Leitsätze
1. Der Gegenstandswert einer erteilten Auskunft richtet sich nach dem gestellten Antrag und den sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen. Dafür ist auf die Differenz zwischen dem Steuerbetrag, der aufgrund der von dem Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, und dem Steuerbetrag abzustellen, der sich bei einer von der Finanzbehörde vertretenen entgegengesetzten Rechtsauffassung ergeben würde.
2. Steuerliche Auswirkungen, die sich mittelbar ergeben können, die jedoch nicht selbst zum Gegenstand des Antrags auf verbindliche Auskunft gemacht worden sind, werden bei der Bemessung der Auskunftsgebühr nicht berücksichtigt.
3. Der Gegenstandswert wird nach den Grundsätzen der gerichtlichen Streitwertermittlung für ein Hauptsacheverfahren berechnet.
A. Problemstellung
- Der IV. Senat des BFH präzisiert die maßgebenden Kriterien für die Bemessung des der Gebührenfestsetzung für eine verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO zugrunde zu legenden Gegenstandswerts und schließt sich hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Gebührenpflichtigkeit und der Bemessung des Gegenstandswerts der Rechtsprechung des I. Senats des BFH an.
- B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
- Die in B.-GmbH & Co. KG umbenannte Klägerin erwarb im Dezember 2006 eine 40%ige Kommanditbeteiligung an der nicht mit der Klägerin identischen und später erloschenen B.-KG zum Preis von … Mio. Euro. Der Kaufpreis wurde fremdfinanziert. Zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen war beabsichtigt, die Klägerin und die B.-KG im Wege der Anwachsung zu verschmelzen.Mit Schreiben vom 02.02.2007 beantragte die Klägerin beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft für im Einzelnen beschriebene geplante Umstrukturierungsmaßnahmen. Sie stellte hierzu eine Reihe von Fragen. Den Gegenstandswert bezifferte sie zunächst auf 5.600.000 Euro, später mit 3.165.270,38 Euro. Unter dem 21.02.2007 und dem 27.04.2007 erteilte das Finanzamt die beantragte verbindliche Auskunft. Es setzte mit Bescheid vom 01.03.2007 eine Gebühr fest und wich dabei von dem von der Klägerin ermittelten Gegenstandswert ab.Im Einspruchsverfahren gegen den Gebührenbescheid machte die Klägerin geltend, dass der Gegenstandswert auf 316.527,03 Euro herabzusetzen sei. Der Gegenstandswert einer verbindlichen Auskunft sei mit nur 10% der fiktiven steuerlichen Auswirkungen zu bemessen. Dabei seien auch zukünftige Steuerentlastungen zu berücksichtigen. Der Einspruch der Klägerin hatte nur teilweise Erfolg. Unter Berücksichtigung der Gewerbesteuerrückstellung minderte das Finanzamt den Gegenstandswert und setze die Gebühr entsprechend herab.Das FG Münster (Urt. v. 15.02.2012 – 12 K 5002/07 AO – EFG 2012, 1706) hat der Klage teilweise stattgegeben. Es setzte die Gebühr unter Berücksichtigung des von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 19. 02.2007 – also auch unter Berücksichtigung zukünftiger Steuerentlastungen – berechneten Gegenstandswerts von 3.165.270,38 Euro auf 11.056 Euro fest.Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Anschlussrevision der Klägerin wies der BFH als unbegründet zurück. Eine Verminderung des Gegenstandswerts der Auskunft komme nicht in Betracht.I. Die Revision des Finanzamts sei begründet. Der auf der Grundlage des § 89 Abs. 3 Satz 1 ergangene Gebührenbescheid sei rechtmäßig. Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 AO werde die Gebühr grundsätzlich nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller habe (Gegenstandswert). Dieser richte sich nach dem gestellten Antrag und den sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen und werde zahlenmäßig nach den Grundsätzen für die gerichtliche Streitwertermittlung bestimmt.Die maßgeblichen steuerlichen Auswirkungen für die Auskunftsgebühr ergäben sich grundsätzlich aus der Gegenüberstellung des Steuerbetrags, der bei Anwendung der von dem Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, zu dem Steuerbetrag, der entstehen würde, wenn die Finanzbehörde eine entgegengesetzte Rechtsauffassung vertreten würde (vgl. BMF, Schreiben v. 31.01.2014 – BStBl I 2014, 