Nachfolgend ein Beitrag vom 16.6.2016 von Dötsch, jurisPR-MietR 12/2016 Anm. 5

Leitsätze

1. Der Funktion der Eigentümerversammlung als Diskussionsforum unter Einschluss aller Mitglieder steht es entgegen, dass die Versammlung auf Betreiben der Mehrheit unterbrochen wird, damit sie unter Ausschluss der Minderheit über den Beschlussgegenstand weiterdiskutieren kann, bevor nach Beendigung der „Unterbrechung“ über den Antrag abgestimmt wird.
2. Die darin liegende Verletzung des Teilnahmerechts der vorübergehend von der Eigentümerversammlung ausgeschlossenen Mitglieder begründet jedoch nur im Ausnahmefall die Nichtigkeit der nachfolgend gefassten Beschlüsse. Da jedes Mitglied auf sein Teilnahmerecht verzichten kann, muss die Verletzung von Teilnahmerechten grundsätzlich innerhalb der Anfechtungsfrist gerügt werden. Nur wenn auf Grund der Umstände des Einzelfalls ein vorübergehend ausgeschlossenes Mitglied besonders schutzwürdig erscheint, kann die Verletzung der Teilnahmerechte zur Nichtigkeit führen.

A. Problemstellung

Die Behandlung sog. formeller Fehler bei WEG-Beschlussmängelklagen sorgt in der Praxis immer wieder für Unsicherheiten. Nach überkommener Lesart – der II. Zivilsenat hat sich indes mit gutem Grund davon für das Vereins- und Kapitalgesellschaftsrecht schon vor Jahren verabschiedet und seinen Blick nur auf die „Relevanz“ des konkreten Fehlers für die Rechte des Betroffenen gerichtet – wird von den Instanzgerichten in WEG-Sachen weiterhin regelmäßig die „Kausalität“ des formellen Fehlers für die Beschlussfassung geprüft, wobei mit Beweislasterleichterungen bzw. (unbenannten) tatsächlichen Vermutungen o.ä. operiert wird. Der V. Zivilsenat des BGH hat sich zwar – in Anlehnung an die neuere gesellschaftsrechtliche Entwicklung (zur Übertragbarkeit auf das WEG Dötsch/Hogenschurz, NZM 2010, 297; dem folgend Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl. 2015, § 23 Rn. 185 ff.) – dazu durchgerungen, dass es auf Kausalitätsfragen (nur) dann nicht mehr ankommen soll, wenn es um „schwerwiegende Eingriffe in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte“ geht, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers in gravierender Weise ausgehebelt wird. Die damit erforderliche Abgrenzung ist aber nicht einfach und auch bei weitem noch nicht ausgeschrieben.
Gerade Fragen der Ladung zu und des Ausschlusses von Eigentümerversammlungen erweisen sich in der Praxis häufig als besonders streitträchtig. Hier wird oft sogar die Grenze der Nichtigkeit etwaiger Beschlüsse diskutiert – mit dem erheblichen prozessualen Vorteil, dass es auf die Beschlussanfechtungsfristen aus § 46 WEG und die damit einhergehenden Begründungserfordernisse nicht mehr ankommen würde, an denen nicht wenige Wohnungseigentümer und ihre anwaltlichen Vertreter zu scheitern pflegen. Insofern hat der BGH mit Urteil vom 20.07.2012 (V ZR 235/11 – ZWE 2012, 429) jedoch geklärt, dass die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führt, nicht aber direkt zu deren Nichtigkeit. Die unterbliebene Ladung führt nur in „ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen“ zur Nichtigkeit, etwa wenn ein Wohnungseigentümer „in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen“ wird – wofür ein Irrtum nicht genügt.
