Nachfolgend ein Beitrag vom 14.12.2018 von Werner, jurisPR-BKR 12/2018 Anm. 5

Orientierungssatz zur Anmerkung

Preisklauseln für Basiskonten müssen gemäß § 41 ZKG angemessen sein und haben sich an der Marktüblichkeit zu orientieren.

A. Problemstellung

Das LG Frankfurt hatte vorliegend zu entscheiden, welche Kontoführungsentgelte und Preise für einzelne Dienste aufgrund von Basiskontoverträgen vereinbart werden dürfen und anhand welcher Kriterien diese zu überprüfen sind.
Kreditinstitute sind verpflichtet, Verbrauchern sog. Basiskonten anzubieten. Dafür dürfen keine beliebigen Entgelte berechnet werden, sondern diese müssen nach § 41 ZKG (Zahlungskontengesetz) und den Anforderungen der EU-Zahlungskontenrichtlinie „angemessen“ sein, um durch eine entsprechende Entgeltpolitik nicht das Recht auf ein Basiskonto durch zu hohe Entgelte zu konterkarieren. Dabei geht es auch um die Frage, ob das kontoführende Institut eine kostendeckende Kalkulation vornehmen darf, in welchem Umfang eine Orientierung an der Marktüblichkeit der Entgelte erfolgen darf und was darunter überhaupt zu verstehen ist. Schließlich geht es auch um die Frage, ob und inwieweit ein evtl. Zusatzaufwand für Basiskonten in die Preiskalkulation mit einbezogen werden darf.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Ein Verbraucherschutzverband hat verschiedene Entgeltregelungen eines Kreditinstituts als unangemessen angegriffen und die Unterlassung klageweise geltend gemacht. Dabei ging es um das monatliche Kontoführungsentgelt i.H.v. 8,99 Euro sowie um ein Entgelt für beleghafte Überweisungen i.H.v. je 1,50 Euro.
Das LG Frankfurt hat in der besprochenen – nicht rechtskräftigen – Entscheidung der Klage stattgegeben und das betroffene Institut dazu verurteilt, die angegriffenen Entgeltklauseln nicht weiter zu verwenden.
Das Landgericht hat als Maßstab für die Zulässigkeit der Entgelte § 41 ZKG herangezogen, wonach gemäß § 41 Abs. 2 ZKG die Entgelte für die im Zusammenhang mit einem Kontovertrag zu erbringenden Leistungen gemäß § 38 ZKG „angemessen“ sein müssen. Nach § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG sind dafür die „Marktüblichkeit“ der Entgelte für Konten mit entsprechendem Leistungsinhalt und das Nutzerverhalten heranzuziehen. Das Landgericht hat die Marktüblichkeit nicht nach den Entgelten bewertet, die das kontoführende Institut ansonsten für vergleichbare Dienste berechnet hat. Vielmehr soll sich nach Auffassung des Landgerichts der Maßstab nach den Preisen bestimmen, die andere Institute für vergleichbare Konten erheben. Begründet wird dies damit, dass die EU-Zahlungskontenrichtlinie ausdrücklich bestimme, dass bei der Festlegung die durchschnittlichen Entgelte, die von den Kreditinstituten in dem betreffenden Mitgliedsstaat für die Kontoführung und die Dienste im Zusammenhang mit Zahlungskonten verlangt werden, heranzuziehen seien.
Im konkreten Fall ist das Landgericht aufgrund tatsächlicher Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, dass sowohl das Kontoführungsentgelt wie auch der Preis für die Ausführung von beleghaften Überweisungen deutlich über den marktüblichen Entgelten liegen würden. Dies führe zwar nicht zur „Unangemessenheit“, doch müsse das betroffene Institut die Abweichung umso detaillierter mit den bei ihm anfallenden Kosten begründen, umso mehr sie von der Marktüblichkeit abweichen. Allerdings heiße dies keineswegs, dass ein Institut immer einen wenigstens kostendeckenden Preis verlangen könne; sei es marktüblich, dass Produkte nicht kostendeckend angeboten werden, weil damit andere Ziele (z.B. die Gewinnung von Kunden für Folgegeschäfte) verfolgt werden, sei dies auch bei der Preisbildung für Basiskonten zu berücksichtigen. Wird der Preis für Basiskonten und die damit im Zusammenhang stehenden Dienste im Gegensatz zu anderen Konten auf der Grundlage der Kostendeckung errechnet, bedeutet dies aus der Sicht des Gerichts, dass letztlich hier die Entgeltfestlegung unter Berücksichtigung des Umstands erfolgt, dass das Institut aufgrund gesetzlicher Pflichten ein entsprechendes Konto anbieten muss. Damit aber läge eine Abwälzung des Aufwands, den das Institut zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten habe, auf den Kunden vor. Dies stelle nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 15.07.1997 – XI ZR 269/96 – NJW 1997, 2752, 2753 und Urt. v. 16.07.2013 – XI ZR 260/12 – NJW 2013, 3163, 3164, 3165) einen Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz dar, dass Entgelte nur für Leistungen verlangt werden dürften, die vom Institut auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Insbesondere die sich aus den §§ 34, 31 und 38 ZKG für das Institut ergebenden Pflichten, die keine Dienste für den Kontoinhaber darstellen, zeigten, dass keineswegs der gesamte Aufwand für die Führung von Basiskonten zur Preisbildung herangezogen werden dürfe.
Da die vom beklagten Institut errechneten Kosten den Aufwand für die Erfüllung eigener gesetzlicher Pflichten mitberücksichtigten und die Preise deutlich über den vergleichsweise herangezogenen Preisen anderer Institute lägen, bejahte das Landgericht aufgrund eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 2 ZKG die Unangemessenheit gemäß § 307 Abs. 1 BGB und untersagte die weitere Verwendung gemäß § 1 UKlaG i.V.m. §§ 8, 3a UWG.

