Nachfolgend ein Beitrag vom 23.3.2017 von Schach, jurisPR-MietR 6/2017 Anm. 2

Leitsatz

1. Eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen (Fortführung von BGH, Urteile v. 27.06.2007 – VIII ZR 271/06 – NJW 2007, 2845 Rn. 15; v. 16.07.2009 – VIII ZR 231/08 – NJW 2009, 2738 Rn. 13 f. und v. 23.11.2011 – VIII ZR 74/11 – NJW-RR 2012, 237 Rn. 23).
2a. Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet (Bestätigung von BGH, Urteile v. 09.07.2003 – VIII ZR 276/02 – NJW 2003, 2604 unter II 2, sowie VIII ZR 311/02 – WuM 2003, 463 unter II 1; v. 09.11.2005 – VIII ZR 339/04 – BGHZ 165, 75, 79; v. 04.06.2008 – VIII ZR 292/07 – NJW 2009, 1141 Rn. 12; v. 13.10.2010 – VIII ZR 78/10 – NJW 2010, 3775 Rn. 14 und v. 21.12.2011 – VIII ZR 166/11 – NJW-RR 2012, 341 Rn. 24).
2b. Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach sich (insoweit Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 166/11 – NJW-RR 2012, 341).

A. Problemstellung

Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich eine GbR auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen. Das ist im Schrifttum teilweise auf Kritik gestoßen. Unabhängig davon hat die GbR als (Außen-)Gesellschaft den Status einer Teilrechtsfähigkeit erhalten – während das Institut der Eigenbedarfskündigung eher auf natürliche Personen zugeschnitten ist. Daher hat sich die Frage gestellt, ob die bisherige Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung einer GbR aufrechterhalten werden kann.
Daneben war die Rechtsprechung des BGH zur Anbietpflicht einer Alternativwohnung und zu den Konsequenzen einer Verletzung dieser Pflicht (Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich) bisher konstant. Das vorliegende Urteil (im Umfang von fast 38 Seiten) festigt die Zulässigkeit der Eigenbedarfskündigung einer GbR und schwenkt auf einen Schadensersatzanspruch des gekündigten Mieters bei Verletzung der Anbietpflicht um.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Beklagten hatten im Jahr 1985 eine Fünf-Zimmer-Wohnung mit 166 m² in einem Mehrfamilienhaus in München gemietet. Der Vermieter/Eigentümer des Anwesens veräußerte später die Immobilie an die Klägerin, eine im Jahr 1991 gegründete, aus vier Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Nach dem Gesellschaftsvertrag besteht der Zweck der Gesellschaft in der „Instandsetzung, Modernisierung und dem Ausbau des Anwesens, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit der Aufteilung in Wohnungseigentum“. Im Jahr 1994 begann die Klägerin mit der Sanierung des Anwesens und der Aufteilung der Wohnungen, wobei einige inzwischen verkauft wurden. Die Wohnung der Beklagten ist die letzte Wohnung, die noch nicht saniert worden ist.
Im September 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und begründete dies mit Eigenbedarf der Tochter eines der Gesellschafter. Die Beklagten sind der Kündigung entgegengetreten.
Das Amtsgericht hatte die Klage auf Räumung und Herausgabe der streitigen Wohnung abgewiesen. Auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH sei die Kündigung der Klägerin wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam, weil die Klägerin treuwidrig versäumt habe, den Beklagten eine seit April 2014 leerstehende 76 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss anzubieten.
Auch die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat allerdings – unter bewusster Abweichung von der Rechtsprechung des BGH – die Auffassung vertreten, mit Rücksicht auf den u.a. in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgesehenen Bestands- und Verdrängungsschutz des Mieters dürfe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Wohnraummietvertrag nicht wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen kündigen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Räumungs- und Herausgabebegehren weiter.
Der VIII. Senat des BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache in die Instanz zurückverwiesen.
Die Sache sei nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zum Vorliegen des geltend gemachten Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB analog) und zu möglichen Härtegründen nach § 574 BGB getroffen habe.
