Nachfolgend ein Beitrag vom 24.1.2017 von Cranshaw, jurisPR-HaGesR 1/2017 Anm. 2
Leitsätze
1. Beim Formwechsel einer GmbH in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts müssen weder die Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch ihre Gesellschafter im Handelsregister eingetragen werden.
2. Wer unrichtig als Gesellschafter einer durch Umwandlung entstandenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Handelsregister eingetragen ist, kann nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen für die Kosten eines Rechtsstreits haften, den ein Gläubiger der formwechselnden GmbH im Vertrauen auf seine Haftung als Gesellschafter gegen ihn führt.
A. Problemstellung
§ 226 UmwG ermöglicht die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft durch Formwechsel u.a. in eine BGB-Außengesellschaft nach den §§ 705 ff. BGB. Die Gründe mögen steuerrechtlicher Natur sein, sie können auch durch die Überlegung bestimmt sein, die kaufmännischen Rechnungslegungsvorschriften bzw. die Offenlegungsvorschriften zu vermeiden, sofern die Gesellschaft kein Handelsgewerbe gemäß § 1 HGB (mehr) betreibt und daher als solche nicht im Handelsregister eingetragen werden kann; in den Fällen des § 1 HGB wäre sie andernfalls OHG und nicht GbR. Ein weiterer Grund kann sein, dass die Gesellschafter der GmbH den Insolvenzantrag und Risiken aus § 15a Abs. 3 bis 5 InsO vermeiden wollen, denn für die Außen-GbR besteht keine Insolvenzantragspflicht, wenn wenigstens einer ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter eine natürliche Person ist (vgl. § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO). Diese letztere Zielsetzung kann freilich nur noch dann verfolgt werden, wenn höchstens der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 18 InsO) besteht, denn bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (vgl. die §§ 17, 19 InsO) ist der Insolvenzantrag für die GmbH unverzüglich zu stellen; die Dreiwochenfrist des § 15a Abs. 1 Satz 1 HS. 2 InsO könnte nicht mehr zum Rechtsformwechsel zur Vermeidung der Antragspflicht genutzt werden, da das Unterlassen des Insolvenzantrags bis zur Eintragung des Formwechsels der GmbH im Register (vgl. die §§ 202, 235 Abs. 1 UmwG) eine Verletzung der Pflicht zum unverzüglichen Insolvenzantrag darstellen würde. Der formwechselnde Rechtsträger wird als Folge des vollzogenen Formwechsels im Handelsregister gelöscht (Folge aus den § 202 Abs. 1 Nr. 1, § 235 Abs. 1 UmwG).
Der Gesellschaftsrechtssenat des BGH hat sich in der Besprechungsentscheidung mit Haftungsfragen der kommenden BGB-Gesellschafter bei Umwandlung einer GmbH in eine BGB-Gesellschaft in einem im Sachverhalt etwas zweifelhaft daherkommenden Fall befasst.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
I. Die L. GmbH, ein 2005 mit Sitz in Bremen gegründetes Logistikunternehmen mit einem Stammkapital von 100.000 Euro in vier Geschäftsanteilen mit unterschiedlichen Nominalbeträgen, schuldete der Klägerin, einer Spedition, aufgrund einer Abrede vom November 2009 die ratenweise Zahlung von Mietrückständen in der erheblichen Höhe von etwas über 299.000 Euro (zum Sachverhalt vgl. insgesamt OLG Bremen, Urt. v. 01.10.2015 – 5 U 21/14 – ZIP 2015, 2417). Es darf angenommen werden, dass die L. mindestens drohend zahlungsunfähig war, wenn bei ihr als Mieterin derartige Rückstände aufgetreten sind. Die Gesellschafter der L. veräußerten deren Geschäftsanteile am 28.07.2010 mit Urkunde eines Chemnitzer Notars an die späteren Beklagten. Parallel wurde beschlossen, die L. in eine M.