KG Berlin, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 6 W 59/14 –, juris
Gründe
- I.
- Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihren rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 1 und 2 FamFG eingegangenen Beschwerden gegen die Zurückweisung des Antrags des Beteiligten zu 37., die Beteiligte zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin zu entlassen. Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird zunächst Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss und die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen (Bd. I Bl. 214 – 222).
- Die Beschwerdeführer rügen eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das Nachlassgericht. Sie sind der Ansicht, im Hinblick auf die vorgetragenen Pflichtverletzungen sei eine Entlassung der Beteiligten zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin veranlasst, weil die Pflichtverletzungen jedenfalls in ihrer Gesamtschau das gemäß § 2227 BGB eingeräumte Ermessen auf Null reduzieren würden. Wegen des Beschwerdevorbringens im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründungen vom 25. September 2013 (Bd. I Bl. 287/288), 6. Oktober 2013 (Bd. I Bl. 292 – 295), 6. Januar 2014 Bd. II Bl. 16 – 36), 16. April 2014 (Bd. II Bl. 61 – 66) und 08. Juli 2014 (Bd. II Bl. 85 – 90).
- Der Beteiligte zu 37. rügt zudem weitere, erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidungen erfolgte Pflichtverletzungen der Beteiligten zu 1. in Bezug auf die jährliche Rechnungslegung sowie die Betreuung des zum Nachlass gehörenden Hauses in Schauenburg-Elgershausen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 06. Januar 2014 verwiesen.
- Der Beteiligte zu 37. beantragt sinngemäß,5
- den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg – GeschNr. 67 VI 834/11 – vom 23. August 2013 aufzuheben, die Beteiligte zu 1. aus dem Amt der Testamentsvoll-streckerin zu entlassen und einen anderen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.6
- Die Beteiligte zu 1. beantragt sinngemäß,7
- die Beschwerden zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Zurückweisung des Entlassungsantrages durch das Nachlassgericht sei zutreffend, zumal die von den Beschwerdeführern erhobenen Vorwürfe überwiegend nicht zuträfen und im Übrigen eine Entlassung nicht rechtfertigen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 09. Juni 2014 (Bd. II Bl. 69 – 77) verwiesen.
- II.
Die Beschwerden der Beteiligten zu 35. – 37. sind gem. §§ 58 ff FamFG zulässig, sie sind insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
- In der Sache bleiben die Beschwerden allerdings ohne Erfolg, denn die Zurückweisung des Antrages des Beteiligten zu 37. vom 04. Juni 2013, die Testamentsvollstreckerin aus ihrem Amt zu entlassen, hält – auch unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens – einer rechtlichen Überprüfung stand.
- Gemäß § 2227 BGB kann das Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten einen Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entlassen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt, der – dem Nachlassgericht ist insoweit kraft Gesetzes ein Ermessen eingeräumt – nach Abwägung aller Umstände die Entlassung rechtfertigt (vgl. KG Farm RZ 2011, 1254 – 1257, zitiert nach juris, dort Rdz. 18/26; OLG Hamm FamRZ 2007, 1194 – 1197, zitiert nach juris, dort Rdz. 36).
- 1.
- Vorliegend fehlt es bereits an einem wichtigen Grund, der die Entlassung der Beteiligten zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin rechtfertigen könnte.13
- Das Gesetz gibt in § 2227 Abs. 1 BGB als Beispiele für einen wichtigen Grund die grobe Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstreckung oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung vor. Diese Beispiele sind – was bereits die Formulierung „insbesondere“ zeigt – nicht abschließend, weshalb auch andere, diesen genannten Gründen gleichwertige Sachverhalte einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers geben können (OLG Hamm a.a.O., Rdz. 29 m.w.N.; Schwarz in NOMOS Anwalt – Testamentsvollstreckung, § 3 Rdnr. 633).
- Zutreffend weisen die Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass die Testamentsvollstreckerin ihr Amt bis dato nicht gänzlich fehlerfrei geführt hat, der Senat teilt jedoch nach Auswertung des wechselseitigen Vortrags im Ergebnis die Ansicht des Nachlassgerichtes, dass die Fehler in der Amtsführung, soweit sie von der Beteiligten zu 1. nicht ohnehin entkräftet werden konnten, auch im Rahmen einer gebührenden Gesamtschau weder einer groben Pflichtverletzung entsprechen, noch belegen, dass die Beteiligte zu 1. zu einer ordnungsgemäßen Amtsführung nicht in der Lage ist.
