Vereinbarungen, in denen für Klagen eines Verbrauchers aus Haustürgeschäften ein von § 29c Abs. 1 Satz 1 ZPO abweichender Gerichtsstand bestimmt wird, sind nach § 29c Abs. 3 ZPO unzulässig.
A. Problemstellung
- C. Kontext der Entscheidung
- Die klarstellende Entscheidung des BGH überrascht nicht. Sie lag auf der Hand (vgl. Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 29c Rn. 13). Dass das Berufungsgericht gleichwohl nicht auf den Regelungsgehalt des § 29c Abs. 3 ZPO abgestellt hat, ist der unglücklichen Gesetzesfassung zuzuschreiben. Denn die Norm bezieht sich zwar nach dem unmittelbaren Wortlaut auf den gesamten Absatz 1 des § 29c ZPO, ist aber inhaltlich allein auf Absatz 1 Satz 2 zugeschnitten, so dass nach dem Normenzusammenhang Zweifel über den Regelungskontext bestehen. Die in § 29c Abs. 3 ZPO bestimmten Ausnahmeregelungen beziehen sich allein auf die in § 29c Abs. 1 Satz 2 ZPO geregelte ausschließliche Zuständigkeit für Klagen gegen den Verbraucher. Der Senat kommt gleichwohl zum gewünschten und allein richtigen Ergebnis mit der etwas apodiktischen Begründung, aus diesem Zusammenspiel von Norm und Bezugsnorm ergebe sich nicht, dass sich § 29c Abs. 3 ZPO insgesamt nur auf § 29c Abs. 1 Satz 2 ZPO beziehe (ebenso zwei nicht veröffentlichte Entscheidungen des OLG Bamberg und des OLG Stuttgart aus den Jahren 2012 und 2013; zust. Mankowski, BB 2014, 3090).
- Die Auslegung des Normtextes vermag jedoch nicht ganz zu überzeugen. Im Grunde kann der Senat mehr als die Absicht des Gesetzgebers, den Schutz des Verbrauchers nicht zu verkürzen, für das Auslegungsergebnis nicht anführen. Nur mithilfe der subjektiven Auslegungsmethode lässt sich das Derogationsverbot letztlich begründen und die ungeschickte prozessuale Bestimmung des Klägergerichtsstandes bereinigen.
- Der Gesetzgeber hatte es seinerzeit versäumt, die Zulässigkeit einer derogierenden Vereinbarung der beiden in § 29c Abs. 1 ZPO geregelten Gerichtsstände durch entsprechende Differenzierung im Absatz 3 klar herauszustellen. Es hätte nahegelegen, den doppelten Regelungsgehalt zweckmäßigerweise in zwei Sätzen zu normieren. Soweit es um den besonderen Gerichtsstand der Klage des Verbrauchers nach § 29c Abs. 1 Satz 1 ZPO geht, hätte eine Schranke für jede Art der Prorogation (entsprechend § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) errichtet werden müssen, während umgekehrt für den ausschließlichen Gerichtsstand für Klagen gegen den Verbraucher (§ 29c Abs. 1 Satz 2 ZPO) die von § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO aufgestellte Verbotsschranke in den in § 29c Abs. 3 ZPO genannten Fallkonstellationen hätte aufgehoben werden müssen. In dem einen Fall geht es um die Herstellung eines der ausschließlichen Zuständigkeit entsprechenden vereinbarungsfesten Gerichtsstandes, im anderen um die Durchbrechung der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit. Dieser gegenläufige Regelungsgehalt kommt in § 29c Abs. 3 ZPO nur unvollkommen zum Ausdruck.
- D. Auswirkungen für die Praxis
- Die Vertragsparteien eines Haustürgeschäfts können von der gesetzlichen Gerichtsstandsregelung in § 29c Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht abweichen. Der Klägergerichtsstand steht nicht zur Disposition der Parteien. Eine Klarstellung des § 29c Abs. 3 ZPO in diesem Sinne durch den Gesetzgeber wäre für die Frage der örtlichen Zuständigkeit weiterhin wünschenswert. Für das europäische internationale Verbraucherprozessrecht ist dies nicht mehr nötig. Für künftige Verbraucherklagen gegen Unternehmen mit Sitz in Mitgliedstaaten greift ab dem 10.01.2015 die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ein (Hinweis bei Mankowski, BB 2014, 3090). Für Verbraucherverträge der vorliegenden Art (Art. 17 Abs. 1c der VO) bestimmt sich der Gerichtsstand gemäß Art. 18 VO auch nach dem Wohnsitzgericht des Verbrauchers. Davon darf nur unter den engen Katalogvoraussetzungen des Art. 19 VO abgewichen werden, die für gewöhnlich nicht vorliegen werden. Der europäische internationale Klägergerichtsstand in Verbrauchersachen ist grundsätzlich vereinbarungsfest.