Nachfolgend ein Beitrag von Matthias Schenke vom 17.5.2010 in der
Ein Untersuchungsausschuss des Schlotheimer Stadtrats soll Ungereimtheiten im Zusammenhang mit kommunalen Wohnungen aufklären. Vorangekommen ist er nicht. Das wird auf die mangelnde Kooperations-Bereitschaft des Beigeordneten geschoben. Der weist diese Vorwürfe zurück.
Für Schlotheims Finanzprobleme scheint auch die ungeklärte Badbau-Finanzierung ein Grund zu sein. Foto: Daniel Volkmann
Schlotheim. Neue Fakten sind zum Seiler-Bad aufgetaucht: Dessen Bau wurde offenbar verdeckt finanziert. Schon Anfang dieses Jahres sollte der im Dezember 2009 gebildete Sonderausschuss des Stadtrats einen Bericht geben. Er untersucht im Zusammenhang mit einem Prüfbericht des Landesrechnungshofs Zusammenhänge mit dem Verkauf von 360 städtischen Wohnungen an die Investorengruppe Kommunalfonds Ost. Ende der 90er Jahre wurde das Geschäft abgewickelt, zu einem Zeitpunkt, als schon viele Wohnungen leer standen. Die Schlotheimer Firma OPG hatte in der Folge die Verwaltung und Sanierung übernommen, nachdem die Stadt die Wohnungen vom Kommunalfonds zurückgemietet hatte (unsere Zeitung berichtete).
Warum die Stadt die Wohnungen nach dem Verkauf wieder angemietet hat, das ist nicht nur Bürgermeisterin Margita Otto (FDP) unerklärlich. Im Vertrag verpflichtete sich der Kommunalfonds im Gegenzug, umgerechnet 8,5 Millionen Euro für die Sanierung der Wohnungen auszugeben. 850 000 Euro musste die die Stadt jährlich als Miete an den Fonds zahlen. Ab diesem Jahr und bis 2035 sind 1,2 Millionen Euro fällig. Schlotheim verweigert ab sofort die Rückzahlung. 5,20 Euro je Quadratmeter hätte ab diesem Jahr laut Vertrag von den Mietern kassiert werden müssen. „Für Schlotheim völlig unrealistisch“, sagt die Bürgermeisterin. Zudem stehen 45 Prozent der Wohnungen leer, für die Mieteinnahmen fehlen. Den Vertrag mit dem Kommunalfonds will die Stadt unter dem Aspekt der „Sittenwidrigkeit“ anfechten. „Wir wollen nachweisen, dass eben keine 8,5 Millionen Euro für die Sanierung der Wohnungen ausgegeben wurden“, weist Margita Otto auf einen Ansatzpunkt hin. Um eben diesen Nachweis führen zu können, fordert sie von Ullrich Gnehr jetzt entsprechende Unterlagen. Er war seinerzeit Planer für die Sanierung und ist heute mit SPD-Parteibuch Erster Beigeordneter der Stadt.
Gnehr und sein Anwalt, Carsten Oehlmann aus Mühlhausen, sehen keinen „Rechtsgrund“ dafür, die Unterlagen herauszugeben. Nur seinem Auftraggeber, also der OPG, ist Gnehr nach seiner Ansicht rechenschaftspflichtig. Die Firma sei aber vor Jahren bereits verkauft worden, an ein Unternehmen aus Mühlhausen, eine Umschlag- und Lagergesellschaft. Wenn, dann müsste die Auskünfte geben. „Versuche hat die Stadt gestartet, bisher aber keine Antwort bekommen“, berichtet Otto von diesem Schauplatz. Anwalt Oehlmann gibt seinem Mandanten Rückendeckung: „Sowohl die OPG, das Projektierungsbüro als auch Architekt Gnehr haben den Komplettnachweis dafür vorgelegt, dass die genannten 8,5 Millionen Euro verbaut worden sind“, sagt er.
Berücksichtigen müsse man allerdings, dass aus dieser Summe allein für 2,2 Millionen Euro das Seilerbad gebaut worden sei. Unter „Verbesserung der Infrastruktur“ sei dieses Projekt bei den Investitionen enthalten gewesen, auf Wunsch des damaligen Bürgermeisters, berichtet der Anwalt. Gleiches gelte für die Jugendunterkunft mit 350 000 Euro. Rechnet Oehlmann die dann verbleibenden Kosten auf den Quadratmeter zu sanierende Wohnfläche um, gelangt er zu einem Betrag in Höhe von 385 Euro pro Quadratmeter. Mit Sittenwidrigkeit hat das für ihn nichts zu tun. Der damalige Verkauf der Wohnungen mit Sanierung und Rückanmietung sei schlichtweg ein sehr teures Mittel der Kreditbeschaffung für die Stadt Schlotheim gewesen. Faktisch, so Oehlmann, bedeute es, dass die Wohnungsmieten den damaligen Kaufpreis, die Sanierungskosten sowie die Kosten für das Hallenbad abdecken müssen. „Das kann selbstverständlich so nicht funktionieren“, fasst der Anwalt zusammen. Dass der Bau des Bads mit über die Rechnung für die Wohnungen lief, „vermutet“ Bürgermeisterin Otto. Belegen kann sie es nicht. Dafür würden eben die Unterlagen fehlen, ist sie wieder beim Ausgangspunkt angelangt. Auch das Land fordere für Finanzhilfen diesen Nachweis. Für das Mauern von Gnehr hätte sie Verständnis. „Wenn er sich mit der Herausgabe der Akten selbst ein Bein stellen würde.“ Ansonsten sieht sie keinen Grund für das Verhalten ihres ersten Stellvertreters.