-GbR umzuwandeln. Von den bisherigen Gesellschaftern der L. war am selben Tage unmittelbar vor der Anteilsveräußerung der damalige Geschäftsführer der L. durch eine andere Person ersetzt worden. Der Umwandlungsbeschluss wurde am 23.08.2010 in das Handelsregister dahingehend eingetragen, dass die Gesellschafterversammlung der L. die formwechselnde Umwandlung in die M.-GbR beschlossen habe, deren Gesellschafter eine C. Verwaltung GmbH sowie eine natürliche Person (A.H.) seien. Die Firma sei erloschen. Bereits kurz zuvor, am 18.08.2010, also nur wenig später als die Beschlussfassung über den Formwechsel und noch während des Bestehens der L. im Register, übertrugen die Anteilserwerber und späteren Beklagten ihre Geschäftsanteile an der L. GmbH an zwei Gesellschaften in der Rechtsform der private company limited bei shares („Limited“ nach dem Recht von England und Wales), beide unter derselben Anschrift in Birmingham ansässig. Die Abläufe lassen den unbefangenen Betrachter durchaus auf einen zuvor gefassten einheitlichen Plan der stillen Abwicklung der L. schließen. Die Gesellschafterliste gemäß § 40 GmbHG über die Änderung vom 18.08.2010 reichte der Notar am 23.09.2010 beim Handelsregister der L. ein, also nach der Eintragung des Rechtsformwechsels. Am 06.07.2012 wurde die Eintragung im Handelsregister der L. über die Umwandlung dadurch „berichtigt“, dass die beiden Gesellschafter aus der Eintragung entfernt wurden. Im Mai 2011, zum Zeitpunkt der Klage, waren von den Mietforderungen noch ca. 177.000 Euro offen, deren Zahlung die Klägerin von der M.-GbR und deren Gesellschaftern C. GmbH und A.H. im Urkundenprozess forderte. Zum Beweis der Gesellschafterposition der Beklagten hatte sie einen Handelsregisterauszug über die Umwandlung vorgelegt. Das LG Bremen äußerte Zweifel daran, ob dieser Beweis angesichts der Veräußerung ihrer Beteiligung an der L. durch die Beklagten am 18.08.2010 gelungen sei, worauf die Klägerin vom Urkundenprozess Abstand nahm. Die Klage gegen die GbR, der die Klage nicht zugestellt worden war, nahm sie zurück und trug vor, der Umstand, dass die Beklagten nicht Gesellschafter der GbR geworden seien, ändere an deren Haftung aber als Folge deren Eintragung im Handelsregister der L. nichts.
Die Klägerin begehrte nunmehr Zahlung allein durch die Beklagten, hilfsweise nur noch die Freistellung von den Kosten des Rechtsstreits. Die Klage war beim LG Bremen erfolglos, die Berufung, die sich auf den geltend gemachten Freistellungsanspruch beschränkte, ebenfalls.
Das Berufungsgericht hatte argumentiert, es fehle an einem materiell-rechtlichen Anspruch für den Freistellungsanspruch. Die Beklagten hafteten als Gesellschafter der L.-GmbH nicht für deren Schulden, so dass auch kein Verzug bestehe, noch seien sie „jemals Gesellschafter“ der M -GbR geworden, die als solche sehr wohl für die Verbindlichkeiten der L. einzustehen habe. § 15 Abs. 3 HGB führe ebenfalls nicht zu einer Haftung, denn die Eintragung der Beklagten als GbR-Gesellschafter sei nicht eintragungspflichtig, nur eintragungsfähig. Hierauf sei aber § 15 Abs. 3 HGB nicht anzuwenden.
II. Der BGH hat das Berufungsurteil durch Versäumnisurteil wegen Nichterscheinens der Beklagtenseite aufgrund Sachprüfung des klägerischen Revisionsantrags aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Der BGH folgte dem OLG Bremen im Ergebnis nicht; vielmehr hat er einen Freistellungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die Rechtsverfolgungskosten bejaht, soweit diese auf den Rechtsschein der Eintragung der Beklagten als Gesellschafter der M.-GbR im Handelsregister der L.-GmbH vertrauen durfte.