Der hier zu besprechende Fall „mitten aus dem Leben“ bewegt sich in diesem „Dunstkreis“ und ist insgesamt viel zu lehrreich, um hier nicht besprochen zu werden.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Wohnungseigentümer streiten über die Wirksamkeit einer Verwalterbestellung. Nach Ungültigerklärung einer ersten Bestellung wegen zu Interessenkonflikten führenden Maklertätigkeiten des Verwalters wollte die diesen stützende Mehrheit auf einer weiteren Versammlung einen Zweitbeschluss zur Wiederbestellung des Verwalters fassen. Der die Mehrheit beratende Anwalt erschien im Raum und wollte ein „Mandantengespräch“ unter Ausschluss der opponierenden Minderheit führen. Daher unterbrach die Verwalterin die Versammlung und schloss die im Erstprozess klagenden Miteigentümer – unter deren Protest – von der weiteren Teilnahme am „Mandantengespräch“ bis zur Fortführung der ursprünglichen Versammlung aus. Nach der Unterbrechung, deren Dauer streitig ist, erklärte die Verwalterin nur, die zur Ungültigerklärung ihrer früheren Bestellung führende Maklertätigkeit künftig zu unterlassen und wurde mit Stimmenmehrheit wiederbestellt. Die Anfechtungsklage ist innerhalb der Klagefrist vorrangig jedoch nur auf angebliche Verwalterfehler bei Sanierungsmaßnahmen etc. und deswegen begründete Bedenken an der Eignung des Verwalters gestützt worden. Formale Fehler haben die Kläger innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist nicht gerügt.
Die Anfechtungsklage hatte vor dem LG Karlsruhe keinen Erfolg.
Der Beschluss sei zunächst – was von Amts wegen zu prüfen ist – nicht nichtig. Zwar sei er formell fehlerhaft ergangen, indem der Versammlungsleiter trotz Protestes ohne Beschluss den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in die Versammlung rief und auf dessen Wunsch die Versammlung „unterbrach“, damit dieser eine als „Mandantengespräch“ deklarierte Sonderversammlung mit den meisten Eigentümern unter Ausschluss des Klägers und zweier weiterer Eigentümer durchführen durfte. Die formale Unterbrechung vermag die in diesem Vorgehen liegende Verletzung der Mitwirkungsrechte der ausgeschlossenen Mitglieder nicht zu kaschieren. Allerdings gehöre es zu den Befugnissen des Versammlungsleiters, die Versammlung zu unterbrechen, wenn dies für ihre ordnungsmäßige Fortführung erforderlich sei. Dabei habe er aber fair und unparteilich nach rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien zu moderieren und zu leiten, insbesondere unter Beachtung des Grundrechts auf rechtliches Gehör, des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Eigentümerversammlung sei der Ort, an dem die gemeinsamen Belange diskutiert und geregelt werden. Dieser Funktion als Diskussionsforum unter Einschluss aller Mitglieder stehe es von vornherein entgegen, dass die Versammlung auf Betreiben der Mehrheit nach Belieben unterbrochen werde, damit sie unter Ausschluss der Minderheit ungestört weiter diskutieren könne, bevor anschließend (nur) über den Beschluss abgestimmt werde. Ein solches Vorgehen sei mit einer Raucher- oder Toilettenpause in keiner Weise zu vergleichen.
Es sei schon nicht erkennbar, weshalb inmitten der Diskussion über die Wiederbestellung ein gesondertes Mandantengespräch überhaupt erforderlich sein sollte. Die formale Unterbrechung sei nicht mit einer fairen Versammlungsleitung vereinbar gewesen. Denn die Mehrheit nutzte die Unterbrechung mitten in einem Tagesordnungspunkt zur weiteren Diskussion im exklusiven Kreis und setzte so die Versammlung tatsächlich fort. Dass die Verwalterin ausgerechnet vor der Abstimmung über ihre Wiederbestellung der sie stützenden Mehrheit solche Bevorzugung gewähre – und das vor dem Hintergrund der erfolgreichen Anfechtung des Erstbeschlusses –‚ müsse an ihrer gebotenen Neutralität zweifeln lassen und bemakele ihre Wiederbestellung. Mit ihrer Neutralität sei nicht vereinbar, dass sie, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht als Anwalt zur Versammlung zugelassen wurde, kurze Zeit später den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in die Versammlung rief und auf Widerspruch des Klägers nicht über dessen Zulassung abstimmen ließ, sondern dem Anwalt das Wort erteilte. Bei Bewertung dieser Vorgänge aus der Sicht eines objektiven, verständigen Dritten müsse der Eindruck entstehen, dass die Verwalterin – sich an ihr Amt klammernd – kurz vor der Abstimmung über ihre Wiederbestellung die Mehrheit durch einen Anwalt im Schutze von dessen Verschwiegenheitspflicht auf sich einschwören ließ und zu diesem Zweck die ihre Position angreifende Minderheit vor die Tür setzte.