- Im Einzelnen:
- a) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer lassen die von der Beteiligten zu 1. erstellten Nachlassverzeichnisse nicht erkennen, dass die Testamentsvollstreckerin zu einer ordnungsgemäßen Amtsführung nicht in der Lage ist.
- Die Beteiligte zu 1. hat die ihr als Testamentsvollstreckerin obliegende Pflicht, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, erfüllt, indem sie zunächst ein erstes Verzeichnis auf den Todestag (eingereicht als Anlage Ast 6) unter Gegenüberstellung der zur damaligen Zeit bekannten Aktiva und Passiva erstellt, dieses mit einem zweiten Verzeichnis für den Stichtag 06. März 2013 (eingereicht Anlage Ast 7) nachgebessert und schließlich ein drittes Verzeichnis, das die Werte sowohl für den Todestag als auch für den Stichtag 28.06.2013 wiedergibt (eingereicht als Anlage AG 15) errichtet und jeweils den Beteiligten überlassen hat.
- Soweit die Beschwerdeführer einzelne inhaltliche Fehler der Verzeichnisse rügen, sind diese – auch in ihrer Gesamtschau – nicht geeignet, einen wichtigen Grund für die Entlassung der Beteiligten zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin zu begründen. Gerade in komplizierten Abwicklungsfällen, zu denen der vorliegende schon im Hinblick auf die Vielzahl der berufenen Erben und der im Testament enthaltenen sonstigen Anordnungen gehört, kann eine vollkommen fehlerfreie Amtsführung ohnehin nicht erwartet werden kann. Eine solche dürfte auch der Erblasser nicht vorausgesetzt haben. Sachliche Fehler begründen deshalb in erster Linie die Pflicht, diese alsbald zu berichtigen. Dieser Verpflichtung ist die Beteiligte zu 1. vorliegend, insbesondere durch die Erstellung weiterer Nachlassverzeichnisse, stets nachgekommen.
- aa) Auf die Rüge, dass das erste Nachlassverzeichnis kein Datum enthalte, hat die Beteiligte zu 1. zwischenzeitlich klargestellt, dass sie dieses auf den Todestag des Erblassers erstellt hat, was den Beschwerdeführern ausweislich des als Anlage AG 1 eingereichten Begleitschreibens auch bekannt gewesen sein dürfte.
- bb) Dass die Beteiligte zu 1. eines der gefertigten Verzeichnisse bewusst unvollständig erstellt hätte, ist nach Aktenlage nicht erkennbar. Ihr kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass das erste Verzeichnis noch nicht alle Aktiva und Passiva enthielt. Zu Recht weist die Beteiligte zu 1. darauf hin, dass ihr weitergehende Angaben zur damaligen Zeit nicht möglich waren, was jedenfalls teilweise darauf zurückzuführen ist, dass der Beteiligte zu 37., der es übernommen hatte, das Haus in Schauenburg-Elgershausen zu beräumen, wichtige Dokumente -z.B. hinsichtlich des Mietverhältnisses M… D… – nicht unverzüglich an sie weitergereicht hatte.
- cc) Die Tatsache, dass die Beteiligte zu 1. die Forderungen gegen I… und M… D… nicht in die Nachlassverzeichnisse aufgenommen hat, lässt einen Entlassungsgrund nicht erkennen. Denn die Beteiligte zu 1. durfte sich, soweit sie von der Aufnahme der Forderungen gegen I… D… abgesehen hat, an einen erklärten Willen des Erblassers gebunden fühlen. Dieser hatte sich mit Schreiben vom 31. Juli 2012 (eingereicht als Anlage AG 3) dahingehend geäußert, dass er die Darlehensforderungen gegen I… D… nicht mehr als Bestandteil seines Vermögens betrachte und die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen nach seinem Tod ausdrücklich nicht wünsche. Da die Umsetzung des Erblasserwillens oberste Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist, kann in einem Vorgehen, das dem Erblasserwillen entspricht – und zwar unabhängig von der Frage, ob der Erblasser diesen Willen formwirksam umgesetzt hat – jedenfalls kein Grund gesehen werden, eine ordnungsgemäße Amtsführung in Frage zu stellen.
