Der neue General in Karlsruhe
Der Autor
Peter Carstens, Berlin
ist Korrespondent der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Er schreibt im Wechsel mit Christian Bommarius von der Berliner Zeitung.

Der neue Generalbundesanwalt Peter Frank scheint alle Voraussetzungen mitzubringen, die er für sein schwieriges Amt braucht: Scharfsinn, Sachverstand und Stehvermögen. Anders als sein Vorgänger verfügt er außerdem über starke politische Rückendeckung durch CSU und CDU und wurde von einem SPD-Justizminister für sein Amt vorgeschlagen. Der bisherige Münchner Generalstaatsanwalt wird sich dennoch erst in den Berliner Labyrinten bewähren müssen, die seinem Vorgänger Harald Range zum Verhängnis geworden sind.

Range war, abgesehen von fachlicher Qualifikation, auch ein Notkandidat und nicht sonderlich an der Politik interessiert. Er war der vorerst letzte einer Reihe von Generalbundesanwälten, die sich mit ihren Ministern mehr oder weniger zerstritten haben. Das traf schon auf Alexander von Stahl zu, der 1993 wegen des tödlichen Zwischenfalls in Bad Kleinen nach nur drei Jahren gehen musste. Sein Nachfolger Kay Nehm kannte jeden Winkel seiner Behörde, geriet aber mit der damaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin aneinander und schied im Groll. Auch Monika Harms, die erste Frau im Amt, haderte mit der Politik.

Nun soll ein Generalbundesanwalt ja kein Parteimann sein, aber doch ein politischer Mensch. Immerhin geht es nicht selten um Staatsschutzdelikte, Terrorismus, ausländische Spione, Geheimnisverrat. Zu seinen regelmäßigen Aufgaben gehören schwierige Entscheidungen mit politischen Auswirkungen. Was ein Generalbundesanwalt tut oder sagt, das ist nicht nur juristisch von Belang, sondern hat immer auch mit Gesellschaft und Politik zu tun. Der Wunsch, das Politische am Amt zu stärken, mag dazu beigetragen haben, dass die FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger 2011 Regierungspräsident Johannes Schmalz, einen Parteifreund aus Baden-Württemberg, vorschlug. Das stieß auf Widerstand bei der SPD und der Kandidat bewies alsbald temperamentvoll, dass er gerade auf politischem Terrain ungeeignet war. So kam Range ins Amt, kompetent, freundlich und über den Verdacht erhaben, ein Mann der Politik zu sein. Vielleicht zu erhaben. In den Verfahren gegen den Nationalsozialistischen Untergrund und im Zuge der Ermittlungen zur US-Spionage in Deutschland hätte man sich jedenfalls zuweilen etwas mehr Biss gewünscht, in der Sache, aber auch im Auftritt als oberster Strafverfolger der Republik.

Nun kommt also Peter Frank. Der neue Generalbundesanwalt hat zwar Erfahrung in einem Landesministerium gesammelt. Er gehört aber nicht zum exklusiven Club der Berliner Ex-Ministerialen, die Verfassungsschutz, BND und Bundespolizei führen. Das muss kein Nachteil sein, ähnlich wie beim BKA-Präsidenten Holger Münch. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass Frank seit einiger Zeit schon als Ranges Nachfolger vorgesehen, aufgebaut und in der großen Koalition sozusagen abgesegnet war. Das hat es Justizminister Heiko Maas erleichtert, hart und klar gegen Range vorzugehen, als dieser ihm offen entgegentrat. Wobei zu bemerken ist, dass politischer Widerspruch und Rauswurf wohl nirgends auf der Welt einfacher zu riskieren sind, als für einen bestens alimentierten Spitzenbeamten in Deutschland an oder jenseits der Pensionsgrenze. Frank kann seine Behörde nun für längere Zeit prägen und in schwierigen Zeiten neu profilieren. Und er sollte sich dabei eine Autorität erarbeiten, die ihn irgendwann erhaben macht über eventuell parteiliche Einmischungen aus dem Ministerium.

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