Nachfolgend ein Beitrag vom 13.1.2017 von Berger, jurisPR-ITR 1/2017 Anm. 5

Leitsatz

In der Registrierung eines Domainnamens kann die Verletzung eines – zugleich als Name geschützten – fremden Unternehmenskennzeichens liegen. Auf den Umstand, dass der Domainname vor Begründung des Unternehmenskennzeichenrechts registriert worden ist, kann sich der Domaininhaber im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung dann nicht berufen, wenn die Domain von vornherein zur Verwendung für das Unternehmen vorgesehen war.

A. Problemstellung

„First come, first served“ – also die Priorität der Registrierung der Domain – ist der Grundsatz bei der Frage, wem das Recht an einer Domain zusteht. Allerdings täuscht die Einfachheit dieses Grundsatzes, denn diese Regel wird in verschiedenen Konstellationen immer wieder durchbrochen und die Rechtsprechung in Domainstreitigkeiten läuft letztlich sehr häufig auf Einzelfallentscheidungen hinaus. So auch in dem Fall, den das OLG Frankfurt zu entscheiden hatte.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien stritten um einen Anspruch auf Löschung der Domain „a.de“, die der Beklagte im Jahre 2008 für sich registrieren ließ. Die gleichnamige Klägerin („A GmbH“) war am 04.12.2009 gegründet worden. Der Beklagte hatte die Domain „a.de“ ursprünglich für eine Nutzung durch die „A GmbH“, deren Gesellschafter und Geschäftsführer er zur Zeit der Gründung war, registrieren lassen. Am 18.05.2011 hatte der Beklagte zudem eine gleichnamige Wortmarke für die Dienstleistungen „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten, Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“ auf sich angemeldet. Der Beklagte nutzte die streitgegenständliche Domain zur Bewerbung von Fitnessgeräten, wie sie auch durch die Klägerin angeboten werden.
Das OLG Frankfurt bestätigte einen Löschungsanspruch der Klägerin, die Inhaberin des Namensrechts nach § 12 BGB sei. In der Aufrechterhaltung des Domainnamens durch den Beklagten liege eine unberechtigte Namensanmaßung i.S.d. § 12 Satz 1 Fall 2 BGB ausgeschlossen werde. Auch bestehe eine Zuordnungsverwirrung, da diese schon dann vorliege, wenn ein fremder Name im Rahmen einer Internetadresse namensmäßig verwendet werde.
Der Beklagte gebrauche den Namen unbefugt. Die für ihn eingetragene Wortmarke habe eine schlechtere Priorität, da sie erst nach Gründung der Klägerin angemeldet wurde. Die Domain werde darüber hinaus nicht für eine Nutzung unter der Marke verwendet und es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, dass sie für eine markenmäßige Nutzung verwendet werden solle. Auch die Priorität der Domainregistrierung lasse keine eigenen Rechte für den Beklagten an der Domain entstehen. Die Registrierung einer Domain begründe kein absolutes Recht an der Bezeichnung. Mit der Registrierungsstelle habe der Beklagte zwar ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht begründet, das dem Domaininhaber ebenso zugewiesen ist wie das Eigentum an einer Sache. Da die Domain aber von vorneherein für eine Verwendung durch die Klägerin registriert worden sei, ergebe eine Interessenabwägung, dass der Beklagte nicht unabhängig von der Klägerin eine eigene Rechtsposition begründet habe.

C. Kontext der Entscheidung

Eine unberechtigte Namensanmaßung setzt voraus, dass ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden. In seinem „maxem“-Urteil (BGH, Urt. v. 26.06.2003 – I ZR 296/00) hat der BGH festgestellt, dass bereits in der Registrierung einer Domain eine Namensanmaßung liegt und dem Namensinhaber ein Unterlassungsanspruch zusteht.
Es ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass sich das erst nach Registrierung der Domain entstandene Namensrecht, wie im vorliegenden Fall, gegenüber dem Domaininhaber durchsetzt (BGH, Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05 „afilias.de“). Im Rahmen der Prüfung, ob die Priorität der Registrierung der Domain dem Domaininhaber gegenüber dem zeitlich später entstandenen Namensrecht ein stärkeres Recht gibt, ist vielmehr eine Interessenabwägung durchzuführen.
Wenn die Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten nur der erste Schritt im Zuge der – für sich genommen rechtlich unbedenklichen – Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen ist, überwiegen in diesem Fall die schutzwürdigen Interessen des Domaininhabers. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es der Inhaber eines identischen Unternehmenskennzeichens/Namens im Allgemeinen nicht verhindern kann, dass in einer anderen Branche durch Benutzungsaufnahme ein Kennzeichenrecht an dem gleichen Zeichen entsteht. Ist ein solches Recht erst einmal entstanden, muss auch die Registrierung des entsprechenden Domainnamens hingenommen werden (BGH, Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05 „afilias.de“). Diese Benutzungsaufnahme lag in dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall aber gerade nicht vor und war auch nicht beabsichtigt.
In der weiteren Abwägung ist zu berücksichtigen, dass derjenige, der einen bereits bestehenden Namen als Unternehmenskennzeichen verwenden möchte, sich regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen kann. Er kann vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als Internet-Adresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar ist; ist der gewünschte Domainname bereits vergeben, wird es ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere Unternehmensbezeichnung auszuweichen. Die Interessenabwägung geht dann in aller Regel zugunsten des Domaininhabers aus (BGH, Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05 „afilias.de“).
Es kann jedoch eine andere Interessenlage vorliegen, wenn dem Domaininhaber Rechtsmissbrauch vorzuwerfen ist, etwa, wenn er die Domain nur registriert hat, um sie später dem Namensinhaber zu verkaufen. So kommt das OLG Frankfurt zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten kein schutzwürdiges Recht an der Domain zustand, da diese ursprünglich für die Klägerin registriert worden war. Es ergibt sich aus dem Urteil allerdings nicht, dass die Domain an die Klägerin verkauft werden sollte. Da auch keine andere Nutzung vorlag und die Klägerin unter ihrem Namen von dem Beklagten mitgegründet worden war, also auch die vom BGH vorgeschlagene vorherige Recherche hier nicht weitergeführt hätte, kann zu Recht angenommen werden, dass dem Beklagten keine schutzwürdige Rechtsposition zustand.

D. Auswirkungen für die Praxis

Der vorliegende Fall zeigt eine Konstellation, in welcher ausnahmsweise das später entstandene Namensrecht dem Recht des Domaininhabers vorgeht. In Domainstreitigkeiten sind letztlich immer genau die Interessen der Parteien zu analysieren und zu bewerten, damit der Einzelfall richtig eingeordnet werden kann.
Nach wie vor ist es in Domainstreitigkeiten zudem sehr wichtig, für den Anspruchsteller einen Dispute-Antrag bei der DENIC zu stellen, wenn eine .de-Domain streitig ist. Der Dispute-Antrag verhindert, dass die Domain während eines Rechtsstreits weiter übertragen werden kann und dass bei Löschung der Domain diese unmittelbar durch einen Dritten registriert wird.