Nachfolgend ein Beitrag vom 20.12.2016 von Spieker, jurisPR-FamR 26/2016 Anm. 1 zu einer sowohl steuerrechtlich als auch erbrechtlich außerordentlich interessanten Gestaltungsvariante, die hier allerdings durch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes ohne jegliche Not überzogen wurde und damit die gesamte Gestaltung in Frage gestellt hat.

Leitsatz

Der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem minderjährigen Familienangehörigen bedarf der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers, wenn der Gesellschaftsvertrag zu Lasten des Minderjährigen ein Wettbewerbsverbot und eine Vertragsstrafe enthält.

Orientierungssatz zur Anmerkung

Zum Begriff des lediglich rechtlichen Vorteils (§ 107 BGB) des Kindes und der Begrenzung der Vertretungsmacht der Eltern

A. Problemstellung

Zum Begriff des lediglich rechtlichen Vorteils (§ 107 BGB) des minderjährigen Kindes und der Begrenzung der Vertretungsmacht der Eltern bei schenkungsweiser Einräumung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft und Vereinbarung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbotes.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Vater, der ein Einzelunternehmen betreibt, gründete mit seinen minderjährigen Kindern, die 1987 und 1990 geboren waren, im Jahre 2003 eine stille Gesellschaft. Die Kinder sollten sich als stille Gesellschafter mit jeweils einer Einlage i.H.v. 17.500 Euro beteiligen und eine Gewinnbeteiligung i.H.v. jeweils 12,5% erhalten. Sie sollten am Verlust der Gesellschaft teilnehmen. Eine Haftung der stillen Gesellschafter gegenüber Dritten sollte ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der Beteiligung beschränkt sein. Bei Ausscheiden eines stillen Gesellschafters sollte eine Auseinandersetzung erfolgen, bei der die stillen Reserven aufzulösen wären. Die Einlagen der Kinder als stille Gesellschafter sollten durch Schenkung des Vaters geleistet werden, indem er eine Einlage aus der Auszahlung eines Bausparvertrages zwecks Sondertilgung eines betrieblichen Darlehens auf die Einlagen der Kinder umbuchte. Im Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft war u.a. eine vertragliches Wettbewerbsverbot zulasten der stillen Gesellschafter vereinbart, welches mit einer Vertragsstrafe unterlegt war.
Ein Ergänzungspfleger wurde nicht bestellt. Für das Veranlagungsjahr 2003 (VZ) wurden Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Einzel-Unternehmen und die (atypisch) stille Gesellschaft beim Finanzamt abgegeben. Aufgrund einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Gründung der stillen Gesellschaft zivilrechtlich unwirksam sei und daher auch steuerlich nicht anzuerkennen sei. Die als Betriebsausgaben des Unternehmens angesetzten Gewinnanteile der Kinder erkannte das Finanzamt daher nicht an und behandelte diese als Privatentnahme.
Der Einspruch war erfolglos. Auf die Klage hob das Finanzgericht die Bescheide auf und gab der Klage statt. Nach seiner Auffassung sei zwischen den Klägern eine atypisch stille Gesellschaft begründet worden, da die Kinder sowohl am Gewinn als auch am Verlust und an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt seien. Die Gesellschaftsverträge seien auch nicht rechtsunwirksam. Insbesondere sei weder die Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers noch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich gewesen, da die im Schenkungsweg gewährten Beteiligungen an der (atypisch) stillen Gesellschaft nebst Einlage für die Kinder lediglich rechtlich vorteilhaft seien.
Der BFH hat auf die vom Finanzamt eingelegt Revision das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des BFH seien die durch Schenkung gewährten Beteiligungen an der (atypisch) stillen Gesellschaft nebst Einlage für die Kinder nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da die Kinder entschädigungslos einem vertragliches Wettbewerbsverbot unterliegen, unterlegt mit einem Vertragsstrafeversprechen. Deshalb sei auch die Beteiligung eines Ergänzungspflegers notwendig gewesen. An der deshalb bestehenden zivilrechtlichen schwebenden Unwirksamkeit der Gesellschaftsverträge im Streitzeitraum würde eine von den Kindern nach dem Erreichen ihrer Volljährigkeit erteilte nachträgliche Genehmigung nichts ändern. Ob dennoch auch eine steuerliche Anerkennung erfolgen könne, habe das Finanzgericht nun zu prüfen. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass das Absehen der Kläger von der Einholung der Einwilligung eines durch das Gericht zu bestellenden Ergänzungspflegers ein sehr starkes Indiz dafür darstelle, dass die Gesellschaftsverträge nicht ernsthaft gewollt gewesen seien und sie daher dem steuerrechtlich nicht relevanten Privatbereich zuzuordnen gewesen sind.
Es komme daher in der Revision nicht darauf an, ob auch eine Zustimmung eines Ergänzungspflegers ihrerseits wiederum der familiengerichtlichen Genehmigung bedurft hätte.

