschäftigten der Firma Sachsenring eingerichtet worden, die den Trabant produzierte.

Es folgten viele Besuche in den Dörfern rund um den Gleichenstein, und als dann schließlich die Wende kam, bemühte sich Schutzbar gemeinsam mit seinem Sohn Ralf um die Rückgabe der Burg – allerdings vergeblich. Von der mit Abwicklungsfragen beauftragten Treuhand wurde darauf verwiesen, dass in den Vereinigungs-Verträgen die Beibehaltung der Bodenreformergebnisse von den Sowjets Voraussetzung für eine Zustimmung zur Einigung sei. Das wird heute von einige Geschichtsforscher angezweifelt, nachdem auch der damalige sowjetische Staatschef Michael Gorbatschow bekundet hatte, ihm seien solche Vorgaben nicht bekannt. Immerhin konnte Schutzbar eine Zeit lang die Burg pachten mit der Aussicht, sie eines Tages wieder per Kauf zurückzugewinnen und sie wieder für die Öffentlichkeit zu öffnen. Doch auch dieses Vorhaben scheiterte, da das Gebäude zwischenzeitlich an einen Falkner aus Süddeutschland verkauft worden war.

Dennoch hat Schutzbar die Hoffnung noch nicht aufgegeben und prozessiert weiter um sein Erbe. Dabei steht bei dem inzwischen 80-Jährigen nicht mehr so sehr der Wunsch nach Rückübertragung der Burg im Vordergrund, sondern das Ziel, rehabilitiert zu werden. Schließlich sei die Enteignung damals in der DDR doch unter Argumentationen und Behauptungen gelaufen, in denen Kriegsverbrecher und NSDAP-Angehörige eine große Rolle spielten. Schutzbar wörtlich: „Das alles war bei unserer Familie nicht der Fall, und so geht es mir in erster Linie um die Rehabilitierung. Ich möchte nicht bis an mein Lebensende offiziell als Kriegsverbrecher oder Nazi gelten“. Unter diesem fadenscheinigen Vorwand sei die Familie letztendlich enteignet worden, weil die vorgesehene 100-Hektar-Grenze bei ihrem Betrieb nicht habe greifen können.