Nachfolgend ein weiterer lesenswerter Beitrag, soeben veröffentlicht unter Cranshaw, jurisPR-HaGesR 7/2015 Anm. 4 , Autor des Beitrages ist
Dr. Friedrich L. Cranshaw, der Beitrag ist eine Anmerkung zu dem Beschluss des BGH vom 20.5.2015 zu dem Az. II ZB 53/13:
Unzulässigkeit der Klage gegen eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte GmbH ohne werthaltiges Vermögen
Dr. jur. Friedrich L. Cranshaw


Leitsatz

Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG hat zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Nur wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig. Dabei sind wertlose Forderungen nicht als verwertbares Vermögen anzusehen.

A. Problemstellung

Die Löschung einer GmbH im Handelsregister bedeutet noch nicht zwangsläufig, dass die Gesellschaft vollständig beendet ist. Vielmehr führt die von § 66 Abs. 5 GmbHG (Möglichkeit der sogenannten Nachtragsliquidation) gestützte „Lehre vom Doppeltatbestand“ (Bork/Schäfer-Servatius, GmbHG, § 74 Rn. 8; Henssler/Strohn-Büteröwe, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., 2014, § 74 GmbHG Rn. 23 ff.) dazu, dass die wegen nur angenommener oder behaupteter Vermögenslosigkeit aufgelöste und gelöschte GmbH (vgl. §§ 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG, 394 FamFG) noch nicht als vollständig beendet anzusehen ist und daher trotz der Löschung fortbesteht, wenn sich erweist, dass werthaltige Vermögenswerte bestehen (können). Die Liquidation der bis zur Vollbeendigung als fortexistierend anzusehenden Gesellschaft erfolgt dann durch das auf Antrag beim Registergericht in Gang zu setzende Nachtragsliquidationsverfahren, das materiell-rechtlich aber eben verwertbares Vermögen voraussetzt. Der vom Gericht zu bestellende Nachtragsliquidator macht die Gesellschaft wieder handlungsfähig. Seine wesentliche Amtshandlung mag bei der zahlungsunfähigen und oder überschuldeten GmbH im Hinblick auf § 15a InsO darin bestehen, das Insolvenzverfahren zu beantragen, das der Verwertung des aufgedeckten Vermögenswertes dient oder darin, wenn der Löschung bereits ein Insolvenzverfahren vorausgegangen ist, die Nachtragsverteilung durch das Insolvenzgericht von Amts wegen zu initiieren (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Mit der in der Judikatur bereits vielfach behandelten Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die wegen Vermögenslosigkeit gelöschte GmbH, die damit Rechts- und Parteifähigkeit verliert, aufgrund bestehender Vermögenswerte dennoch materiell-rechtlich eben nicht erloschen ist, setzt sich die Besprechungsentscheidung erneut auseinander. Entschieden hat hier der VII. Zivilsenat des BGH, der weder für das Gesellschaftsrecht noch das Insolvenzrecht zuständig ist, sondern u.a. für das Werkvertragsrecht, das vorliegend den Streitgegenstand kennzeichnet.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
          I. Sachverhalt
Die Klägerin begehrt von verschiedenen Beklagten Werklohn für Ingenieurleistungen i.H.v. 106.070,90 Euro. Sie war im Mai 2010 als Nachunternehmerin „betreffend das Gewerk Lüftung“ mit Planungsleistungen für ein Bauvorhaben von einer GmbH beauftragt worden, der wiederum ein umfassenderer Auftrag für Ingenieurleistungen von einer ARGE erteilt worden war. Diese GmbH ist die spätere Erstbeklagte im vorliegenden Prozess. Sie wurde am 13.02.2012 gem. § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen zuvor mangels Masse abgelehnt worden war. Beklagter zu 4) ist der Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser GmbH, deren Liquidation er bereits im Mai 2010 ins Auge fasste. In Verfolgung dieses Ziels gründete er ebenfalls im Mai 