Nachfolgend ein Beitrag vom 10.2.2017 von Schöttler, jurisPR-ITR 3/2017 Anm. 5

Leitsätze

1. Die Beschränkung eines Internetangebots auf Gewerbetreibende ist grundsätzlich möglich. Das folgt aus der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie.
2. Dafür bedarf es neben deutlicher Hinweise an geeigneter Stelle auch, dass der Ausschluss von Verträgen mit Verbrauchern in erheblichem Maße sichergestellt ist.
3. Wird vom Nutzer eine Bestätigung der gewerblichen Nutzung verlangt, muss dies hinreichend klar und hervorgehoben zum Ausdruck gebracht werden; eine Bezugnahme auf allgemeine Geschäftsbedingungen reicht grundsätzlich nicht aus.

A. Problemstellung

Die gesetzlichen Vorgaben zum Verbraucherschutz im elektronischen Rechtsverkehr sind umfangreich und komplex. Dies verdeutlicht bereits die umfangreiche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex. Eine denkbare Möglichkeit für Unternehmen, die hiermit verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten zu umgehen, besteht darin, ihre entsprechenden Leistungen grundsätzlich nicht gegenüber Verbrauchern anzubieten. Das OLG Hamm hatte sich mit den Voraussetzungen zu beschäftigen, unter denen ein derartiger „Verbraucherausschluss“ möglich ist.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die spätere Beklagte betrieb eine Internetseite, auf der ein kostenpflichtiger Zugang zu einer Datenbank mit Kochrezepten angeboten wurde. An mehreren Stellen auf der Internetseite befand sich ein Textfeld, laut dem die Nutzung des Angebots ausschließlich „für Firmen, Gewerbetreibende, Vereine, Handwerksbetriebe, Behörden oder selbstständige Freiberufler i.S.d. § 14 BGB“ zulässig sei. Ein entsprechender Ausschluss von Verbrauchern war auch in den AGB der Beklagten geregelt. Bei der kostenpflichtigen Anmeldung auf der Seite erschien folgender Text: „Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestätige ausdrücklich meinen gewerblichen Nutzungsstatus.“ Bei einer Nicht-Markierung erfolgte der Hinweis: „Bitte bestätigen Sie die AGBs“.
Der Kläger, ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verein, mahnte die Beklagte daraufhin ab, da die Beschränkung auf Unternehmer auf der Webseite bewusst intransparent dargestellt werde und die Seite aus verschiedenen Gründen verbraucherrechtswidrig sei. Hierüber hatte im Berufungsverfahren das OLG Hamm zu entscheiden.
Das OLG Hamm bejahte einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1b, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 UKlaG. Bereits durch das Landgericht war zweifelsfrei festgestellt worden, dass die Webseite der Beklagten den verbraucherschützenden Vorschriften aus § 312j BGB, Art. 246a § 1 EGBGB nicht genügte.
Weiterhin stellte das OLG Hamm fest, dass eine Beschränkung eines Internetangebots auf Gewerbetreibende aufgrund der zivilrechtlichen Privatautonomie grundsätzlich möglich sei. Erforderlich sei hierfür jedoch, dass der entsprechende Wille des Webseitenbetreibers klar und transparent zum Ausdruck gebracht werde und dass der Ausschluss von Verträgen mit Verbrauchern in erheblichem Maße sichergestellt sei.
Im vorliegenden Fall lasse sich weder eine ausreichende klare und transparente Beschränkung auf Unternehmer und Selbstständige noch ein ausreichend gesicherter Ausschluss von Verbrauchergeschäften feststellen. Das Oberlandesgericht führt hierzu aus, dass sich entsprechende Hinweistexte nur am Rand der Seite befanden bzw. erst durch Scrollen sichtbar waren und nicht hervorgehoben wurden. Daher seien diese Hinweise relativ leicht zu übersehen. Weiterhin sei das Feld „Firma“ bei Bestellungen kein Pflichtfeld. Schließlich müssten am Schluss des Bestellvorgangs zwar sowohl die AGB als auch der gewerbliche Nutzerstatus durch Anklicken eines Markierungskästchens bestätigt werden, unterbleibe jedoch die Markierung, erfolge lediglich der Hinweis, dass die AGB bestätigt werden sollen. Hierdurch werde der Eindruck erweckt, dass der Anmeldevorgang nicht von einem gewerblichen Nutzerstatus abhänge; außerdem müssten Verbraucher mit einer derartigen Beschränkung an dieser Stelle auch nicht ohne weiteres rechnen.

