OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. November 2011 – I-23 U 42/11, 23 U 42/11 –, juris

Leitsatz

1. Macht der Mandant eines Steuerberaters im Falle einer rechtmäßigen Nachzahlung von Umsatzsteuern geltend, dass er den Betrag bei pflichtgemäßer Aufklärung über die Umsatzsteuerpflicht in die Kalkulation seiner Preise aufgenommen und an seine Kunden weitergegeben hätte, so kann dies einen Schaden i.S.v. §§ 249, 252 BGB begründen, erfordert aber grundsätzlich, dass der Geschädigte beweist, dass er auch den höheren Preis am Markt hätte durchsetzen können, um auf diese Weise die von ihr zu zahlende Umsatzsteuer ganz oder teilweise zu erwirtschaften bzw. auszugleichen.

2. Es gibt keinen (positiven) Erfahrungssatz im Sinne der Grundsätze zum Anscheinsbeweis, das es dem Mandanten gelungen wäre, auch einen um den Umsatzsteuersatz höheren Preis am Markt durchzusetzen, da ein „typisches, übliches bzw. gewöhnliches Verhalten“ der Kunden des Mandanten, ihm auch bei einer Preiserhöhung in Höhe der Umsatzsteuer ohne jede Reduzierung der Inanspruchnahme von Art, Anzahl bzw. Umfang der konsumierten Leistungen treu zu bleiben, nicht feststellbar ist.

3. Der Mandant muss – auch unter Berücksichtigung von § 287 ZPO und § 252 Satz 2 BGB – seine Kalkulation offenlegen und einen schlüssigen Vergleich auf Basis vergleichbarer Leistungen mit konkret vergleichbaren Mitbewerbern vor Ort anstellen und hierzu darlegen, aus welchen besonderen Gründen es zumindest überwiegend wahrscheinlich sein soll, seine Kunden seien ihm auch trotz eines um den Umsatzsteuersatz erhöhten Preises im gleichen Umfang treu geblieben wären.

4. Das Verhalten des Mandanten nach Kenntniserlangung der Umsatzsteuerpflicht ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität angemessen zu berücksichtigen.

5. Ein Gesamtvermögensvergleich muss einen anzurechnenden Vorteil durch die ertragssteuerrechtlichen Folgen der Zahlung von Umsatzsteuer berücksichtigen.

6. Auf einen Schaden in Gestalt von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO sind im Rahmen des Vorteilsausgleiches erzielbare Renditevorteile bzw. etwaig ersparte Kreditzinsen anrechenbar, weil der Mandant mit der nicht abgeführten Umsatzsteuer wirtschaften konnte.

Orientierungssatz

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Gericht teilt mit, dass die Berufung nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden ist.