2010 eine weitere GmbH, die nunmehrige Beklagte zu 2), über deren Vermögen im Jahr 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Am 09.12.2010 sandte die Erstbeklagte, die Hauptauftragnehmerin für die Ingenieurleistungen, eine Rechnung an die auftraggebende ARGE i.H.v. 163.846,46 Euro, wobei aber ein Konto der weiteren im Jahr 2010 gegründeten GmbH, der Beklagten zu 2), angegeben war, auf das auch nach dem Vortrag der Klägerin entsprechende Zahlungen erfolgt sein sollen. Die Klägerin hat im Rechtsstreit die Auffassung vertreten, die Erstbeklagte sei zwar gelöscht, aber nicht vermögenslos, denn ihr stünden Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) zu. Die Erstbeklagte sei daher weiterhin – trotz Löschung – parteifähig. Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, die Zahlungen der ARGE an die Zweitbeklagte seien ohne Rechtsgrund im Verhältnis zwischen der Erst- und Zweitbeklagten erfolgt, aus welchem Grunde der Erstbeklagten Ansprüche gegen die (in der Insolvenz befindliche) Zweitbeklagte zustehen würden. Dazu hat sie in den Instanzen zu verschiedenen Zahlungen der ARGE vorgetragen, wobei der Vortrag insgesamt in sich widersprüchlich war. Die Zahlungen auf die Rechnung vom Dezember 2010 sollen nämlich schon in der Zeit von August bis Dezember 2010 vor Rechnungstellung vorgenommen worden sein.
Das LG Berlin hat die Klage gegen die Erstbeklagte als unzulässig angewiesen, das Kammergericht hat die Berufung gegen dieses Urteil nach Hinweisbeschluss durch Beschluss als „unzulässig verworfen“. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde (vgl. die §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), die die Aufhebung des Beschlusses des Kammergerichts begehrt und Zurückverweisung an die Berufungsinstanz, hat der BGH für statthaft und auch sonst für zulässig befunden, sie aber als unbegründet zurückgewiesen.
II. Begründung des Beschlusses des BGH
Zunächst meint der Senat, das Kammergericht habe das Recht der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG auf rechtliches Gehör verletzt; dadurch werde die Rechtsbeschwerde zulässig und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich diese Rechtsverletzung auf das Ergebnis der Entscheidung auswirke. Das Kammergericht habe nämlich den Vortrag der Klägerin zu den oben beschriebenen Zahlungsvorgängen im Zusammenhang mit der Rechnung der Erstbeklagten an die ARGE nicht wirklich geprüft und gewürdigt, sondern ihn von vornherein als widersprüchlich sowie unsubstantiiert angesehen und damit das rechtliche Gehör der Klägerin mehrfach verletzt. Richtig sei zwar, dass der Vortrag der Klägerin zur fehlenden Vermögenslosigkeit der Erstbeklagten widersprüchlich war und zwar als Folge des (oben umrissenen) Vortrags zu den Zahlungsvorgängen um die Rechnung an die ARGE, die ihrerseits – nach Meinung der Klägerin – zu einem Anspruch der Erstbeklagten gegen die Zweitbeklagte führen sollen. Dieser Umstand sei aber Teil der Beweiswürdigung, die nicht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung vorweggenommen werden dürfe; ein Verstoß dagegen verletzt das Recht der betroffenen Prozesspartei aus Art. 103 Abs. 1 GG. Ferner habe das Kammergericht die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag überspannt, worin ebenfalls eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege. Es genüge der Vortrag von Tatsachen, die im Zusammenhang mit „einem Rechtssatz das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen […] lassen.“ Alle anderen Details seien Sache der Beweiserhebung und der Beweiswürdigung durch den Tatrichter. Diesen Voraussetzungen habe der Vortrag der Klägerin genügt.