C. Kontext der Entscheidung

Das Urteil ist zunächst im Zusammenhang mit einer mittlerweile umfangreichen Judikatur zu sehen, die Preisklauseln von Banken einer immer intensiveren und restriktiveren Kontrolle unterwirft. Es ist aber auch Teil einer Entwicklung, nicht nur gesetzliche Pflichten im Zusammenhang mit der Kontoführung zu intensivieren, sondern den Zwang für Zahlungsinstitute zu begründen, entweder Kontoführungsverträge abzuschließen oder wenigstens Konten in einer bestimmten Form führen zu müssen (Kontrahierungszwang). Hier ist neben der Einführung des Basiskontos, auf das gemäß § 31 Abs. 1 ZKG jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU Anspruch hat, auch an das Pfändungsschutzkonto zu denken. Auf Eröffnung eines solchen letztgenannten Kontos besteht zwar kein Anspruch, jedoch hat gemäß § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO jeder Inhaber eines Girokontos einen Anspruch darauf, dass sein Konto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Dabei werden die Institute nicht nur gezwungen, bestimmte Dienste anbieten zu müssen, sondern es wird auch noch in die Preisbildung mit der Begründung eingegriffen, es solle dadurch das Unterlaufen gesetzlicher Pflichten verhindert werden.
Die besprochene Entscheidung des LG Frankfurt zeigt in diesem Zusammenhang sogar, dass die gerichtliche Prüfung der „Angemessenheit“ von Entgelten dazu führen kann, dass nicht einmal die beim Institut anfallenden Kosten dem Kontoinhaber in Rechnung gestellt werden dürfen, wenn es marktüblich ist, dass bestimmte Dienste unter den eigenen Kosten des kontoführenden Instituts angeboten werden. Bei dieser – strikt abzulehnenden – Betrachtung bleibt aber unberücksichtigt, dass gerade bei den Kontoführungsentgelten die Erwirtschaftung eines unmittelbaren wirtschaftlichen Ertrags für die Institute oft zweitrangig ist, etwa wenn in erster Linie bestimmte Marketingstrategien verfolgt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich bei einem bestimmten Angebot um eine Art „Ankerprodukt“ handelt, das nur Basis für die Vermarktung weiterer Bankprodukte ist, mit denen dann Ertrag erwirtschaftet werden kann und soll. Dieses bankwirtschaftliche Ziel kann jedoch bei – vom Gesetzgeber verordneten und rein verbraucherschutzmotivierten – Produkten wie den Basis- oder Pfändungsschutzkonten kaum erreicht werden. Der Gesetzgeber hat ja gerade die Verpflichtung der Institute zur Führung solcher Konten eingeführt, weil mit entsprechenden Kunden keine rentierlichen Folgegeschäfte gemacht werden können und manche Institute mit diesen Kunden in der freien Marktwirtschaft keine Verträge abschließen würden. Diesen bedeutenden Aspekt hat das Landgericht in seiner Entscheidung völlig unberücksichtigt gelassen.
