Nachfolgend ein Beitrag vom 8.3.2018 von Bueb, jurisPR-MietR 5/2018 Anm. 6
Leitsatz
Gesellschafter einer Außen-GbR haften analog § 128 HGB für rechtswidrige Störungen durch die Baumaßnahmen der GbR.
Werden bauliche Maßnahmen (hier: Errichtung einer Trennwand) im Rahmen eines wirksam vereinbarten Ausbaurechts rechtmäßig durchgeführt, besteht kein Beseitigungsanspruch.
A. Problemstellung
Als bauliche Veränderung i.S.d. § 22 WEG wird jede über die bloße Instandhaltung und Instandsetzung sowie Modernisierung hinausgehende Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in seiner bestehenden Form angesehen, die grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf. Es ist jedoch möglich, dass die Teilungserklärung im Einzelfall bestimmte bauliche Veränderungen, die eigentlich zustimmungspflichtig wären, erlaubt.
Im konkreten Fall musste das LG Hamburg als Berufungsgericht entscheiden, ob der Einbau einer Trennwand im Dachgeschoß auf der Sondernutzungsfläche eine bauliche Veränderung darstellt und diese genehmigungspflichtig ist.
Außerdem hatte das Landgericht darüber zu entscheiden, ob die einzelnen, teilweise ausgeschiedenen Gesellschafter einer GbR als Störer passivlegitimiert sein können.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin als Eigentümerin einer Wohnung in einer WEG verklagte die Gesellschafter einer GbR, welche Eigentümerin der WE 11 in der WEG war, auf Rückbau einer Trennwand. Das AG Hamburg hatte die Klage abgewiesen, da es die Beklagten bereits als nicht passivlegitimiert ansah. Ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2) sei von vornherein nicht gegeben, da dieser die als Störung in Betracht kommende Maßnahme nicht als Handlungsstörer verantworte, denn Errichterin der streitgegenständlichen Trennwand sei die GbR gewesen. Die Klägerin hätte daher die GbR in Anspruch nehmen können. Der Beklagte zu 2) als (ehemaliger) Gesellschafter der GbR sei jedenfalls nie selbst Wohnungseigentümer geworden. Er könne daher wohnungseigentumsrechtlich nicht persönlich in Anspruch genommen werden. Die Beklagte zu 1) sei Rechtsnachfolgerin der als Handlungsstörerin in Betracht kommenden – aber nicht verklagten – GbR. Sie wäre damit Zustandsstörerin, soweit eine Störung gegeben wäre. Ob überhaupt eine Störung i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG in Gestalt einer baulichen Veränderung durch das Errichten der Trennwand gegeben sei und ob diese gemäß § 242 BGB zu dulden sei, müsse vom Gericht nicht aufgeklärt werden, da die Beklagte zu 1) jedenfalls nicht passivlegitimiert sei. Sofern eine Störung vorliege, müsse die Klägerin sich an die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft wenden, der die Trennwand als Gemeinschaftseigentum (§ 5 Abs. 2 WEG) angewachsen sei.
Das LG Hamburg hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Hamburg zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin sei aber zulässig. Die Beklagten haften grundsätzlich als Gesellschafter der GbR gemäß § 128 HGB analog akzessorisch und gesamtschuldnerisch für alle Altverbindlichkeiten der GbR. Die Klägerin habe die Wahl gehabt, ob sie gegen die GbR oder gegen einen oder mehrere Gesellschafter vorgeht. Sofern der Beklagte zu 2) aus der GbR ausgeschieden sei und/oder die GbR mittlerweile aufgelöst worden sei, ergebe sich eine Nachhaftung der Beklagten aus § 736 Abs. 2 BGB, § 160 HGB bzw. § 159 HGB analog.
