Nachfolgend ein Beitrag vom 18.5.2018 von Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2018 Anm. 3

Leitsätze

1. Die Übertragung von Geldern durch den Schuldner auf einen Treuhänder zum Zweck der Befriedigung seiner Gläubiger stellt auch dann keine unentgeltliche Leistung dar, wenn die Treuhandvereinbarung wegen eines Vertretungsmangels unwirksam ist.
2. Ein Bereicherungsanspruch ist auch bei bewusster Zahlung auf eine unwirksame Treuhandvereinbarung gegeben, weil der Leistungsempfänger nicht darauf vertrauen kann, die Mittel behalten zu dürfen.
3. Einer geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Person ist die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners durch ihren gesetzlichen Vertreter nicht anzulasten, wenn dieser seine unbeschränkte Vertretungsmacht aus wirtschaftlichem Eigennutz ohne Rücksicht auf die Vermögensinteressen des Kindes ausübt.

A. Problemstellung

Der BGH hat sich in seiner Judikatur bereits mit der Frage auseinandergesetzt, wie insolvenzanfechtungsrechtlich damit umzugehen ist, wenn der Schuldner im Einvernehmen mit einem außenstehenden Treuhänder diesem in der anfechtungsrechtlichen Krise Gelder überträgt, um sie bei Fälligkeit konkret bestimmten Gläubigern zuzuleiten. Dabei handelt es sich um ein kollusives Zusammenwirken des Schuldners mit dem Treuhänder, soweit dieser die Lage und die Zielsetzungen des Schuldners kennt mit der Folge, dass der Treuhänder selbst Anfechtungsgegner der Vorsatzanfechtung ist.
Noch nicht entschieden hat der BGH eine solche Konstellation nach der Reform des § 133 InsO. Der Treuhänder haftet gesamtschuldnerisch mit dem letztlich die Zahlung empfangenden Gläubiger – sofern bei diesem ein Anfechtungstatbestand verwirklicht ist, nicht notwendigerweise wie beim Treuhänder nach § 133 Abs. 1 InsO. Ausgangspunkt dieser Judikatur des BGH ist die Bejahung einer Gläubigerbenachteiligung bei diesem Vorgehen nach § 129 InsO.
Bisher nicht entschieden war der Fall der Besprechungsentscheidung, wie nämlich zu verfahren ist, wenn der Treuhänder ein Minderjähriger ist, der von all den relevanten Vorgängen nichts weiß und dessen gesetzliche Vertreter das von ihnen für den Minderjährigen eingerichtete Konto zum Zwecke der anfechtungsrechtlich relevanten Vermögensverschiebung des Insolvenzschuldners gebrauchen. Dabei entsteht ein erheblicher Konflikt zwischen den Gläubigerinteressen und dem Minderjährigenschutz.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

I. Kläger ist der Insolvenzverwalter einer GmbH, über deren Vermögen auf Gläubigerantrag vom 03.08.2012 am 04.10.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Beklagte ist die zu den relevanten Zeitpunkten noch minderjährige Tochter der Geschäftsführer und Gesellschafter dieser GmbH; sie hat nach Eintritt der Volljährigkeit die Prozessführung ihrer Eltern genehmigt. Im offenbaren Angesicht der Krise der GmbH hatten die Eltern als Geschäftsführer der GmbH in der Zeit von April 2012 bis 01.08.2012 in 15 Überweisungen insgesamt 31.070 Euro auf ein Konto ihrer damals 14-jährigen Tochter überwiesen und diese Beträge „jedenfalls ganz überwiegend“, wie der BGH feststellt, an Gläubiger der GmbH von dort weiterüberwiesen; diesen Betrag hat der Kläger von der Beklagten gefordert. Unklar war der Verbleib von 5.274,55 Euro. Weitere 4.995 Euro wurden wieder in die Barkasse der Schuldnerin eingelegt. Ein Betrag von 1.545,50 Euro gelangte während des Rechtsstreits an die Masse zurück. In dessen Verlauf hatte sich die mittlerweile volljährige Beklagte unter Hinweis auf die Vernehmung ihrer Eltern dahingehend eingelassen, bei ihr seien keine Gelder der Schuldnerin verblieben; mit anderen Worten hat sie sich damit auf den Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB bezogen.
