Nachfolgend ein Beitrag vom 26.1.2017 von Gies, jurisPR-MietR 2/2017 Anm. 1

Leitsatz

Dem Mieter stehen keine Gewährleistungsrechte wegen Mängeln an einem mitvermieteten Kellerraum zu, wenn sich aus dem Mietvertrag ergibt, dass der Keller lediglich „soweit verfügbar“ mitvermietet wird.

A. Problemstellung

Das AG Berlin-Wedding hatte sich in einem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Frage zu befassen, ob einer Mieterin bei teilweisem mangelhaftem Mietobjekt Ansprüche auf Herstellung eines mangelfreien Objektes zustehen, ferner die Antragstellerin zur Minderung der Miete berechtigt ist, wenn im Wohnungsmietvertrag zwar ein Kellerraum mitvermietet ist, dies aber nur für den Fall „soweit vorhanden und verfügbar“.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Antragstellerin ist Mieterin, der Antragsgegner Vermieter einer Wohnung. Der schriftliche Mietvertrag weist die Besonderheit auf, dass neben dem Wohnraum „ein Kellerraum nur soweit vorhanden und verfügbar“ mitvermietet ist. Ein Kellerraum ist der Antragstellerin zugewiesen worden. Seit Januar 2015 hat sich in diesem Kellerraum Feuchtigkeit und Schimmel gebildet. Die Antragstellerin hat daraufhin den Antragsgegner auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen, auf Rückzahlung anteiliger Mieten im Zeitraum von Januar 2015 bis März 2016 sowie auf Feststellung, wegen Mietmängeln zur Minderung der Miete i.H.v. 5% berechtigt zu sein. Angesichts ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt worden.
Das AG Berlin-Wedding hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Rechtsverfolgung sei ohne Aussicht auf Erfolg.
Die Parteien hätten die vollständige Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch auch für den Fall eines nicht überlassenen Kellerraums vereinbart; eine Minderung für einen nicht nutzbaren oder nur eingeschränkt nutzbaren Keller scheide aus diesem Grunde bereits aus.
Eine Instandsetzung schulde der Antragsgegner ebenfalls nicht. Wenn der Kellerraum nach Überlassung an die Antragstellerin die behaupteten Mängel aufweise, sei er als solcher „nicht verfügbar“. Durch die bloße Zuweisung eines Kellers sei mangels weiterer Vereinbarungen ein Anspruch auf Überlassung und Instandhaltung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht entstanden.