Die Rechtsbeschwerde war dennoch ohne Erfolg. Der Senat hält hierzu fest, die Löschung nach § 394 Abs. 1 FamFG führe zum Verlust der Rechtsfähigkeit der betroffenen GmbH und auch zum Verlust der Parteifähigkeit gem. § 50 Abs. 1 ZPO. Sie existiere materiell nicht mehr. Das sei ausnahmsweise dann anders, wenn es Anhaltspunkte für werthaltiges Vermögen gäbe. Wertlose bzw. nicht vollstreckbare Vermögenswerte könnten nicht zu diesem Ergebnis führen. Die lediglich „abstrakte“ Chance, Zugriffsmasse aufzufinden, führe nicht zu einem rechtlich geschützten Interesse eines Gläubigers auf Titulierung eines Anspruchs. Vorliegend könne dahinstehen, ob solche Ansprüche, wie von der Klägerin vorgetragen, überhaupt existierten. Solche seien nämlich nicht erkennbar, auch habe die Klägerin nichts dazu vorgetragen, dass werthaltige Ansprüche bestünden. Im Gegenteil, sie habe selbst angenommen, die Beklagte zu 2) sei vermögenslos und Ansprüche seien „wohl unter normalen Umständen […] nicht zu realisieren.“
C. Kontext der Entscheidung
I. Prozessrechtliche Erwägungen des BGH
Den verfahrensrechtlichen Erwägungen des Senats, der deutlich Kritik an der Berufungsinstanz übt, wird man zustimmen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts mag vornehmlich von praxisbezogenen Erwägungen bestimmt gewesen sein, entspricht doch das Ergebnis des BGH und die Würdigung des Sachverhaltes derjenigen des Berufungsgerichts. Insbesondere der Beschluss nach § 522 ZPO, ob nun aus Gründen der Unzulässigkeit (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO) oder der offensichtlichen Unbegründetheit (vgl. § 522 Abs. 2 ZPO), mag zu praxisorientierter größerer prozessrechtlicher „Unbekümmertheit“ im Einzelfall führen. Richtig ist, wenn der BGH dem gegensteuert und auf die wesentlichen Grundsätze des Prozessrechts rekurriert sowie deren verfassungsrechtliche Verankerung, die ganz entscheidend für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind. Das Berufungsgericht hätte aber, wie der BGH auch ausführt, im Ergebnis die Parteifähigkeit der Erstbeklagten im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Berufung durch Beweisaufnahme prüfen können (Rn. 14) – mit freilich demselben Ergebnis wie der BGH. Der Nachweis der fehlenden Parteifähigkeit der Erstbeklagten führt zugleich zum Wegfall einer Beschwer der Klägerin durch das angefochtene erstinstanzliche Urteil und damit zum Fehlen einer Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung, die demzufolge unzulässig war und durch Beschluss verworfen werden konnte (zur Beschwer vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, vor § 511 ZPO Rn. 8 ff.) – sofern Art. 103 Abs. 1 GG beachtet worden wäre. Die Prüfung der Zulässigkeit von Berufung und Klage hat sich daher in die Begründetheit der Rechtsbeschwerde verlagert.
II. Rechtsfähigkeit, Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit der gelöschten (erstbeklagten) GmbH
Materiell-rechtlich bewegt sich der BGH auf gewohnten Pfaden zu der Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft weiter fortbesteht. Zu diesen Gesellschaften gehören gem. § 394 Abs. 1 FamFG die AG, die KGaA, die GmbH und die Genossenschaft. Des Weiteren gehören dazu die Personengesellschaften nach § 394 Abs. 4 FamFG (= OHG oder KG ohne natürliche Person als persönlich unbeschränkt haftender Gesellschafter, wenn sowohl Gesellschaft als auch persönlich haftende Gesellschafter, die keine natürliche Person sind, vermögenslos im Sinne der Norm sind).
Es ist auch richtig, dass wertlose oder fiktive Vermögenswerte nicht zu einer Bejahung der Parteifähigkeit führen können, zumal die Verurteilung praktisch zwangsläufig das Ingangsetzen des Verfahrens nach § 66 Abs. 5 GmbHG erfordern würde. Nach Titulierung braucht die gelöschte Gesellschaft einen Liquidator, im vorliegenden Rechtsstreit mag die nicht parteifähige Erstbeklagte einen Prozesspfleger bekommen haben.