Das LG Koblenz hatte unter Abzug dieses letzteren Betrages das zunächst gegen die Beklagte antragsgemäß ergangene Versäumnisurteil bestätigt. Die Berufung der Beklagten hatte das OLG Koblenz zurückgewiesen, aber die Revision zugelassen.
II. Der BGH hat die Klage in Höhe von 24.276,95 Euro unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung abgewiesen und im Übrigen an das Berufungsgericht zurückverwiesen, d.h. in Höhe des unaufgeklärten Verbleibs der vorerwähnten 5.274,55 Euro.
1. Den Ausführungen des OLG Koblenz ist der BGH im Ergebnis nicht gefolgt. Das Berufungsgericht war der Meinung, der ungeklärte Teilbetrag stelle eine unentgeltliche Leistung dar, die von der Beklagten zurückzugewähren sei. Ansonsten schulde sie Rückgewähr der 24.276,95 Euro unter dem rechtlichen Aspekt des § 133 Abs. 1 InsO. Die Rückzahlung der 4.995 Euro in bar ändere an der Gläubigerbenachteiligung nichts. Die Schuldnerin habe mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, die Beklagte müsse sich das Wissen ihrer Eltern zurechnen lassen.
2. Den Ausgangspunkt der Erwägungen des BGH bildet die Feststellung des Senats, dass Ansprüche aus Insolvenzanfechtung parallele Ansprüche aus Vertrag oder Bereicherung nicht verdrängen, aus welchem Grunde die Nichtigkeit einer Rechtshandlung auch die Anfechtbarkeit nicht ausschließe. Die Überweisungen an die Beklagte stellten Rechtshandlungen mit Gläubigerbenachteiligung dar. Wie das OLG Koblenz ist der BGH der Meinung, auch der Rückfluss an die Barkasse der Schuldnerin hebe die Gläubigerbenachteiligung nicht auf, da die damit verbundene Verschleierung – „Umtausch“ eines pfändbaren Auszahlungsanspruchs gegen die kontoführende Bank in einen „nur schwer ausfindig zu machenden Barbetrag“ – die Gläubigerbenachteiligung sogar vertiefe.
Eine unentgeltliche Leistung (nach § 134 Abs. 1 InsO) liege indes nicht vor. Diese sei dann zu bejahen, wenn im Zweipersonenverhältnis der Anfechtungsgegner eine Leistung erhalte, ohne dass dem eine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht. Die Beklagte habe hier von vornherein entweder die Gläubiger der Schuldnerin aus den empfangenen Beträgen befriedigen oder die Gelder eben zurückzahlen sollen. Das sei eine die Leistung der Schuldnerin ausgleichende Gegenleistung. Auf das Bestehen einer wirksamen Treuhandregelung zwischen den Parteien komme es nicht an.
Habe eine Treuhandvereinbarung bestanden, scheitere die Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung an dem Rückforderungsanspruch des Treugebers. Habe kein Treuhandverhältnis bestanden oder sei es unwirksam gewesen, sei § 134 InsO jedoch ebenfalls nicht anwendbar. Ein zwischen der Schuldnerin und der Beklagten etwa zustande gekommener Treuhandvertrag stelle als Folge der Mehrfachvertretung durch die Eltern ein nach § 181 BGB verbotenes Insichgeschäft dar, das schwebend unwirksam war und nicht genehmigt worden ist. Ausnahme seien für den Minderjährigen lediglich vorteilhafte Geschäfte i.S.d. § 107 BGB, wovon hier angesichts der Rückgewährpflicht der minderjährigen Beklagten in Bezug auf die überlassenen Treuhandgelder nicht die Rede sein könne. Unentgeltlich sei dieser Vorgang nicht.