C. Kontext der Entscheidung

Der BFH hat richtigerweise zunächst geprüft, ob die steuerliche Anerkennung schon daran scheitern könnte, dass zumindest zivilrechtlich eine schwebende Unwirksamkeit vorliegt.
Schließt ein Elternteil gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen mit seinen nach § 106 BGB beschränkt geschäftsfähigen Kindern ab, bedürfen diese nach den §§ 107, 108 Abs. 1 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Die Vertretungsbefugnis der Eltern nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ausgeschlossen für gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht für sein Mündel hätte. Dies gilt insbesondere für Insichgeschäfte nach den §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB. In diesem Fall kann die notwendige Einwilligung nur durch einen vom Gericht bestellten Ergänzungspfleger erteilt werden (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Ausnahmsweise kann von einer notwendigen Einwilligung gemäß § 107 BGB abgesehen werden, wenn das minderjährige Kind durch das Geschäft einen lediglich rechtlichen Vorteil erlangt (BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04 – BGHZ 161, 170).
Die Unterwerfung unter ein gesellschaftsvertragliches mit Vertragsstrafe unterlegtes Wettbewerbsverbot ist aber in der Regel nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, so dass es der Einwilligung des Ergänzungspflegers bedarf. Liegt diese nicht vor, so ist das Geschäft schwebend unwirksam.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die zivilrechtliche Rückwirkung der Einwilligung eines Ergänzungspflegers zu einem Vertrag über den Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft durch einen Minderjährigen kann steuerlich nicht berücksichtigt werden, wenn die Bestellung des Ergänzungspflegers nicht unverzüglich nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages beantragt und in angemessener Frist erteilt wird (BFH, Urt. v. 16.12.2008 – VIII R 83/05 – BFH/NV 2009, 1118; BFH, Urt. v. 23.04.1992 – IV R 46/91 – BStBl II 1992, 1024; BFH, Urt. v. 01.02.1973 – IV R 49/68 – BStBl II 1973, 307).
Von der erforderlichen Einwilligung des Ergänzungspflegers ist die ggf. weitere erforderliche Genehmigung der Einwilligung des Ergänzungspflegers durch das Familiengericht zu trennen.
Durch das Erfordernis der Genehmigungspflicht nach den §§ 1821, 1822 Nr. 3 BGB wird die gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern (vgl. §§ 1629, 1643 Abs. 1 BGB) bzw. die eines Ergänzungspflegers (§§ 1909 Abs. 1 Satz 1, 1915 Abs. 1, 1793 BGB) eingeschränkt.
Auch die zivilrechtliche Rückwirkung der familiengerichtlichen Genehmigung eines Vertrages über den Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft durch einen Minderjährigen kann steuerlich nicht berücksichtigt werden, wenn die familienrechtliche Genehmigung nicht unverzüglich nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages beantragt und in angemessener Frist erteilt wird (BFH, Urt. v. 16.12.2008 – VIII R 83/05 – BFH/NV 2009, 1118).
Zu empfehlen ist daher dringend, wenn die Beteiligten der Auffassung sind, dass weder eine Einwilligung eines Ergänzungspflegers erforderlich ist noch die familiengerichtliche Genehmigung, dass ein der Bestandskraft fähiger sog. Negativbeschluss des Familiengerichts unverzüglich eingeholt wird. Diesen muss das Familiengericht auf Antrag erlassen (OLG Jena, Beschl. v. 22.03.2013 – 2 WF 26/13 – ZEV 2013, 521 m.w.N.).