FG Hamburg, Urteil vom 10. Juli 2015 – 6 K 121/14 –, juris

Leitsatz

1. Der Abschluss von Darlehensverträgen kann nur dann zu steuerlich relevanten Einkünften führen, wenn bei Abschluss des Vertrags die Absicht bestand, Überschüsse zu erzielen.

2. Eine Überschusserzielungsabsicht kann nicht angenommen werden, wenn die vereinbarten Verträge steuerlich nach den Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen nicht anzuerkennen sind.

3. Vereinbarungen unter nahen Angehörigen werden aufgrund des zwischen solchen Personen in der Regel fehlenden natürlichen Interessengegensatzes steuerlich nur anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und leicht nachprüfbar sind und dem entsprechen, was unter sonst gleichen Umständen auch zwischen fremden Personen hätte vereinbart werden können. Sie müssen klar und eindeutig im Voraus schriftlich fixiert worden sein. Zudem muss die tatsächliche Durchführung des Vertrags wie unter fremden Dritten erfolgt sein. Diese Grundsätze gelten auch in dem Fall, dass eine Gesellschaft, die durch Gesellschafter beherrscht wird, welche wiederum an einer anderen Gesellschaft beteiligt sind (Schwestergesellschaften), mit dieser anderen Gesellschaft Verträge schließt; auch in diesem Fall besteht zwischen den Gesellschaften kein Interessengegensatz. Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich anerkannt werden können, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Zu beachten ist, dass nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltensmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließt.

4. Gewährt eine Gesellschaft einer insolvenzgefährdeten Gesellschaft, an der die Alleingesellschafterin der Gesellschaft beteiligt ist, ein Darlehen, muss dieser Darlehensvertrag klar und eindeutig im Voraus schriftlich fixiert worden sein, damit der Vertrag steuerlich anerkannt werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn zunächst die Muttergesellschaft der Gesellschaft das Darlehen gezahlt hat und das Darlehen später erst auf die Gesellschaft übertragen wird und der Geschäftsführer der Darlehensnehmerin und der Darlehensgeberin derselbe ist.

5. Gegen die inhaltliche Fremdüblichkeit eines Darlehensvertrages sprechen insbesondere folgende Indizien:

– Der Darlehensvertrag enthält bereits im Zeitpunkt des Abschlusses einen Zinsverzicht mit Besserungsschein.

– Es werden keine Sicherheiten vereinbart bzw. trotz der Vereinbarung nicht gestellt.

– Die Zinshöhe ist niedriger als die der (anderen) Gesellschafter.