Es bestünden keine Zweifel, dass die darin liegende Verletzung der Mitwirkungsrechte die Ungültigerklärung des Beschlusses zur Folge haben müsste, wenn sie denn – woran es fehle – innerhalb der Frist aus § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gerügt worden wäre. Ebenso sei der in diesem Verhalten der Verwalterin zum Ausdruck kommende Mangel an Neutralität ein Umstand, der einen wichtigen Grund gegen ihre Wiederbestellung darstellte und ihre Wiederbestellung nicht mehr vertretbar erscheinen ließe. Da er aber ebenfalls nicht – auch nicht im Kern – innerhalb der Anfechtungsfrist gerügt wurde, sei das Gericht gehindert, diesen Punkt zu berücksichtigen.
Erfolgreich wäre die Klage nur gewesen, wenn die Verletzung der Mitwirkungsrechte einen Nichtigkeitsgrund darstellen würde – was aber nicht der Fall sei. Zwar werde nach verbreiteter Ansicht die bewusste Vereitelung der Teilnahmerechte wegen Eingriffs in den Kernbereich der Mitwirkungsrechte als Nichtigkeitsgrund angesehen (BayObLG, Beschl. v. 08.12.2004 – 2Z BR 199/04 – NZM 2005, 630; OLG Köln, Beschl. v. 03.12.2003 – 16 Wx 216/03 – ZMR 2004, 299) – was hier zu bejahen wäre. Die formale Unterbrechung stehe einem vorsätzlichen Handeln nicht entgegen, denn Vorsatz erfordere kein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Indes soll Nichtigkeit wegen formeller Fehler nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen anzunehmen sein, etwa wenn ein Wohnungseigentümer in böswilliger Absicht gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden soll (BGH, Urt. v. 20.07.2012 – V ZR 235/11 – ZWE 2012, 429). Hier erfolgte der Teilnahmeausschluss zwar böswillig, denn es entstehe bei einer Gesamtbetrachtung der Eindruck, dass man sich der Instrumente der „Unterbrechung“ und des „Mandantengesprächs“ bewusst bediente, um ohne die ausgeschlossenen Mitglieder ungestört über die Wiederbestellung diskutieren zu können. Aber aus anderem Grund bestehe kein „ganz besonders schwerwiegender Ausnahmefall“: Das Gesetz sehe für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen Ausschlussfristen vor, innerhalb deren die Anfechtung erklärt und begründet werden müsse. Ziel dieser Regelung sei die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Die Gemeinschaft soll nach Ablauf der Anfechtungsfrist regelmäßig in den Bestand der gefassten Beschlüsse vertrauen dürfen (BGH, Urt. v. 16.01.2009 – V ZR 74/08 – BGHZ 179, 230). Die angestrebte Rechtssicherheit würde durch eine zu großzügige Annahme von Nichtigkeitsgründen beeinträchtigt. Bei der Verletzung von Mitwirkungsrechten sei daher für die Nichtigkeitsfolge vorauszusetzen, dass die betroffenen Mitglieder in besonderer Weise schutzbedürftig und auf die Nichtigkeitsfolge in besonderer Weise angewiesen seien. Hintergrund dieser Anforderung sei, dass die Eigentümer auf ihre Mitwirkungsrechte, selbst auf deren Kernbereich, ohne weiteres verzichten könnten. Niemand müsse an Eigentümerversammlung teilnehmen, jeder könne die Versammlung jederzeit verlassen, und ein Eigentümer, der auf welch böswillige und rechtswidrige Art auch immer von der Versammlung ausgeschlossen wurde, könne diesen Ausschluss selbstverständlich hinnehmen. Im letzten Fall könne von dem betroffenen Eigentümer grundsätzlich erwartet werden, dass er die Verletzung seiner Rechte, seien sie auch noch so gravierend, in einer Anfechtungsklage rüge. Für eine zeitlich unbegrenzte Schwebe der Beschlüsse müsse ein hinreichender Grund vorhanden sein, der in der Person des betroffenen Eigentümers liegen müsse.
