Jedes Jahr geben deutsche Finanzämter einen Milliardenbetrag an die Steuerzahler zurück. Und jeder möchte möglichst viel davon bekommen. Manche Bürger wühlen sich auf eigene Faust durch die Steuererklärung, viele jedoch verlassen sich voll und ganz auf einen Steuerberater.

Dabei sollte man jedoch wissen: Auch die größten Steuerexperten können keine Wunder bewirken. „Manche Mandanten denken, dass der Steuerberater schlecht gearbeitet hat, wenn sie keine Steuererstattung erhalten“, so die Erfahrung von Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer.

Doch so einfach ist es nicht. „Der Mandant bezahlt dafür, dass die Steuererklärung pünktlich und korrekt erledigt und dabei die Steuerlast minimiert wird“, so Schmidt-Kesseler.

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man garantiert Geld vom Finanzamt wiederbekommt. Nicht selten aber liegt eine ausbleibende Erstattung auch daran, dass der Berater bestimmte Steuervorteile, etwa für die Haushaltshilfe oder Krankheitskosten nicht genutzt hat. Eventuell flattert sogar eine Steuernachzahlung statt der erhofften Erstattung ins Haus. Dann sollte man aktiv werden.

Wer schnell genug reagiert, kann Fehler noch ausbügeln: Solange die Einspruchsfrist (ein Monat nach Erhalt des Steuerbescheids) noch läuft, kann der Berater eventuelle Irrtümer problemlos korrigieren. Und das muss er auch, sagt Schmidt-Kesseler: „Ein fristgerechter Einspruch gehört grundsätzlich zu den Aufgaben eines Steuerberaters, und eine versäumte Frist ist ein eindeutiger Fehler, für den er geradestehen muss.“

Vermittlung bei Streitigkeiten
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Schnell Kontakt aufnehmen

Bei einem Fehlerverdacht sollte man also sofort Kontakt zum Berater aufnehmen. In vielen Fällen kann der Fachmann die unerfreuliche Entscheidung des Finanzamtes erklären. Hat er tatsächlich etwas übersehen, kann er seinen Antrag noch problemlos ändern.

Ist die Einspruchsfrist jedoch erst einmal abgelaufen, kann es teuer werden – und zwar für den Mandanten, nicht für den Berater. „Auch wenn der Steuerbescheid inhaltlich falsch ist, muss der Steuerpflichtige wirksam festgesetzte Steuern grundsätzlich bezahlen“, erklärt Markus Wollweber, Partner der auf Steuerrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm.

Wer das für die Steuernachzahlung nötige Geld gerade nicht auf der hohen Kante hat, kann beim Finanzamt eine „Aussetzung der Vollziehung“ beantragen, so der Tipp des Fachanwalts für Steuerrecht. Damit kann man zumindest für den Zeitraum des Einspruchs- oder Klageverfahrens die Fälligkeit der Nachzahlung verzögern – allerdings kostet das sechs Prozent Zinsen pro Jahr.

Grundsätzlich kann man vom Berater Schadensersatz verlangen, wenn er Fehler gemacht hat und dadurch ein Steuerschaden eingetreten ist. Beweise dafür sind jedoch oft schwer zu führen, ein Verfahren langwierig. Zudem gilt für diese Schadensersatzansprüche eine Verjährungsfrist von drei Jahren.

„Vergisst“ der seit Jahren engagierte Berater also beispielsweise schon seit Längerem unbemerkt den Unterhalt für die Exfrau steuerlich zu berücksichtigen, kann der Schadensersatzanspruch für ältere Steuerbescheide bereits verjährt sein.

Diese Verjährungsfrist läuft übrigens auch weiter, wenn der Steuerberater Einspruch beim Finanzamt einlegt. Doch Steuerberater und Mandant können sich Luft verschaffen: „Ist das Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen, kann man den Fristablauf statt mit einer kostenintensiven Schadensersatzklage zunächst auch durch einen sogenannten Verjährungsverzicht des Steuerberaters unterbrechen“, erklärt Wollweber. „Damit kann man ohne Verjährungs- und Kostenrisiko den Ausgang des Verfahrens abwarten.“

Bringt das persönliche Gespräch keine Einigung, kann man zunächst das Vermittlungsverfahren bei der regional zuständigen Steuerberaterkammer nutzen. Mauert der Steuerberater jedoch, bleibt nur der Klageweg. Ob sich der Gang vor Gericht tatsächlich lohnt, hängt sehr stark vom Einzelfall ab.