Anders als das Berufungsgericht meine, finde § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB entsprechende Anwendung, wenn auf Vermieterseite eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts beteiligt sei. Der Kündigungstatbestand sei zwar seinem Wortlaut nach auf natürliche Personen zugeschnitten. Um eine solche handele es sich bei der Außen-GbR allerdings nicht, so dass eine direkte Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht komme. Eine Außen-GbR sei aber auch nicht als juristische Person zu qualifizieren, die sich nicht darauf berufen könne, eine von ihr vermietete Wohnung für sich selbst oder für Familien- oder Haushaltsangehörige zu benötigen, sondern sie stelle (lediglich) eine teilrechtsfähige Personengesellschaft dar (vgl. auch § 14 Abs. 2 BGB). Ihr komme nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine nach außen hin bestehende beschränkte Rechtsfähigkeit zu, so dass bei einer Teilnahme im Rechtsverkehr nicht mehr die gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter, sondern die Gesamthand selbst als ein von den Gesellschaftern verschiedenes Rechtssubjekt Träger der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten sei. Diese Teilrechtsfähigkeit mache sie, anders als dies bei juristischen Personen der Fall sei, aber nicht zu einem gegenüber ihren Gesellschaftern völlig verselbstständigten Rechtsobjekt. Denn der Umstand, dass die Gesellschaft selbst nun Teilrechtsfähigkeit besitze, zwinge im Hinblick darauf, dass hierdurch eine vollständige Abkoppelung von ihren Mitgliedern nicht vollzogen worden sei, nicht zu dem Schluss, die Interessen der Personenmehrheit, die diese Gesellschaft bilde, seien im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung des Mietverhältnisses rechtlich völlig unbeachtlich.
Umgekehrt reiche der Umstand, dass die Außen-GbR nicht die Rechtsstellung einer juristischen Person aufweise, für sich genommen noch nicht aus, sie im Rahmen der Eigenbedarfskündigung einer auf Vermieterseite auftretenden Mehrheit natürlicher Personen gleichzustellen. Weiter zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nicht zum Ziel habe, die bis dahin einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zukommende Rechtsposition zu beschneiden. Vor diesem Hintergrund habe die Teilrechtsfähigkeit der Außen-GbR zwar zur Konsequenz, dass anstelle ihrer Mitglieder nunmehr die Gesellschaft selbst Vertragspartnerin und damit Vermieterin sei, so dass der – auf natürliche Personen zugeschnittene – Kündigungstatbestand nicht direkt Anwendung finde. Dagegen gebe die Entscheidung des BGH zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nichts dafür her, dass nunmehr bezüglich der Frage, ob eine GbR Eigenbedarf ihrer Mitglieder (oder deren Angehörigen) geltend machen könne, eine von der früheren Rechtslage abweichende Bewertung angezeigt sei, so dass auch eine entsprechende Anwendung des Kündigungstatbestandes ausgeschlossen wäre. Der Regelungszweck der Kündigungsvorschrift stehe einer solchen Analogie nicht entgegen.
Die vom Berufungsgericht angestellten Schutzzwecküberlegungen ständen einer entsprechenden Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht entgegen. Unzutreffend sei bereits die vom Berufungsgericht als Ausgangspunkt seiner Überlegungen gewählte Prämisse, der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB solle den Mieter vor einem Verdrängungsrisiko durch eine unüberschaubare Anzahl von Personen auf Vermieterseite schützen. Dieser Zweck komme allein der Kündigungssperre in § 577a BGB (besonderer Kündigungsschutz nach Umwandlung) zu. Der Zweck der Kündigungsregelungen in § 573 BGB bestehe dagegen darin, einerseits den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstelle, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen, andererseits aber auch dem Vermieter die Befugnis einzuräumen, sich bei Vorliegen eines triftigen Grundes aus dem Mietverhältnis lösen zu können.
Durch die Ausgestaltung der einzelnen Kündigungstatbestände sollten keineswegs nur (berechtigte) Mieterinteressen geschützt werden. Vielmehr solle hierdurch ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Mietvertragsparteien ermöglicht werden. Dementsprechend sei den Mitgliedern einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vor deren im Jahr 2001 durch den BGH erfolgten Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit – unabhängig von der Überschaubarkeit ihrer Gesellschafterverhältnisse – die Befugnis zugebilligt worden, sich als Vermietermehrheit gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen zu berufen. Eine teilrechtsfähige Außen-GbR habe zwar keinen Wohnbedarf und auch keine Angehörigen. Da sich durch eine Berufung der Gesellschaft auf einen Eigenbedarf jedoch die bisherige Rechtslage, insbesondere das Verdrängungsrisiko, nicht zulasten des Mieters geändert habe, liege eine analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nahe. Diesen Weg habe der BGH letztlich bereits mit dem Urteil vom 27.06.2007 (VIII ZR 271/06) beschritten, indem er der (Außen-)GbR einen Eigenbedarf ihrer Gesellschafter als natürliche Personen „zurechnet“, wobei der Begriff der Zurechnung im zugrunde gelegten wertenden Verständnis und nicht im rechtstechnischen Sinne verwendet worden sei.
