Nachfolgend ein Beitrag vom 29.5.2017 von Figatowski, jurisPR-SteuerR 22/2017 Anm. 1

A. Ausgangslage und Überblick

Mit Gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs (Einheitliches Vertragswerk/Einheitlicher Erwerbsgegenstand) vom 14.03.2017 hat sich die Finanzverwaltung im Detail dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen neben dem zum Besteuerungszeitpunkt unbebauten Grundstück auch die Kosten für die Errichtung eines Gebäudes in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Der Erlass ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

B. Wesentlicher Inhalt der gleich lautenden Erlasse

I. Allgemeines

Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein einheitlicher Erwerbsgegenstand anzunehmen ist, sind die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Nur wenn die Parteien das bebaute Grundstück zum Vertragsgegenstand gemacht haben, kann dieser Zustand der Besteuerung zugrunde gelegt werden, selbst wenn das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut ist.

II. Getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über Bauleistungen

Schwierigkeiten bei der Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands ergeben sich, wenn die Parteien getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Erbringung von Bauleistungen schließen. Hier unterscheidet die Finanzverwaltung danach, ob ein rechtlicher Zusammenhang oder ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen den von den Parteien selbstständig abgeschlossenen Vereinbarungen vorliegt.

1. Rechtlicher Zusammenhang

Eine zivilrechtliche Verknüpfung (= rechtlicher Zusammenhang) liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung vor, wenn sich aus den Gesamtumständen ein Wille der Parteien ergibt, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein bebautes Grundstück ist. Indizien für einen dahingehenden Willen sind die Verknüpfung im Vertragstext, die Zusammenfassung der Vereinbarungen in einer Urkunde oder der Ausweis eines Gesamtpreises.

Daneben ist eine rechtliche Einheit der Vereinbarungen anzunehmen, wenn zwei oder mehrere Verträge ausdrücklich in ihrem Bestand voneinander abhängig sind oder sie nach dem Parteiwillen miteinander „stehen und fallen“ sollen. Für eine solche Vertragsverknüpfung sprechen der Baubeginn vor Vertragsabschluss oder eine Grundstücksveräußerung nur an Erwerber, die vorher eine Treuhandvollmacht zum Abschluss der übrigen Verträge erteilt haben. Eine solche Vertragsverknüpfung entfällt nicht dadurch, dass die Vereinbarungen in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt sind oder dass der Verkäufer und das mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragte Unternehmen nicht identisch sind, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen beteiligt sind.

Die rechtliche Einheit der Verträge führt dazu, dass sämtliche Verträge nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungspflichtig sind. Werden einzelne Verträge nicht beurkundet, wird deren Unwirksamkeit durch die Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch geheilt (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB). Zudem unterliegt auch ein infolge unvollständiger Beurkundung unwirksames Rechtsgeschäfts unter den Voraussetzungen von § 41 Abs. 1 AO i.V.m § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

2. Objektiv enger sachlicher Zusammenhang

Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Erbringung der Bauleistungen liegt nach der Finanzverwaltung vor, wenn der Erwerber spätestens bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei ist. Die Finanzverwaltung unterscheidet dabei drei Fallgruppen, welche sich im Wesentlichen darin unterscheiden, zu welchem Zeitpunkt der Bauvertrag – vor, zeitgleich oder nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags – geschlossen wird.

a) Zeitliche Abfolge der Verträge

Hat sich der Erwerber bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags oder zeitgleich durch den Abschluss eines Gebäudeerrichtungsvertrages an die Bebauung des Grundstücks durch die Veräußererseite gebunden, liegt ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang vor.

Wird der Bauvertrag zeitlich nach dem Grundstückskaufvertrag geschlossen, ist ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Verträgen nur anzunehmen, wenn ein faktischer Zwang oder ein von der Veräußererseite vorbereiteter Geschehensablauf vorliegt. Nicht erforderlich ist die Abgabe eines bereits konkret ausgestalteten Angebots.

