Nachfolgend ein Beitrag vom 30.1.2018 von Götsche, jurisPR-FamR 2/2018 Anm. 7

Leitsätze

1. Die Beweislast dafür, dass eine Sache dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache zu dienen bestimmt ist und die Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sind, trifft denjenigen, der sich auf die Zubehöreigenschaft beruft. Derjenige, der sich auf eine Verkehrsanschauung i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB beruft, die der Annahme der Zubehöreigenschaft der Sache entgegensteht, hat diese Verkehrsauffassung darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen.
2. Lässt sich eine die Zubehöreigenschaft ausschließende Verkehrsauffassung nicht feststellen, ist die Sache als Zubehör zu qualifizieren, da für das Vorliegen einer entgegenstehenden Verkehrsauffassung keine Vermutung besteht.

A. Problemstellung

Bei Haushaltsgegenständen stellt sich häufig die Frage, ob es sich dabei um Zubehör i.S.d. § 97 Abs. 1 BGB handelt oder eben nicht. Wer trägt dafür die Darlegungs- und Beweislast?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Eheleute leben getrennt. Sie hatten während ihres Zusammenlebens ein Grundstück in der Türkei erworben, auf dem ein Ferienhaus errichtet wurde. Dieses wurde mit einer Standardeinbauküche ausgestattet, für die die Antragsgegnerin zwei Monate vor der Trennung drei Einbauelektrogeräte (Kühlschrank, Backofen, Kochfeld) kaufte und in die ansonsten bereits ins Haus eingepasste Küche einbauen ließ.
Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Eheleute einen Vergleich. In diesem heißt es unter Ziff. 1: „Der Antragsteller zahlt an die Antragsgegnerin 19.000 Euro Zug um Zug gegen Übertragung und Übereignung des Grundstücks sowie der wesentlichen Bestandteile (insbesondere des erbauten Hauses) in A., Provinz […], ….“
Die Antragsgegnerin hat die drei Elektrogeräte nach Vergleichsschluss unstreitig ausgebaut und mitgenommen. Der Antragsteller hat deshalb 1.300 Euro einbehalten und nur 17.700 Euro an die Antragsgegnerin gezahlt und – nachdem die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich betrieben hat – dagegen Vollstreckungsabwehrklage erhoben. Die Antragsgegnerin hat sich darauf berufen, dass die Geräte auch nach dem Einbau ihr Eigentum gewesen seien.
Das OLG Bremen hat dem Antrag stattgegeben und die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig erklärt.
Die bei Vergleichsschluss vorhandene Einbauküche samt der in ihr befindlichen drei Einbauelektrogeräte seien vom Vergleich in dem Sinne mitumfasst, dass die Antragsgegnerin sie Zug um Zug gegen Zahlung von 19.000 Euro zu übereignen hatte. Gemäß § 311c BGB erstrecke sich die Verpflichtung zur Veräußerung einer Sache im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache. Es handele sich hier um Zubehör i.S.d. § 97 Abs. 1 BGB, da die Einbaugeräte unstreitig dem Zweck des Ferienhauses, ein Wohnen und Leben dort in den Ferien zu ermöglichen, dienten.
Der Antragsteller habe insoweit seiner Darlegungslast genügt. Die Antragsgegnerin trage dagegen die Darlegungs- und Beweislast bezüglich einer dieser Zubehöreigenschaft entgegenstehenden Verkehrsauffassung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB oder für einen Einwand nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BGB dergestalt, dass keine Zubehöreigenschaft vorliege, weil die Einbauelektrogeräte nur vorübergehend zur Benutzung eingebaut worden seien. Beidem sei sie nicht nachgekommen.

C. Kontext der Entscheidung

Soweit im Vergleich auch die Übereignung der wesentlichen Bestandteile geregelt war, war zu berücksichtigen, dass Standardeinbauküchen in der Regel keine wesentlichen Bestandteile des Hauses bzw. der Wohnung sind (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 18.01.2017 – 13 UF 477/16 – FamRZ 2017, 1391).
Damit kam eine Übereignungspflicht der Antragsgegnerin für die Elektrogeräte letztendlich nur als erfasstes Zubehör in Betracht, weil dieses mangels vertraglicher Regelungen im Zweifel gemäß § 311c BGB miterfasst wird. Nach § 97 BGB sind Zubehör bewegliche Sachen, die kein Bestandteil der Hauptsache sind. Zubehör ist der Hauptsache wirtschaftlich untergeordnet, rechtlich jedoch selbstständig. Erforderlich ist zudem eine wirtschaftliche Zweckbindung: Das Zubehör muss aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit oder anderen nach der Verkehrsanschauung maßgeblichen Umständen dem Zweck der Hauptsache dienen. So dient z.B. eine eingebaute Alarmanlage der Sicherung der Eigentumswohnung, bzw. ist eine Orgel Zubehör eines Kirchengebäudes. Dass Kücheneinbaugeräte Zubehör der Küche bzw. dann des gesamten Hauses darstellen, entspricht der Verkehrsanschauung. Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Darlegungs- und Beweislast:
Der (sich auf die Pflicht zur Übereignung der Geräte berufende) Antragsteller musste allein darlegen, dass die Geräte dem Betrieb der Küche dienten, was im Allgemeinen unschwer möglich sein wird und hier auch unstreitig war. Damit lag im Grundsatz eine Zubehöreigenschaft vor. Jetzt musste die Antragsgegnerin Gegenausnahmen darlegen (anderweitige Verkehrsauffassung oder nur vorübergehend eingebaut), was im Allgemeinen schwer fallen wird und hier durch sie auch nicht mit Tatsachen belegt werden konnte.

D. Auswirkungen für die Praxis

Um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollten die im Zuge einer Grundstückübertragung miterfassten (werthaltigen) Gegenstände des Zubehörs möglichst im Vergleich mit aufgezählt werden. Gerade wenn ein Ehegatte Gegenstände in das Haus eingebracht/eingebaut hat und diese mitnehmen möchte, wird er anderenfalls in vielen Fällen Gefahr laufen, dass diese zumindest als Zubehör von der insoweit auslegungsbedürftigen Vertragsregelung miterfasst werden.

Küchengeräte als Zubehör eines zu veräußernden Hauses
Denise HübenthalRechtsanwältin
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