Eine solche besondere Schutzbedürftigkeit sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Sie könnte sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass der Ausschluss des Klägers durch eine „Unterbrechung“ der Versammlung getarnt wurde. Jedoch wurde der Kläger in der Versammlung von seinem Anwalt begleitet, der die Vorgänge unmittelbar beobachten konnte; außerdem protestierte der Kläger unmittelbar gegen das „Mandantengespräch“ und seinen Ausschluss. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, weshalb dieser formelle Fehler nicht innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist gerügt wurde.
Die Wiederbestellung der Verwalterin widerspreche schließlich nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn eine Wiederbestellung sei nur dann nicht mehr ordnungsmäßig, wenn nach Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis nicht zu erwarten sei. Selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der gegen die Wiederbestellung spreche, haben die Wohnungseigentümer einen „Beurteilungsspielraum“ und dürfen sich für die Wiederbestellung entscheiden, wenn dies aus objektiver Sicht noch vertretbar erscheine (BGH, Urt. v. 22.06.2012 – V ZR 190/11 – NJW 2012, 3175) – woran wegen des gerichtlichen Eingriffs in eine Vertrauensentscheidung hohe Anforderungen zu stellen sind. Die (feststellbaren) Fehler waren hier – was ausgeführt wird – nicht gravierend genug. Es sei (noch) mit ordnungsmäßiger Verwaltung zu vereinbaren, dass die Mitglieder auch in Ansehen der festgestellten Fehler der Verwalterin für weitere fünf Jahre das Vertrauen schenken.

C. Kontext der Entscheidung

Die Ausführungen zum „Verzeihungsermessen“ bei der Wiederbestellung eines Verwalters stehen ganz fest auf dem Boden der Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH und sind im Ergebnis auch nicht zu beanstanden – wobei man über Bewertungen und Gesamtbetrachtungen natürlich immer auch streiten kann. Der hinter der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegende Gedanke, noch halbwegs vertretbare Mehrheitsentscheidungen nicht immer gerichtlich ganz pingelig zu „schulmeistern“, hat durchaus etwas für sich und geht letztlich auch in die gleiche Richtung wie die vom V. Zivilsenat des BGH ebenfalls zu Recht anerkannte „Subsidiarität“ von Gestaltungsentscheidungen nach § 21 Abs. 8 WEG, soweit noch irgendeine Hoffnung besteht, dass die Eigentümer nur mit einem kleinen „Schubs in die richtige Richtung“ wieder „auf Spur gebracht“ werden und die Angelegenheiten so wieder in eigener Regie regeln können (lesenswert dazu BGH, Urt. v. 24.05.2013 – V ZR 182/12 – NZM 2013, 582).
Deutlich spannender und kritischer sind hingegen die Ausführungen des LG Karlsruhe zur fehlenden Nichtigkeit (ablehnend Abramenko, IMR 2016, 202; Bub/Bernhard, FD-MietR 2016, 37549; zustimmend aber Drasdo, NZM 2016, 174, 176): Zwar hat der V. Zivilsenat des BGH (BGH, Urt. v. 10.12.2010 – V ZR 60/10 – NZM 2011, 246) für den Entzug des Stimmrechts und den Ausschluss von der Versammlung auf den ersten Blick in der Tat nur die Anfechtbarkeit bejaht und geprüft, doch war in dem konkreten Fall die Anfechtungsfrist und Anfechtungsbegründungsfrist aus § 46 WEG gewahrt, so dass der BGH wegen des einheitlichen Streitgegenstandes von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bewusst offenlassen konnte, ob (nur) Anfechtbarkeit oder (sogar) Nichtigkeit vorlag. Führt jedoch die bewusste (böswillige) Nichtladung zur Nichtigkeit (BGH, Urt. v. 20.07.2012 – V ZR 235/11 – ZWE 2012, 429), kann für einen – hier vorliegenden – „böswilligen“ rechtswidrigen Ausschluss aus der Eigentümerversammlung nichts anderes gelten (so auch LG Dortmund, Beschl. v. 26.10.2015 – 1 S 218/15 – IMR 2016, 155).