Ein faktischer Zwang ist beispielsweise gegeben, wenn der Erwerber bei Nichtabschluss des Bauvertrages nennenswerte wirtschaftliche Nachteile erleidet oder ein Bauunternehmen Grundstücke ausschließlich an Interessenten veräußert, die mit ihm auch einen Bauvertrag schließen. Ferner liegt ein faktischer Zwang vor bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften, wenn die einzelne Einheit bautechnisch nicht unabhängig von den benachbarten Einheiten errichtet werden kann.

Ein vorbereiteter Geschehensablauf ist anzunehmen, wenn der Grundstücksveräußerer dem Interessenten aufgrund einer konkreten und annähernd bis zur Baureife gediehenen Vorplanung bestimmte Bauleistungen auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Interessent dieses Angebot nur als einheitliches annehmen oder ablehnen kann. Unbeachtlich ist, ob die Vorplanung maßgeblich von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist. Der Annahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs steht nicht entgegen, wenn der Bauvertrag unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags und der Finanzierungszusage der Bank steht. In jedem Falle erforderlich ist, dass der Erwerber das Angebot nur mit geringen Abweichungen annimmt.

b) Mehrere Personen auf der Veräußererseite

Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen auf, reicht für den objektiv engen sachlichen Zusammenhang eine Bindung an eine bestimmte Bebauung nicht aus. Erforderlich ist zudem eine enge personelle, wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindung der Personen auf der Veräußererseite, eine Zusammenarbeit aufgrund von Abreden bei der Veräußerung oder ein Hinwirken auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrages als auch des Bauleistungsvertrages durch abgestimmtes Verhalten.

Ein zu einem objektiv engen sachlichen Zusammenhang führendes Zusammenwirken liegt auch ohne einen schriftlichen Vertrag bei einem tatsächlichen und einvernehmlichen Zusammenwirken vor, wenn der im Übrigen passive Grundstückseigentümer dem Bauunternehmen das Grundstück „an die Hand“ gibt. Ausreichend ist, dass das Zusammenwirken auf der Veräußererseite anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann, ohne dass das Zusammenwirken für den Erwerber erkennbar sein muss.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist ein Zusammenwirken auf der Veräußererseite zu vermuten, wenn der Grundstückveräußerer und das Bauunternehmen u.a. in gemeinsamen Anzeigen, Prospekten oder Internetauftritten unter Angabe des zu veräußernden Grundstücks werben. Ferner, wenn die von dem Grundstücksveräußerer verkauften Grundstücke eines Baugebiets von demselben oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen bebaut werden. Keiner weiteren Indizien für das Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite bedarf es in den Fällen, in denen nur eine dieser Personen ein einheitliches Angebot abgibt.

3. Gebäudeherstellungsverpflichtung auf der Veräußererseite

Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands ist, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet sind. Umfangreiche Vorplanungen der Veräußererseite, eine im Grundstückskaufvertrag übernommene zivilrechtliche Bauverpflichtung des Erwerbers gegenüber der Veräußererseite oder sogar die Bindung des Erwerbers an eine bestimmte bauliche Gestaltung („Wie“ der Bebauung) führen dagegen noch nicht zu einer der Veräußererseite zuzurechnenden zivilrechtlichen Herstellungsverpflichtung.

4. Sonderfälle

Werden mehrere Vereinbarungen über die Erbringung verschiedener Bauleistungen, wie z.B. Rohbau- und Ausbauarbeiten, geschlossen, gelten die Grundsätze zum einheitlichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs für jede Vereinbarung über die Grundstücksübertragung und über die Erbringung von Bauleistungen entsprechend. Gleiches gilt für die Bestellung und den Erwerb von Erbbaurechten.

