Nachfolgend ein Beitrag vom 29.11.2016 von Hippeli, jurisPR-HaGesR 11/2016 Anm. 2

Leitsätze

1. Für die Satzungsänderung bei der GmbH einer sog. Einheitsgesellschaft ist grundsätzlich deren Alleingesellschafterin, die Kommanditgesellschaft, zuständig; diese handelt im Regelfall durch ihre Organe, d.h. die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH selbst in vertretungsberechtigter Anzahl.
2. Dieser Grundsatz gilt nicht, wenn die Kommanditgesellschaft in ihrer Satzung die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte bei der GmbH anders geregelt hat, z.B. einem Beirat übertragen hat.

A. Problemstellung

Als sog. Einheitsgesellschaft bezeichnet man eine GmbH & Co. KG, bei der die KG Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist. Die Komplementär-GmbH ist damit persönlich haftende Gesellschafterin der KG und gleichzeitig deren Tochtergesellschaft. Die Präsenz natürlicher Personen beschränkt sich auf die Kommanditistenstellung in der KG. Mitunter problematisch ist, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht nur diese, sondern auch die KG vertritt. Formal könnte er damit auch die Beteiligungsrechte der KG aus den Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH ausüben und die Kommanditisten vollkommen von der Willensbildung ausschließen.
Das OLG Celle hatte sich anlässlich registerrechtlicher Fragestellungen mit einer sog. Beiratslösung zur Durchbrechung des vorgenannten strukturellen Problems bei Einheitsgesellschaften auseinanderzusetzen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Im Kern ging es vorliegend um die Komplementär-GmbH. Auf ihrer Gesellschafterversammlung wurden Satzungsänderungen beschlossen, die nun in das Handelsregister eingetragen werden sollten. Die KG ist eine Publikums-KG, weist also eine Vielzahl an Kommanditisten auf. Zu der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH erschienen auch einige dieser Kommanditisten oder entsandten zumindest Treuhänder.
Das Registergericht vertrat die Ansicht, für eine Satzungsänderung bei der Komplementär-GmbH einer Einheitsgesellschaft sei ausnahmsweise nicht die Gesellschafterversammlung der GmbH zuständig, sondern die Versammlung der Kommanditisten der KG. Für Satzungsänderungen müsse in solchen Fällen daher auf Personengesellschaftsrecht abgestellt werden, somit habe Einstimmigkeit erzielt werden müssen, was vorliegend aber nicht der Fall gewesen sei.
In der Beschwerdebegründung wurde darauf hingewiesen, dass es für die Beschlussfassung in der Komplementär-GmbH nach Maßgabe der Satzung der KG einzig auf den hierfür eingerichteten Beirat ankomme.
Das OLG Celle hat die Zwischenverfügung des Registergerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Bescheidung zurückverwiesen.
Bei einer Einheitsgesellschaft nehme die KG als Alleingesellschafterin die Rechte in der Gesellschafterversammlung der GmbH wahr. Deren Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane wiederum seien ihre Komplementäre bzw. Organe, die berufen sind, die Komplementäre zu vertreten. In Ansehung des § 170 HGB könnten Kommanditisten die KG jedoch typischerweise nicht vertreten. Allerdings zeige die KG-Satzung, dass die Wahrnehmung der Rechte aus den Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH (ausnahmsweise) den Kommanditisten übertragen wurde, die allerdings diese Rechte dem bei der KG offenbar bestehenden Beirat übertragen haben.

C. Kontext der Entscheidung

Eine Entscheidung, die nicht wirklich überrascht. Das Hauptproblem der Einheitsgesellschaft ist, dass auch die Geschäftsführung der KG dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH obliegt. Folglich ist dieser grundsätzlich auch für die Ausübung von Beteiligungsrechten der KG, also die Willensbildung in der GmbH-Gesellschafterversammlung zuständig. Die wirtschaftlichen Eigentümer verlieren so deutlich an Einfluss, da der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Zentralgestalt des Geschehens ist und auch über seine eigene Entlastung und Abberufung entscheiden kann (Liebscher in: MünchKomm GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 48 Rn. 211).
Eine Lösung des Problems wird etwa darin gesehen, die qua Satzungsbestimmung mögliche Einsetzung eines weiteren Organs, vorzugsweise in Form eines (mit Kommanditisten besetzten) Beirats zu gewährleisten. Dieser soll dann die Gesellschafterrechte in Bezug auf die Komplementär-GmbH ausüben (vgl. Haack, BB 1993, 1607; Pickhardt-Poremba/Hechler, GmbHR 2004, 1383, 1385). Allerdings wurde bereits in der Literatur und im vorliegenden Fall auch vom Registergericht vertreten, dass die ausufernden Möglichkeiten des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH damit nicht vollends gebannt sind, da die Befugnis für Satzungsänderungen bei der Gesellschafterversammlung verbleiben muss und es damit letztlich dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH obliegt, den Beirat nach eigenem Gutdünken wieder abzuschaffen (Liebscher in: MünchKomm GmbHG, § 48 Rn. 211b; Lüke in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl. 2016, § 2 Rn. 2.475; Jorde/Götz, BB 2005, 2718, 2720).
Die grundlegende Schwierigkeit im Zusammenhang mit der Einheitsgesellschaft tritt vorliegend klar zu Tage: es handelt sich um zwei Gesellschaften, allerdings erfolgt nur eine (einheitliche) Willensbildung, obwohl die Interessen der beiden Gesellschaften bzw. die Eigeninteressen ihrer Organe unterschiedlich gelagert sein können (vgl. Lüke in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, § 2 Rn. 2.473). Eine Entkopplung kann nur gelingen, wenn man in irgendeiner Form die §§ 164, 170 HGB abbedingt und die Kommanditisten aus ihrer gesetzlich vorgesehenen passiven Rolle herausholt. Es geht also darum, satzungsrechtlich (oder rechtsgeschäftlich) die Kommanditisten in die Rolle als Sachwalter der Gesellschafterrechte bei der GmbH zu versetzen (vgl. zu dogmatischen Konstruktionsansätzen im Überblick etwa Brosius/Frese, NZG 2016, 808, 809 f.). Die Krux liegt dann immer darin, eine gewisse Unwiderruflichkeit zu schaffen, die ausnahmsweise starke Kommanditistenrolle also zu verfestigen.
Wenig überzeugend war im Übrigen die Ansicht des Registergerichts, dass – ohne Beirat – Einstimmigkeit der Kommanditisten hätte vorliegen müssen. Sofern für Fälle der internen Beschlussfassung (= Geschäftsführungsmaßnahme) § 164 HGB abbedungen wird, was im Innenverhältnis des Personengesellschaftsrechts unzweifelhaft möglich ist, gelten schließlich jedenfalls die §§ 161 Abs. 2, 115 HGB, die kein zwingend gemeinsames Handeln der Gesellschafter vorsehen. Die §§ 161 Abs. 2, 115 HGB sind indes spezieller als die §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, § 709 Abs. 1 BGB, auf die das Registergericht offenbar (fälschlich) referenziert hat.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Auswirkungen für die Praxis sind gering. Die Grundparameter der Einheitsgesellschaft stehen unabrückbar fest, das Oberlandesgericht hat diese Parameter lediglich wieder in Erinnerung gerufen