Nachfolgend ein Beitrag vom 17.10.2016 von Loose, jurisPR-SteuerR 42/2016 Anm. 3

Leitsatz

Grundstücksschenkungen unter einer Auflage unterliegen hinsichtlich des Werts der Auflage der Grunderwerbsteuer, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Unerheblich ist, ob die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn die Grundstücksschenkung insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist.

A. Problemstellung

Streitig war, ob bei der Grundstücksschenkung unter einer Auflage der Wert der Auflage auch dann der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer nicht abgezogen wurde.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein. Mit notariell beurkundetem Vertrag erlangte er im Wege einer Schenkung den hälftigen Miteigentumsanteil an einem bebauten Grundstück. Die im Zeitpunkt der Schenkung fast 90 Jahre alte Schenkerin behielt sich das dingliche Recht zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung der Wohnung im Obergeschoss des Hauses sowie zur Mitbenutzung aller Gemeinschaftsräume und Einrichtungen vor.
Das zuständige Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer auf 428 Euro fest. Als Bemessungsgrundlage legte es den Kapitalwert des Wohnungsrechts zugrunde und rechnete diesen hälftig dem Kläger zu. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Die Revision war ebenfalls unbegründet.
Nach Ansicht des BFH hat das Finanzgericht zutreffend entschieden, dass die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Auflage zu bemessen ist, obwohl die Zuwendung des Grundstücks an den Kläger nicht der Schenkungsteuer unterliegt. Maßgeblich sei allein, dass die Auflage dem Grunde nach bei der Schenkungsteuer abziehbar sei. Ob und wenn ja, in welcher Höhe sie tatsächlich bei der Schenkungsteuer berücksichtigt worden sei, sei unerheblich. Die Schenkungsteuer einerseits und die Grunderwerbsteuer andererseits seien verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften festzusetzen.

C. Kontext der Entscheidung

Im Streitfall war die Übertragung des Grundstücks nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG eigentlich von der Besteuerung mit Grunderwerbersteuer ausgenommen. Die Vorschrift will vermeiden, dass Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG sowohl der Grunderwerbsteuer als auch der Schenkungsteuer unterliegen. Bei Grundstückschenkungen unter einer Auflage, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind, gilt jedoch eine andere Regelung. Diese unterliegen der Grunderwerbsteuer hinsichtlich des Werts der Auflage (§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG).
Im Besprechungsfall war nicht streitig, dass die Schenkung unter einer Auflage erfolgt war. Eine Schenkung unter einer Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB) in Gestalt einer Nutzungs- oder Duldungsauflage liegt vor, wenn die Leistung des Beschenkten nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen soll (BFH, Urt. v. 20.11.2013 – II R 38/12 – BStBl II 2014, 479 Rn. 9, m.w.N.; Anm. Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 15/2014 Anm. 6; Wagenseil, jurisPR-FamR 14/2014 Anm. 2). Dies ist der Fall, wenn die Grundstücksschenkung unter der Auflage einer Nießbrauchsbestellung oder der Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts (§§ 1090, 1093 BGB) zugunsten des Schenkers oder eines Dritten vorgenommen wird (BFH, Urt. v. 13.04.2011 – II R 27/09 – BStBl II 2011, 730 Rn. 12; Anm. Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 27/2011 Anm. 3; BFH, Urt. v. 20.11.2013 – II R 38/12 Rn. 9). Solche Nutzungs- oder Duldungsauflagen mindern bei der Schenkungsteuer die Bereicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Bis zum 31.12.2008 galt zwar ein Abzugsverbot, wenn die Grundstücksnutzung dem Schenker oder dessen Ehegatten zustand (§ 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). Dieses Abzugsverbot wurde jedoch durch Art. 1 Nr. 20 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des ErbStRG (v. 24.12.2008, BGBl I 2008, 3018) mit Wirkung ab dem 01.01.2009 aufgehoben.
Streitig war, ob der Wert der Auflage auch nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, obwohl die Grundstücksschenkung im Streitfall insgesamt von der Schenkungsteuer befreit war. Die Besonderheit lag hier darin begründet, dass der Kläger als Beschenkter ein gemeinnütziger Verein war. Die freigebige Zuwendung an ihn war zwar steuerbar, blieb nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b ErbStG aber insgesamt steuerfrei. Der Wert der Auflage war somit zwar dem Grunde nach bei der Schenkungsteuer abziehbar, tatsächlich wurde sie jedoch nicht abgezogen, weil insgesamt keine Schenkungsteuer anfiel. § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG stellt seinem Wortlaut nach allerdings nur darauf ab, dass die Auflage bei der Schenkungsteuer „abziehbar ist“. Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber im Anschluss an den Beschluss des BVerfG vom 15.05.1984 (1 BvR 464/81 u.a. – BVerfGE 67, 70 = BStBl II 1984, 608, unter C.IV.) klargestellt, dass Auflagen, die bei der Schenkungsteuer nicht abziehbar sind, sondern nur zu einer Stundung der Steuer nach § 25 ErbStG a.F. führen, der Bemessung der Grunderwerbsteuer nicht zugrunde gelegt werden dürfen (vgl. BFH, Urt. v. 20.11.2013 – II R 38/12 Rn. 13, m.w.N.). Hätte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Schenkung unter einer Auflage nur insoweit der Grunderwerbsteuer unterliegt, als der Wert der Auflage bei der Schenkungsteuer tatsächlich abgezogen wurde, hätte er dies durch eine entsprechende Formulierung regeln können und müssen (vgl. BFH, Urt. v. 20.11.2013 – II R 38/12 Rn. 14). Es spielt für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer daher keine Rolle, ob Schenkungsteuer tatsächlich festgesetzt wurde und ggf. mit welchem Wert die Auflage sich dabei bereicherungsmindernd auswirkte (BFH, Urt. v. 20.11.2013 – II R 38/12 Rn. 12, m.w.N.). Folglich kommt es nicht darauf an, ob der Wert der Auflage tatsächlich bei der Festsetzung der Schenkungsteuer abgezogen wurde.

D. Auswirkungen für die Praxis

Im Besprechungsfall hatte die Auflage nur einen geringen Wert, da die Schenkerin im Zeitpunkt der Schenkung bereits hochbetagt war. Deshalb sind die Auswirkungen bei der Grunderwerbsteuer eher unbedeutend. Gleichwohl gilt es in der Beratungspraxis bei jeder Schenkung unter einer Auflage die grunderwerbsteuerlichen Folgen zu beachten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund stetig steigender Grunderwerbsteuersätze. Im Besprechungsfall lag dieser bei 5%, einige Bundesländer verlangen bereits 6,5%. Zu beachten ist ferner, dass die Schenkungsteuer einerseits und die Grunderwerbsteuer andererseits verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften festzusetzen sind (vgl. Meßbacher-Hönsch in: Boruttau, GrEStG, 18. Aufl., § 3 Rn. 100).