Nachfolgend ein Beitrag vom 9.3.2017 von Jahreis, jurisPR-MietR 5/2017 Anm. 5

Leitsatz

Die Vermietung von Wohnungs-, erst Recht von Teileigentum an wechselnde Feriengäste ist zulässig (Ergänzung zu BGH ZMR 2010, 378), wenn die Teilungserklärung für die Sondereigentumseinheiten keine bestimmte Nutzung vorschreibt, sondern nur Regelbeispiele enthält. Der Charakter einer gemischt genutzten Wohnungseigentumsanlage wird hierdurch nicht negativ tangiert. Ob bau- oder gewerberechtliche Genehmigungen vorliegen, spielt für die wohnungseigentumsrechtliche Prüfung keine Rolle.

A. Problemstellung

Stellt die Nutzung von Wohnungseigentum als Ferienwohnung eine zulässige Nutzung innerhalb einer WEG dar?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien sind Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft. Die Klägerin begehrt von den Beklagten, es zu unterlassen, bestimmte Sondereigentumseinheiten als Pension oder Ferienwohnung zu vermieten oder Dritten eine solche Vermietung zu gestatten. In der Teilungserklärung wurde bei Begründung des Wohneigentums festgelegt, dass die Wohnungen nur zu Büro- und Wohnzwecken benutzt werden dürfen. Weitere explizit ausgewiesene Einheiten dürfen zu gewerblichen Zwecken (Einzelhandel) genutzt werden. Die Beklagten haben einzelne dieser Einheiten zur Vermietung an Pensionsgäste überlassen. Die Klägerin war der Auffassung, die Nutzung der betreffenden Räumlichkeiten als Pension oder Ferienwohnung stelle eine unzulässige Nutzung dar. Insbesondere fehle es für die Einheiten, die gewerblich genutzt werden dürfen, an einer bau- bzw. gewerberechtlichen Genehmigung für die Vermietung an Pensionsgäste. Die von den Beklagten gestattete Nutzung sei mit einer erhöhten Abnutzung des Gemeinschaftseigentums und erheblichen Belästigungen sowie einer Wertbeeinträchtigung der Wohneigentumsanlage verbunden.
Das AG Erfurt hat die Klage abgewiesen.
Der Betrieb einer Pensions- oder Ferienwohnung mit wechselnden Gästen sei selbst dann zulässig, wenn die Teilungserklärung ausdrücklich eine Beschränkung der Nutzung der streitgegenständlichen Einheiten zu Wohnzwecken enthalte. Der häufigere Wechsel von Bewohnern bzw. Gästen führe nicht zu einer stärkeren Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums oder fremden Sondereigentums.
Für die Einheiten, für die eine gewerbliche Nutzung ausdrücklich zugelassen sei, sei eine Nutzung als Ferienwohnung erst recht zugelassen. Denn die gewerbliche Nutzung sei ihrer Natur nach ohnehin stets mit einem höheren Abnutzungsgrad verbunden.
Inwiefern die Nutzung als Ferienwohnung bau- und gewerberechtlich zulässig sei, spiele für die Frage, ob eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums bzw. fremden Sondereigentums vorliege, keine Rolle. Denn es sei nicht ersichtlich, wie sich eine fehlende Genehmigung bzw. Genehmigungsfähigkeit auf das Sondereigentum der Klägerin bzw. das Gemeinschaftseigentum auswirken solle.

C. Kontext der Entscheidung

Mit seiner Auffassung, die Vermietung von Wohneigentum als Ferienwohnung stelle keine gewerbliche Nutzung dar und führe auch nicht zu einer übermäßigen Beanspruchung fremden Sondereigentums bzw. des Gemeinschaftseigentums, ist das AG Erfurt der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 15.01.2010 – V ZR 72/09) gefolgt. Entscheidend für die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzung der Wohnung ist danach allein die Frage, ob eine bestimmte Nutzungsart die übrigen Wohnungseigentümer über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung des Wohnungseigentums typischerweise zu erwarten ist.
Dieser Auffassung haben sich in den letzten Jahren mehrere Instanzgerichte angeschlossen (u.a. AG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.2012 – 291a C 8319/12; LG Berlin, Beschl. v. 25.06.2013 – 85 S 143/12). Bereits im Jahr 2009 hatte das LG Karlsruhe eine Klage in einem ähnlichen wie dem vorstehenden Fall abgewiesen (LG Karlsruhe, Beschl. v. 07.04.2009 – 11 S 56/08). Das LG Karlsruhe stützte seine Begründung seinerzeit allerdings noch darauf, dass bei der Vermietung von Wohnungen ein Gewerbebetrieb nur angenommen werden könne, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, nach denen die Vermieterleistung als Ganzes das Gepräge einer selbstständigen, nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erhält, hinter der die bloße Nutzung des Mietobjekts als Vermögenswert zurücktrete. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt, hatte das LG Karlsruhe also auf die steuerrechtliche Definition des Gewerbebetriebs zurückgegriffen. Mit seinem wegweisenden Urteil vom 15.01.2010 (V ZR 72/09) hat der BGH allerdings klargestellt, dass es für die wohnungseigentumsrechtliche Einordnung einer bestimmten Nutzung nicht darauf ankommt, welcher steuerrechtlichen Einkommensart die Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung zuzuordnen sind. Daher ist die zitierte Entscheidung des LG Karlsruhe aus heutiger Sicht zwar im Ergebnis weiterhin richtig, in der Begründung aber überholt.
Die vorstehende Entscheidung steht auch im Zusammenhang mit einer jüngeren Entscheidung des AG Laufen vom 04.02.2016 (2 C 565/15 WEG), nach der auch eine Überlassung von Wohnungseigentum zur Unterbringung von Asylbewerbern keine gewerbliche Nutzung, sondern eine reine Wohnnutzung darstelle. Das AG Laufen hat in seiner Begründung ebenfalls Bezug auf die Entscheidung des BGH genommen und einmal mehr die höchstrichterliche Rechtsprechung gefestigt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Nachdem die Frage, ob eine Vermietung von Wohneigentum an wechselnde Feriengäste eine unzulässige gewerbliche Nutzung darstellt, lange Zeit umstritten war, hat sich mit der Entscheidung des BGH im Jahr 2010 und den nunmehr zahlreichen Folgeentscheidungen der Instanzgerichte dieser Streit an und für sich endgültig erledigt.