III. Umfang der Gegenleistung

Liegt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor, sind zur Gegenleistung als Bemessungsgrundlage alle Leistungen des Erwerbers einzubeziehen, die dieser an den Grundstücksveräußerer oder an Dritte gewährt, um das Grundstück im (zukünftig) bebauten Zustand zu erwerben. Dazu gehören neben dem Grundstückskaufpreis beispielsweise die von der Veräußererseite erbrachten Baukosten für das Gebäude, die auf die Bauleistungen der anderen Personen auf der Veräußererseite (Architekt, Bauunternehmer) entfallende und von diesen geschuldete Umsatzsteuer sowie alle sonstigen die Baumaßnahmen betreffenden Kosten (z.B. Vermessungs- und Maklerkosten des Veräußerers). Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören dagegen Eigenleistungen des Erwerbers oder Leistungen, die dem Erwerber aufgrund eigener Verpflichtung gegenüber Dritten entstanden sind (z.B. Grundbuch- und Notarkosten).

IV. Anzeigepflicht

Die Anzeigepflicht des Notars erstreckt sich gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStG sowohl auf den Grundstückskaufvertrag als auch auf Verträge, die zivilrechtlich mit diesem eine Einheit bilden. Die Verletzung dieser Anzeigepflicht durch den Notar führt nicht zu einer Anlaufhemmung i.S.d. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO. Die Verletzung der Anzeigepflicht kann jedoch zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist führen.

Besteht keine zivilrechtliche Einheit zwischen Grundstückskaufvertrag und weiteren, nicht notariell beurkundeten Verträgen, sind die Beteiligten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG zur Anzeige der weiteren Verträge verpflichtet. Die Verletzung dieser Anzeigepflicht führt zu einen Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 AO.

Sind sowohl der Notar als auch die Parteien des Erwerbsvorgangs zur Anzeige verpflichtet und hat nur der Notar seiner Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG vollständig entsprochen, ist eine Anzeigeverpflichtung der Parteien für § 170 AO ohne Bedeutung.

V. Steuerschuldner

Grundstückserwerber und Grundstücksveräußerer (auch bei mehreren Personen auf der Veräußererseite) sind nach § 13 Nr. 1 GrEStG Gesamtschuldner der auf den Erwerb des Grundstücks und der Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer. Der Bauunternehmer ist kein Schuldner der Grunderwerbsteuer.

VI. Verfahrensrecht

Wird nachträglich bekannt, dass ein Grundstückskaufvertrag in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einem Bauvertrag steht, kann eine bestandskräftige Steuerfestsetzung aufgrund neuer Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Der Steuerpflichtige kann sich nicht auf eine Verletzung der Ermittlungsmöglichkeiten des Finanzamtes berufen, da er seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt hat.

C. Stellungnahme

I. Allgemeines

Der II. Senat des BFH vertritt zur Rechtsfigur des einheitlichen Erwerbsgegenstands eine sehr facettenreiche und stark einzelfallbezogene Rechtsprechung. Hier setzen die Gleich lautenden Ländererlasse an und versuchen, die Grundsätze der Judikatur systematisierend zusammenzufassen. Dies gelingt jedoch nur zum Teil, da die Ländererlasse die in der Praxis vorkommenden Probleme im Zusammenhang mit dem einheitlichen Erwerbsgegenstand stellenweise nicht tief genug beleuchten. Im Einzelnen ist zu bemerken:

II. Annahme des Bauträgerangebots nur mit geringen Abweichungen

Der objektiv sachliche Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauträgervertrag wird nach dem BFH indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat.

In dem Zusammenhang stellt sich regelmäßig in der Praxis die Frage, wann ein Angebot nur mit „geringen“ Abweichungen angenommen wird, welche den Charakter der Baumaßnahme nicht verändern. Nach dem BFH ist bei der Beurteilung, ob Abweichungen von dem ursprünglichen Angebot über den üblichen Rahmen hinausgehen, stets auf das gesamte angebotene Bauvorhaben und nicht lediglich auf den Ausbau oder einzelne Ausbauleistungen abzustellen (BFH, Urt. v. 03.03.2015 – II R 22/14 – BFH/NV 2015, 1270). Ferner sind Veränderungen der Flächengrößen und Baukosten, die nicht mehr als 10% betragen, revisionsrechtlich unbedenklich (BFH, Urt. v. 28.03.2012 – II R 57/10 – BStBl II 2012, 920; Anm. Loose, jurisPR-SteuerR 36/2012 Anm. 4). Betragen die Veränderungen mehr als 10%, ist somit von einem „aliud“ auszugehen, welches die Indizwirkung und damit den objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und Bauträgervertrag entfallen lässt.

