Nachfolgend ein Beitrag vom 10.5.2016 von Adamus, jurisPR-FamR 10/2016 Anm. 7

Leitsatz

Ein durch gerichtliche Entscheidung entlassener Testamentsvollstrecker ist nicht zur Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts befugt, keinen Nachfolger zu ernennen.

A. Problemstellung

Das Nachlassgericht hat nach dem Ausscheiden eines Testamentsvollstreckers zu überprüfen, ob für den ausgeschiedenen Testamentsvollstrecker ein neuer Testamentsvollstrecker zu ernennen ist (§ 2200 BGB). Fraglich ist, ob der ausgeschiedene Testamentsvollstrecker an dem Verfahren zu beteiligen ist und ob er zur Beschwerde berechtigt ist.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der entlassene Testamentsvollstrecker wendet sich gegen die Einziehung des Erbscheins, der einen Testamentsvollstreckervermerk enthält und deshalb nach Ansicht des Gerichts unrichtig geworden sei. Er ist der Auffassung, dass sich an dem Fortbestand der Dauertestamentsvollstreckung durch seine Entlassung nichts geändert habe. Es sei ein anderer geeigneter Testamentsvollstrecker einzusetzen. Im Übrigen sei die Honorarfrage zwischen ihm und dem Beteiligten Erben bisher nicht geklärt. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das OLG Karlsruhe hat die Beschwerde als unstatthaft verworfen, weil es dem ehemaligen Testamentsvollstrecker an der notwendigen Beschwerdeberechtigung mangele; er sei durch die angefochtene Entscheidung nicht in seinen Rechten beeinträchtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG). Beschwerde gegen die Einziehung eines Erbscheins könne – neben dem ursprünglichen Antragsteller – jeder erheben, der potentiell einen Erbschein beantragen könnte (J. Mayer in: MünchKomm BGB, 6. Aufl., § 2361 Rn. 51). Zum Kreis der nach § 2353 BGB Antragsberechtigten gehöre grundsätzlich auch ein Testamentsvollstrecker (J. Mayer in: MünchKomm BGB, § 2353 Rn. 92). Der Testamentsvollstrecker habe aber sein Antragsrecht mit der Beendigung seines Amtes verloren. Eine nachwirkende Befugnis, die Anordnungen des Erblassers gegen aus seiner Sicht unzutreffende Entscheidungen im Erbscheinsverfahren zu verteidigen, verleihe das Gesetz dem entlassenen Testamentsvollstrecker nicht.

C. Kontext der Entscheidung

Das Oberlandesgericht argumentiert zu Recht damit, dass die Einziehung des Erbscheins nach Entlassung des bisherigen Testamentsvollstreckers mit der Begründung, dass der darin bisher enthaltene Testamentsvollstreckervermerk unzutreffend ist, zugleich die Entscheidung des Nachlassgerichts beinhaltet, dass die Ernennung eines neuen Testamentsvollstreckers (§ 2200 Abs. 1 BGB) nicht geboten ist. Der Argumentation, dass sich der ausgeschiedene Testamentsvollstrecker weder gegen die Einziehung des Erbscheins noch gegen die Entscheidung, keinen neuen Testamentsvollstrecker zu ernennen, beschweren kann, ist beizupflichten. Es fehlt ihm an der Beschwerdebefugnis.
In einem Verfahren nach § 2200 BGB hat derjenige, der infolge der ablehnenden gerichtlichen Entscheidung nicht Testamentsvollstrecker geworden ist, ebenfalls kein Beschwerderecht, da er kein Recht auf die Ernennung hat (Reimann in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2012, § 2200 Rn. 20; Zimmermann, Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., Rn. 59). Erst recht muss dann gelten, dass ein rechtskräftig entlassener Testamentsvollstrecker sich nicht gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts wenden kann, keinen neuen Testamentsvollstrecker zu bestellen.
Auch das OLG München (Beschl. v. 10.03.2011 – 31 Wx 73/11 – ZEV 2011, 651) hat in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass ein aus wichtigem Grund nach § 2227 BGB vom Nachlassgericht entlassener Testamentsvollstrecker nicht mehr Beteiligter in einem nachfolgenden Verfahren ist. Antragsberechtigt sind nur Beteiligte im materiellen Sinn, also diejenigen, deren Rechte und Pflichten durch die Testamentsvollstreckung unmittelbar betroffen werden können. Dies sind Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte und Mitvollstrecker (vgl. Weidlich in: Palandt, BGB, 75. Aufl., § 2227 Rn. 7; Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., VII Rn. 31; Burandt/Rojahn/Heckschen, Erbrecht, § 2227 BGB Rn. 3). Nicht antragsberechtigt ist hingegen der frühere Testamentsvollstrecker. Nach Beendigung seines Amtes hat er kein rechtliches Interesse daran, von welcher Person und auf welche Weise die Testamentsvollstreckung geführt wird (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 18.05.1987 – 2 Wx 3/87 – NJW-RR 1987, 1098; Reimann in: Staudinger, BGB, § 2227 Rn. 25; Zimmermann in: Keidel, FamFG, § 345 Rn. 99).
Soweit die Honorierung der Tätigkeit des ausgeschiedenen Testamentsvollstreckers mit den Erben noch nicht geklärt ist, verleiht dies dem ausgeschiedenen Testamentsvollstrecker keine Beschwerdebefugnis. Der Streit über das Entstehen, die Höhe oder die Fälligkeit der Vergütung zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben ist vor dem sachlich und örtlich zuständigen Prozessgericht auszutragen (Edenhofer in: Palandt, BGB, 75 Aufl., § 2221 Rn. 13, BGH, Urt. v. 05.04.1957 – IV ZR 10/57 – NJW 1957, 947). Das Nachlassgericht ist hierfür nicht zuständig (J. Mayer in: BeckOK BGB, Edition 35, § 2221 Rn. 29).

D. Auswirkungen für die Praxis

Nur der Erblasser kann Testamentsvollstreckung anordnen (§ 2197 BGB). Der Erblasser sucht regelmäßig die Person des Testamentsvollstreckers aus. Er kann auch Vorsorge für den Fall treffen, dass eine berufene Person das Amt nicht antritt oder die Vollstreckung nicht bis zur vorgesehenen Beendigung der Vollstreckung ausführt. Schließlich kann der Erblasser die Auswahl des Testamentsvollstreckers auch Dritten oder dem Gericht überlassen (§§ 2197-2200 BGB). Das Nachlassgericht hat bei vorzeitigem Ausscheiden des Testamentsvollstreckers zu überprüfen, ob ein neuer Testamentsvollstrecker zu ernennen ist. Grundlage hierfür kann auch ein stillschweigendes Ersuchen des Erblassers sein (Edenhofer in: Palandt, BGB, 75. Aufl., § 2200 Rn. 2).
Der Testamentsvollstrecker ist, wie die Entscheidung des OLG Karlsruhe verdeutlicht, mit seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht mehr Beteiligter in den nachfolgenden Verfahren vor dem Nachlassgericht. Am Verfahren beteiligt sind diejenigen Personen, die Rechte und Mitwirkungspflichten haben (z.B. Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte und Mitvollstrecker). Nach Ausscheiden aus dem Amt bestehen für den ausgeschiedenen Testamentsvollstrecker aber keine Rechte und Pflichten als Testamentsvollstrecker in einem nachfolgenden Nachlassverfahren mehr.