- Hinsichtlich der Forderungen gegen M… D… gibt es zwar einen entsprechenden erklärten Erblasserwillen nicht – hier hat der Erblasser im Schreiben vom 31. Juli 2012 lediglich eine Anrechnung von Arbeitsleistungen und im Übrigen eine moderate Rückforderung eingefordert, die den Schuldner nicht in eine unangemessene Notlage versetzt -, die Nichtaufnahme der Forderungen in die ersten beiden Nachlassverzeichnisse stellt sich dennoch nicht als grobe Pflichtverletzung der Beteiligte zu 1. dar, zumal sie im Hinblick auf die Forderungen gegen M… D… nach Aktenlage auch nicht untätig geblieben ist. Sie hat vielmehr durch ihr Schreiben an den Mieter vom 04. März 2012 (Anlage AG 4) deutlich gemacht, dass sie willens ist, die Mietforderungen für die Erbengemeinschaft geltend zu machen. Zudem darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden, dass ihr die für eine Bezifferung der Forderung notwendigen Informationen und Unterlagen erstmalig mit Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 37. vom 15. Februar 2013 (Anlage AG 2) zur Verfügung gestellt worden sind.
- dd) Soweit die Beschwerdeführer die Aufnahme des in der Wohnung des Erblassers vorgefundenen Bargeldes in das Nachlassverzeichnis vermissen, hat die Beteiligte zu 1. zwischenzeitlich klargestellt und belegt (Anlage AG 13), dass sie das Bargeld auf das Sparkassenbuch des Erblassers eingezahlt hatte, das als solches im Nachlassverzeichnis aufgeführt ist.
- ee) Selbst wenn die Beteiligte zu 1. die Eigentumswohnung des Erblassers in Berlin und den Pkw Ford Focus jeweils mit einem zu niedrigen (Schätz-)Wert in das Verzeichnis aufgenommen haben sollte, würde dies keine grobe Pflichtverletzung darstellen, und lässt insbesondere auch nicht die Feststellung zu, die Beteiligte zu 1. sei nicht in der Lage, das Amt der Testamentsvollstreckerin ordnungsgemäß auszuüben. Es ist nicht Aufgabe des Nachlassverzeichnisses, die Werte einzelner Nachlassgegenstände verbindlich festzulegen. Das Nachlassverzeichnis dient vielmehr der vollständigen Erfassung und Gegenüberstellung aller Aktiva und Passiva als solche, so dass den dabei zugewiesenen (Schätz-)Werten in diesem Zusammenhang nur vorläufiger Charakter zukommt. Die eigentliche Auseinandersetzung des Nachlasses erfolgt deshalb auch nicht aufgrund der in das Nachlassverzeichnis aufgenommenen Werte, sondern entweder aufgrund einer sachverständigen Wertermittlung oder auf der Basis eines am Markt erzielten Kaufpreises für den Nachlassgegenstand.
- ff) Die Tatsache, dass die Beteiligte zu 1. die Vermächtnisse auf der Passivseite zunächst doppelt berücksichtigt hatte, hat sich lediglich als ein Versehen herausgestellt, das im Rahmen des neu erstellten Nachlassverzeichnisses unverzüglich berichtigt worden ist.
- gg) Soweit die Beteiligte zu 1. die Beerdigungskosten im 2. Nachlassverzeichnis mit einem geringeren Wert angegeben hatte, ist dies zwischenzeitlich nachvollziehbar aufgeklärt; im 2. Nachlassverzeichnis waren ein Teil der Nebenkosten – wie Organist und Hausmeister der Kirche – versehentlich vergessen worden, was die Beteiligte zu 1. jedoch im Rahmen der Erstellung des 3. Nachlassverzeichnisses bereits berichtigt hat.
- hh) In der Sache zutreffend hat die Beteiligte zu 1. die Instandhaltungsrücklage der Eigentümergemeinschaft nicht als Vermögenswert in das Nachlassverzeichnis aufgenommen.
- Zutreffend weist die Beteiligte zu 1. darauf hin, dass die aufgrund eines beschlossenen Wirtschaftsplans gebildete Instandhaltungsrücklage als solche zweckgebundenes Vermögen der Eigentümergemeinschaft darstellt, das der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegt. Der einzelne Wohnungseigentümern hat keinen Anspruch auf Auszahlung des auf sein Wohnungseigentum entfallenden Anteils, weshalb vorliegend der auf den Erblasser entfallende Anteil von gut 2.000,00 € keinen gesonderten Nachlassgegenstand darstellt. Die anteilige Instandhaltungsrücklage ist vielmehr dem Vermögensgegenstand „Eigentumswohnung“ zugeordnet und kann allenfalls -da sie im Falle einer Veräußerung der Wohnung auf den Käufer übergehen würde- für deren Wert mitbestimmend sein.
