Nachfolgend ein Beitrag vom 8.5.2018 von Götsche, jurisPR-FamR 9/2018 Anm. 4

Leitsatz

Die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den umgangsunwilligen Elternteil scheitert in der Regel daran, dass der so erzwungene Umgang regelmäßig nicht dem Kindeswohl dient und deshalb der mit der Festsetzung bewirkte Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des umgangsunwilligen Elternteils nicht gerechtfertigt ist.

A. Problemstellung

Unter welchen Voraussetzungen kann ein umgangsunwilliger Elternteil zur Wahrnehmung des titulierten Umgangs durch Vollstreckungsmaßnahmen angehalten werden?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Kindeseltern haben bereits mehrfach gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarungen für ihren 2013 geborenen Sohn geschlossen. Der Vater hat zuletzt mehrfach hintereinander die vereinbarten Termine – regelmäßig ohne Nennung von Gründen – nicht eingehalten. Die Mutter hat daraufhin die Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes begehrt. Der Vater hat dem Amtsgericht sodann mitgeteilt, dass er die Umgangskontakte „schweren Herzens“ eingestellt habe, weil wegen der problematischen Situation der Kindeseltern „entspannte Umgangskontakte keine Perspektive haben“. Das Amtsgericht hat mehrfach Ordnungsgelder bzw. ersatzweise Ordnungshaft gegen den Vater festgesetzt.
Das OLG Hamm hat auf die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden des Vaters die Festsetzungsbeschlüsse aufgehoben.
Eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht gegen den erklärten Willen eines Elternteils sei regelmäßig nicht geeignet, den damit verfolgten Zweck einer gedeihlichen Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu ermöglichen. Anhaltspunkte, dass hier ausnahmsweise eine Erzwingung des Umgangs dem Kindeswohl diene, seien nicht erkennbar. Schon soweit Kontakte vormals stattfanden, als der Kindesvater noch selbst aktiv sein Umgangsrecht einforderte, seien die jeweiligen Übergabesituationen wegen des zerrütteten Verhältnisses der Kindeseltern untereinander von diesen und auch dem Kind als sehr belastend empfunden worden.

C. Kontext der Entscheidung

Umgangstitel werden nach § 89 FamFG vollstreckt. Statthaftes Rechtsmittel gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG, §§ 567 ff. ZPO die (binnen zwei Wochen einzulegende) sofortige Beschwerde.
§ 1684 Abs. 1 BGB statuiert nicht nur ein Umgangsrecht, sondern auch die Pflicht eines Elternteils zum Umgang mit seinem Kind als Konkretisierung der den Eltern grundrechtlich zugewiesenen Verantwortung für ihr Kind. Es ist einem Elternteil auch aus grundrechtlicher Sicht zumutbar, zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient (BVerfG, Urt. v. 01.04.2008 – 1 BvR 1620/04 – FamRZ 2008, 845).
Eine zwangsweise Durchsetzung der erzwungenen Umgangspflicht nach § 89 FamFG scheidet aber regelmäßig aus. Denn bei einem erzwungenen Umgang, der dem Willen und auch den Gefühlen eines Elternteils widerstrebt, wird das Kind anstelle der angestrebten Zuwendung die Ablehnung gerade von seinem Elternteil spüren, was dem Kindeswohl und dem Zweck des Umgangs zuwiderläuft (BVerfG, Urt. v. 01.04.2008 – 1 BvR 1620/04 – FamRZ 2008, 845). Nur wenn ausnahmsweise Gründe dafür sprechen würden, dass sich der ablehnende Elternteil dem Druck des Ordnungsmittels beugen und den Umgang dann in kindeswohlgerechter Weise wahrnehmen würde, käme die Festsetzung in Betracht (vgl. zu einem solchen Fall OLG Oldenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 13 WF 55/16 – FamRZ 2017, 390).

D. Auswirkungen für die Praxis

Wird seitens eines Elternteils der Umgang nicht wahrgenommen, so eröffnet zunächst § 18 Abs. 3 SGB VIII den unmittelbaren Anspruch des Kindes auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt (Clausius, FamRB 2017, 93). Kann auf dieser Ebene ein Umgang nicht erreicht werden, mag ein Antrag beim Familiengericht gestellt werden. Der verweigernde Umgangsberechtigte sollte spätestens hier die Verweigerungsgründe nennen. Dann wird in aller Regel eine Vollstreckung eines bestehenden Umgangstitels ausscheiden. Befindet man sich noch im Erkenntnisverfahren über die Erstellung eines Umgangstitels, kann dies zudem dazu führen, dass schon von der Titulierung abzusehen (so i.E. BVerfG, Urt. v. 01.04.2008 – 1 BvR 1620/04 – FamRZ 2008, 845; Clausius, FamRB 2017, 93 f.; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.12.1989 – 18 UF 188/89 – FamRZ 1990, 655; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.10.1992 – 5 UF 237/91 – FamRZ 1993, 728) bzw. der Umgang (befristet oder bis auf weiteres) auszuschließen ist.
Im Übrigen ist eine bloße Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags eines Elternteils dagegen regelmäßig nicht zulässig (BVerfG, Beschl. v. 30.08.2005 – 1 BvR 776/05 – FamRZ 2006, 1005, 1006; vgl. Götsche, jurisPR-FamR 21/2017 Anm. 4).

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