Diese Voraussetzung liege nur vor, wenn der Schuldner bewusst rechtsgrundlos leistet und der Leistungsempfänger als Folge eines vom Schuldner hervorgerufenen Irrtums seinerseits aber meint, „eine vertraglich geschuldete Leistung“ empfangen zu haben. Dann sei eine Rückforderung aber nach § 814 BGB ausgeschlossen. Anders, wenn der Schuldner meinte, auf einen wirksamen Anspruch zu leisten; dann ist Unentgeltlichkeit zu verneinen. Die letztere Konstellation sei hier zu bejahen. Der BGH legt dann die Willensrichtungen der Beteiligten aus mit der zutreffenden Folgerung, die Beklagte habe die empfangenen Gelder zugunsten der Schuldnerin einzusetzen gehabt. Geht der Schuldner irrtümlich von einer Pflicht zur Leistung aus, habe er gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch aus Leistungskondiktion. Unentgeltlichkeit i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO sei dabei zu verneinen. Dies gelte auch dann, wenn sich die Eltern der Beklagten bewusst waren, das Konto der Beklagten durch ihre Vorgehensweise zu missbrauchen. Dasselbe sei anzunehmen, wenn die Eltern von vornherein kein Treuhandverhältnis beabsichtigt hätten. Auch dann sei der Anwendungsbereich des § 814 BGB nicht eröffnet, da diese Norm immer dann unanwendbar sei, wenn der Leistungsempfänger nicht darauf vertrauen durfte, die Zuwendung behalten zu dürfen. Als Beispiele benennt der Senat valutierte Darlehensbeträge, die bei einem unwirksamen Darlehensvertrag dennoch zurückzuzahlen seien. Ebenso sei dies bei einem Treuhandvertrag, da die Treuhandgelder eben nicht endgültig beim Treuhänder verbleiben sollen.
Differenziert betrachtet der BGH den Betrag von 5.274,55 Euro, der zur Zurückverweisung an das OLG Koblenz geführt hat. Zum einen fehlte es für die Unentgeltlichkeit an dem Willen der Schuldnerin zur Zuwendung einer unentgeltlichen Leistung. Handelt es sich aber um ein Geschäft mit ausgleichender Gegenleistung des Anfechtungsgegners, kann nicht nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden, nur weil die Gegenleistung tatsächlich nicht erfolgte. Vielmehr sei bei der Beklagten noch vorhandenes Treugut an den Kläger zurückzugewähren. Anspruchsgrundlage sei, wenn die anfängliche Zuwendung zum Zweck der Tilgung von Verbindlichkeiten erfolgt und diese nicht vorgenommen worden sei – der angestrebte Zweck also verfehlt worden ist – § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB.
Der BGH hat auch einen Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO verneint, denn die Beklagte habe als Leistungsmittlerin und bloße Zahlstelle den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt. Der Senat wiederholt dann zunächst die Leitlinien seiner Leistungsmittlerrechtsprechung; nur wenn der Anfechtungsgegner als Zahlstelle diese Rolle überschreitet und aktiv bei der Gläubigerbenachteiligung des Schuldners Unterstützung leistet – ein Eigeninteresse muss er dabei nicht haben –, kann bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auch auf die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes desselben bei dem Zahlungsmittler geschlossen werden. Der BGH wiederholt ferner die von ihm in seiner Judikatur herangezogenen Beispiele; seine Funktion als Zahlungsmittler überschreitet derjenige, der sein Konto in der geschilderten Situation dem Schuldner zur Teilnahme am Zahlungsverkehr zur Verfügung stellt und damit die Gläubigerbenachteiligung des Schuldners „hinnimmt“ oder der lediglich bestimmte Gläubiger aus den von ihm treuhänderisch erhaltenen Zahlungen befriedigt. Im letzteren Fall genügt es sogar, wenn der Schuldner nach eigenem Ermessen handelt, ohne konkrete Weisung des Schuldners zu einzelnen Gläubigern. Vorliegend kannte die Beklagte die Vorgehensweise ihrer Eltern nicht. Daher könne offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Minderjähriger bei Kenntnis der einschlägigen Fallumstände anfechtungsrechtlich in Anspruch genommen werden könne. Hier hätten die Eltern das Konto der Tochter aufgrund ihrer „unbegrenzten, elterlichen Vertretungsmacht (§ 1629 Abs. 1 BGB) […] ohne Rücksicht auf die für [diese] damit verbundenen abträglichen Rechtsfolgen zu einer Zahlstelle der Schuldnerin zweckentfremdet“. Im Interesse des Minderjährigenschutzes wirkten Kenntnisse der Eltern, die ihre Vertretungsmacht missbrauchten, nicht zulasten des Minderjährigen, der „zu einer vernünftigen Selbstbestimmung unter keinen Umständen in der Lage“ ist. Der Minderjährige könne auf die Vertretungsmacht der Eltern nicht einwirken. Handelten die Eltern unkontrolliert und seien sie nicht bereit, ihrer Verantwortung im Rahmen der Vermögenssorge nachzukommen, könne sich das außerordentlich nachteilig für das Kind auswirken, wobei sich der Senat auf die Entscheidung des BVerfG (Beschl. v. 13.05.1986 – 1 BvR 1542/84 – BVerfGE 72, 155) bezieht.
