BGH, Pressemitteilung vom 12.09.2016

Der Kläger bestellte im Jahr 2012 über die Internetseite der Beklagten, die einen Online-Shop für Autoteile betreibt, einen Katalysator nebst Montagesatz zum Preis von insgesamt 386,58 €. Nach Erhalt ließ er den Katalysator von einer Fachwerkstatt in sein Kraftfahrzeug einbauen. Als er nach einer kurzen Probefahrt feststellte, dass der Pkw nicht mehr die vorherige Leistung erbrachte, widerrief er fristgerecht seine auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung und sandte den Katalysator, der nunmehr deutliche Gebrauchs- und Einbauspuren aufwies, an die Beklagte zurück. Diese teilte ihm daraufhin mit, der Katalysator sei durch die Ingebrauchnahme wertlos geworden, weswegen sie mit einem entsprechenden Wertersatzanspruch aufrechne und den Kaufpreis nicht zurückerstatten werde.

Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung von 386,58 € gerichteten Klage stattgegeben. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage nur in Höhe von 214,17 € entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe zwar aufgrund des wirksam und fristgerecht ausgeübten Widerrufs ein Rückzahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe zu. Dieser sei jedoch teilweise aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem Wertersatzanspruch erloschen. Denn nach § 357 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB* (in der damals geltenden Fassung, vgl. aktuell § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB) solle der Verbraucher für eine eingetretene Verschlechterung der Kaufsache nur dann nicht wertersatzpflichtig sein, wenn diese auf eine Prüfung ihrer Eigenschaften und Funktionsweise zurückzuführen sei. Diesen Prüfungsumfang habe der Kläger im vorliegenden Fall jedoch überschritten. Nach der genannten Vorschrift sei dem Verbraucher lediglich die Befugnis eingeräumt, eine durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware kostenfrei in dem Umfang einer Prüfung zu unterziehen, wie dies den Erkenntnismöglichkeiten in einem Ladengeschäft entspreche. In einem Ladengeschäft wäre dem Kläger aber nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, den Katalysator durch den Einbau in sein Fahrzeug und eine anschließende Probefahrt zu testen. Daher müsse er den durch diese Maßnahmen eingetretenen Wertverlust ersetzen.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger weiterhin die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision einen noch höheren Wertverlust des Katalysators berücksichtigt wissen will.

Vorinstanzen:

Amtsgericht Lichtenberg – Urteil vom 24. Oktober 2012 – 21 C 30/12

Landgericht Berlin – Urteil vom 16. Februar 2015 – 84 S 96/12

*§ 357 BGB Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe

[…]

(3) 1Der Verbraucher hat […] Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache zu leisten,

  1. soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht

[…]

(in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung)

 

Karlsruhe, den 12. September 2016

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