Die Voraussetzungen für eine danach nicht grundsätzlich ausgeschlossene analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB seien erfüllt. Es liege eine planwidrige Regelungslücke vor. Die durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entstandene Regelungslücke lasse sich nicht allein durch einen Rückgriff auf die Generalklausel des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB schließen, denn ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift erfordere eine umfassende Würdigung aller Einzelfallumstände, während es sich bei den in § 573 Abs. 2 BGB aufgeführten Kündigungstatbeständen um gesetzlich typisierte Fälle eines die Belange des Mieters überwiegenden berechtigten Interesses des Vermieters handele.
Vielmehr sei die Lücke im Wege der analogen Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dahin zu schließen, dass sich auch eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf einen Eigenbedarf ihrer Gesellschafter oder deren Angehörigen berufen dürfe. Die Geltendmachung des Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder seiner Angehörigen sei in allen wesentlichen Punkten einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft vergleichbar, die sich als rechtlich nicht verselbstständigte Zusammenschlüsse natürlicher Personen unmittelbar auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berufen können. Auch bei solchen Vermietermehrheiten gebe es – ebenso wie bei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts – eine große Bandbreite unterschiedlicher Strukturen. Neben kleinen und kompakten Miteigentümer- und Erbengemeinschaften gebe es auch solche, die eine große Mitgliederzahl oder verflochtene Strukturen aufwiesen, was etwa bei über mehrere Generationen fortgesetzten Erbengemeinschaften der Fall sei. Folglich sei die vom Berufungsgericht angeführte „Unüberschaubarkeit“ des Mitgliederbestandes bestimmter Gesellschaften des bürgerlichen Rechts in Anbetracht des Normzwecks des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kein Kriterium, das es erlauben würde, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts schlechter zu stellen als eine Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft. Auf Missbrauchsfälle könnten die Gerichte weiterhin mit der Anwendung der Vorschrift des § 242 BGB angemessen reagieren.
Soweit teilweise die Auffassung vertreten werde, (Außen-)Gesellschaften könnten sich zwar auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters, nicht jedoch auf den Bedarf der Angehörigen eines Gesellschafters berufen, werde verkannt, dass es sich bei der hier in Rede stehenden analogen Anwendung der Vorschrift zur Eigenbedarfskündigung nicht darum gehe, die Gesellschafter als Familienangehörige der Gesellschaft zu behandeln. Vielmehr diene die Analogie dazu, (weitgehend) die Rechtslage herzustellen, die vor der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Außen-GbR bestanden habe und an der die Entscheidung des II. Senats des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00 – BGHZ 146, 341) nichts habe ändern wollen.
Schließlich führe die Analogie nicht zu einem unlösbaren Wertungswiderspruch zu der Rechtslage bei Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG). Bei solchen Gesellschaften lehne der BGH eine Gleichstellung mit der Begründung ab, die Gründung einer KG oder OHG setze regelmäßig eine umfangreiche organisatorische und rechtsgeschäftliche Tätigkeit bis hin zur Eintragung in das Handelsregister voraus; auch erfolge die Vermietung einer Wohnung durch eine solche Personenhandelsgesellschaften nicht zufällig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung aufgrund wirtschaftlicher, steuerrechtlicher und/oder haftungsrechtlicher Überlegungen. Entscheidend sei aber letztlich, dass die Gesellschaft durch den gewählten Geschäftszweck (Handelsgewerbe) deutlich mache, dass der persönliche Nutzungsbedarf eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen so sehr in den Hintergrund trete, dass ein Mieter mit einem solchen Bedarf redlicherweise nicht rechnen müsse.
Bezüglich der vom Amtsgericht bejahten und vom Berufungsgericht offengelassenen Frage, ob die Eigenbedarfskündigung der Vermieterin durch die unterlassene Anbietung einer im selben Anwesen gelegenen Zwei-Zimmerwohnung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam geworden sei, hat der BGH in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass dies nicht die Unwirksamkeit einer berechtigt ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung zur Folge habe. Zwar sei ein Vermieter verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten, da der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen besondere Bedeutung von Verfassungsrang zukomme. Der Vermieter habe dem betroffenen Mieter deshalb eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern diese sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage befinde.
