Nachfolgend ein Beitrag vom 9.10.2018 von Herberger, jurisPR-FamR 20/2018 Anm. 5

Leitsatz

Bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes getrenntlebender gemeinsam sorgeberechtigter Eltern auf einer kommerziellen Zwecken dienenden Internetseite handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB.

A. Problemstellung

Die Veröffentlichung von Fotos der eigenen und auch fremder Kinder stellt im digitalen Zeitalter keine Seltenheit dar. Das OLG Oldenburg geht vorliegend der Frage nach, ob es sich bei der Entscheidung für bzw. gegen solche Veröffentlichungen um eine Angelegenheit handelt, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, sodass ein gegenseitiges Einvernehmen der nicht nur vorübergehend getrenntlebenden Eltern erforderlich ist.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Antragsteller und seine ehemalige Ehefrau sind Eltern einer gemeinsamen sechsjährigen Tochter. Sie üben die Sorge für das Kind – mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts – gemeinsam aus. Die ehemalige Ehefrau des Antragstellers ist mittlerweile mit dem Antragsgegner verheiratet. Sie lebt zusammen mit der Tochter aus erster Ehe auf dem Bauernhof des Antragsgegners. Auf der Webseite dieses Bauernhofes wurden ohne Einverständnis des Antragstellers Fotos der Tochter veröffentlicht. Der Antragsteller begehrte im Namen seiner Tochter Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, u.a. mit dem Antrag, dem Antragsgegner zu untersagen, auf der Webseite des Bauernhofes weiterhin Lichtbilder der Tochter zu verbreiten. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
Das OLG Oldenburg hat die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Das Oberlandesgericht führt aus, dass nach § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, wozu das Einstellen von Fotos auf einer Internetseite zähle. Zusätzlich sei bei Minderjährigen die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter notwendig.
Der Antragsteller sei allerdings nicht befugt, allein im Namen seiner Tochter gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes gerichtlich vorzugehen. Nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sei bei nicht nur vorübergehend getrenntlebenden Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zustehe, bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung sei, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Eine solche Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind sei sowohl in der Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet als auch in dem gerichtlichen Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet zu sehen. Die erhebliche Bedeutung folge vorliegend besonders daraus, dass das in § 22 KunstUrhG normierte Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützt sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gerade bei der Veröffentlichung von Fotos im Internet eine besondere Gefährdungssituation gegeben sei. Hinzu komme, dass mit den Fotos auf der Webseite des Bauernhofes kommerzielle Zwecke verfolgt würden.

C. Kontext der Entscheidung

Sollten sich die Kindeseltern nicht einigen können, ob sie gemeinsam gegen die Veröffentlichung der Fotos vorgehen wollen, kann ein Elternteil nach § 1628 BGB beim Familiengericht den Antrag stellen, die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis auf sich zu übertragen. Mit einem solchen Fall hatte sich das AG Stolzenau (Beschl. v. 28.03.2017 – 5 F 11/17 SO) zu beschäftigen. Es hat in diesem Zusammenhang angenommen, dass die Veröffentlichung von Personenbildnissen im Internet (in concreto: in dem sozialen Medium Facebook) eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung darstellt. Zur Begründung argumentierte das Amtsgericht mit dem hohen Rang des Rechts am eigenen Bild. Ein kommerzieller Bezug bestand in diesem Fall nicht.

D. Auswirkungen für die Praxis

Während bisher § 22 KunstUrhG sedes materiae war, stellt sich nunmehr die Frage, in welchem Verhältnis § 22 KunstUrhG zur Datenschutzgrundverordnung steht (vgl. z.B. Golz/Gössling, IPRB 2018, 68). Da die sog. Haushaltsausnahme in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c) DSGVO bei der Veröffentlichung von Fotos im Internet nicht einschlägig ist, bedürfte es in jedem Einzelfall eines Erlaubnistatbestandes zur Veröffentlichung der entsprechenden Fotos. Aktuell ist das Verhältnis vom KunstUrhG zur DSGVO noch nicht abschließend geklärt (vgl. Heckmann in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Stand: 24.05.2018, Kap. 9 Rn. 642), sodass insofern eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht.

Veröffentlichung von Kinderfotos im Internet
Denise HübenthalRechtsanwältin
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