- b) Dass die Beteiligte zu 1. den PKW Ford Focus nach dem Tod des Erblassers dem Beteiligten zu 49. (J… B… ) zur weiteren Nutzung überlassen hatte, ist nicht zu beanstanden. Denn unabhängig davon, dass die Beteiligte zu 1. angekündigt hat, die Unterhaltungskosten bei der abschließenden Auseinandersetzung zu Lasten des Beteiligten zu 49. zu berücksichtigen, entsprach die vorübergehende Weiternutzung des PKW durch den Beteiligten zu 49. dem erklärten Willen des Erblassers. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beteiligten zu 1. (Anlage AG 14) hatte der Erblasser selbst noch zu Lebzeiten -während seines Kuraufenthaltes- dem Beteiligten zu 49. das Fahrzeug zur freien Nutzung überlassen.
- c) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat die Beteiligte zu 1. im Erbscheinsverfahren weder wissentlich Falschangaben gemacht noch eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.
- Soweit die Beteiligte zu 1. im Rahmen des notariell beurkundeten Erbscheinsantrages (vgl. Bd. I Bl. 28) angegeben hatte „wer als gesetzlicher Erbe in Betracht gekommen wäre, ist mir nicht bekannt“, stellt dies schon keine vorsätzliche Falschangabe dar. Zwar wusste die Beteiligte zu 1., dass die im Testament genannten Personen überwiegend entfernte Verwandte des Erblassers waren, dies allein verschaffte ihr aber keine Kenntnis davon, wer von diesen Verwandten im Falle einer gesetzlichen Erbfolge konkret zum gesetzlichen Erben berufen wäre. Da Verwandte der ersten drei Ordnungen nicht vorhanden waren, wäre die Ermittlung der gesetzlichen Erben von der Feststellung abhängig gewesen, welche Verwandte welchen anderen Verwandten vorgehen oder sie innerhalb der Stämme von der Erbfolge ausschließen (vgl. § 1928, 1930 BGB). Dass die beteiligte zu 1. diese Feststellung nicht ohne weiteres treffen konnte, liegt – wenn man die vom Antragsteller angefertigte Aufstellung, eingereicht als Anlage Ast 2 (Bd. I Bl. 93) heranzieht – auf der Hand. Da Zweifel an der Wirksamkeit des vorgelegten Testaments nicht bestehen und dort fast alle Verwandten gleichmäßig bedacht worden sind, bestand für die Beteiligte zu 1. keine Veranlassung, dass sie die – für den fiktiven Fall des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge – maßgeblichen gesetzlichen Erben ermittelt und namentlich benennt.
- Nachdem das Nachlassgericht mit Beschluss vom 19. September 2013 (Bd. I Bl. 252 – 257) in der berichtigten Fassung vom 19. März 2014 (Bd. II Bl. 51 – 55) dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. gefolgt ist und die Voraussetzungen für die Erteilung des Erbscheins mit den beantragten Quoten festgestellt hat, kann der Vorwurf, die Testamentsvollstreckerin habe im Erbscheinsantrag unzutreffende Quoten angegeben, nicht mehr aufrecht erhalten bleiben. Dies gilt umso mehr, als der Beschluss des Nachlassgerichts nur von dem Beteiligten zu 36. – und ausdrücklich nur mit dem Ziel der Streichung des Testamentsvollstreckervermerkes – angefochten worden ist.
- d) Dass die Testamentsvollstreckerin das Haus in Schauenburg-Elgershausen nicht ordnungsgemäß verwaltet, sondern verkommen lässt, hat der Beteiligte zu 37. lediglich pauschal behauptet. Konkrete Pflichtverletzungen legt er, insbesondere nachdem der Beteiligte zu 47. zu einzelnen Kontrollbesuchen im Haus vorgetragen hatte, nicht dar. Da die Beteiligte zu 1. kraft ihres Amtes die Verfügungsmacht über die Nachlassgegenstände ausübt, solange keine Auseinandersetzung erfolgt ist, ist es auch nicht zu beanstanden, dass die den Beteiligten zu 37. durch Austausch des Schlosses von einer weiteren – jedenfalls derzeit noch eigenmächtigen – Nutzung ausgeschlossen hat.