Es wird spannend werden, was der V. Zivilsenat des BGH auf die zugelassene und wohl auch eingelegte Revision machen wird. Dass die Luft dünn wird, zeigt auch schon die Zulassungsentscheidung, die das LG Karlsruhe damit begründet hat, dass sie die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Nichtigkeit wegen einer Verletzung von Mitgliedschaftsrechten um eine weitere Voraussetzung „ergänzt“ hat und eine besondere Schutzbedürftigkeit des betroffenen Wohnungseigentümers für erforderlich hält. Dafür besteht indes keine Veranlassung, auch wenn es dem – immerhin von Anfang an anwaltlich beratenen – Kläger ein Leichtestes gewesen wäre, auch den formellen Fehler rechtzeitig zu rügen.

D. Auswirkungen für die Praxis

Zu beachten ist, dass nicht jeder Ausschluss sogleich einen formellen Fehler darstellt. Der Eingriff in das Teilnahmerecht durch den Versammlungsleiter ist nämlich statthaft, wenn auf andere Weise die geordnete Durchführung einer Versammlung nicht gewährleistet werden kann, so etwa, wenn ein Wohnungseigentümer nachhaltig und trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung weiterhin in erheblicher Weise stört (BGH, Urt. v. 10.12.2010 – V ZR 60/10 Rn. 8 – NZM 2011, 246).
Auch darf nicht jede Unterbrechung einer Eigentümerversammlung „verteufelt“ werden. Solange ein sachlicher Grund dafür besteht, ist die Unterbrechung zulässig. Sie kann sogar ein Weg sein, ohne die Tücken einer Zulassung Dritter mit Blick auf den (ungeschriebenen) Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung genau ausloten zu müssen, einfach beliebige Dritte anzuhören (wie etwa einen Sachverständigen zu Baufragen oder einen Versicherungsmakler zu Versicherungsfragen) und dann wieder in die Versammlung einzusteigen, zu diskutieren und abzustimmen. Eine Unterbrechung darf aber nicht – wie hier – genutzt werden, um opponierende Minderheiten von der Willensbildung auszuschließen.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Gerade wenn der Verwalter über § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG einen Anwalt für die übrigen Wohnungseigentümer beauftragt hat, kann das Bedürfnis für „Mandantengespräche“ mit einer Vielzahl von Wohnungseigentümern in der Tat virulent werden. Abstimmungschaos kann auch schnell ins prozessuale Chaos führen, wie die Entscheidung des BGH vom 23.10.2015 (V ZR 76/14 – ZWE 2016, 98) zum uneinheitlichen Agieren der notwendigen Streitgenossen im Prozess deutlich gezeigt hat. Die Eigentümerversammlung ist – zumal eine Erörterung in Anwesenheit des Gegners schon wegen der berufsrechtlichen Vorgaben und der anwaltlichen Schweigepflicht indiskutabel ist – dafür aber definitiv der falsche Ort. Dass die Kanzlei bei großen Gemeinschaften dafür keine geeigneten Räume haben mag, ist kein Argument. Es ist auch möglich, dass die Mandanten – außerhalb des WEG – einen oder mehreren aus ihrem Kreis als Ansprechpartner beauftragen (= bevollmächtigen), mit dem Anwalt die erforderlichen Abstimmungen zu treffen. All dies hat – das zeigt der Fall hier – aber keinen Raum auf der Eigentümerversammlung.