Dieser Tatbestand erfordert das Erheben von Vergütungen, von denen der Täter weiß, dass der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage schuldet. Der Vorsatz muss sich auf die Unrechtmäßigkeit der Gebührenforderung erstrecken (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. 2010, § 353 Rn. 8 m.w.N.).
BVerfG, Stattgeb. Kammerbeschluss vom 05. Mai 2011 – 2 BvR 1011/10 –, (zitiert nach juris)
An dem Tatbestandsmerkmal des Erhebens von Gebühren mangelt es immer dann, wenn eine Abrechnung nach einer Honorarvereinbarung durchgeführt wird . So hat der
5. Strafsenat des BGH in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 6.9.2006 zu dem Az. 5 StR 64/06 (zitiert nach juris)
u.a. ausgeführt:
„… b) Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat vermag dem Landgericht schon im Ausgangspunkt nicht zu folgen. Rechnet der Rechts-anwalt, dem ein Vergütungsanspruch zusteht, diese auf Grund einer Honorarvereinba-rung und nicht nach der Gebührenordnung (BRAGO, jetzt RVG) ab, fällt sein Verhalten grundsätzlich nicht unter den Tatbestand des § 352 StGB. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich aus der anzuwendenden Vergütungsordnung jedenfalls dem Grunde nach ein Anspruch ergibt (vgl. dagegen die Fälle I. (4) und I. (7), unten 2 d). Schließt der Rechtsanwalt dann hierüber eine Honorarvereinbarung und macht er aus dieser seine Vergütungsansprüche geltend, erfüllt dies nicht den Tatbestand der Gebührenüberhe-bung nach § 352 StGB, unabhängig davon, ob die Honorarvereinbarung wirksam zu-stande gekommen ist oder nicht. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut wie auch aus dem Zweck der Vorschrift.
aa) Nach § 352 StGB wird ein Rechtsanwalt wegen Gebührenüberhebung bestraft, wenn er Vergütungen erhebt, von denen er weiß, dass der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße schuldet. Die Bestimmung grenzt den Täterkreis auf solche Personen ein, die Vergütungen zu ihrem Vorteil „zu erheben haben“. Vergütungen im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche Ansprüche, die dem Grunde und dem Betrag nach gesetzlich festgelegt sind und die der Rechtsanwalt nach den Gebührenordnungen, Taxen oder sonstigen Vorschriften selbst zu berechnen hat (BGHSt 4, 233, 235). Nur soweit der Rechtsanwalt nach den gesetzlichen Gebühren abrechnet, kann er sie in den vereinfachten Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG (früher § 19 BRAGO) festsetzen lassen und so einen vollstreckbaren Titel erlangen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 17. Aufl. § 11 Rdn. 41 ff.). Die Strafandrohung will sicherstellen, dass er sich bei dieser ihm überlassenen Berechnung seines Anspruchs in den Schranken hält, die ihm die Gebührenordnungen auferlegen (BGHSt aaO). Der Schutzzweck dieser Strafnorm besteht danach nicht nur darin, das Publikum vor überhöhten Vergütungsforderungen des Rechtsanwalts zu bewahren, sondern es vor allem vor dem Missbrauch seiner Be-fugnis zu schützen, gesetzliche Gebühren erheben zu dürfen (Träger in LK 11. Aufl. § 352 Rdn. 1; Kuhlen in NK-StGB 2. Aufl. § 352 Rdn. 3). Das spezifische Unrecht der Gebührenüberhebung besteht gerade darin, dass der Täter für seine Forderungen zu Unrecht die Autorität einer gesetzlichen Gebührenregelung in Anspruch nimmt.
bb) Rechnet der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung ab, dann „erhebt“ er keine Vergütung im Sinne des § 352 StGB. Seinen Vergütungsanspruch leitet er in diesem Falle allein aus der vertraglichen Vereinbarung her. Dies ist für den Fall der die gesetzlichen Gebühren übersteigenden Honorarforderung auch unstreitig (vgl. Kuhlen aaO Rdn. 17; Träger aaO Rdn. 12; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt aber auch, wenn der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer unwirksamen Honorarvereinbarung seinen Anspruch beziffert (Kuhlen aaO Rdn. 17; Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 352 Rdn. 9a; OLG Braunschweig NJW 2004, 2606 für den Fall der formunwirksamen Honorarvereinbarung; a. A. Träger aaO Rdn. 12; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 352 Rdn. 6; BayObLG NJW 1989, 2901, 2902). In-soweit bezieht er sich gerade nicht auf die gesetzlich festgelegte Vergütungsordnung, sondern die Basis seiner Honorarberechnung bleibt die vertragliche Vereinbarung. Er „erhebt“ deshalb in diesen Fällen keine Vergütung, weil er den Vergütungsanspruch nicht nach den gesetzlichen Vergütungsordnungen bestimmt. Dies ist im Übrigen auch seinem Mandanten als dem Adressaten seiner Abrechnung deutlich. Dieser erhält eine Abrechnung, die sich ausdrücklich nicht auf die gesetzliche Vergütungsordnung stützt, sondern auf eine mit ihm getroffene Honorarvereinbarung. Demnach besteht kein Ver-trauen des Mandanten, dass der Rechtsanwalt seine Befugnis, nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen zu dürfen, nicht missbraucht hat.
Der Schutzzweck des § 352 StGB ist nicht berührt, soweit der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer vertraglichen Honorarvereinbarung abrechnet. Dies trifft gleichermaßen zu, wenn die Honorarvereinbarung unwirksam ist. Auch dann nimmt der Rechtsan-walt nicht die Autorität der gesetzlichen Gebührenordnung in Anspruch. Beruht die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung auf allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (hier nach Auffassung des Landgerichts auf § 138 Abs. 1 BGB), die in gleicher Weise auch für andere Rechtsgeschäfte gelten, ist aus rechtssystematischen Überlegungen kein Grund ersichtlich, solche Vergütungsvereinbarungen strafrechtlich anders zu behandeln als sonstige unwirksame Vergütungsvereinbarungen. Für die Anwendung des speziellen Tatbestands des § 352 StGB, der auf die übervorteilende Abrechnung auf der Grundlage einer gesetzlichen Gebührenordnung zugeschnitten ist, besteht deshalb in Fällen der unwirksamen Honorarvereinbarung keine sachliche Berechtigung. …“
Der Tatbestand der Gebührenüberhebung kann also in aller Regel nur bei Abrechnung nach den den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) in Betracht kommen, etwa durch vorsätzlich falsche Bestimmung des Gegenstandswertes *, Abrechnung von Termin- oder Vergleichsgebühren, die tatsächlich nicht angefallen sind oder ähnliches.
Anmerkung*: Gerade in erbrechtlichen Auseinandersetzungen erfolgt die Abrechnung des Rechtsanwaltes oftmals unzutreffend nach dem Nachlasswert insgesamt und nicht nach dem auf den Mandanten entfallenden Bruchteil.