Vorliegend hätten die Eltern ohne Rücksicht auf ihre Tochter ausschließlich ihre Interessen als Geschäftsführer und Gesellschafter der fallierten GmbH verfolgt. Die Kenntnis ihrer Eltern könne der Tochter daher nicht zugerechnet werden, sie sei als Kontoinhaberin nur technisch als Zahlstelle beteiligt gewesen. Der Senat wiederholt diesen Aspekt mehrmals und charakterisiert das Vorgehen als missbräuchlich, eigene Vermögensinteressen der Tochter seien nicht verfolgt worden. Als Fazit kann man die Meinung des Senats dahingehend zusammenfassen, dass die minderjährige Kontoinhaberin willen- und machtlos dem verantwortungslosen und eigensüchtigen Verhalten ihrer Eltern nach deren „Gutdünken“ ausgesetzt war. Sie habe keine maßgebliche Rolle bei der Gläubigerbefriedigung ausgeübt und auch keinen eigenen Handlungsspielraum gehabt. Daher unterliege sie als bloß technisch involvierte Kontoinhaberin auch nicht der Vorsatzanfechtung.
Im Hinblick auf den ungeklärt gebliebenen Teilbetrag von 5.247,55 Euro hat der Senat das Berufungsgericht für das erneute Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass dem Kläger ein Kondiktionsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zustehen könnte. Das OLG Koblenz muss nun prüfen, ob ein Bereicherungsanspruch oder ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch des Klägers gegen die Beklagte zu bejahen ist. Im Hinblick auf den von der Beklagten erhobenen Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) weist der BGH darauf hin, dass auch der Minderjährige insoweit darlegungs- und beweisbelastet sei. Aufgrund des eigenmächtigen Vorgehens der Eltern könne aber die Darlegungslast abgemildert sein.

C. Kontext der Entscheidung

I. Das Urteil enthält mehrere interessante Komponenten. Zum einen wird die bisherige Judikatur zu § 134 Abs. 1 InsO bestätigt. Die Gläubigerbenachteiligung ist in Fällen wie hier nicht zweifelhaft, der Gesamtheit der Gläubiger werden durch das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten entsprechende Nachteile zugefügt. Auch der Weg des Wegschaffens von Geldern auf das Konto eines Dritten, um sie dann wieder als Bargeld zurückzuholen, ist Gläubigerbenachteiligung.
Im Zweipersonenverhältnis ist für die Anwendung des § 134 Abs. 1 InsO entscheidend, dass der Leistungsaustausch zwischen Leistungsempfänger und späterem Anfechtungsgegner eine ausgleichende angemessene Gegenleistung fordert, deren tatsächliches Ausbleiben aber nicht dazu führt, dass die entgeltliche Rechtshandlung plötzlich zu einer unentgeltlichen wird und damit sehr vereinfacht angefochten werden kann, wobei der Verwalter zudem noch von dem langen vierjährigen Anfechtungszeitraum profitieren würde. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Treuhandvertrages hat darauf keine Auswirkungen. Das entspricht zum einen der Struktur eines Treuhandvertrages, der die Verwendung der übertragenen Vermögenswerte im Interesse des Schuldners zum Gegenstand hat bzw. – bei Fehlschlagen oder sonstiger Erledigung – deren Rückgabe bzw. Rückübertragung. Die sachlogische Folge des nicht wirksam zustande gekommenen Treuhandvertrages ist damit nicht die Unentgeltlichkeit der Leistung der treuhänderisch übertragenen Vermögenswerte, sondern ein Anspruch aus Leistungskondiktion gegen den Treuhänder. § 814 BGB scheidet in dergleichen Fällen mit dem BGH generell aus; die vorliegende Struktur geht unabhängig vom Bestehen eines Treuhandvertrages davon aus, dass die übertragenen Gelder nicht dem Kontoinhaber verbleiben sollen. Es kommt daher letztlich nicht darauf an, dass die Eltern hier ihre gesetzliche Vertretungsmacht evident missbraucht haben, so dass das verbotene Insichgeschäft nach Maßgabe der §§ 1629, 1795, 181 BGB schwebend unwirksam nach § 177 BGB war. Berücksichtigt man diese Zusammenhänge, käme es auch nicht darauf an, wenn die Minderjährige nach Eintritt der Volljährigkeit das Handeln ihrer Eltern genehmigt hätte.