Neben diesem quantitativen Aspekt verlangt die BFH-Rechtsprechung, dass die Abweichungen (qualitativ) den Charakter der Baumaßnahme nicht verändern dürfen. Unklar ist, wann Abweichungen zwischen der geplanten und tatsächlich realisierten Bebauung das Wesen der Baumaßnahme verändern.

Das FG Köln hat in einem Fall entschieden, dass bei Verwirklichung eines kommunalen Bauvorhabens mit vier Hallen der Bau eines Konferenzgebäudes, welches bei Abschluss der Grundstückskaufverträge noch nicht in die Planungsüberlegungen einbezogen war, der Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands nicht entgegenstehe. Allerdings müsse das Konferenzgebäude aus der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage herausgerechnet werden (FG Köln, Urt. v. 16.10.2013 – 5 K 1985/09 – EFG 2014, 1806 m. Anm. Funmi). Gegen das Urteil des FG Köln ist die Revision beim BFH anhängig (II R 38/14).

Die Entscheidung des FG Köln, gewisse Abweichungen bei Großprojekten zu tolerieren und nicht bei einer rein formalen Betrachtung des Bauvorhabens stehen zu bleiben, verdient Zustimmung. Die Übertragung aller Anforderungen für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, welche beispielsweise in Fällen der Bebauung mit einem Einfamilienhaus gelten, auf Großprojekte, würde faktisch zur Aufgabe dieser Rechtsfigur in dem Kontext führen. Denn gerade bei der Errichtung von Großvorhaben sind quantitative und qualitative Abweichungen von einer Planung geradezu systemisch. Die Gründe für die Mehrkosten sind vielschichtig. Die Praxis zeigt jedoch, dass Angebote zum Teil deutlich unter den kalkulierten Kostenberechnungen der Anbieter liegen, so dass zumindest quantitative Abweichungen „vorprogrammiert“ sind.

Sachgerecht erscheint daher, eine umfassende Gesamtwürdigung unter besonderer Würdigung des Charakters einer Bebauung vorzunehmen. Dies führt dazu, dass bei Großvorhaben beispielsweise nicht jede Errichtung eines weiteren Gebäudes zu einer negativen Abweichung von der Vorplanung führt. Ein „aliud“ dürfte nach dieser Ansicht erst dann anzunehmen sein, wenn das weitere Gebäude den Charakter der Bebauung prägend verändert. Nach Auffassung des FG Köln lag entsprechend mit dem Bau eines Konferenzgebäudes keine den Charakter der Bebauung (mit vier Hallen) verändernde Abweichung zur Vorplanung vor. Mit besonderer Spannung darf daher erwartet werde, ob der BFH diese Einschätzung in dem anschließenden Revisionsverfahren bestätigt.

III. Mehrere Grundstückseigentümer auf der Veräußererseite

Schwierigkeiten bereiten auch die Fälle, in denen mehrere Personen mehrere für ein Bauvorhaben notwendige Grundstücke verkaufen, ohne dass ein tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken bei allen Grundstückseigentümern festgestellt werden kann.

Denkbar wäre in diesem Fall, dass die Grundsätze eines einheitlichen Erwerbsgegenstands für alle Grundstücke keine Anwendung finden, da sämtliche Grundstücke für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlich sind. Richtigerweise sind diese Fälle über eine flächenbezogene Abbildung bei der Einbeziehung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage zu lösen. Der Flächenanteil der Gebäudeherstellungskosten, welcher auf die nicht in den einheitlichen Erwerbsgegenstand einbezogenen Grundstücke entfällt, ist über die Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Die übrigen Gebäudeherstellungskosten sind dagegen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen und erhöhen die Grunderwerbsteuer.