Deshalb sollte man vorher die Meinung eines zweiten Experten einholen. „Häufig ist es selbst für Fachleute schwer zu entscheiden, ob tatsächlich ein Fehler des Beraters vorliegt und ob dieser zu einem ersatzfähigen Schaden geführt hat“, erklärt Steuerrechtler Markus Wollweber.

Klagen lohnt nur bei höheren Summen

Das Steuerrecht ist bekanntlich sehr kompliziert, die entsprechenden Verfahren ziehen sich oft lange hin und kosten natürlich zunächst einmal Geld. Normalerweise wird sich eine Klage deshalb nur bei größeren Summen wirklich lohnen.

„Selbst wenn der Steuerberater tatsächlich einen Fehler gemacht hat, ist es keinesfalls sicher, dass man den vollen Schadensersatz zugesprochen bekommt“, sagt Wollweber. Das Honorar des Steuerberaters müsse man übrigens auch überweisen, wenn er Fehler gemacht habe: „Man hat allerdings die Möglichkeit, die Zahlung zurückzuhalten oder mit dem Schadensersatzanspruch gegenzurechnen.“

Am besten ist es natürlich, wenn es gar nicht erst zu Streitigkeiten kommt. „Viele Probleme sind auf unzureichende Kommunikation zurückzuführen“, erklärt Anita Käding vom Bund der Steuerzahler Deutschland. Sie empfiehlt deshalb, vorab detailliert abzusprechen, welchen Umfang das Mandat haben soll.

„Bei der jährlichen Steuererklärung sollte der Steuerberater selbstverständlich prüfen, ob gängige Sachverhalte, etwa Krankheitskosten oder eine Haushaltshilfe zutreffen“, sagt Käding. „Eine umfangreiche Spezialberatung ist damit jedoch nicht abgedeckt.“

Ähnlich sieht es auch Schmidt-Kesseler von der Bundessteuerberaterkammer: „Man kann zwar erwarten, dass der Steuerberater gewisse Standards abfragt, aber nicht, dass er sehr spezielle Detailregelungen anwendet, wie sie oft als Steuertipps in den Medien veröffentlicht werden.“

Auch auf Tatsachen, die als Banalitäten gelten können, muss der Steuerberater nicht hinweisen: So ist der Steuerberater nach Ansicht des BGH beispielsweise nicht verpflichtet, darüber zu informieren, dass ein Kirchenaustritt Steuern spart (BGH vom 18.5.2006, IX ZR 53/05, DStR 2006, 2278).

Klar ist, dass der Steuerberater nur Dinge beim Finanzamt geltend machen kann, die er auch kennt. „Der Mandant hat eine Mitwirkungspflicht und muss den Berater von sich aus über steuerlich relevante Sachverhalte informieren“, erklärt Käding.

Wichtige Infos für den Steuerberater

Bloß, was ist denn eigentlich steuerlich relevant? Dazu ein paar Tipps: Wenn sich die familiäre Situation ändert, sollte der Steuerberater Bescheid wissen. Auch ungewöhnliche Ereignisse, die finanzielle Auswirkungen haben, sind wichtig – zum Beispiel Unfälle oder schwere Erkrankungen.

Besonders wichtig ist eine Info an den Steuerberater, wenn es um Immobilien oder um bevorstehende Vermögensübertragungen wie Schenkungen oder das Erbe geht.

Steht beispielsweise der Verkauf einer Immobilie oder einer Unternehmensbeteiligung an, ist der Steuerberater verpflichtet, seinen Mandanten vor steuerlichen Risiken zu warnen. Zu einer detaillierten Beratung, wie diese Zukunftspläne möglichst steuersparend in die Tat umgesetzt werden können, ist er aber nicht automatisch verpflichtet.

Allerdings kann er über eine Zusatzvereinbarung auch für diese Projekte mit ins Boot geholt werden. „Je früher man den Steuerberater in seine Pläne einbindet, desto besser“, erklärt Käding. Denn sind bereits Fakten geschaffen, kann auch der beste Steuerberater diese kaum ändern.

(Quelle: Die Welt vom 07.04.2013 – Autorin: Silke Becker)