II. Im Mittelpunkt der Erwägungen des Senats steht auch die Feststellung, dass Anfechtungsansprüche vertragliche Ansprüche sowie Ansprüche aus Kondiktion nicht ausschließen, so dass als praktische Folge die Verneinung eines Anfechtungsanspruchs nicht bedeuten muss, dass der Leistungsempfänger von Rückforderungsansprüchen frei würde. Relevant ist das hier bei zweckgebunden zugewendeten Leistungen, die nicht zweckgerichtet verwendet werden konnten, so dass dem Leistenden gegen den Empfänger, wie vom BGH vertreten, die condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB zusteht.
III. Die Abwehr des Anspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO begründet der BGH in erster Stufe mit der Funktion des Zahlungsmittlers; hier wiederholt er, dass derjenige, der ohne Zusammenwirken mit dem Schuldner lediglich seine vertraglichen Pflichten ausführt und die Grenzen dieser Rolle nicht überschreitet, nicht Anfechtungsgegner sein kann. Es ist daran zu erinnern, dass der Senat seine Leistungsmittlerjudikatur zwischen zwei Polen ansiedelt. Zum einen sollen mit dem Schuldner (kollusiv) zusammenwirkende Dritte, die ihn bei der Vermögensverschiebung unterstützen, selbst Anfechtungsgegner sein können (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2012 – IX ZR 74/11 – BGHZ 193, 129, Steuerberater als Treuhänder, dazu Cranshaw, jurisPR-InsR 14/2012 Anm. 1; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.01.2013 – IX ZR 11/12 Rn. 30 – ZInsO 2013, 384). Auf der anderen Seite soll der Zahlungsverkehr des Schuldners in der Krise nicht durch ein zu weites Verständnis der Vorsatzanfechtung verunmöglicht werden. Banken als Zahlungsmittler, die sich auf die Rolle als Kontoführer beschränken, sollen daher nichts zu befürchten haben (BGH, Urt. v. 26.04.2012 – IX ZR 74/11 Rn. 22 ff., st. Rspr.). Deshalb ist auch vorliegend die Aussage, derjenige sei Anfechtungsgegner, der sein Konto zur Verfügung stellt und „damit hinnimmt, an gläubigerbenachteiligenden Handlungen des Schuldners“ beteiligt zu sein, nicht auf die kontoführende Bank ausgerichtet, die lediglich das Schuldnerkonto „neutral“ führt, sondern auf einen Bankkunden, der mit eigenem Konto dem Schuldner und seinen Vermögensverschiebungen assistiert. Auf unlautere Zwecke kommt es dabei nicht einmal an. Die Novellierung des § 133 InsO ändert an den Grundsätzen der Zahlungsmittlerjudikatur in Fällen wie hier gegenüber dem Treuhänder nichts. Der Gläubiger, dem der Treuhänder pflichtgemäß die ihm aufgetragenen Zahlungen leistet, profitiert aber von den Regelungen des § 133 Abs. 2, 3 InsO n.F. ebenso wie von der Neuregelung des § 142 Abs. 1 InsO unter den dortigen Voraussetzungen. Damit ist die gesamtschuldnerische Mithaftung zwischen dem Treuhänder und dem Insolvenzgläubiger als Adressat der Zahlung durch den Treuhänder in den unter die §§ 133 Abs. 2, 3, 142 Abs. 1 InsO zu subsumierenden Sachverhalten mehr als bisher deutlich in Frage gestellt. Zudem setzt die Anfechtbarkeit gegenüber dem Zahlungsmittler nicht die Anfechtbarkeit gegenüber dem Gläubiger, der schließlich die Leistung erhält, voraus (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – IX ZR 11/12 Rn. 21). In diesem letzteren Fall hat der Leistungs-/Zahlungsmittler auch keinen Regressanspruch gegen den Gläubiger unter dem Aspekt des Gesamtschuldnerausgleichs.