- e) Eine jährliche Rechnungslegung schuldet die Beteiligte zu 1. über § 2218 Abs. 2 BGB nur auf Verlangen. Ein solches kann der in Bezug genommenen Anlage AG 16 aber nicht entnommen werden. Unabhängig davon könnte das Überschreiten der Jahresfrist um weniger als einen Monat aber auch noch nicht als grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 2227 BGB angesehen werden.
- f) Ein wichtiger Grund für die Entlassung der Testamentsvollstreckerin ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Beteiligte zu 1. durch ihre bisherige Amtsführung das Vertrauen der Erben in eine neutrale und objektive Amtsführung zerstört hätte und diese ihr nunmehr ein berechtigtes Misstrauen entgegen bringen könnten.
- Nach herrschender Meinung kann auch ein nicht nur auf subjektiven Anschauungen, sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen der von der Testamentsvollstreckung betroffenen Beteiligten einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers bilden, wenn dieser – sei es auch ohne eigenes Verschulden – Anlass zu diesem Misstrauen gegeben hat (BayObLG FamRZ 1997, 905 – 911, zitiert nach juris, dort Rdz. 98 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine gedeihliche Amtsführung die Unbefangenheit des Testamentsvollstreckers voraussetzt. Insofern kann ein berechtigtes Misstrauen dann bejaht werden, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein Verhalten bei einem Teil der Erben den Eindruck hervorruft, er nehme ihre Interessen nicht hinreichend wahr und berücksichtige auch nicht die gebotene Unparteilichkeit (BayObLG a.a.O.).
- Andererseits setzt das Amt des Testamentsvollstreckers kein Vertrauensverhältnis zu den Erben voraus. Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es vielmehr, unabhängig von den Wünschen und Befindlichkeiten der Erben den letzten Willen des Erblassers zur Ausführung zu bringen; insofern ist seine Amtsführung in erster Linie daran zu messen ist, ob sie dem Erblasserwillen in größtmöglichem Umfang entspricht oder seiner Durchsetzung zum Erfolg verhilft. An eine Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen berechtigten Misstrauens ist deshalb stets ein strenger Maßstab anzulegen, zumal die Beteiligten nicht in die Lage versetzt werden dürfen, einen ihnen möglicherweise lästigen Testamentsvollstrecker durch eigenes feindseliges Verhalten oder aus für sich genommen unbedeutendem Anlass aus dem Amt zu drängen (BayObLG a.a.O. Rdz. 99; Zimmermann in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage § 2227 Rdnr. 11; Edenhofer in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Auflage § 2227 Rdnr. 5). Da der Testamentsvollstrecker sich allerdings auch nicht grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben hinwegsetzen darf, hat die Feststellung des berechtigten Misstrauens jeweils durch eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen zu erfolgen. Für die Abgrenzung kann dabei auf den Gedanken zurückgegriffen werden, dass § 2227 BGB im Kern dazu bestimmt ist, einen Ersatz für das dem Geschäftsherrn zustehende Widerspruchsrecht zu gewähren. Unter diesem Gesichtspunkt ist entscheidend, ob aus objektiver Sicht die zum Misstrauen Anlass gebenden Umstände so beschaffen sind, dass sie den Erblasser mutmaßlich zum Widerruf der Ernennung des Testamentsvollstreckers veranlasst hätten und sie diesen Widerruf als im Interesse der Erben oder sonstigen Beteiligten erscheinen lassen (BayObLG a.a.O m.w.N.; vgl. auch Zimmermann a.a.O. Rdnr. 7 m.w.N.).