290; AEAO Nr. 4.2.2 zu § 89 ; Baum, NWB Fach 2, 9293-9296 (15/2007); Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 89 AO Rn. 353; Wagner in: Kühn/v. Wedelstädt, AO, 21. Aufl., § 89 Rn. 27; weiter differenzierend, wenn auch der dargestellten Steuerdifferenzberechnung grundsätzlich zustimmend Horst, Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abgabenordnung, S. 195 f.).Grundlage dieser Steuerdifferenzberechnung sei – vergleichbar der grundsätzlich antragsbezogenen Bestimmung des Streitwerts im finanzgerichtlichen Verfahren – der Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft. Dieser bestimme die Reichweite der steuerlichen Prüfung durch die Finanzbehörde und den Umfang der mit der verbindlichen Auskunft zu erreichenden Bindungswirkung und damit der für den Antragsteller daraus resultierenden Rechtssicherheit. Dass für die Bemessungsgrundlage der Gebühr an den Antrag angeknüpft werde, entspreche der Rechtfertigung der Gebührenpflicht für eine verbindliche Auskunft.II. Für eine Anknüpfung an die Grundsätze über die gerichtliche Streitwertermittlung spreche zunächst der Gesetzeswortlaut. Denn § 89 Abs. 5 AO verweise auf die entsprechende Anwendung der Regelung über die Wertgebühren in § 34 GKG. Darüber hinaus lasse sich auch dem Gesetzgebungsverfahren entnehmen, dass der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung schaffen und sich dafür an dem bereits bestehenden System zur Bemessung des Gegenstandswerts im Gerichtskostenrecht nach § 52 Abs. 1 GKG habe orientieren wollen (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 09.11.2006, BT-Drs. 16/3368, S. 24). Dies komme in § 89 Abs. 5 Satz 1 AO durch den Verweis auf § 34 GKG hinreichend zum Ausdruck.Schließlich diene es der Vorhersehbarkeit der Höhe der Gebühren und erweise sich regelmäßig auch als sachgerecht, wenn für ihre Bestimmung auf die unter der Geltung von FGO und GKG entwickelten Grundsätze der gerichtlichen Streitwertermittlung zurückgegriffen werde.Dem stehe nicht entgegen, dass in § 89 AO eine dem § 52 Abs. 3 GKG entsprechende Regelung fehle. Für die Bemessung des Gegenstandwerts einer verbindlichen Auskunft sei eine solche Regelung indes entbehrlich, weil die erstrebte Auskunft als solche keinen auf eine bezifferte Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt darstelle. Gegenstand der verbindlichen Auskunft sei allein die verbindliche steuerrechtliche Beurteilung, d.h. die Beantwortung einer Rechtsfrage.III. Daraus folge, dass der Gegenstandswert einer Auskunft, deren steuerliche Beurteilung Gegenstand einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften nach den §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO sei, unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung grundsätzlich nach der typisierten einkommensteuerlichen Auswirkung mit 25% des streitigen Gewinns zu bemessen sei. Der Ansatz eines höheren Prozentsatzes komme ausnahmsweise in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen erkennbar sei, dass der Pauschalsatz der tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkung nicht gerecht werde. Daher sei der Satz von 25% nur bei höheren Gewinn- bzw. Verlustanteilen wegen der infolge des progressiven Einkommensteuertarifs zu erwartenden höheren einkommensteuerlichen Auswirkung angemessen zu erhöhen (vgl. BFH, Beschl. v. 29.02.2012 – IV E 1/12 – BFH/NV 2012, 1153; BFH, Beschl. v. 10.10.2006 – VIII B 177/05 – BStBl II 2007, 54, m. Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 2/2007 Anm. 4).IV. Eine Absenkung des Gegenstandswerts entsprechend der Praxis bei der Bestimmung des Streitwerts in Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) komme nicht in Betracht. In Rechtsstreitigkeiten über die AdV von Steuerbescheiden betrage der Streitwert nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig 10% des Betrags, für den die AdV beantragt werde (vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 17.11.2011 – IV S 15/10 – BStBl II 2012, 246, m.w.N.). Ein solcher Abschlag werde in der Rechtsprechung für gerechtfertigt erachtet, da das Interesse des Steuerpflichtigen in der Regel darauf gerichtet sei, ein Leistungsgebot vorübergehend