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25.09.2015 > Pressemitteilung
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VW-Skandal zeigt Handlungsbedarf: Für Verbraucher muss es einfacher werden, Rechte gemeinsam einzuklagen
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VW hat mit der Manipulation von Abgaswerten Verbraucherinnen und Verbraucher massiv getäuscht. Sollten sich daraus für Kunden in Deutschland finanzielle Ersatzansprüche ergeben, fehlen bislang die rechtlichen Mittel, um die Ansprüche vieler geschädigter Verbraucher durchzusetzen. Darauf macht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) aufmerksam. Bislang gibt es in Deutschland keine Gruppenklage. Wer nicht auf seinem Schaden sitzen bleiben will, muss selbst klagen. Der vzbv fordert die Einführung des Instituts der Gruppenklage. So ließe sich auch verhindern, dass mögliche Ansprüche bis zur vollständigen Aufklärung eines Falls verjährt sind. Gruppenklagen sind Thema einer Veranstaltung des vzbv am Montag, 28. September 2015 in Berlin.

Immer wieder erleiden Verbraucherinnen und Verbraucher durch rechtswidriges Verhalten von Unternehmen hohe finanzielle Schäden. Gerichte untersagen zwar solche Geschäftspraktiken. Doch trotz gewonnener Unterlassungsverfahren bleiben Verbraucher häufig auf dem Schaden sitzen. Zu dem Ergebnis kommt ein aktuelles juristisches Gutachten im Auftrag des vzbv.

Klaus Müller, Vorstand des vzbv: „Rechtsbruch darf sich für Unternehmen nicht lohnen. Es ist an der Zeit, dass Verbraucher nicht nur zu ihrem Recht, sondern auch zu ihrem Geld kommen.“ Verbraucherverbände wie die Verbraucherzentralen können zwar stellvertretend für Betroffene klagen, die ihre Ansprüche an die Verbände abtreten. Diese Verfahren sind aber unverhältnismäßig aufwändig. Die Verbände können nur wenige Verbraucher vertreten, so dass es in Fällen mit vielen Betroffenen an der Breitenwirkung fehlt.

Die Europäische Kommission hat bereits im Jahr 2013 eine Empfehlung zur Einführung von Gruppenverfahren verabschiedet. Doch bislang gehört Deutschland in Europa zu den Schlusslichtern bei der Gruppenklage. Der vzbv appelliert an die Bundesregierung, zu handeln. Die Forderungen im Überblick:

Gruppenverfahren einführen

Verbraucher müssen sich in gleichgelagerten Fällen zusammenschließen und gemeinsam klagen können – entweder mit oder ohne Beteiligung von Verbraucherbänden. Die Möglichkeit, sich einem Gruppenverfahren anzuschließen, muss niedrigschwellig sein. Solche Verfahren sind nicht mit Sammelklagen wie in den USA vergleichbar. Verbraucher sollen nur die Ansprüche geltend machen können, die jedem einzelnen zustehen und die theoretisch auch individuell durchsetzbar wären.

Verjährung hemmen

Verbraucherverbände müssen Rechtsfragen, von denen viele Menschen betroffen sind, in Musterverfahren klären lassen können. Damit die Urteile auch nach einem jahrelangen Rechtsstreit nicht zu spät für die Betroffenen kommen, dürfen diese Fälle bis zur finalen Entscheidung nicht verjähren.

Mit Vergleichs- und Schlichtungsangeboten helfen

Gruppen- und Musterverfahren können häufig nur zentrale Rechtsfragen klären. Sie sollten jeweils mit gerichtlich begleiteten Vergleichsverfahren oder Schlichtungsangeboten verbunden werden, um Verbraucher bei der Berechnung ihrer individuellen Ansprüche zu unterstützen.

Abschöpfung von Unrechtsgewinnen erleichtern

Auch wenn die Schäden jedes Einzelnen so gering sind, dass die Auszahlung an die betroffenen Verbraucher unwirtschaftlich wäre, dürfen Unternehmen unrechtmäßige Gewinne nicht behalten. Zwar ist es schon heute möglich, diese Beträge einzuklagen, doch die Anforderungen sind zu hoch. So kann das Geld bislang zum Beispiel nur abgeschöpft werden, wenn der unrechtmäßige Gewinn konkret beziffert wird und den Unternehmen ein Vorsatz nachgewiesen werden kann. Der VZBV fordert, die rechtlichen Hürden etwa durch Beweiserleichterungen zu senken.


Anmerkung: Anders als dies der VZBV vertritt, helfen Gruppenverfahren (Gruppenklage) oder Sammelklagen nicht wirklich weiter. Die Schadenersatz-Unkultur in den USA hat in den vergangenen Jahren die abstrusesten Ergebnisse hervor gebracht: Mann verklagt McDonalds wegen fehlender 2. Serviette auf 1,5 Millionen Dollar Schadenersatz, Frau verklagt wiederum die Imbisskette wegen eines Bechers verschütteten heißen Kaffees auf 2,7 Millionen Dollar Schadenersatz, Richter verklagt Reinigungsfirma wegen verlegter Hose auf 67,3 Millionen Dollar usw. usw. Derartigem (auch juristischem) Unsinn wird in Deutschland jedenfalls bereits durch die Pflicht zur Einzahlung von Gerichtskosten durch den Kläger ein Riegel vorgeschoben. Die Aussage des VZBV, die geforderten Gruppenverfahren (Gruppenklage) seien mit den Sammelklagen in den USA nicht vergleichbar, ist so nicht zutreffend. Die Forderungen des VZBV sind reine Lobbyarbeit zur Stärkung der eigenen Position. Einzig der Forderung nach Abschöpfung unrechtmäßiger Unternehmensgewinne vermag ich einen gewissen Charme nicht abzusprechen. Dafür benötigt man jedoch ganz sicher nicht private Verbände und Vereinigungen.

Allein die durch sog. Abmahnvereine, selbst ernannte Zentralen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs etc., denen das Gesetz (UWG) eine eigene Klagebefugnis zugebilligt hat, ausgelöste und unterhaltene Abmahn- und Klageflut zeigt deutlich auf, dass dieses System nicht funktionieren kann. Dort hat sich eine regelrechte Abmahnindustrie mit willfährigen Anwälten entwickelt, die sich als private Hüter des Rechts aufspielen und damit immense Summen Geld verdienen. Das hingegen sind aus meiner Sicht staatliche Aufgaben, die nicht privaten Institutionen überlassen werden dürfen.