- Dies zugrunde gelegt erachtet der Senat das Misstrauen der Beschwerdeführer in die Amtsführung der Beteiligten zu 1. nicht als berechtigt und auf Tatsachen gegründet. Vielmehr stellt es sich als lediglich auf subjektives Empfinden gestützt dar, zumal nach Aktenlage nicht festgestellt werden kann, dass die Beteiligte zu 1. das Amt der Testamentsvollstreckerin bewusst fehlerhaft oder in Form einer Parteilichkeit zu Gunsten des Stammes „G… /B… “ geführt hat. Denn die Beteiligte zu 1. hat, sobald Fehler in der Amtsführung – konkret im Zusammenhang mit ihrer Verpflichtung, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen – aufgezeigt wurden, stets ihre sofortige Bereitschaft zur unverzüglichen Berichtigung gezeigt. So sind durch das zwischenzeitlich als Anlage AG 15 eingereichte dritte Nachlassverzeichnis die in der Sache berechtigten Einwände der Beschwerdeführer im Wesentlichen erledigt worden; unabhängig davon waren aber – wie vorstehend ausgeführt – auch die ersten beiden Nachlassverzeichnisse nicht derart fehlerhaft, dass dies bereits die Schlussfolgerung gerechtfertigt hätte, die Beteiligte zu 1. führe ihr Amt nicht unparteiisch. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser in Kenntnis der konkreten Amtsausführung durch die Beteiligte zu 1. ihre Einsetzung in das Amt der Testamentsvollstreckerin widerrufen, oder, wenn er die Amtsführung hätte vorhersehen können, bereits von ihrer Einsetzung als Testamentsvollstreckerin Abstand genommen hätte. Ausweislich der Gesamtumstände steht fest, dass der Erblasser ersichtlich großes Vertrauen zu der Beteiligten zu 1. und in ihre Fähigkeiten hatte; denn er hat sie nicht nur zur Testamentsvollstreckerin ernannt, sondern daneben auch im Rahmen einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung jeweils zu seiner Bevollmächtigten bestimmt. Dieses Vertrauen hätte der Erblasser nicht schon durch die gerügten Pflichtverletzungen als erschüttert angesehen, weil diese entweder nicht vorliegen oder nicht so gravierend sind, dass sie seinem Vertrauen in ihre Amtsführung bereits den Boden entzogen hätten. Das von den Beschwerdeführern aufgeworfene Problem der beiden Familienstämme „St… “ und „G… /B… “ und dem darauf gegründeten Misstrauen in eine neutrale Amtsführung hatte sich für den Erblasser nicht gestellt, denn er hat sein Vermögen ausweislich des Testamentes gerade nicht hälftig auf diese beiden Stämme verteilen wollen, was ihm die Nennung aller 66 Bedachten erspart hätte. Seine Absicht, die er nochmals in seinem Schreiben vom 31. Juli 2012 klargestellt hat, war es vielmehr, alle mit ihm verwandten Personen, unabhängig davon, welchem der „Stämme“ sie zuzuordnen sind und mit welchem Grad sie mit ihm verwandt waren, im Grundsatz gleichmäßig zu bedenken. Davon geht nach dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 04.06.2013, dort S. 21, selbst der Beteiligte zu 37. aus.
- Ein berechtigtes Misstrauen der Beschwerdeführer ergibt sich auch (noch) nicht daraus, dass die Beteiligte zu 1. nunmehr ihre Absicht bekundet hat, das zum Nachlass gehörende Haus in Schauenburg-Elgershausen nicht mehr auf den Beteiligten zu 37. zu übertragen, sondern an Dritte zu veräußern.