Es bedarf bereits eines rechtsstaatlich gebotenen „Kunstgriffs“, damit die gelöschte und hier aus dem Blick der Gerichte erkennbar vermögenslose Gesellschaft überhaupt Partei sein konnte. Ihre Rolle als Passivpartei wird nach der Judikatur fingiert, wenn der Kläger substantiiert vortragen kann, es seien noch (verwertbare) Vermögenswerte vorhanden. (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 50 ZPO Rn. 4a; Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 50 ZPO Rn. 3, jeweils m.w.N.; BGH, Urt. v. 25.10.2010 – II ZR 115/09 – NJW-RR 2011, 115 – m. Anm. Cranshaw – jurisPR-HaGesR 7/2011 Anm. 5). Den in diesem Zusammenhang der fingierten Fortexistenz aus prozessrechtlichen Gründen verwendeten Begriff der Nachgesellschaft (Hüßtege in: Thomas/Putzo-Hüßtege, § 50 ZPO Rn. 3) hat das OLG Frankfurt in einer aktuellen Entscheidung zu § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG dahinstehen lassen. Es gehe nach der zitierten Norm um die Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen, so dass es gleichgültig sei, ob die gelöschte Gesellschaft unverändert fortbestehe oder ob „Zuordnung von Rechten oder Restvermögen auf eine wie auch immer strukturierte Nachgesellschaft“ erfolgten (OLG Frankfurt, Beschl. v. 14. 10.2014 – 20 W 288/12). Die dort betroffene Gesellschaft befand sich zum Zeitpunkt ihrer Löschung im Register in einem schadenersatzrechtlichen Passivprozess, der weiterhin rechtshängig blieb. Das OLG Frankfurt hat darauf erkannt, das Amtsgericht habe über die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu entscheiden. In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat das VG Gelsenkirchen unzutreffend die Beteiligtenfähigkeit einer als vermögenslos gelöschten im Baugewerbe tätigen GmbH verneint (dazu kritisch Kunkel, jurisPR-HaGesR 1/2015 Anm. 2). Die Nachgesellschaft ist freilich kein anderer Verband als die gelöschte Gesellschaft, sondern zunächst deren Fiktion, um die passive Parteifähigkeit der scheinbar nicht mehr existenten Gesellschaft bejahen zu können. Erst im Rechtsstreit zeigt sich, ggf. nach Beweisaufnahme, ob Vermögenswerte vorhanden sind und der gelöschte Verband fortbesteht.
D. Auswirkungen für die Praxis
I. Bestätigung ständiger Rechtsprechung durch die Besprechungsentscheidung
Der BGH bestätigt vorliegend im Ergebnis die wohl nahezu unangefochtene Auffassung, wonach die wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft im Passivprozess als fortexistierend fingiert wird, wenn der Kläger substantiiert das Vorhandensein von Vermögenswerten vorträgt. Existieren verteilungsfähige Vermögenswerte bzw. ist eine weitere Abwicklungstätigkeit notwendig, ist die Gesellschaft auch aktiv parteifähig.