C. Kontext der Entscheidung

Gegen den Inhalt des amtsgerichtlichen Beschlusses, der im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach den §§ 114 ff. ZPO ergangen ist, bestehen im Ergebnis Bedenken. Den Parteien eines Wohnungsmietvertrages steht es frei, den Inhalt des Vertrages zu gestalten, auch Beschaffenheitsvereinbarungen über das Mietobjekt zu treffen und auch den Umfang des Mietobjekts festzulegen, und auf welche Räume sich der Mietvertrag erstrecken soll. Wenn das Amtsgericht im vorliegenden Fall der Mieterin weder einen Herstellungsanspruch nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zuerkennt noch eine Minderung der Miete für sachgerecht erachtet, muss es konsequenterweise zu dem Ergebnis gekommen sein, der schriftliche Mietvertrag beziehe sich nicht auf den Kellerraum.
Möglicherweise hat das Amtsgericht den Mietvertrag allein auf die Wohnung bezogen; in diesem Fall wäre der Kellerraum eventuell unentgeltlich in Form einer Leihe der Antragstellerin überlassen worden. Ob aber zwischen den Parteien neben dem Wohnungsmietvertrag noch ein Leihvertrag nach den §§ 598 ff. BGB geschlossen worden ist, erscheint mehr als zweifelhaft und ergibt sich aus den tatbestandlichen Mitteilungen der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht. Denn die Parteien haben einen einheitlichen Vertrag über die Anmietung einer Wohnung und die Überlassung eines Kellerraums – mit einer Besonderheit – geschlossen. Das Schwergewicht des Vertrages liegt eindeutig bei der Wohnraummiete; daher ergibt sich kein Raum für eine davon zu unterscheidende Leihe des Kellerraums. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Vertragsparteien besondere Vereinbarungen hinsichtlich des Kellerraums über sich ergebende Haftungsfragen nach § 599 BGB getroffen hätten. Daraus ergibt sich zunächst, dass der Antragsgegner den Kellerraum der Antragstellerin nicht ohne vertragliche Grundlage überlassen hat; vertragliche Grundlage bildet der Mietvertrag zwischen den Parteien.
Anhaltspunkte bestehen nicht dafür, dass der Kellerraum ohne eine vertragliche Grundlage etwa in Form eines Gefälligkeitsverhältnisses an die Antragstellerin gegeben worden wäre. Kennzeichen eines Gefälligkeitsverhältnisses ist der Umstand, dass nach Überlassung einer Sache diese jederzeit zurückgefordert werden kann. Hier war der Kellerraum an die Mieterin nach entsprechender Zuweisung überlassen worden; dieser Kellerraum sollte mangels weiterer Angaben bis zum Vertragsende genutzt werden können.
Wird in der vertraglichen Formulierung eine Bedingung gesehen, nach der der Kellerraum nur für den Fall überlassen wird, wenn er verfügbar ist, ist diese Bedingung eingetreten, nachdem der Antragsgegner den fraglichen Kellerraum der Antragstellerin zugewiesen und in den Besitz eingewiesen hat. Damit ist der Kellerraum Teil des schriftlichen Mietvertrages zwischen den Parteien, was gerade auch durch die Kontrollüberlegung deutlich wird, dass der Mieterin etwa Abwehrrechte hinsichtlich des Kellerraums gegenüber Dritten zustehen und eine Teilkündigung des Vertrages über den Kellerraum nach Lage der Dinge ausgeschlossen ist.
Ist der Kellerraum, der an die Antragstellerin überlassen worden ist, Teil eines einheitlichen Mietvertrages, muss die Überlegung angeschlossen werden, ob nicht durch die Formulierung „1 Kellerraum nur soweit vorhanden und verfügbar“ im Wege einer vertraglichen Abrede ein eventueller Herstellungsanspruch und Gewährleistungsrechte ausgeschlossen sein könnten. Argumentiert werden könnte, da die zu entrichtende Miete vollständig unabhängig von der Bereitstellung eines Kellerraums zu entrichten wäre, also auch in voller Höhe für den Fall, dass ein Kellerraum nicht bereitgestellt worden wäre, könnten an den Umstand eines fehlenden Kellerraums weder Gewährleistungsrechte noch Herstellungsansprüche geknüpft werden. Wie die vertragliche Abrede zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden, wobei zwischen einer Individualabrede und einer Klausel zu unterscheiden wäre.
Für den Fall einer Individualabrede wäre ein Ausschluss sämtlicher Rechte der Mieterin an § 536 Abs. 4 BGB zu messen, wobei sich die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung an den allgemeinen Vorschriften der §§ 133, 242 BGB orientiert. Nach Zuweisung und Überlassung des Kellerraums ist dieser in vollem Umfang von den mietvertraglichen Vereinbarungen erfasst, so dass grundsätzlich für einen Ausschluss von Herstellungsanspruch und Gewährleistungsrechten kein Raum ist, weil eine zum Nachteil des Mieters von § 536 BGB abweichende Vereinbarung in einem Wohnraummietverhältnis unwirksam ist.