Richtig sei freilich, dass die Beklagten nicht „entsprechend“ § 128 HGB für die Schulden der L.-GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der M.-GbR hafteten. Sie seien nicht Gesellschafter der GbR geworden, da sie die Geschäftsanteile der L. vor der Eintragung des Vollzugs des Formwechsels in das Handelsregister veräußert hätten. Der Umwandlungsbeschluss über den Formwechsel stehe der Übertragung der Geschäftsanteile an der L.-GmbH nicht entgegen. Gesellschafter der GbR seien allein diejenigen, die zum Zeitpunkt des Vollzugs der Eintragung des Formwechsels im Handelsregister Gesellschafter der BGB-Gesellschaft sind, nicht diejenigen, die zum Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses Anteile an dem formwechselnden Rechtsträger hielten. Die erst nach dem Vollzug der Umwandlung berichtigte Gesellschafterliste gemäß § 40 GmbHG sei ohne Belang, denn sie berühre, wie aus § 16 Abs. 1 GmbHG, hervorgehe nicht die Gesellschafterposition, sondern lediglich die „Legitimation gegenüber der Gesellschaft“. § 15 Abs. 3 HGB führe ebenfalls nicht weiter, da die Eintragung der Gesellschafter der BGB-Gesellschaft im Handelsregister keine eintragungspflichtige, sondern lediglich eine eintragungsfähige Tatsache darstellt, ein für die aus dieser Norm resultierende Haftung entscheidender Umstand. Eine analoge Anwendung komme ebenfalls nicht in Frage, da eine „Schutzlücke“ für den auf die Eintragung Vertrauenden nicht bestehe. Vielmehr könne der Betroffene einen Anspruch nach „allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen“ haben, wofür sich der BGH auf die von ihm auch zitierte Kommentarliteratur zu § 15 HGB stützt. Auch eine in der Literatur im Interesse des Gläubigerschutzes vorgeschlagene richterliche Rechtsfortbildung des § 235 Abs. 1 UmwG (vgl. dazu unter C I. zu den Anmerkungen zum Berufungsurteil), der vorschreibt, dass bei Umwandlung in eine BGB-Gesellschaft statt derselben die Umwandlung der formwechselnden Gesellschaft in deren Register einzutragen ist, sei nicht geboten. Eine solche Rechtsfortbildung in Gestalt der Analogie zu § 47 Abs. 2 GBO, d.h. unter Eintragung der Gesellschafter neben der BGB-Gesellschaft selbst, lehnt der BGH ab. Die fehlende Kenntnis der Namen der Gesellschafter der GbR sei keine Besonderheit des Umwandlungsrechts. Im Gegenteil werde diese Kenntnis in den Umwandlungsfällen erleichtert, weil in der letzten von den Gläubigern einsehbaren Gesellschafterliste der ihre Rechtsform wechselnden GmbH regelmäßig Namen und Wohnort der BGB-Gesellschafter enthalten seien. Der BGH erkennt an, dass der Formwechsel in die GbR die stille Liquidation einer insolvenzreifen GmbH erleichtern könne. Die Verlautbarung der Gesellschafter im Handelsregister ist aber aus dem Blick des BGH kein Mittel, dem entgegenzuwirken. Wenn die Scheingesellschafter somit auch nicht für die Schulden der GbR haften, so bestehe dennoch eine Rechtsscheinhaftung auf die Rechtsverfolgungskosten der Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen, da sie durch die Eintragung in das Register einen zurechenbaren Rechtsschein gesetzt hätten bzw. nicht dagegen vorgegangen seien, soweit sich die Klägerin auf die Eintragung verlassen habe oder sie sich habe darauf verlassen dürfen. Für diese Grundsätze beruft sich der II. Senat auf eigene frühere Rechtsprechung bzw. Judikatur anderer Zivilsenate bis zurück zum Jahr 1955 (beginnend mit BGH, Urt. v. 11.03.1955 – I ZR 82/53 – BGHZ 17, 13, 19). Danach haftet der Scheingesellschafter der tatsächlich nicht existenten GbR für den zurechenbar selbst oder durch Dritte gesetzten Rechtsschein, dem er pflichtwidrig nicht entgegentritt, sofern sich der Geschäftspartner des Scheingesellschafters in seinen Dispositionen auf die (unrichtige) Eintragung verlassen hat. Die Klägerin habe vorliegend die Beklagten unstreitig vor Klageerhebung zur Zahlung in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter aufgefordert; damit habe für die Beklagten bereits Anlass bestanden, diese irrige Ansicht der Klägerin zu korrigieren. Für diese wiederum habe Anlass bestanden, auch gegen die Beklagten gerichtlich vorzugehen, denn die Mietschulden der L.-GmbH wurden solche der M.-GbR, für die wiederum die wirklichen Gesellschafter nach § 128 HGB, mindestens aber in analoger Heranziehung des § 130 HGB, hafteten. Die Rechtsscheinhaftung für „Fehldispositionen“ der Klägerin erstrecke sich auf die Prozesskosten.
