LG Wiesbaden, Urteil vom 03. Juli 2014 – 9 O 44/14 –, juris

Orientierungssatz

1. Es besteht ein Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten, wenn diese zwar nicht mit dem Erblasser bis zu dessen Tod in häuslicher Gemeinschaft lebte, aber über einen Schlüssel zur Wohnung des Erblassers verfügt und aus diesem Grund freien Zutritt zu dieser Wohnung gehabt und die Wohnung nach dem Umzug des Erblassers in ein Seniorenheim in Besitz genommen hat. Die Stellung der Beklagten ist daher mit derjenigen eines Hausgenossen vergleichbar.

2. Der Auskunftspflicht der Beklagten aus § 2028 BGB steht nicht entgegen, dass die Parteien Miterben und als solche grundsätzlich untereinander keiner allgemeinen Auskunftspflicht unterworfen sind. Denn der Sinn und Zweck der Regelung des § 2028 BGB, einem schlechter informierten Erben den Zugriff auf die ihm zur Geltendmachung seines Erbanspruchs benötigten Informationen, über die ein Hausgenosse des Erblassers verfügt, zu ermöglichen, greift auch im Verhältnis von Miterben zueinander.

3. Soweit die Beklagte den Nachlaß in Besitz genommen hat, schuldet sie die entsprechende Auskunft und Rechenschaftslegung, wobei insofern ohne Belang ist, ob sie den Erbschaftsbesitz dabei für sich selbst ausgeübt oder den Nachlaß für die Erbengemeinschaft in Besitz genommen hat.