nicht befolgen zu müssen. Der Steuerpflichtige erstrebe, den streitigen Betrag nutzen oder aber die Kosten für dessen Beschaffung vermeiden zu können; sein finanzielles Interesse sei auf Verzinsung bzw. Zinsersparnis gerichtet (vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 22.11.1995 – II S 10/95 – BFH/NV 1996, 432). Demgegenüber sei das finanzielle Interesse an einer verbindlichen Auskunft auf eine endgültige, Planungssicherheit bewirkende Festlegung der Finanzbehörde für Steuerbelastungen wegen zukünftig geplanter Gestaltungen gerichtet.V. Die theoretische Möglichkeit, dass die erteilte Auskunft ganz oder teilweise gemäß § 130 AO zurückgenommen, ganz oder teilweise gemäß § 131 AO widerrufen oder ganz oder teilweise nach § 2 Abs. 3 der Steuer-Auskunftsverordnung aufgehoben oder geändert werde, rechtfertige keinen Abschlag bei der Bemessung des Gegenstandswerts. Die theoretische Möglichkeit, dass die Bestandskraft einer verbindlichen Auskunft (teilweise) durchbrochen werden könne, sei kein der Auskunft zukommendes Spezifikum. Sie gelte für andere Verwaltungsakte gemäß den §§ 130 ff. AO und für andere Steuerverwaltungsakte gemäß den §§ 172 ff. AO gleichermaßen und werde im Rahmen der gerichtlichen Streitwertermittlung ebenfalls nicht wertmindernd berücksichtigt. Im Übrigen müsste dann auch die theoretische Möglichkeit der Abänderung einer Auskunft zugunsten des Antragstellers werterhöhend berücksichtigt werden, was aber ebenfalls nicht in Betracht komme.VI. Dem Antragsteller komme mit seinen Angaben für die Bemessung des Gegenstandswerts eine Einschätzungsprärogative zu. Nach § 89 Abs. 4 Satz 2 AO solle der Antragsteller den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde solle sodann der Festsetzung der Gebühr den von dem Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führe (§ 89 Abs. 4 Satz 3 AO). Dem Antragsteller werde somit eine Einschätzungsprärogative für die Bemessung des Gegenstandswerts eingeräumt (vgl. Horst, Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abgabenordnung, S. 195; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rn. 72; AEAO Nr. 4.2.6 zu § 89), wodurch Auseinandersetzungen über die zutreffende Höhe der Gebühr vermieden werden sollten (vgl. auch Roser in: Beermann/Gosch, AO, § 89 Rn. 91).Im Rahmen der Einschätzungsprärogative müsse sich der Antragsteller allerdings an die dargelegten Grundsätze der gerichtlichen Streitwertermittlung halten. Eine davon abweichende Bemessung des Gegenstandswerts führe regelmäßig zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis und sei deshalb von der Finanzbehörde nicht zu berücksichtigen. Gleiches gelte, wenn die der Ermittlung des Gegenstandswerts zugrunde liegenden Angaben des Antragstellers erkennbar unzutreffend seien. Dies sei z.B. der Fall, wenn der Gegenstandswert nach den steuerlichen Auswirkungen zu bemessen sei, die sich infolge der steuerrechtlich umstrittenen Aufdeckung stiller Reserven ergäben. Die dem Antragsteller zugebilligte Einschätzungsprärogative beziehe sich dann grundsätzlich zunächst nur auf die Bestimmung des Umfangs der aufzudeckenden stillen Reserven. Sei diese Wertbestimmung erkennbar unzutreffend, müsse die Finanzbehörde davon bei der Bestimmung des Gegenstandswerts abweichen.VII. Das Finanzgericht habe seiner Entscheidung zum Teil andere Grundsätze zugrunde gelegt. Insbesondere habe es zu Unrecht steuerlich entlastende Wirkungen höherer Abschreibungen in Folgejahren berücksichtigt. Das Finanzgericht habe bei Bemessung des Gegenstandswerts zu Unrecht Umstände einbezogen, die nicht Gegenstand des Antrags gewesen seien.Die Klägerin habe lediglich geklärt wissen wollen, ob infolge der Anwachsung stille Reserven aufzudecken wären. Gegenstand des Antrags sei hingegen nicht die Frage gewesen, ob sich infolge der Aufdeckung stiller Reserven im Streitjahr und in den Folgejahren die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) der auf die Klägerin übertragenen Wirtschaftsgüter erhöhe und damit eine höhere Abschreibung aufwandswirksam zu berücksichtigen sei. Im Übrigen hätte sich der Umfang zukünftiger AfA nicht gebührenmindernd, sondern gebührenerhöhend ausgewirkt.