Aus materiell-rechtlichen Gründen stehe der Klägerin jedoch kein Beseitigungsanspruch der Trennwand gegen die Beklagten zu. Die Errichtung der Trennwand sei von § 18 der Teilungserklärung gedeckt gewesen, in welchem es u.a. heiße:
„(…). Die jeweiligen Eigentümer sind – bei Vorliegen einer Baugenehmigung – berechtigt, die Sondernutzungsflächen als Wohnraum auszubauen und oder zu erweitern, in Sondereigentum umzuwandeln und mit ihren sonstigen Sondereigentumsflächen zu verbinden (…) Die jeweiligen Eigentümer der im Aufteilungsplan mit Nummer 11 und 12 bezeichneten Wohnungseigentumsrechte sind ferner berechtigt, anlässlich des Ausbaus der Dachbodenflächen ins Gemeinschaftseigentum einzugreifen, soweit dieses mit Auflagen der Baubehörde im Zusammenhang steht oder aus sonstigen Gründen des Ausbaus der Dachbodenfläche notwendig ist. (…).“
Die Reichweite dieses baulichen Gestaltungsrechts sei durch das Landgericht durch Auslegung ermittelt worden. Die Auslegung ergebe, dass die Eigentümer der Wohnungen 11 und 12 im Rahmen des Ausbaus der Dachbodenfläche auch berechtigt seien, vorhandene Trennwände, die gültige Schall- und Brandschutzvorschriften nicht erfüllen, zu ersetzen bzw. dort, wo keine Trennwand bestehe, eine solche zu errichten. Maßgebend bei der Auslegung der Teilungserklärung sei der Wortlaut sowie der mit der Regelung verfolgte Sinn und Zweck, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergebe (BGH, Beschl. v. 24.02.1994 – V ZB 43/93 – NJW 1994, 2950). Da der Ausbau der Sondernutzungsflächen im Dachgeschoss als Wohnraum auch die Einhaltung der gültigen Schall- und Brandschutzbestimmungen beinhalte, sei die Errichtung einer Wohnungstrennwand im Rahmen des Ausbaus der Dachbodenfläche von der Vereinbarung in § 18 der Teilungserklärung gedeckt. Die zuvor nur auf einem Teilstück vorhandene (Wohnungs-)Trennwand habe – zwischen den Parteien unstreitig – nicht gültigen Schall- und Brandschutzbestimmungen entsprochen.
Ob und in welchem Umfang im Falle einer zulässigen baulichen Veränderung durch Regelung in einer notariellen Teilungserklärung noch eine Prüfung nach § 14 Nr. 1 WEG vorzunehmen sei, könne hier dahinstehen. Auch bei einer solchen Prüfung ergebe sich kein anderes Ergebnis.
Dass die GbR die von der Baubehörde genehmigte Trennwand mittig und damit zur Hälfte auf der Sondernutzungsfläche der Klägerin errichtet habe, sei üblich und nicht zu beanstanden.
Zwar nehme die Trennwand, die eine Breite von 24 cm aufweise, einen 12 cm breiten Streifen der Sondernutzungsfläche der Klägerin in Anspruch. Hätte diese jedoch die von ihr geplante 24 cm starke F90-Trockenbauwand allein auf ihrer Sondernutzungsfläche errichtet, wäre der von der Wand in Anspruch genommene Bereich doppelt so breit, bei mittiger Errichtung der Trennwand gleich groß gewesen. Die GbR sei nicht verpflichtet gewesen, sich im Rahmen der Wahrnehmung ihres in der Teilungserklärung enthaltenen Ausbaurechtes den Wünschen der Klägerin über die Beschaffenheit unterzuordnen oder abzuwarten, bis diese ihrerseits ihr Ausbaurecht wahrnimmt. Damit sei der Klägerin zwar die Auswahlmöglichkeit hinsichtlich der Ausgestaltung der Trennwand genommen worden. Dieser Nachteil werde jedoch dadurch kompensiert, dass die Klägerin nicht die Kosten der Errichtung der Trennwand zu tragen habe und in zumutbarer Weise für einen höheren Schallschutz durch weitere bauliche Maßnahmen auf ihrer Seite der Trennwand sorgen könne.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung befasst sich einerseits mit dem WEG-Recht, andererseits berührt sie wichtige Aspekte des GbR-Rechts.
Gesellschafter einer GbR haften neben der Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft – und untereinander haften sie als Gesamtschuldner. Dem dadurch komfortabel gestellten Gläubiger steht es danach frei, ob er einen oder alle Gesellschafter verklagt oder nur die Gesellschaft oder alle gemeinsam.
