Das BVerwG (Az. 3 C 9.17) hat entschieden, dass ein Führerschein, der unter Verstoß gegen die zwingende Zuständigkeitsvoraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes ausgestellt worden ist, auch nach einem nachträglichen Umtausch in einem anderen Mitgliedstaat nicht zu einer Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet führt.

Dem Kläger – ein deutscher Staatsangehöriger, der gegenwärtig auch in Deutschland lebt – war nach einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen worden. Nachfolgende Anträge auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis blieben erfolglos, nachdem die eingeholten Fahreignungsgutachten jeweils zu einem negativen Ergebnis geführt hatten. Im Jahr 2009 erhielt der Kläger einen tschechischen Führerschein. Da er ausweislich der Auskünfte des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in der Tschechischen Republik nur einen Scheinwohnsitz begründet hatte, erkannte ihm die zuständige Führerscheinbehörde die Berechtigung ab, mit diesem Führerschein im Bundesgebiet fahrerlaubnispflichte Kraftfahrzeuge zu führen und trug einen entsprechenden Sperrvermerk ein. Die hiergegen gerichtete Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden. Da der Kläger gleichwohl in der Bundesrepublik am Straßenverkehr teilgenommen hatte, ist er mehrfach strafgerichtlich verurteilt und mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis belegt worden, die 2013 ablief. Nachdem er seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt hatte, erhielt der Kläger dort im Jahr 2014 durch Umtausch einen österreichischen Führerschein. Er war durch Angabe der Code-Nummer 70, der Länderkennung CZ sowie der Angabe von Ausstellungsdatum und Nummer als umgetauschter tschechischer Führerschein erkennbar. Nachdem der Kläger mit diesem Führerschein im Bundesgebiet angetroffen worden war, stellte die Fahrerlaubnisbehörde fest, dass der Kläger nicht berechtigt ist, mit seinem österreichischen Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen.
Die hiergegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BVerwG erfasst der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr) normierte Nichtanerkennungstatbestand die Fälle, in denen der Wohnsitzmangel aufgrund des Umtauschs nicht mehr unmittelbar aus dem Führerschein oder von dessen Ausstellungsmitgliedstaat herrührender Information feststellbar ist, zwar nicht unmittelbar. Die Norm könne auf diese Konstellation aber entsprechend angewendet werden. Der Ausschlussgrund will eine Anerkennung von Führerscheinen, die unter Verstoß gegen die zwingende Zuständigkeitsvoraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes ausgestellt worden seien, verhindern. Diese Zielstellung gebiete eine Erstreckung auch auf die Fälle nachträglich umgetauschter Führerscheine.

Der Anerkennungsgrundsatz der sog. 3. Führerscheinrichtlinie 2006/126/EG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Der EuGH hat bereits entschieden, dass der offensichtliche Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat auch auf Führerscheine fortwirke, die später auf der Grundlage eines Führerscheins ausgestellt worden seien, dessen Anerkennung in anderen Mitgliedstaaten versagt werden durfte. In den betreffenden Rechtssachen ging es um die echte Neuerteilung für andere, an den mit einem solchen Wohnsitzmangel behafteten Führerschein der Klasse B anknüpfende Fahrzeugklassen. Für den hier vorliegenden Umtausch des mit einem Wohnsitzmangel behafteten Führerscheins gelte dies erst recht. Auch in diesen Fällen wirke der Mangel des ursprünglichen Führerscheins fort. Andernfalls würde der unter offensichtlichem Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung von den tschechischen Behörden ausgestellte Führerschein über die „Verlängerung“ eines Umtauschs in einem anderen Mitgliedstaat für das Bundesgebiet im Ergebnis doch verbindlich.

Vorinstanzen
VG Bayreuth, Urt. v. 24.06.2016 – B 1 K 15.708
VGH München, Urt. v. 21.03.2017 – 11 B 16.2007

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 45/2018 v. 05.07.2018

Keine Anerkennung eines mit Wohnsitzmangel behafteten Führerscheins im Inland
Andrea KahleRechtsanwältin

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