C. Kontext der Entscheidung

Die Aussage des OLG Hamm, dass Unternehmer aufgrund der Privatautonomie grundsätzlich die Möglichkeit haben, keine Geschäfte mit Verbrauchern abzuschließen, entspricht der bisherigen Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04 Rn. 12; OLG Hamm, Urt. v. 28.02.2008 – 4 U 196/07 Rn. 32). Eine allgemeine Leistungspflicht gegenüber Verbrauchern (wie hier z.B. im Hinblick auf Kochrezepte) lässt sich aus den geltenden zivilrechtlichen Rechtsnormen nicht herleiten. Dies gilt insbesondere, weil es für Unternehmer ja durchaus nachvollziehbare Gründe geben kann, keine Verbraucher zu beliefern, z.B. weil sie keine Gewähr für Kaufsachen übernehmen wollen (BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04 Rn. 12). Es handelt sich auch insbesondere um keine, eventuell gegen § 242 BGB verstoßende Diskriminierung, weil die Verbrauchereigenschaft ja gemäß § 13 BGB höchst variabel ist und von dem konkreten Rechtsgeschäft abhängt, das die entsprechende natürliche Person gerade abschließt. Hieraus lässt sich daher kein mittelbarer Kontrahierungszwang ableiten.
Das OLG Hamm hat sich bereits in vorangegangenen Entscheidungen mit den Voraussetzungen befasst, die erfüllt sein müssen, damit Geschäfte mit Verbrauchern wirksam ausgeschlossen werden können. Eine entsprechende Beschränkung muss demnach für den Verbraucher „transparent und klar sein“ (OLG Hamm, Urt. v. 28.02.2008 – 4 U 196/07 Rn. 32). Außerdem wird, wie in der aktuellen Entscheidung des OLG Hamm, eine „Sicherstellung dahin, dass nicht in erheblichem Umfang auch an Verbraucher verkauft wird“, verlangt (OLG Hamm, Urt. v. 20.09.2011 – I-4 U 73/11 Rn. 31).
Dieses separate Erfordernis einer „Sicherstellung“ erschließt sich allerdings im Ergebnis nicht. Wenn für den Verbraucher eindeutig und klar erkennbar ist, dass ein Unternehmer mit Verbrauchern keine Rechtsgeschäfte abschließen will, liegt hierin bereits die Sicherstellung, dass nicht in erheblichem Maße Geschäfte mit Verbrauchern abgeschlossen werden. Eine darüber hinausgehende Absicherung ist nicht erforderlich, insbesondere vor dem Hintergrund des modernen (wettbewerbsrechtlichen) Verbraucherbildes, das auf einen durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher abstellt (Ullmann in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 3 Rn. 67 m.w.N.). Denn wenn ein verständiger Verbraucher, obwohl für ihn eindeutig ersichtlich ist, dass Verbrauchergeschäfte nicht gewollt sind, ein solches Geschäft abschließt, ist er bereits nicht mehr schutzwürdig. Er kann sich dann auf verbraucherschützende Vorschriften nicht mehr berufen. Die Verbraucherschutznormen schützen nur den redlichen Verbraucher (BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04 Rn. 12).
Die auf den ersten Blick restriktiv wirkenden Anforderungen in der aktuellen Entscheidung des OLG Hamm sind erkennbar allerdings auch dem Umstand geschuldet, dass das Internetangebot (Kochrezepte!) bei objektiver Betrachtung nicht den Eindruck machte, sich tatsächlich an Unternehmer zu richten. Vielmehr deutete die Gestaltung darauf hin, dass Verbraucher „angelockt“ werden sollten, mit denen dann Verträge ohne „störende“ Verbraucherschutzvorschriften abgeschlossen werden sollten. Wer als Plattformbetreiber einen solchen Eindruck erzeugt, darf sich nicht wundern, wenn in seinem Fall besonders kritisch überprüft wird, ob ausreichende Maßnahmen zum Ausschluss von Geschäften mit Verbrauchern getroffen wurden.

D. Auswirkungen für die Praxis

Ein Ausschluss von Geschäften mit Verbrauchern ist bei Internetplattformen gemäß der Entscheidung des OLG Hamm grundsätzlich möglich. Wenn ein solcher gewollt ist, muss dies klar und eindeutig auf der Plattform mitgeteilt werden. Entsprechende Hinweise sollten daher nicht an den Rändern der Internetseite „versteckt“, sondern zentral positioniert und deutlich hervorgehoben werden. Schließlich bietet sich bei dem Abschluss des Bestellvorgangs ein gesondertes Markierungskästchen an, das sich ausschließlich auf den gewerblichen Nutzerstatus bezieht.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Zu der Klagebefugnis merkt das OLG Hamm an, es reiche aus, dass ein verbraucherschutzwidriges Verhalten i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG geltend gemacht werde. Ein solches Verhalten könne gerade auch in einer unzulässigen Umgehung des Verbraucherschutzes bestehen. Die Beklagte hatte hierzu vorgebracht, dass keine Aktivlegitimation des Klägers gegeben sei, da sich ihr Angebot ausschließlich an Unternehmer und Freiberufler richte und Verbraucherschutzvorschriften daher nicht tangiert sein könnten.