Dennoch hat der BGH zurückverwiesen, da das Vertrauen der Klägerin nur bis zu jenem Zeitpunkt schutzwürdig war, an dem sie sichere Kenntnis davon erlangt habe, die Beklagten seien in Wahrheit nicht Gesellschafter der M.-GbR geworden. Habe sie den Rechtsstreit trotz eingetretener Kenntnis fortgesetzt oder habe sie sich grob fahrlässig über die Erkenntnis der fehlenden Gesellschafterposition hinweggesetzt, ist ihr Vertrauen nicht mehr schutzwürdig und demgemäß sind die danach angefallenen Prozesskosten von ihr selbst zu tragen.
C. Kontext der Entscheidung
I. Folgen der von den Protagonisten gewählten Vorgehensweise für die Rechtsverfolgung des Gläubigers einer solchen GbR
1. Der Sachverhalt, der dem Besprechungsurteil zugrunde liegt, spricht sehr für das Ziel einer Firmenbestattung durch die Protagonisten, die „ideenreich“ strukturiert wurde. Man darf ohne weiteres vermuten, dass die gesamte Transaktion durchgeführt wurde, um die L.-GmbH unter Nutzung des Umwandlungsrechtes an zwei juristische Personen des ausländischen Rechts als GbR anzuhängen, ohne dass die Mietrückstände weiterhin bezahlt werden sollten oder werden konnten und ein Insolvenzverfahren vermieden werden sollte, ohne für irgendeinen Beteiligten eine tatsächliche persönliche Haftung zu begründen, sei es durch Insolvenzverschleppung, sei es auf andere Weise. Ob sich ein Gläubiger wie hier die Klägerin auf eine Klage gegen ausländische juristische Personen einlassen kann, hängt von der Frage des Gerichtsstands, den ausländischen Verfahrenskosten bei etwa ausländischem Gerichtsstand ebenso wie von einer zuverlässigen Untersuchung der Bonität der Prozessgegner ab, die ihrerseits natürlich ebenfalls ein Kostenfaktor ist. War die L.-GmbH nicht vermögenslos, ist zu besorgen, dass etwaiges liquides Vermögen „außer Landes“ gebracht wurde. Die GbR selbst dürfte als Folge des Sitzes ihrer Gesellschafter in Birmingham ebenfalls ihren Sitz und damit ihr COMI (Centre of Main Interests nach der EuInsVO) in England genommen haben, so dass etwa ein Insolvenzverfahren über deren Vermögen nach englischem Recht zu beurteilen wäre, wie aus den Art. 3 Abs. 1, Art. 4 EuInsVO (= Art. 7 EuInsVO n.F., ab 27.06.2017) hervorgeht.
2. Der englische Richter müsste insoweit die deutsche BGB-Gesellschaft insolvenzrechtlich englischem Recht unterstellen, während das Gesellschaftsstatut weiterhin das inländische Recht als Gründungsstatut bleiben dürfte. Davon darf wohl, ohne dies hier vertiefen zu können, sowohl nach der Judikatur des EuGH (EuGH, Urt. v. 09.03.1999 – C-212/97 „Centros“; EuGH, Urt. v. 05.11.2002 – C-208/00 „Überseering“; EuGH, Urt. v. 30.09.2003 – C-167/01 „Inspire Art“; EuGH, Urt. v. 27.09.1988 – C-81/87 „Daily Mail“; EuGH, Urt. v. 16.12.2008 – C-210/06 „Cortesio“ und wohl zuletzt EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – C-371/10 „National Grid Indus“, trotz der wohl etwas unklaren Lage bei den „Wegzugsfällen“) ausgegangen werden als auch nach englischem Recht. Das inländische Gesellschaftsrecht dürfte mangels gesetzlicher gegenteiliger Kollisionsregeln (vgl. Thorn in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Anh. zu Art. 12 EGBGB Rn. 1, Einl v. Art. 3 EGBGB Rn. 17; anders in Österreich, wo § 10 IPRG als Personalstatut dasjenige des tatsächlichen Sitzes der Hauptverwaltung festlegt) nicht entgegenstehen. Käme es bei dem unterstellten Wegzug der GbR dem entgegen nach dem anwendbaren internationalen Gesellschaftsrecht zu einem Statutenwechsel in das englische Recht, wäre die GbR am ehesten der englischen Partnership vergleichbar nach dem Partnership Act (1890 c. 39 Regnal 53 and 54 Vict.). Dessen sec. 9 („liability of partners“) sieht vor, dass „every partner in a firm is liable jointly with the other partners (…)“, so dass insoweit ein gewisser Gleichklang mit dem Recht der GbR bestünde.
