GDV, Pressemitteilung vom 10.8.2017

Schlechtes Wetter im Urlaub ist ärgerlich. Eine Versicherung gegen Urlaubsregen wäre theoretisch möglich – und war sogar einmal ein echter Verkaufsschlager. Doch die passende Absicherung für Sonnenschein am Strand sieht heute anders aus.

Sommer, Sonne, Strand und Meer: Im Sommerurlaub freuen sich die meisten Deutschen auf schönes Wetter. Doch gerade an Nord- und Ostsee kann schnell ein Tiefdruckgebiet die Laune verderben. Vielen mag da schon einmal die Idee gekommen sein: „Wenn man sich nur gegen Regen im Urlaub versichern könnte…“

In der Tat gab es solche Versicherungen immer wieder einmal: Bereits ab 1953 bot die Allianz ihren Kunden eine Reisewetterversicherung an – die sich auch prompt zum Verkaufsschlager entwickelte. „Der Run der Kunden war unglaublich groß“, sagt Barbara Eggenkämper, Leiterin des Firmenhistorischen Archivs der Allianz. Die Versicherung wurde stark beworben: Die Vermittler bekamen sogar Farb-Werbefilme zur Verfügung gestellt. Der Slogan der Allianz damals: „Wenn Kluge reisen…“.

Prämienberechnung mittels historischer Wetterdaten

Der „Spiegel“ urteilte damals über den Start der Reisewetterversicherung: „Die üblichen Gesellschaftsspiele der Touristen gegen die Langeweile werden in dieser Saison um ein neues vermehrt.“ Kunden konnten 100 bis 500 D-Mark absichern, die Prämie lag bei fünf Prozent der Versicherungssumme. Ob der Versicherungsfall eintrat, überprüfte die Allianz mithilfe des Deutschen Wetterdienstes, für die Prämienberechnung nutzte sie historische Wetterdaten. Für 340 verschiedene Ferien- und Kurorte von Aachen bis Zellerfeld hatte die Allianz genaue Regenmengen bereitgestellt: Wie viel es im Schnitt in der Vergangenheit geregnet hatte – und wie viel es für den Versicherungsfall regnen muss.

Fuhren Versicherte im August nach Norderney, mussten sie, um die volle Versicherungssumme ausbezahlt zu bekommen, auf 132 Millimeter Regen pro Woche hoffen – das Vierfache des historischen Durchschnitts. Bei mehr als 110 Millimetern bekamen Urlauber noch die Hälfte, bei 80 Millimetern immerhin noch 15 Prozent der Versicherungssumme ausbezahlt.

Großer Verkaufserfolg, aber hohe Verluste

Der Erfolg des Produktes war für die Allianz aber ein zweischneidiges Schwert. Zwar wurden schon 1953 die Erwartungen mit 600.000 Euro Prämieneinnahmen übertroffen und schon 1954 verdoppelt. „Allerdings stiegen die Verluste mit 2,3 Millionen DM im gleichen Zeitraum auf das Dreißigfache (…), heißt es in der Unternehmensgeschichte „Die Allianz“. Nach einer Verschärfung der Versicherungsbedingungen fiel die Zahl der verkauften Policen in den 60er Jahren. 1966 wurden nur noch 3000 Reisewetterversicherungen verkauft, im Jahr darauf wurde das Produkt eingestellt. „Daraus haben wir gelernt“, sagt Eggenkämper.

Trotzdem hat es immer wieder Versuche gegeben, Urlauber gegen Regen zu versichern: Die Lufthansa bot 2009 eine Schönwettergarantie für bestimmte Ziele an. Ab 2010 verkaufte sie sogar für alle Reiseziele im Sommerflugplan eine Reisewetterversicherung für Kunden. Für jeden Regentag garantierte die Versicherung, angeboten von der Europäischen Reiseversicherung (ERV), 25 Euro Entschädigung. Doch auch dieses Produkt verschwand nach kurzer Zeit vom Markt.

Gut zu wissen: Wetterderivate

  • Bei gewerblichen Risiken ist die Absicherung von Wetterrisiken über sogenannte Wetterderivate durchaus möglich. Damit lassen sich die Auswirkungen von Wetterschwankungen auf das Geschäft begrenzen.
  • So können sich Veranstalter von Freiluft-Konzerten, Windkraftbetreiber oder Logistikfirmen gegen mögliche Umsatzeinbußen durch mangelnden Wind, zu viel Regen oder Unwetter absichern.
  • Anders als bei klassischen Versicherungen, die Schäden durch Naturgewalten wie Sturm, Hagel oder Hochwasser ausgleichen, muss kein Sachschaden vorliegen. Auch bei Regen im Urlaub liegt ja kein echter Sachschaden vor.

Das Versicherungspaket sei zwar positiv von Kunden angenommen worden, heißt es bei der ERV, aber „um den Markterfordernissen und regulatorischen Anforderungen besser zu entsprechen, wurde das Produkt in der bisherigen Form vom Markt genommen“. Aktuell gebe es kein Produktangebot zur Wetterversicherung mehr.

Je höher die Regenwahrscheinlichkeit, desto höher muss die Prämie sein

Beim Reiseveranstalter TUI ist der Gedanke an eine Regenversicherung auch nicht unbekannt: „Grundsätzlich gab es in der Vergangenheit bereits Überlegungen und Gespräche mit Versicherern zu Wetter-Versicherungen“, sagt Inke Rasmussen, Leiterin Kundenkarten und Reiseversicherungen bei TUI.

Eigentlich ist die Versicherung gegen schlechtes Wetter für die schönen Tage im Jahr eine simple Idee: Die Höhe der Prämie bemisst sich dann an der Regenwahrscheinlichkeit: Je höher die Regenwahrscheinlichkeit, desto mehr Prämie im Vergleich zur Versicherungssumme müsste der Kunde bezahlen. Wer an der deutschen Ostsee urlaubt, muss statistisch gesehen im August an zehn von 31 Tagen mit Regen rechnen. Auf Sylt sind es sogar zwölf Regentage.

„Aber gerade für die Ziele, für die Kunden sich eine solche Versicherung wünschen würden, ist die Prämie aufgrund der Schadenwahrscheinlichkeit (Regen an der Nordsee) so hoch, dass das Produkt für den Kunden nicht mehr attraktiv ist“, sagt TUI-Expertin Rasmussen. Wer also in diesem Sommer sich bestmöglich gegen Regen im Urlaub absichern will, sollte lieber auf die griechische Insel Kos, nach Zypern oder ins ägyptische Sharm el Sheikh fliegen. Die durchschnittlichen Regentage im August: Null.