Die Formulierung im vorliegenden Mietvertrag gibt Veranlassung zur Prüfung, ob die Parteien hinsichtlich des Kellerraumes eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben könnten, der zufolge die angemietete Wohnung einschließlich Kellerraum einer entsprechenden Wohnung ohne Kellerraum gleichgestellt wird. Die Mietvertragsparteien können durch individuelle Abreden einen vom üblichen Standard negativ abweichenden Zustand des Mietobjekts vereinbaren, ohne dass § 536 Abs. 4 BGB entgegensteht. Mietvertragliche Abreden zur Beschaffenheit der Mietsache können selbst durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. In derartigen Fällen können durch Vereinbarung Erfüllungsansprüche oder Gewährleistungsrechte ausgeschlossen sein. Allerdings ist angesichts des zwingenden Charakters des § 536 Abs. 4 BGB äußerste Vorsicht geboten, zu einem gänzlichen Ausschluss der Gewährleistungsrechte oder eines Instandhaltungsanspruchs im Wege einer Beschaffenheitsabrede zu gelangen.
Für den Fall der Annahme einer Individualabrede könnte hier ein derartiger Ausschluss der Mieterrechte bezogen auf den Kellerraum vorliegen. Durch die Formulierung im Mietvertrag sollte eine vollständige Gleichstellung einer Wohnung mit Kellerraum mit einer Wohnung ohne Kellerraum herbeigeführt werden. Eine Auslegung der individuellen Vertragsabrede ergibt, dass die Mieterin für den Fall einer Wohnung mit Kellerraum keine weitergehenden Rechte zustehen sollten als in dem Fall, dass ihr eine Wohnung ohne Kellerraum überlassen worden wäre. Dass hier im Ergebnis § 536 Abs. 4 BGB unterlaufen wird, ist angesichts der allgemeinen Zulassung von Beschaffenheitsvereinbarungen in Form von Individualabreden zu tolerieren.
Die amtsgerichtliche Entscheidung lässt eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik vermissen.
Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Vermieter die vertragliche Abrede mehrfach verwendet, dann müsste von einer Klausel auszugehen sein. Als Maßstab für die Beurteilung der Klausel wäre § 307 BGB heranzuziehen. Für eine sachgerechte Bewertung ist zulasten des Klauselverwenders eine Auslegung heranzuziehen, die auch bei extensiver Auslegung der Klausel den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligt. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Kellerraum vermietet und überlassen wird, ohne dass dem Mieter Gewährleistungsrechte zustehen. Für die Annahme einer Klausel wäre die Bewertung dahingehend vorzunehmen, dass bei Überlassung des Kellers im Wege einer Vermietung der Vertragszweck gefährdet wäre, nämlich eine Vermietung einer Wohnung nebst Keller ohne die Rechte der §§ 535 Abs. 1 Satz 2, 536 BGB im Hinblick auf den Kellerraum. Hier werden ganz erhebliche Rechte des Mieters im Klauselwege ausgehebelt, so dass eine Klausel des vorliegenden Inhalts nicht toleriert werden kann.
Die Entscheidung des vorliegenden Falles hängt demgemäß von einer Einschätzung der mietvertraglichen Abreden als Klausel oder als Individualabrede ab. Das Amtsgericht hat zu dieser Problematik tatbestandliche belastbare Umstände nicht mitgeteilt. Für den Fall einer Individualabrede steht der Antragstellerin weder ein Anspruch auf Mängelbeseitigung zu noch eine Berechtigung zur Mietminderung. Demgemäß ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch hinsichtlich des Feststellungsantrages ohne Erfolg. Für den Fall einer Klausel ist der Ausschluss der Gewährleistungsrechte und des Herstellungsanspruchs unwirksam, so dass der Antrag der Mieterin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aus den Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung hätte zurückgewiesen werden dürfen.
Hinzu tritt der Umstand, dass zwischen den Parteien streitig war, ob überhaupt Mängel in Form von Feuchtigkeit und Schimmel in den fraglichen Kellerraum aufgetreten sind. Hier wäre seitens des Amtsgerichts zu erwägen gewesen, für den Fall einer Klausel eine Sachverhaltsaufklärung herbeizuführen.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Auswirkungen für die Praxis dürften überschaubar bleiben. Für den Fall einer Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sieht das Gesetz in § 127 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde vor, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag übersteigt (derzeit 600 Euro). Angesichts des Zahlungsanspruchs über 338,25 Euro, des Anspruchs auf Mängelbeseitigung und der Feststellung zur Berechtigung weiterer Minderung der Miete dürfte der Wert des § 511 ZPO überschritten sein.
Kritisch wäre zudem anzumerken, dass sich die Problematik des vorliegenden Falles nicht sachgerecht in einem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bearbeiten lässt. Zunächst wären richterliche Hinweise zur Frage erforderlich gewesen, ob die Abrede mehrfach verwendet worden ist. Sodann hätte der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden müssen. Angesichts der Problematik, die in diesem scheinbar einfach gelagerten Fall zu bewältigen war, erweist sich das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus praktischen Gründen als ungeeignet, das Verfahren befriedigend zu führen. Der Fall zeigt zudem aber auch, dass sachkundige anwaltliche Unterstützung möglicherweise der Rechtsverfolgung der Antragstellerin hätte weiterhelfen können.