IV. Verpflichtung der Veräußererseite zur Herstellung des Gebäudes

Nach dem Ländererlass ist unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, dass der Veräußerer zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet ist. Im Umkehrschluss genügt die Übernahme einer Bauverpflichtung durch die Käuferseite für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands noch nicht („eigennützige Leistung des Käufers“). Vielmehr ist erforderlich, dass die Errichtung des Gebäudes in der Sphäre des Verkäufers oder eines mit dem Verkäufer zusammenarbeitenden Dritten liegen.

Letztere Fälle führen in der Praxis häufig zu Streitigkeiten zwischen der Finanzverwaltung und dem Käufer. Nach der Ausgangssituation trägt das Finanzamt die objektive Beweislast für ein Zusammenwirken zwischen dem Bauträger und der Verkäuferseite. Ein solches Zusammenwirken könnte beispielsweise bei entsprechenden Abreden oder Verbindungen zwischen dem Grundstückeigentümer und der Baufirma anzunehmen sein. Wird die Baufirma dagegen erstmals nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags eingeschaltet, ist die Rechtsfigur des einheitlichen Erwerbsgegenstands vom Grundsatz bereits nicht anwendbar (vgl. BFH, Urt. v. 25.01.2017 – II R 19/15; Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 46/2016 Anm. 5).

V. Verfahrensrechtliche Änderungen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

Nach der Rechtsprechung des BFH kommt eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids in den Fällen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands sowohl nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO als auch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in Betracht.

War der Bauträgervertrag zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits geschlossen und wurde erst nachträglich dem Finanzamt bekannt, kann eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgen. Liegt der Abschluss des Bauträgervertrags zeitlich nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags und haben sich die Vertragsparteien in dem Grundstückskaufvertrag verpflichtet, einen Bauvertrag zu schließen, ist eine Änderung nur gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Mit dem Abschluss des Bauerrichtungsvertrags verändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich, und zwar i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs (so BFH, Urt. v. 25.01.2017 – II R 19/15; noch offengelassen in BFH, Urt. v. 28.03.2012 – II R 57/10). Zeitlich wirkt der Abschluss des Bauträgervertrags damit auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung zurück (§ 14 Nr. 2 GrEStG).

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Gleich lautenden Ländererlasse der Finanzverwaltung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand sind im Grundsatz sehr zu begrüßen. Gerade die Grunderwerbsteuer hat nicht zuletzt wegen der Erhöhung der Grunderwerbsteuersätze in fast allen Bundesländern enorm an Bedeutung hinzugewonnen.

Die Aufzählungen in den Ländererlassen zeigen anschaulich, dass die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands letztlich eine Einzelfallentscheidung ist, deren Ausgang aufgrund der vielen in Betracht kommenden Indizien häufig schwer vorherzusehen ist. Als Negativabgrenzung lässt sich zumindest für die Praxis festhalten, dass ohne eine Verpflichtung der Veräußererseite zur Errichtung des Gebäudes ein einheitlicher Erwerbsgegenstand in keinem Fall angenommen werden kann. Wird das Gebäude durch einen Bauträger errichtet, der nicht zugleich Grundstückseigentümer ist, trägt das Finanzamt die objektive Beweislast dafür, dass das Handeln des Bauträgers der Veräußererseite zuzurechnen ist. Käufer eines unbebauten Grundstücks, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll, sind daher gut beraten, die in den Ländererlassen zusammengefasste Rechtsprechung des II. Senats zum einheitlichen Erwerbsgegenstand zu beachten, um die Finanzierung des Bauprojekts durch eine Vervielfachung der Grunderwerbsteuer nicht zu gefährden.