Nachfolgend ein Beitrag vom 26.4.2016 von Adamus, jurisPR-FamR 9/2016 Anm. 2

Leitsatz

Ein Nacherbenvermerk, der die Person des Nacherben und die eines Ersatznacherben bezeichnet, ist nach dem Tode des Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls nicht dahin zu berichtigen, dass der Ersatznacherbe an die Stelle des Verstorbenen getreten ist.

A. Problemstellung

Stirbt der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls und ist Ersatznacherbfolge angeordnet, stellt sich die Frage, ob der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk berichtigt werden muss.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Nach dem Tod des Erblassers wurden in Erbengemeinschaft Frau I2 und der Beteiligte zu 1) (I3) im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Bei dem Beteiligten zu 1) ist als Zusatz „Vorerbe“ vermerkt. In Abteilung II findet sich der Nacherbenvermerk mit dem Inhalt:
Bezüglich des Erbanteils des I3 … ist Nacherbfolge angeordnet. Die Nacherbfolge tritt bei Tod des Vorerben ein. Nacherbe ist Frau I2.. Ersatznacherbe ist C, ….
Nach Eintragung verstarb die I2.
Die C als Beteiligte zu 2) beantragt, den Nacherbenvermerk dahingehend abzuändern, dass sie anstelle der verstorbenen Nacherbin I2 nunmehr als Nacherbin eingetragen wird. Mit dem Versterben der Nacherbin sei sie als Ersatznacherbin an deren Stelle getreten.
Das Grundbuchamt hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde blieb erfolglos.
Die Beteiligte zu 2) habe keinen Anspruch darauf, dass der in Abteilung II unter laufender Nummer 1 eingetragene Nacherbenvermerk berichtigt wird. Sinn und Zweck eines Nacherbenvermerks sei der Schutz des Nacherben davor, dass Verfügungen des Vorerben über das Grundstück infolge gutgläubigen Erwerbs entgegen § 2113 BGB Rechtswirksamkeit behalten. Der eingetragene Nacherbenvermerk entspräche den gesetzlichen Vorgaben, indem er neben der verstorbenen Nacherbin auch die Beteiligte zu 2) als Ersatznacherbin namentlich anführt.

C. Kontext der Entscheidung

Der Berichtigungsantrag der Beteiligten zu 2) dürfte sich wegen der begehrten Abänderung des Nacherbenvermerks auf § 22 Abs. 1 GBO gestützt haben. Danach wird das Grundbuch unrichtig, wenn der Grundbuchinhalt und die materielle Rechtslage auseinanderfallen. Diese Divergenz kann sich auf ein Recht am Grundstück (Eigentum oder beschränkt dingliches Recht), auf ein Recht an einem solchen Recht (Pfandrecht oder Nießbrauch) oder auf eine Verfügungsbeeinträchtigung beziehen, wie sich aus § 894 BGB ergibt. Gemeint ist also die dingliche Rechtslage und nicht sämtliche Angaben rein tatsächlicher Art (Einzelheiten bei Böttcher in: Meikel, GBO, 11. Aufl. 2015, § 22 Rn. 2 bis 4).
Die Anordnung der Nacherbfolge stellt eine Verfügungsbeeinträchtigung dar. Nach § 51 GBO ist daher zum Schutz des Nacherben bei Eintragung eines Vorerben das Recht des Nacherben in das Grundbuch einzutragen. Dabei ist auch die Ersatznacherbfolge einzutragen (Böttcher in: Meikel, GBO, § 51 Rn. 107 ff.; Grunsky in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2013, § 2102 Rn. 15). Aus Vorstehendem folgt, dass eine Unrichtigkeit des Grundbuchs nur dann zu einer Berichtigung des Grundbuchs führen muss, wenn die zulasten des Vorerben bestehende Verfügungsbeeinträchtigung durch die Unrichtigkeit betroffen wäre, bzw. der Schutz des Nacherben beeinträchtigt werden könnte. Ist dies nicht der Fall, fehlt dem Antrag – wie vorliegend – das Rechtsschutzbedürfnis.
Das OLG Hamm hat zutreffend festgestellt, dass durch die namentliche Bezeichnung des Ersatznacherben im Nacherbenvermerk dieser im Falle des Wegfalls des Nacherben gegen die Gefahren eines gutgläubigen Erwerbs hinreichend geschützt ist und bleibt. Der Sinn und Zweck des Nacherbenvermerks ist auch ohne Berichtigung erfüllt. Der Schutzzweck des Nacherbenvermerks erfordert es nicht, diesen im Falle des Wegfalls des Nacherben und dem damit verbundenen Eintritt der ersatzweise berufenen Person als Nacherben zu berichtigen, da mit der Berichtigung ein weitergehender Schutz für den vormaligen Ersatznacherben nicht zu erreichen ist. Der Schutzzweck wird auch nicht dadurch entwertet, dass dort Personen aufgeführt sind, die tatsächlich nicht mehr Nacherben sein können (LG Berlin, Beschl. v. 30.11.2004 – 86 T 476/04 – Rpfleger 2005, 188). Zutreffend ist nämlich auch, dass sich an die Eintragung des Nacherbenvermerks keinerlei positive Gutglaubenswirkung anknüpft. Der Eintritt des Nacherbfalls und des Ersatznacherbfalls muss zur Eintragung und Löschung im Grundbuch durch Vorlage des Erbscheins und anderer Urkunden nachgewiesen werden; die Bezugnahme auf den Nacherbenvermerk reicht nicht aus (BGH, Beschl. v. 26.05.1982 – V ZB 8/81 – NJW 1982, 2499).

D. Auswirkungen für die Praxis

Wird das Grundbuch nach einem Erbfall berichtigt und ist Vor-Nacherbschaft angeordnet, ist darauf zu achten, dass in Abteilung II des Grundbuchs der vollständige Nacherbenvermerk eingetragen wird. Der Inhalt des Nacherbenvermerks ergibt sich regelmäßig aus dem vorzulegenden Erbschein. Schon bei Beantragung des Erbscheins ist daher auf Vollständigkeit zu achten. Angaben zu der Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts bzw. die Ersatznacherbfolge mit namentlicher Nennung der Nacherben und Ersatznacherben sind Pflicht. Eine Berichtigung des Nacherbenvermerks ist bei richtiger Eintragung weder notwendig, noch durchsetzbar.