Nachfolgend ein Beitrag vom 30.7.2018 von Wozniak, jurisPR-InsR 15/2018 Anm. 5
Orientierungssatz zur Anmerkung
Es besteht kein Auskunftsanspruch des Insolvenzschuldners gegen die Rechtsanwaltskammer hinsichtlich der Versicherungsgesellschaft der Berufshaftpflichtversicherung eines als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalters gemäß § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO.
A. Problemstellung
Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens wegen der Nichtbewilligung von Prozesskostenhilfe setzte sich der VGH München in der hier zu besprechenden Entscheidung mit einer Problematik im Schnittbereich zwischen anwaltlichem Berufsrecht und Versicherungsrecht in insolvenznahen Sachverhalten auseinander. Hintergrund war die Frage, inwieweit ein Auskunftsanspruch gegen die Rechtsanwaltskammer hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung eines als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalters besteht. Der VGH München verneint dies wie die Vorinstanz im Rahmen des PKH-Verfahrens mit zutreffender Begründung.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der VGH München weist die Beschwerde zurück und legt der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf; die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des VG München vom 18.07.2017 habe keinen Erfolg in der Sache.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO sei einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen könne, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg biete und nicht als mutwillig erscheine. Das Verwaltungsgericht habe, so der VGH München, die Prozesskostenhilfe zu Recht versagt, weil die gegen die Rechtsanwaltskammer auf Auskunftserteilung über die Berufshaftpflichtversicherung des beigeladenen Rechtsanwalts gerichtete Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe.
Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Auskunftsanspruch über die Berufshaftpflichtversicherung des als Insolvenzverwalter tätigen beigeladenen Rechtsanwalts. Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Auskunft über die Berufshaftpflichtversicherung des Beigeladenen sei § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO. Danach erteile die Rechtsanwaltskammer Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Anwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft habe. Die Regelung stehe im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Rechtsanwalts, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO). Berufstätigkeit in diesem Sinne meine den Begriff der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 RVG, der geprägt sei durch die Gewährung der berufstypischen Aufgaben mit Ausnahme der in § 1 Abs. 2 RVG genannten, nicht jedoch unbedingt anwaltsspezifischen Tätigkeiten unter anderem als Insolvenzverwalter. Die amtliche Tätigkeit des Insolvenzverwalters könne nicht als anwaltliche Tätigkeit begriffen werden. Der Insolvenzverwalter könne sich wegen seiner Verantwortlichkeit nach § 60 InsO durch eine Haftpflichtversicherung schützen. Werde ein Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter tätig, bestehe insoweit keine Versicherungspflicht gemäß § 51 Abs. 1 BRAO und dementsprechend auch kein an die Rechtsanwaltskammer gerichteter Auskunftsanspruch nach § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO.
Dem stehe, so der Verwaltungsgerichtshof, auch nicht entgegen, dass die Vermögenshaftpflichtversicherer die in § 1 Abs. 2 RVG genannten Tätigkeiten in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten in ihre Risikobeschreibung aufgenommen haben, so dass sie regelmäßig mitversichert seien. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass der Beigeladene durch die Verwendung seines Briefkopfes als Rechtsanwalt, seinen Unterschriftenzusatz usw. den Anschein erweckt habe, als Rechtsanwalt die Tätigkeit des Insolvenzverwalters auszuüben, sei dem, so der Verwaltungsgerichtshof, entgegenzuhalten, dass der Beigeladene vom Amtsgericht zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Klägerin bestellt wurde, die Ernennung, Aufgaben und Haftung des Insolvenzverwalters in der Insolvenzordnung geregelt seien und der Beigeladene dementsprechend jeweils in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter tätig geworden sei. Schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin habe zwischen ihr und dem Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt ein Mandatsverhältnis bestanden, und es gehe der Klägerin auch nicht um Schadensersatzansprüche wegen der anwaltlichen Tätigkeit des beigeladenen Anwalts. Die Klägerin habe lediglich zu Unrecht angenommen, dass ein als Insolvenzverwalter tätiger Rechtsanwalt auch im Hinblick auf behauptete Schadensersatzansprüche aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter der Auskunftspflicht der Rechtsanwaltskammer gemäß § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO unterliege, was jedoch nach allem Vorgenannten nicht der Fall sei.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des VGH München ist unter die Entscheidungen einzureihen, die sich unter dem Stichwort „Abgrenzung des Tätigkeitsfeldes eines Insolvenzverwalters und eines Rechtsanwalts“ ergangen sind. Im konkreten Fall ging es um die Fragestellung, inwieweit eine Insolvenzschuldnerin einen auf § 51 BRAO gestützten Auskunftsanspruch gegenüber der Rechtsanwaltskammer geltend machen kann, der ihr Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt angehört. Der Verwaltungsgerichtshof verneint dies im Rahmen eines PKH-Beschwerdeverfahrens und schließt sich der Entscheidung der ersten Instanz insoweit an. Voraussetzung sei insbesondere, dass ein Mandatsverhältnis bestehe, was hier nicht angenommen werden könne. Insoweit unterscheide sich auch die Tätigkeit des Insolvenzverwalters von der des Anwalts. In der Tätigkeit als Rechtsanwalt bestehe eine Versicherungspflicht und korrespondierend ein Auskunftsanspruch eines potenziell geschädigten Mandanten; ein Insolvenzverwalter könne, müsse jedoch keine Berufshaftpflichtversicherung für solche Schäden abschließen, für die er gemäß § 60 InsO haftet. Mangels Versicherungspflicht bestehe logischerweise auch kein Auskunftsanspruch, auch nicht nach Maßgaben des anwaltlichen Berufsrechts. Die Mitversicherung über die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Versicherung von Berufsträgern würde zu keiner anderen Beurteilung führen. Dies ist inhaltlich überzeugend.
D. Auswirkungen für die Praxis
Es wird abzuwarten bleiben, ob im Rahmen der Diskussion zur Schaffung einer den Rechtsanwaltskammern nachgebildeten „Insolvenzverwalterkammer“ eine Versicherungspflicht und korrespondierend eine Auskunftspflicht/-möglichkeit geschaffen wird. Die bisherigen Reformüberlegungen deuten in diese Richtung.
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