Den Gläubiger erwartet angesichts all dessen eine Reihe von Imponderabilien, die er ins Kalkül ziehen wird, bevor er eine Klage gegen die „weggezogene“ GbR einreicht. Allein vor diesem Hintergrund kann man das vom BGH aufgehobene Berufungsurteil nicht begrüßen (so aber Bürger/Heyer, DB 2016, 1002, zu dem Berufungsurteil des OLG Bremen; a.A. für eine Pflicht zur Verlautbarung der Gesellschafter der GbR im Handelsregister Melchior, EWiR 2016, 41; kritisch auch Priester, GmbHR 2015, 1289, der die nicht hinreichende Sicherung für die Gläubiger in dergleichen Fällen bejaht, die schlechterdings in Unkenntnis darüber bleiben, wen sie prozessual in Anspruch nehmen können, sowie Hölken, jurisPR-InsR 5/2016 Anm. 4), wenn auch sicher darauf zu achten ist, die Publizitätspflichten der GbR nicht unnötig auszuweiten. Der BGH ist diesen Literaturmeinungen aber ausdrücklich nicht gefolgt. Die noch weitergehende Folge des aufgehobenen Berufungsurteils aber wäre, dass der Scheingesellschafter überhaupt keinen ökonomischen Risiken seines Handelns ausgesetzt wäre.
3. Die Rechtsverfolgung wird der Klägerin vorliegend ggf. noch weiter dadurch erschwert, dass die Beteiligung an der GbR durch die beiden englischen „Limiteds“ unter der Geltung des deutschen Gesellschaftsstatuts zwischenzeitlich weiter übertragen worden sein kann. Die Haftung nach dem Recht der BGB-Gesellschaft analog § 128 HGB besteht allerdings, wie erwähnt, nach der hier vertretenen Meinung uneingeschränkt fort; die Rom I-Verordnung ist aufgrund der Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. f zum Gesellschaftsrecht, hier zur Haftung der Gesellschafter, nicht weiter zu prüfen.
4. Die internationale Zuständigkeit für die Klage gegen die GbR und die „Limiteds“ dürfte bei den deutschen Gerichten liegen, da auf die Vereinbarung über die Miete offenbar deutsches Recht anzuwenden ist und daher die Klage vor den deutschen Gerichten nach der Ausnahmeregelung des Art. 7 Nr. 1 lit. a EuGVVO zulässig wäre.
5. Mit anderen Worten kann man zusammenfassend festhalten: Die Schwierigkeiten für den Gläubiger zur Rechtsverfolgung und seine Kostenrisiken sind vor dem Hintergrund zweier rechtlich einfacher Transaktionen, des Formwechsels der GmbH und der Veräußerung der Geschäftsanteile vor der Eintragung an ausländische juristische Personen erheblich größer geworden.
II. Würdigung der BGH-Entscheidung, die vermittelnde Lösung zum Gläubigerschutz
Die Entscheidung des BGH lässt daher einen etwas zwiespältigen Eindruck zurück. Dogmatisch wird man dem BGH zustimmen müssen; zu § 15 Abs. 3 HGB vertritt er die h.M. Der BGH erkennt aber auch die Gefahren für die Gläubiger, wenn er ausführt, der Formwechsel der GmbH in einer BGB-Gesellschaft könne „eine stille Liquidation einer insolvenzreifen GmbH erleichtern.“ Diese Folgerung schöpft aber, wie der hier zu vermutende Sachverhalt zeigt, das Risikopotential für die Gläubiger nicht aus. Der BGH sucht allerdings über die allgemeine Rechtsscheinhaftung das Gefahrenpotential zu reduzieren, wobei zu hinterfragen ist, ob die Kostenhaftung, die hier zudem noch unter dem Vorbehalt der Prüfung ihrer Reichweite steht, eine hinreichende Abschreckungswirkung gegenüber problematischen Handlungen entfaltet.
III. Unzureichender Gläubigerschutz durch § 22 UmwG in dergleichen Fällen
Nicht zu verkennen ist zwar, dass die Klägerin nach den §§ 204, 22 UmwG innerhalb von sechs Monaten nach der Eintragung der Umwandlung Sicherheit oder Befriedigung unter den Voraussetzungen des § 22 UmwG hätte verlangen können. Allerdings geht auch diese Option des Gläubigers in Fällen wie dem vorliegenden praktisch ins Leere. Auch dieser Anspruch hätte gegen die M.-GbR und gegen die englischen „Limiteds“ gerichtet und anhängig gemacht werden müssen. Er nutzt also der Klägerin wenig.