IV. Im Kern der Erwägungen des Senats steht der Minderjährigenschutz. Hätte der BGH hier nicht „gegengesteuert“, wäre zu befürchten, dass bei den Familiengesellschaften in der Rechtsform der GmbH die Konten minderjähriger Kinder zum Zwecke der Vermögensverschiebung im Elterninteresse tendenziell systematisch missbraucht werden könnten. Der vorliegende Fall dürfte ohnehin kein Einzelfall sein, statistische Daten liegen naturgemäß nicht vor. Allerdings ist der Fall hier familien- und jugendhilferechtlich ganz klar – aufgrund der eingetretenen Volljährigkeit aber auch obsolet. Es ist keine Frage, dass die Eltern ihre Tochter dem Risiko einer Rückforderung ausgesetzt haben, denn sie sollte Inhaberin der Guthaben werden, die aus dem Vermögen der Schuldnerin auf ihr Konto überwiesen wurden, wenn diese Beträge ihr auch nicht endgültig verbleiben sollten. Der in der erneuten Berufung zu prüfende Teilbetrag, den die mittlerweile Volljährige ggf. nach § 812 Abs. 1 BGB schuldet und der Umstand, dass sie auf den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) angewiesen sein kann und insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, zeigt das für sie bestehende Risiko ganz deutlich. Die Eltern haben eigensüchtig ihre Vermögenssorge missbraucht. Formal hätten sie, wenn sie denn einen Treuhandvertrag hätten abschließen wollen, einen Vermögenspfleger bestellen lassen müssen (§ 1909 BGB), der dann die Genehmigung allerdings zu solchen Geschäften hätte verweigern müssen. Dass die vorgenommenen Transaktionen kein für die Minderjährige nur vorteilhaftes Geschäft darstellten (vgl. § 107 BGB) ist evident und bedarf keiner weiteren Erörterung. Fälle wie der vorliegende sind Beispiele dafür, wann das Familiengericht die gesetzliche Vertretungsmacht entziehen kann (§ 1629 Abs. 2 Satz 3 HS. 1 i.V.m. § 1796 BGB).

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Berater der Schuldner werden stets darauf achten, dass unlautere Vermögensverschiebungen auf Konten von Minderjährigen unterbleiben.
II. Gesetzliche Vertreter Minderjähriger, die zu Manipulationen greifen wie im vorliegenden Fall, riskieren Eingriffe der Familiengerichte in die elterliche Sorge. Der Vertreter riskiert ggf. zivil- und strafrechtliche Risiken. Das vorliegende Urteil zeigt, wie ernst der BGH den Minderjährigenschutz nimmt und wie sein Verdikt über Eltern aussieht, die dem nicht nachkommen.
III. Sollen Minderjährige in die unternehmerischen Aktivitäten der Eltern eingebunden werden, müssen jederzeit die ihnen gezogenen Grenzen beachtet werden, ggf. ist durch das Familiengericht ein Ergänzungsfleger zu bestellen, der seinerseits ggf. sogar familiengerichtliche Genehmigungen einholen muss (§ 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. den §§ 1821, 1822 BGB). Da § 181 BGB auch im Rahmen der elterlichen Sorge zu beachten ist (§ 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 2 BGB), ist in den Fällen des § 181 BGB stets ein Pfleger gemäß § 1909 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB zu bestellen, wenn wie hier beide Elternteile von dem Verbot betroffen sind oder ein Elternteil allein nicht handeln kann. Allerdings hätte vorliegend das Familiengericht die Bestellung des Pflegers ablehnen müssen, weil auch ein Pfleger den beabsichtigten Geschäften niemals hätte zustimmen dürfen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 28.02.2001 – 26 UF 18/01 Rn. 3 – FamRZ 2002, 1655, fehlendes Rechtsschutzinteresse zur Bestellung eines Ergänzungspflegers nur dann, wenn „das vorzunehmende Rechtsgeschäft […] nicht völlig aussichtslos erscheint“). Vorliegend wäre aber ggf. die Entziehung der Vermögenssorge in Frage gekommen, wären die beabsichtigten Geschäfte dem Familiengericht zur Kenntnis gelangt, denn hier war der Interessengegensatz zwischen Eltern und Tochter nach den Feststellungen im Verfahren offensichtlich und erheblich i.S.d. § 1796 Abs. 2 BGB (vgl. Götz in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1796 Rn. 2, § 1909 Rn. 1, 2, 7, 11).

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