Nachfolgend ein Beitrag vom 2.10.2017 von Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 40/2017 Anm. 1
Leitsatz
Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.
A. Problemstellung
Der Streitfall betraf die Frage, ob ein Buchhalter, der die laufenden Geschäftsvorfälle eines Unternehmens verbucht, auch die Umsatzsteuervoranmeldungen erstellen und an das Finanzamt übermitteln kann, wenn das eingesetzte Buchführungsprogramm die Voranmeldungen automatisch vorbereitet. Hilfeleistung in Steuersachen darf nicht von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu nicht befugt sind.
Der BFH hatte darüber zu befinden, ob die Verwendung des EDV-Programms dazu führt, dass keine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen vorliegt.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin, eine Diplom-Kauffrau (FH) und Steuerfachgehilfin, betreibt ein selbstständiges Buchführungsbüro. Ihre Tätigkeit umfasst auch die laufende Finanzbuchhaltung mit digitaler Archivierung und die laufende Lohnbuchhaltung. Zur Bearbeitung setzt sie ein elektronisches Buchführungsprogramm ein.
Für ihren Auftraggeber A verbuchte sie alle Belege im Zusammenhang mit dessen gewerblichem Unternehmen. Die von ihr erstellten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen übermittelte sie seit April 2013 auf elektronischem Weg an das Finanzamt. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung wies das Finanzamt die Klägerin mit Bescheid v. 07.01.2014 gemäß § 80 Abs. 5 AO a.F. als Bevollmächtigte des A zurück, weil sie durch die Übermittlung der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt zu sein. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Klägerin gehöre nicht zu dem in den §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personenkreis, der zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Die Erstellung der Voranmeldungen falle auch nicht unter § 6 StBerG. Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Eine Berechtigung zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen ergebe sich nicht aus § 6 Nr. 3 und 4 StBerG. Der BFH führte zur Begründung aus:
Nach § 6 Nr. 3 StBerG gilt das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen nicht für die Durchführung mechanischer Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Die Vorschrift erfasst aber nicht das Kontieren von Belegen und das Erteilen von Buchungsanweisungen.
Gemäß § 6 Nr. 4 StBerG gilt das Verbot des § 5 StBerG ferner nicht für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen, soweit diese Tätigkeiten verantwortlich durch Personen erbracht werden, die nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Vorbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind. Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 6 Nr. 4 StBerG erfasst. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt darin nicht. Die Umsatzsteuervoranmeldungen können den Lohnsteuer-Anmeldungen nicht gleichgestellt werden.
Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird vom Anwendungsbereich des § 6 Nr. 4 StBerG selbst dann nicht erfasst, wenn das verwendete Buchführungsprogramm es ermöglicht, die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgrund der Buchführung automatisch zu erstellen. Das Fertigen einer Umsatzsteuervoranmeldung stellt kein bloßes mechanisches Rechenwerk dar, wenn sie verantwortlich und unter Berücksichtigung der Regelungen des UStG geschieht. Die bloße unkritische Übernahme der Ergebnisse der Buchführung ohne eigene rechtliche Prüfung genügt nicht den Anforderungen, die das Gesetz an eine Umsatzsteuervoranmeldung stellt. Anderenfalls würde die Verantwortung für die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung auf den Buchführer übertragen werden, der dann auch die Subsumtion der Geschäftsvorfälle unter die einschlägigen Bestimmungen des UStG vorzunehmen hätte.
C. Kontext der Entscheidung
Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Ob jemand zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, richtet sich nach dem StBerG. Die Hilfeleistung in Steuersachen erfolgt geschäftsmäßig, wenn jemand ausdrücklich oder erkennbar die Absicht verfolgt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner selbstständigen Beschäftigung zu machen. Selbstständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt (BFH, Urt. v. 04.10.1995 – VII R 38/95 – BStBl II 1996, 488, unter 2.).
Die Hilfeleistung in Steuersachen umfasst nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG auch die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen (BFH, Urt. v. 19.10.2016 – II R 44/12 Rn. 19 – BStBl II 2017, 797; Anm. Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 9/2017 Anm. 1).
Der BGH ist ebenfalls der Ansicht, dass die geschäftsmäßige Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorbehalten ist (BGH, Urt. v. 22.04.1999 – IX ZR 112/98 – UR 1999, 333).
D. Auswirkungen für die Praxis
Ein Buchhalter, der unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistete, konnte nach § 80 Abs. 5 AO a.F. unabhängig davon zurückgewiesen werden, ob er als Bevollmächtigter oder – wegen fehlender Vollmacht – als Beistand gehandelt hat. § 80 AO ist jedoch durch das Gesetz vom 18.07.2016 (BGBl I, 1679) mit Wirkung ab 01.01.2017 geändert worden. Nunmehr kann ein Bevollmächtigter vom schriftlichen elektronischen oder mündlichen Vortrag zurückgewiesen werden (§ 80 Abs. 8 Satz 1 AO n.F.). Handelt ein Beistand, kann er vom mündlichen Vortrag zurückgewiesen werden (§ 80 Abs. 9 Satz 1 AO). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass ein Beistand nur bei Verhandlungen oder Besprechungen auftreten kann (vgl. § 80 Abs. 6 Satz 1 AO n.F.). Offen ist, ob ein Beistand, der bei der Abgabe von Steuererklärungen mitwirkt, wie ein Bevollmächtigter entsprechend § 80 Abs. 8 Satz 1 AO n.F. zurückgewiesen werden kann.
Die Neufassung des § 80 AO ist auf alle bei Inkrafttreten anhängigen Verfahren anzuwenden (vgl. Art. 97 § 1 Abs. 11 EGAO).
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