BGH, Pressemitteilung vom 27.04.2018
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er macht die Unwirksamkeit der nachfolgenden Klauseln geltend, die die beklagte Bank in Vertragsformularen für Darlehen mit einem variablen Zinssatz gegenüber ihren Kunden verwendet:
„Zinscap-Prämie: … %Zinssatz p.a. … % variabel*
*) Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p.a. und höchstens … % p.a. Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“
sowie
„Zinssicherungsgebühr: … %Zinssatz p.a. … % variabel*
*) Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p.a. und höchstens … % p.a. Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“
Der Kläger ist der Ansicht, dass die beanstandeten Klauseln gegen § 307 BGB verstoßen und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung in Verträgen mit Verbrauchern zu unterlassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Bei den Bestimmungen über eine Zinssicherungsgebühr bzw. Zinscap-Prämie handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlägen. Die Zinssicherungsgebühr sowie die Zinscap-Prämie seien kontrollfähige Preisnebenabreden, weil sie weder eine kontrollfreie Bestimmung über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch ein Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung der Beklagten enthielten. Nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung der streitigen Regelungen erbringe die Beklagte keine echte Neben- oder Zusatzleistung für ihre Kunden, sondern lasse sich auch die Kapitalüberlassung vergüten.
Die der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogene Preisbestimmung sei bei einem Darlehen der Zins. Zinsähnlich sei ein zusätzliches Entgelt nur dann, wenn sich das Kreditinstitut die Überlassung des Darlehenskapitals laufzeitabhängig vergüten lasse. Gemessen daran stelle die Klausel keine – kontrollfreie – Preishauptabrede dar. Zwar sei die Zinscap-Prämie Teil der Zinskalkulation der Bank, denn sie sichere nicht nur den Kunden gegen höhere Zinsen ab, sondern auch die Bank, indem sie jedenfalls einen Teil der möglichen Verluste kompensiere, wenn der Referenzzinssatz über den vereinbarten Höchstzinssatz steige. Gegen die Beurteilung der Prämie als Entgelt für die Möglichkeit zur Kapitalnutzung spreche aber deren laufzeitunabhängige Ausgestaltung, denn die Beklagte habe keine vertraglichen Regelungen vorgesehen, wonach die Zinssicherungsprämie bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung anteilig zu erstatten sei.
Die Zinssicherungsgebühr sei auch kein Entgelt für eine echte Sonderleistung der Beklagten. Ausgehend vom Verständnis eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden zahle der Kunde die Gebühr für die Begrenzung des Zinsrisikos nach oben, zu der die Bank weder gesetzlich noch aufgrund einer eigenständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei. Gleichwohl handele sich nicht allein um ein Entgelt für eine nicht geschuldete Sonderleistung, denn die Zinssicherungsgebühr sei integraler Bestandteil der Zinskalkulation der Bank. Die Gebühr diene der Sicherstellung, dass der Kunde insgesamt für die Kapitalüberlassung einen aus Sicht der Bank gewinnbringenden Zins zahle und sei daher insoweit auch für die Kapitalüberlassung geschuldet.
Dieses Ergebnis stehe nicht im Widerspruch dazu, dass im Zusammenhang mit der Frage, ob die Klausel als Preishauptabrede kontrollfrei sei, von einer laufzeitunabhängigen Ausgestaltung auszugehen sei. Denn bei der Beantwortung dieser Frage komme es nicht darauf an, wie die Gebühr tatsächlich einzuordnen sei. Der Durchschnittskunde könne die Klausel dahin verstehen, dass die „Zinssicherungsgebühr“ bzw. „Zinscap-Prämie“ laufzeitunabhängig ausgestaltet sei, was für eine Einstufung als Preisnebenabrede ausreichend sei. Bei der Beurteilung der Frage, ob dieser Preisnebenabrede eine echte Sonderleistung zugrunde liege, sei hingegen maßgeblich, wofür die erhobene Gebühr tatsächlich gezahlt werde und wie sie im Hinblick darauf rechtlich zu qualifizieren sei. Insoweit sei die Zinssicherungsgebühr laufzeitabhängig, weil sie auch Bestandteil der Zinskalkulation sei und damit auch für die Überlassung des Kapitals gezahlt werde.
Die Zinssicherungsgebühr sei unwirksam, weil sie die Kunden der Beklagten unangemessen benachteilige. Als laufzeitunabhängig ausgestaltete Klausel weiche sie von einem wesentlichen Grundsatz der gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab, die mit dem Zins ein laufzeitabhängiges Entgelt vorsehe. Daher sei eine unangemessene Benachteiligung indiziert. Gründe, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen ließen, habe die Beklagte weder dargetan noch seien sie sonst ersichtlich.
Die Klausel verstoße auch gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Kunde werde über die wirtschaftlichen Belastungen durch die Vereinbarung der Zinssicherungsgebühr nicht hinreichend aufgeklärt, weil er nicht erkennen könne, dass bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensvertrages keine anteilige Erstattung erfolge.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf – Urteil vom 24. Februar 2016 – 12 O 210/15
OLG Düsseldorf – Urteil vom 1. Dezember 2016 – I-6 U 56/16
Karlsruhe, den 27. April 2018
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