Nachfolgend ein Beitrag vom 16.6.2016 von Jahreis, jurisPR-MietR 12/2016 Anm. 6

Leitsatz

Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat bzw. einem Expose genügt zur Annahme einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung nicht. Dies gilt ebenso für eine lediglich telefonische Mitteilung durch einen Makler.

A. Problemstellung

Welche Anforderungen sind an eine ausdrückliche oder konkludente Wohnflächenvereinbarung bei einen durch einen Makler vermittelten Mietvertrag zu stellen? Unter welchen Umständen muss sich ein Vermieter falsche Angaben eines Maklers zur Wohnfläche zurechnen lassen?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin hatte an die Beklagte im August 2012 eine Wohnung vermietet. Einige Tage nach Abschluss des Mietvertrages kündigte die Beklagte den Mietvertrag und focht ihn wegen Täuschung an, weil die tatsächliche Wohnfläche nicht der Wohnfläche entsprach, die die von der Klägerin beauftragte Maklerin der Beklagten vor Vertragsabschluss auf telefonische Nachfrage hin mitteilte.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete für die Monate September bis November. Die Beklagte war der Auffassung, die Klägerin müsse sich die telefonische Falschauskunft der Maklerin zurechnen lassen.
Das AG München gab der Klage statt. Die Beklagte legte gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung ein.
Das LG München hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.
Es sei keine konkludente Vereinbarung über die Wohnfläche zustande gekommen. Die Angabe der Wohnfläche in einem Expose stelle nur eine bloße Beschreibung des Objektes dar. Auch wenn man als wahr unterstelle, dass die Maklerin dem Beklagten auf Nachfrage telefonisch mitgeteilt habe, dass die oberirdische Wohnfläche mehr als 150 m² umfasse, sei daraus noch keine konkludente Vereinbarung der Parteien über die Wohnfläche herzuleiten. Die Klägerin müsse sich die Auskunft der Maklerin auch nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen. Wenn sich die Tätigkeit der Maklerin im Anbieten reiner Vermittlerdienste erschöpfe, ohne dass diese in die Erfüllung von Haupt- oder Nebenpflichten eingebunden sei, komme eine Zurechnung nach § 278 BGB nicht infrage. Denn als Erfüllungsgehilfe sei nur anzusehen, wer nach den tatsächlichen Umständen mit dem Willen des Schuldners bei Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig werde. Die Erteilung von Auskünften über die Beschaffenheit der Wohnung unterfalle grundsätzlich der maklerspezifischen Vermittlungstätigkeit. Es sei nicht erkennbar, dass die Maklerin vorliegend darüber hinaus eine vermieterspezifische Tätigkeit ausübte, indem beispielsweise die Flächenangabe im Rahmen einer für die Klägerin getätigten Verhandlungsführung oder unter vergleichbaren Umständen gemacht wurde.

C. Kontext der Entscheidung

Das LG München konkretisiert mit seiner Entscheidung eine in jüngerer Zeit ergangene Entscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 23.06.2010 – VIII ZR 256/09) zur Problematik, unter welchen Voraussetzungen eine konkludente Vereinbarung über die Wohnfläche Inhalt eines Mietvertrages geworden ist. Der BGH entschied in diesem einen Fall zwar im Ergebnis anders als das LG München und bejahte eine konkludente Vereinbarung der Streitparteien über die Wohnfläche. Allerdings stellte der BGH in seiner Entscheidung bereits klar, dass eine konkludente Vereinbarung über die Wohnfläche nur dann infrage kommt, wenn die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages ganz offensichtlich beide der Ansicht waren, dass die Wohnung die in einer näher bezeichneten Flächenberechnung genannte Fläche auch aufweist. Dabei nahm der BGH an, dass eine konkludente Einigung über die Wohnfläche dann vorliegt, wenn Grundrisszeichnungen vorgelegt werden, die eine bestimmte – wenn auch von den tatsächlichen Verhältnissen abweichende – Fläche ausdrücklich ausweisen.
Das LG München konkretisiert die Rechtsprechung des BGH nun dahi gehend, dass eine ausschließlich telefonisch erteile Auskunft eines Maklers über die Wohnfläche ebenfalls nicht ausreicht, um eine konkludente Vereinbarung über die Wohnfläche zu begründen.
Gleichzeitig schließt sich das LG München auch der bisherigen Rechtsprechung an, wonach die Angabe einer bestimmten Wohnfläche in einem Inserat zu einer konkludenten Vereinbarung einer bestimmten Wohnfläche nicht genügt (AG München, Urt. v. 16.12.2013 – 424 C 10773/13; AG Frankfurt, Urt. v. 19.09.2012 – 33 C 3082/12; LG Mannheim, Urt. v. 08.11.2006 – 4 S 96/06) Diese Auffassung entspricht auch der Rechtsprechung des BGH, der klarstellt, dass ein bloßes Inserat eines Immobilienmaklers noch kein rechtsverbindliches Angebot, sondern lediglich eine invitatio ad offerendum darstellt (BGH, Urt. v. 03.05.2012 – III ZR 62/11).
Außerdem führt das LG München die Rechtsprechung des BGH zur Zurechnung eines Maklers als Erfüllungsgehilfen aus dem Jahr 1995 fort (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 40/94). Nach Auffassung des BGH erbringt der Makler grundsätzlich eine eigenständige Vermittlungsleistung und wird deshalb nicht im Pflichtenkreis eines anderen, sondern im eigenen Pflichtenkreis tätig, sodass ein Makler kein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB ist und eine Falschauskunft des Maklers dem Vermieter nicht zuzurechnen ist. Nach der Rechtsprechung des OLG Stuttgart würde dies sogar gelten, wenn der Makler den Mieter arglistig täuscht (OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.01.2011 – 13 U 148/10). Die Zurechnung einer Täuschung soll nach derselben Rechtsprechung aber analog den §§ 278, 166 Abs. 1 BGB dann möglich sein, wenn der Makler für seinen Auftraggeber die wesentlichen Vertragsverhandlungen führt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil des LG München begrenzt die Haftung eines Vermieters für falsche Angaben durch Makler in Inseraten und telefonisch erteilten Auskünften. Allerdings bedeutet diese Rechtsprechung ebenso wie die BGH-Rechtsprechung, auf die sie zurückgeht, keinen Freibrief für Makler und Vermieter zur Erteilung von Falschauskünften. Denn wenn Grundrisszeichnungen übergeben werden bzw. der Makler die wesentlichen Vertragsverhandlungen für den Vermieter führt, kann sogar eine zurechenbare Haftung des Vermieters für eine Täuschung durch den Makler infrage kommen.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Im Hinblick auf die Küche, deren Herausgabe im Wege der Widerklage von der Beklagten begehrt wurde, schließt sich das LG München einer Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an, wonach ein klageweise geltend gemachter Herausgabeanspruch nicht in einen Anspruch auf Wegnahme i.S.d. § 539 Abs. 2 BGB umgedeutet werden kann (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.1998 – 10 U 191/97). Dies liegt darin begründet, dass das Wegnahmerecht kein Minus zu einem Herausgabeanspruch, sondern ein Aliud darstellt. Soweit sich der Klageantrag auf Herausgabe richtet, kann daher das Wegnahmerecht für den Fall des Nichtbestehens des Herausgabeanspruchs wegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht als Minus zugesprochen werden.