Die Haftung ausgeschiedener Gesellschafter einer Personengesellschaft wurde im Jahre 1994 neu geregelt, nachdem der BGH zuvor seine zu OHG und KG entwickelte Rechtsprechung zur Enthaftung des ausscheidenden Gesellschafters auch auf die GbR übertragen und § 159 HGB a.F. entsprechend angewendet hatte. Die für die Personenhandelsgesellschaften geschaffenen Regelungen gelten „sinngemäß“ auch für die GbR (§§ 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 und Abs. 2 HGB). Demnach haftet der ausgeschiedene Gesellschafter – soweit er persönlich verpflichtet worden ist – nach seinem Ausscheiden zunächst unverändert für alle während seiner Zugehörigkeit begründeten Altverbindlichkeiten weiter (BGH, Urt. v. 17.01.2012 – II ZR 197/10). Das sind alle Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrundlage bei seinem Ausscheiden bereits gelegt war, auch wenn die Gesellschaftsschuld erst später fällig wird.
Dieser Rechtsprechung folgt auch das LG Hamburg.
Im WEG-Recht ist die Frage umstritten, ob und in welchem Umfang im Fall der Zulässigkeit einer baulichen Veränderung aufgrund von Regelungen in der notariellen Teilungserklärung wie vorliegend noch eine Prüfung i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG vorzunehmen ist (verneinend Timme in: Beck’scher Online-Kommentar, WEG, 28. Edition, § 22 Rn. 110).
Das LG Hamburg ging jedoch richtigerweise davon aus, dass diese Frage im gegenständlichen Fall dahinstehen kann. Die Prüfung nach § 14 Nr. 1 WEG kann ergeben, dass bei Bestehen mehrerer Möglichkeiten der Gestaltung die übrigen Wohnungseigentümer eine Lösung nicht hinnehmen müssen, die ihre Belange wesentlich mehr beeinträchtigt als eine andere (BayObLG, Beschl. v. 13.03.1997 – 2Z BR 8/97 – ZMR 1997, 317). Hier ergab sich durch diese Prüfung jedoch nichts anderes, da der Klägerin kein Nachteil aus dem Aufstellen der Trennwand erwächst bzw. ein etwaiger Nachteil dadurch kompensiert wird, dass die Klägerin keine Kosten mehr für eine selbst aufzustellende Trennwand tragen muss. Diese Ansicht ist durchaus vertretbar.
D. Auswirkungen für die Praxis
Bei einer GbR als Schuldner hat der Gläubiger grundsätzlich die Wahl, ob er einen oder alle Gesellschafter verklagt oder nur die Gesellschaft oder alle gemeinsam. Diese Wahlmöglichkeit kommt für den Gläubiger seit der Feststellung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR durch den BGH in Betracht (BGH, Urt. v. 29.01.2001 – II ZR 331/00). Vor diesem Urteil konnte die GbR selbst nicht verklagt werden. Diese rechtliche Lage hatte für den Gläubiger den Nachteil, dass immer dann, wenn die genaue Zusammensetzung des Gesellschafterkreises nicht bekannt oder umstritten war, die Rechtsverfolgung mit dem Ziel der Vollstreckung in das nach den §§ 718 ff. BGB gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen kaum Aussicht auf Erfolg bieten konnte. Dies hat sich seit 2001 geändert.
Auch ein ausgeschiedener Gesellschafter einer GbR haftet für Altverbindlichkeiten, wenn diese bereits angelegt waren, als er noch Gesellschafter war.
Ist eine bauliche Veränderung durch die notarielle Teilungserklärung gedeckt, so muss – wenn überhaupt – lediglich noch geprüft werden, ob die gewählte Möglichkeit verhältnismäßig ist oder ob eine andere Möglichkeit die übrigen Wohnungseigentümer weniger beeinträchtigt. Fehlen solche Regelungen, so ist die Wohnungseigentümerversammlung berechtigt, über bauliche Veränderungen zu beschließen. Erforderlich ist grundsätzlich ein Beschluss der Versammlungsmehrheit. Es ist jedoch auch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, die von einer solchen Maßnahme mehr als nur unerheblich beeinträchtigt werden.
Wenn mit der Maßnahme eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes einhergeht, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen und die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich.
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