IV. Reichweite des Vertrauensschutzes
Die Reichweite des der Klägerin zuerkannten Vertrauensschutzes, die das Berufungsgericht noch formal prüfen muss, endete jedenfalls mit der aus dem Tatbestand des Revisionsurteils hervorgehenden Vorlage der Gesellschafterliste der L.-GmbH vom 18.08.2010 in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem LG Bremen, worauf die Klägerin allerdings ihren Antrag gegen die Gesellschafter auf Verurteilung zur Zahlung aufrecht erhalten hat und nur hilfsweise Freistellung von den Rechtsverfolgungskosten begehrte. Da sie in der Berufungsinstanz nur mehr die Freistellung verfolgte, kann es nur um die Reduzierung der Gerichtskosten in der ersten Instanz durch Herabsetzung des Streitwerts auf die Rechtsverfolgungskosten und bei Klagerücknahme auf die Gebühr nach Nr. 1211 KV GKG Nr. 1a gehen. Die dortige Klagerücknahme war indes im Hinblick auf die Kostenfolge des § 269 ZPO nicht angezeigt. Vielmehr war nur die Änderung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 ZPO die in Frage kommende Lösung, die als Übergang von der Zahlungsklage auf die Kostenfreistellung unter diese Norm zu subsumieren ist und keine Klageänderung darstellt (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 264 Rn. 3b). Der Streitwert wäre also ab diesem Zeitpunkt reduziert worden, woraus indes keine Herabsetzung der Gerichtskosten nach KV GKG Nr. 1211 mehr resultiert. Angesichts der hier streitigen Diskussion zur Reichweite des § 15 Abs. 3 HGB kann der Klägerin wohl auch nicht vorgeworfen werden, ihren Anspruch darauf gestützt und auch den Zahlungsantrag in vollem Umfang fortgesetzt zu haben. Da die Anwaltsgebühren mit der mündlichen Verhandlung in vollem Umfang aus dem Streitwert der Zahlungsklage bereits angefallen waren, ist auch von daher keine Reduzierung zu erwarten.
Materiell-rechtlich können daher die Beklagten in der erneuten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nur vortragen, die Klägerin habe schon vor der mündlichen Verhandlung grob fahrlässig verkannt, sie seien nicht Gesellschafter geworden. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass die Beklagten in die Prozesskosten der Berufungs- und Revisionsinstanz verurteilt werden. Die rechtskräftig verlorene Zahlungsklage in der ersten Instanz hat keine besonderen Kosten hervorgerufen, die nicht durch den Vertrauensschutz der Klägerin gedeckt wären, so dass die Beklagten die Klägerin von den eigenen Kosten und den Gerichtskosten materiell-rechtlich freizustellen oder sie ihr zu erstatten haben; gegen den Kostenausspruch zur Tragung der Kosten der Beklagten erster Instanz kann die Klägerin den ihr zuerkannten materiellen Freistellungsanspruch einwenden. Auf den Umstand, dass die Klägerin zunächst im Urkundenprozess vorgegangen ist, kommt es nicht an.
D. Auswirkungen für die Praxis
In Fällen wie hier bleibt dem Gläubiger gegenüber einem etwa unlauter handelnden Schuldner leider kaum eine Abwehrmöglichkeit. Ob er damit zufrieden sein kann – wie vorliegend –, jedenfalls ca. 40% seiner offenen Forderungen gerettet zu haben und von den Rechtsverfolgungskosten ganz weitgehend freigestellt zu werden (Bonität der Scheingesellschafter hierfür vorausgesetzt), ist Frage des konkreten Falles und hier nicht weiter zu beleuchten. Die rechtliche Beratung des Gläubigers, intern oder extern, wird sehr sorgfältig überlegen, gegen den Schuldner beim ersten Anschein eines problematischen Procedere die Forderungen fällig zu stellen und den Insolvenzantrag im Inland einzureichen. Wäre dies hier vor der Eintragung des Vollzugs des Formwechsels im Handelsregister geschehen, wäre ein inländisches Insolvenzverfahren die Folge gewesen. Nicht selten wird sich bei Insolvenzreife der rechtsformwechselnden Kapitalgesellschaft und vorherigen Raten- oder Teilzahlungen evtl. sogar noch die Frage der Insolvenzanfechtung stellen.