Allerdings hält der BGH nicht länger daran fest, dass die Verletzung einer solchen Anbietpflicht durch den Vermieter die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung zur Folge hat. Denn hierdurch stelle sich eine – rechtswirksam – ausgesprochene Kündigung nicht nachträglich als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. In diesem Zusammenhang grenzt der BGH zu sonstigen als rechtsmissbräuchlich bewerteten Konstellationen einer Eigenbedarfskündigung ab (weit überhöht geltend gemachter Wohnbedarf, Befriedigung des Wohnbedarfs in einer anderen, dem Vermieter gehörenden und freigewordenen Wohnung ohne wesentliche Abstriche, Vermietung von Wohnraum auf unbestimmte Zeit bei feststehendem alsbaldigen Wohnbedarf). In diesen Fällen hafte die Rechtsmissbräuchlichkeit dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung selbst an, weil es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Vermieters fehle und sich dieser mit der Kündigung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setze. Vorliegend ziehe eine Verletzung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) des Vermieters – wie auch bei sonstigen Verstößen gegen Nebenpflichten – lediglich Schadensersatzansprüche nach sich. Dem Mieter könnten daher allenfalls Ersatzansprüche in Geld für hierdurch entstandene Schäden (Wegzug aus dem gewohnten Umfeld) zustehen. Dahinstehen könne deshalb, ob angesichts der stark abweichenden Größe der beiden Wohnungen vom Grundsatz her überhaupt eine Anbietpflicht der Klägerin bestanden habe.

C. Kontext der Entscheidung

Eigenbedarfskündigungen stehen nicht unbedingt in der mietrechtlichen Praxis täglich auf der Tagesordnung. Die vorliegende Fallkonstellation mit einer Kündigung durch eine Außen-GbR ist darüber hinaus eher selten. Umso mehr verwundert es ein wenig, dass der BGH so umfangreich und sehr gründlich ausgeführt und die Probleme dogmatisch bis in alle Einzelheiten behandelt hat. Man könnte fast meinen, dass die Bundesrichter sich durch das ebenfalls gründliche Berufungsurteil des LG München I „herausgefordert“ gefühlt haben, zumal damit auch die Gelegenheit bestand, die kritischen Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum zu der bisherigen Rechtsprechung in diesem Zusammenhang „zum Verstummen“ zu bringen.
Spannend kann es noch werden, wenn die Berufungskammer, nunmehr – etwa nach Beweisaufnahme – zu dem Schluss kommt, Eigenbedarf habe überhaupt nicht vorgelegen. Immerhin gibt die Sachverhaltskonstellation Raum für entsprechende Gedanken, da das Mietobjekt ausgesprochen attraktiv sein dürfte und gerade nach Sanierung für eine Umwandlung in eine Eigentumswohnung gut im Markt liegen könnte. Jetzt ist jedoch fabulieren nicht angesagt – vielleicht kommt der Ball noch einmal zum BGH zurück.
Die bisherige Rechtsprechung des BGH (so steht es auch im Leitsatz) wird fortgeführt und im Hinblick auf die Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)GbR bestätigt. Der Zug, diese Art der Gesellschaft eher einer juristischen Person zuzuordnen, ist also abgefahren.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Entscheidung zur Grundsatzfrage wirkt sich natürlich auf die Beratungspraxis und die Instanzrechtsprechung aus.
Wichtiger noch ist die Abkehr des BGH von der bisherigen Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 166/11 Rn. 24 – NJW-RR 2012, 341), dass die Verletzung der Anbietpflicht nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Eigenbedarfskündigung selbst führt und nur einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach sich zieht. Hierbei sind die Abgrenzungen zu der vom BGH als rechtsmissbräuchlich bewerteten „sonstigen Konstellationen einer Eigenbedarfskündigung“ zu beachten (Rn. 58). Dort hafte die Rechtsmissbräuchlichkeit dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung selbst an, so dass diese nach § 242 BGB als unwirksam zu beurteilen sei, weil es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Vermieters fehle oder sich dieser mit der Kündigung in Widerspruch zu einem früheren Verhalten setze. Als Beispiele nennt der BGH den Anspruch auf erheblich überhöhten Wohnbedarf (BGH, Urt. v. 04.03.2015 – VIII ZR 166/14 – BGHZ 204, 216), mangelnde Aufklärung des Vermieters bei Vertragsschluss über bevorstehenden Eigenbedarf (BGH, Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 154/14 – BGHZ 204, 145; BGH, Urt. v. 20.03.2013 – VIII ZR 233/12 – NJW 2013, 1596; BGH, Urt. v. 21.01.2009 – VIII ZR 62/08 – NJW 2009, 1139). In derartigen Fällen ist in der Beraterpraxis sorgfältiges Recherchieren angesagt.