- C. Kontext der Entscheidung
- Der IV. Senat des BFH hat sich – in der vorrangigen Rechtsfrage – der Auffassung des I. Senats des BFH (Urt. v. 30.03.2011 – I R 61/10 – BStBl II 2011, 536, dazu kritisch Steinhauff, jurisPR-SteuerR 24/2011 Anm. 1, m. umf. Nachw.; Roser in: Beermann/Gosch, AO/FGO, § 89 AO Rn. 79; ferner Werder/Dannecker, BB 2011, 1447; Wünsch in: König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 36, wonach fraglich sei, ob die gesetzlich bestimmte Gebühr für Hoheitsaufgaben den verfassungsmäßigen Rahmen überschreitet; zustimmend hingegen Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rn. 63, m.w.N. zum Streitstand; Rätke in: Klein, AO, 12. Aufl., § 89 Rn. 51; ferner BFH, Beschl. v. 30.03.2011 – I B 136/10 – BFHE 232, 395, zur Verfassungsmäßigkeit der Zeit- und Wertgebühren) angeschlossen.Die Regelung über die Gebühr für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach verfassungsgemäß. Sie bezwecke in verfassungskonformer Weise die Abgeltung des durch die Erteilung entstehenden besonderen Verwaltungsaufwands der Behörde wie auch den Ausgleich des Vorteils, der dem Antragsteller durch die Bindungswirkung der Auskunft entsteht. Sie stelle einen Ausgleich dar für die besondere Inanspruchnahme der staatlichen Verwaltung und bewirke einen Vorteilsausgleich für die Erlangung von Rechtssicherheit für (erst) zukünftig zu verwirklichende Sachverhalte.Auch der IV. Senat des BFH misst offenbar ebenfalls wie der I. Senat des BFH dem Umstand keine entscheidende Bedeutung bei, dass das GKG grundsätzlich für in Rechtskraft erwachsende Entscheidungen unabhängiger Richter gilt. Stattdessen wird auf den Umstand abgehoben, das im Auskunftsverfahren nur eine Gebühr – im Gegensatz zu vierfachen Gebühren im finanzgerichtlichen Verfahren – anfällt.Das BVerfG (Nichtannahmebeschl. v. 11.05.2015 – 1 BvR 741/14 – DStR 2015, 2237, dazu P. Fischer, jurisPR-SteuerR 35/2015 Anm. 1) hat überdies klargestellt, dass eine verbindliche Auskunft auf die geltende Rechtslage beschränkt ist (vgl. auch § 2 Abs. 2 StAuskV). Sie vermag gegenüber der Rückwirkung von Gesetzen keine verstärkte Vertrauensbasis zu begründen und führt in Bezug auf künftige Rechtsänderungen nicht zu einer höheren Schutzwürdigkeit der Empfänger. Ihre Wirkung entfällt mit dem Inkrafttreten einer relevanten Neuregelung vollständig, ohne dass insoweit zu irgendeinem Zeitpunkt ein zusätzliches Vertrauen bestanden hätte oder zur Entstehung gelangen konnte. Auch darin unterscheidet sich die Wirkkraft einer verbindlichen Auskunft von einem rechtskräftigen Urteil und sonstigen bestandskräftigen Verwaltungsakten (vgl. § 79 Abs. 2 BVerfGG; BFH, Urt. v. 11.02.1994 – III R 50/92 – BStBl II 1994, 389; BFH, Beschl. v. 29.11.2005 – IX B 161/05 – BFH/NV 2006, 897, m.w.N.).
- D. Auswirkungen für die Praxis
- I. Aus der Anknüpfung an den Antrag ergibt sich im Gegenschluss, dass Fragen, die der Finanzbehörde weder ausdrücklich noch konkludent zur Prüfung unterbreitet wurden, auch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der Auskunftsgebühr haben. Steuerliche Auswirkungen, die sich mittelbar – wenn auch ggf. auf den mit der verbindlichen Auskunft beantworteten Rechtsfragen aufbauend – ergeben können, die jedoch nicht selbst zum Gegenstand des Antrags auf verbindliche Auskunft gemacht worden sind, werden mithin weder gebührenermäßigend noch gebührenerhöhend bei der Bemessung der Auskunftsgebühr berücksichtigt.II. Ein Wertabschlag ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Antragsteller sich gegen die Umsetzung des der verbindlichen Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts entscheiden kann. Denn der mit der Gebühr abzugeltende Aufwand der Verwaltung ist durch die Bearbeitung und die Erteilung der Auskunft entstanden. Mit der Erteilung der verbindlichen Auskunft hat der Antragsteller Planungssicherheit im Hinblick auf den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt. Der Wert der verbindlichen Auskunft wird deshalb nicht gemindert, wenn der Antragsteller von der Verwirklichung dieses Sachverhalts absieht. Dies folgt auch daraus, dass die Gebühr unabhängig davon erhoben wird, ob die Finanzbehörde mit der Auskunft der steuerrechtlichen Beurteilung des Antragstellers folgt.III. Unerheblich für die Höhe des Gegenstandswerts einer Auskunftsgebühr ist es, ob die erteilte Auskunft rechtswidrig ist.IV. Ob bei sonstigen, nicht die steuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts betreffenden Auskunftsersuchen der Streitwert nur mit 10% des „Hauptsacheanspruchs“ anzusetzen sein kann (vgl. z.B. Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rn. 162), hat der BFH offengelassen, da im Streitfall über den Gegenstandswert einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO zu entscheiden war. Diese bildet nach Ansicht des BFH aufgrund ihres speziellen Inhalts, Steuerrechtsfragen zu konkreten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten verbindlich zu beantworten, eine eigenständige Fallgruppe.