Im Übrigen steht das Urteil aber auch in der Tradition der insbesondere neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung, die Leitlinien dazu entwickelt hat, wann Entgelte als unangemessen anzusehen sind. Dies wurde dann bejaht, wenn gesetzlich zu erbringende Leistungen, wie etwa die Erfüllung von Nebenpflichten oder das Erbringen von Leistungen, die im überwiegenden Eigeninteresse der Bank liegen, bepreist werden (vgl. dazu Casper in: Bankrechtstag 2017, S. 11, 18 f). Bei all diesen Ansätzen bleiben jedoch die Ertragsinteressen der Zahlungsinstitute auf der Strecke. Die Folge davon ist aber, dass die Institute die Verluste, die sie aus dem mehr oder weniger bestehenden Kontrahierungs- oder Umwandlungszwang erleiden, mit Erträgen aus denjenigen Produkten erwirtschaften und kompensieren müssen, die sie für die sonstigen Kunden anbieten. Letztlich führt diese strikte Preiskontrolle bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen aufgrund staatlichen Zwangs dazu, dass nicht alleine die Institute, sondern auch die sonstigen Kunden die gesamte Last der Kosten zu tragen haben. Ergebnis ist dann eine „Solidargemeinschaft“ außerhalb des Sozialversicherungsrechts, die jedoch nicht unbedingt dazu führen wird, dass die wirtschaftlich Stärksten die Kosten für die wirtschaftlich Schwächsten zu tragen haben. Wohl eher wird dies dazu führen, dass die Gruppe der soliden, aber nicht sonderlich wohlhabenden Kunden die Hauptlast dieser Solidargemeinschaft zu tragen haben wird.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Praxis sind zumindest gravierend für all jene Institute, die sich bei der Berechnung der Preise für ein Basiskonto und die damit im Zusammenhang stehenden Dienste an den eigenen Kosten, und nicht an den Marktpreisen orientieren. Überlegungen zur Kostendeckung und/oder eine Orientierung an den eigenen Kontomodellen müssen sie hintanstellen und ggf. auch bewusst Verluste in Kauf nehmen. Die Anforderungen sind dabei strenger als für das Pfändungsschutzkonto; während sich ein Institut bei Letzterem noch an den eigenen Kontomodellen orientieren darf und damit zumindest immer dann, wenn die Bepreisung nicht unter dem Gesichtspunkt des „Cross-Selling“, sondern der Kostendeckung erfolgt (vgl. dazu Casper in: Bankrechtstag 2017, S. 23 f, zu BGH, Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11 Rn. 17 ff. – BGHZ 195, 298 und BGH, Urt. v. 16.07.2013 – XI ZR 260/12 – NJW 2013, 3163), die Möglichkeit hat, hier zumindest keine Verluste erwirtschaften zu müssen, spielen beim Basiskonto die eigenen Kontomodelle aufgrund der „Marktüblichkeit“ als Vergleichsmaßstab eine allenfalls untergeordnete Rolle und erlauben keine Orientierung an der Kostendeckung. Zahlungs- und Kreditinstitute werden sich zukünftig nicht mehr nur vom Modell des „All-Inclusive“ leiten lassen müssen, wonach eine immer größere Zahl von Einzelleistungen nicht mehr gesondert bepreist werden darf und deshalb vom Kontoführungsentgelt abgedeckt werden soll, sondern werden sich zumindest immer dann, wenn Vergleichsmaßstab die Marktüblichkeit sein sollte, vom Ziel der Kostendeckung verabschieden müssen (vgl. dazu auch Casper in: Bankrechtstag 2017, S. 19 ff.).

Unangemessenheit des Kontoführungsentgelts für Basiskonten
Birgit OehlmannRechtsanwältin
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