II. Verfahrensrechtliches Vorgehen eines Gläubigers der gelöschten Gesellschaft in Fällen wie dem vorliegend vom BGH entschiedenen
Ob die Klägerin der Besprechungsentscheidung gut beraten war, bei der gegebenen Sachlage gegen alle aus dem Revisionsurteil erkennbaren Beklagten vorzugehen, ist quaestio facti und hier nicht weiter zu kommentieren, ebenso wenig ob der Anspruch der Erstbeklagten gegen die Zweitbeklagte bestand. Zu bedenken ist aber bei dergleichen Konstellationen Folgendes: Die Beklagte zu 2) befand sich im eröffneten Insolvenzverfahren. Damit die Klägerin auch bei Begründetheit des Anspruchs der gelöschten Erstbeklagten zu irgendeinem ökonomischen Erfolg gekommen wäre, hätte Folgendes geschehen müssen: Die Erstbeklagte hätte im Insolvenzverfahren der Zweitbeklagten ihre Forderung anmelden und beim Bestreiten durch den Insolvenzverwalter Feststellungsklage erheben müssen (§§ 174 ff., 179 ff. InsO). Dort wäre ihre aktive Partei- und Prozessfähigkeit nach den vorstehenden Kriterien geprüft worden. Den Prozesserfolg unterstellt, hätte sie einen Quotenanspruch im Verfahren der Zeitbeklagten gehabt. Im Rahmen der Nachtragsliquidation hätte dann ein Liquidator für die Erstbeklagte bestellt und bezahlt (!) werden müssen. Dieser hätte Insolvenzantrag gestellt, der abhängig von der zu erwartenden Quote aus dem Verfahren über das Vermögen der Zweitbeklagten war; wahrscheinlich wäre aber wieder mangels Masse eingestellt worden. Die Klägerin hätte ihre titulierte Forderung, wäre die Klage erfolgreich gewesen, im Insolvenzverfahren der Erstbeklagten anmelden müssen – ein wenig sachgerechter Weg.
Obwohl sich die Klägerin auch eigener Ansprüche aus den geschilderten Vorgängen gegen die Beklagte zu 2) berühmte, war die gegen diese gerichtete Klage gleichfalls nur scheinbar folgerichtig. Diese Klage ruhte entweder als Konsequenz des § 240 ZPO, wenn sie schon zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen rechtshängig war. Sie kann aber nicht aufgenommen werden, weil es sich nicht um einen der in § 86 InsO privilegierten Streitgegenstände handelt. Die Klägerin war auch hier auf die Anmeldung zur Tabelle in dem „privatisierten“ Erkenntnisverfahren der §§ 174 ff. InsO und ggf. die Feststellungsklage nach Bestreiten der Forderung nach Maßgabe der §§ 179 ff. InsO verwiesen. Wurde die Klage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 2) erhoben, ist die Klage aus den Gründen des § 87 InsO von vornherein unzulässig.
III. Unzulässigkeit der Klage wegen fehlenden Titulierungsinteresses bei nach § 394 FamFG gelöschten Gesellschaften
Bei Sachverhalten wie hier muss der Anspruchsinhaber zur Vermeidung von verlorenen Prozesskosten sorgfältig die Zulässigkeit des von ihm angestrebten Klageverfahrens prüfen, das bei vermögenslosen, insolventen oder insolvenznahen Prozessgegnern leicht an den „Schranken“ der §§ 394 FamFG, §§ 86, 87 InsO, §§ 174 ff. InsO, §§ 179 ff. InsO, § 240 ZPO scheitern kann. Der BGH hat in der Besprechungsentscheidung betont, ein rechtlich geschütztes Titulierungsinteresse besteht dann nicht, wenn gegen eine als vermögenslos gelöschte Gesellschaft prozessiert werden soll und zur Existenz von Vermögenswerten nicht konkret vorgetragen werden kann. Er lässt also die Klage am fehlenden Rechtsschutzinteresse scheitern – die Berufung scheitert an der fehlenden Beschwer (vgl. o.). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte „abstrakte“ Titulierungen zu fördern (Besprechungsentscheidung Rn. 19). Dem ist zuzustimmen, die Maßstäbe müssen allerdings streng sein und im Zweifel ist die Klage als zulässig zu betrachten, um nicht den Vorwurf der Rechtsverweigerung zu begründen. Allerdings wird man dem Kläger eine erhöhte Substantiierungslast auferlegen müssen, wenn er gegen eine als vermögenslos gelöschte Gesellschaft prozessiert. Aus dem Blick der Praxis dürfte ein solcher Vermögenswert nicht selten auch ein später festgestellter bedeutender Anspruch der gelöschten Gesellschaft auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr nach § 143 InsO sein. Dann ist die rasche Nachtragsliquidation geboten, der an der Durchsetzung interessierte Gläubiger muss freilich die Finanzierung dieses Procedere in die Hand nehmen.