- Zutreffend gehen allerdings die Beschwerdeführer davon aus, dass eine Veräußerung der Immobilie an Dritte, solange der Beteiligte zu 37. zu einer Übernahme unter den vom Erblasser genannten Bedingungen bereit ist, nicht dem Willen des Erblassers entsprechen dürfte; insofern kann auch davon ausgegangen werden, dass der Erblasser in Kenntnis einer solchen Verkaufsabsicht von seinem fiktiven Widerrufsrecht als Geschäftsherr Gebrauch gemacht hätte. Andererseits weist die Beteiligte zu 1. zutreffend darauf hin, dass der Wille des Erblassers nicht unbedingt auf eine Übernahme des Grundstücks durch den Beteiligten zu 37. gerichtet war. Denn das Testament sieht lediglich die Möglichkeit der Übernahme durch den Beteiligten zu 37. unter bestimmten, vom Erblasser vorgegebenen Bedingungen vor. Deshalb kann von einem mutmaßlichen Widerruf seitens des Erblassers nicht ausgegangen werden, wenn der Beteiligte zu 37. durch sein Verhalten die Erfüllbarkeit der Bedingungen vereitelt hätte. Die Beteiligte zu 1. geht ersichtlich davon aus, dass insbesondere eine gütliche Regelung mit dem Mieter M… D… „entweder über die Bedingungen der Fortsetzung des Mietverhältnisses oder aber eine Räumung auf freiwilliger Basis, ggf. gegen den Erlass vorhandener Schulden und – da Herr D… gelernter Maler ist – als Gegenleistung für den Erlass eines Teils dieser Schulden, Durchführung der Auszugsrenovierung“ nicht erfolgt ist und nunmehr – nachdem der Mieter ausgezogen ist – auch nicht mehr möglich sein wird. Allerdings stellt die Beteiligte zu 1. dabei überwiegend auf ein Verhalten des Beteiligten zu 37. ab, das dem Auszug des Mieters – der ausweislich der Angaben in dem als Anlage AG 6 eingereichten Strafbefehls am 01. April 2012 erfolgt ist – erst nachfolgte. Insbesondere die Anzeige des Mieters wegen Unterschlagung kann erst zu einer Zeit erfolgt sein, als der Mieter die Wohnung bereits verlassen hatte. Insofern ist dieses Verhalten des Beteiligten zu 37., das sicherlich nicht im Sinne des Erblassers war, nicht geeignet, um damit eine Bedingungsvereitelung zu begründen. Davon, dass dem Auszug des Mieters keine im Sinne des Erblassers gütliche Einigung über den Erlass von Mietschulden vorangegangen ist, kann nach Aktenlage ausgegangen werden. Unabhängig davon, dass diese aber auch noch nachträglich getroffen werden könnte – was soweit ersichtlich auch noch dem Willen des Erblassers entsprechen würde -, spricht trotz des undatierten Schreibens des Beteiligten zu 37. (Anlage AG 7), durch das dieser sich bereits eine Vermieterstellung gegenüber M… D… angemaßt hatte, einiges dafür, dass der Mieter eher wegen des Schreibens der Testamentsvollstreckerin vom 04. März 2012 (Anlage AG 4), mit dem sie unter ihrem Anwaltsbriefkopf die fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und den Mieter zugleich zur Übergabe der Wohnung an den Beteiligten zu 37. aufgefordert hat, ausgezogen ist. Unter dieser Voraussetzung wäre es der Beteiligten zu 1. jedoch verwehrt, sich gegenüber dem Beteiligten zu 37. darauf zurückzuziehen, er habe keine gütliche Einigung mit dem Mieter getroffen, sondern diese durch sein Verhalten verhindert.
2.
- Selbst wenn man aber zu Gunsten der Beschwerdeführer ein auf Tatsachen begründetes berechtigtes Misstrauen in eine ordnungsgemäße Amtsführung der Beteiligten zu 1. bejahen würde, stünde die Entlassungsentscheidung im Ermessen des Nachlassgerichts. Dieses hat nach Aktenlage insoweit davon Gebrauch gemacht, als es den Entlassungsantrag zurückgewiesen hat. Der Beteiligte zu 37. weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Ausübung des Ermessens nicht fehlerfrei erfolgt ist, weil das Nachlassgericht mit der Testamentsvollstreckung als solche argumentiert, deren Bestand jedoch kein Beteiligter angezweifelt hat (der Entlassungsantrag ist durchgehend mit dem Ziel geführt worden, einen vom Nachlassgericht zu bestimmenden Nachfolger einzusetzen). Allerdings teilt der Senat das Ermessenergebnis des Nachlassgerichts. Eine Ermessensreduzierung „auf Null“ ist auch unter Einbeziehung sämtlicher Vorwürfe vorliegend (noch) nicht gegeben. Eine solche Ermessensreduzierung „auf Null“ folgt insbesondere noch nicht daraus, dass die Beteiligte zu 1. angekündigt hat, die Immobilie in Schauenburg-Elgershausen an Dritte verkaufen zu wollen. Die Frage, ob die Auflagen, die der Erblasser auf S. 8 des Testaments an die Übernahme des Hauses durch den Beteiligten zu 37. gestellt hat, noch erfüllbar sind oder nicht, lässt sich für den Senat nach Aktenlage nicht klären; über diese Frage werden sich der Beteiligte zu 37. und die Beteiligte zu 1. noch auseinander zu setzen haben. Der Senat übersieht dabei nicht, dass es durchaus möglich ist, dass die Beteiligte zu 1. dadurch, dass sie auf das Verhalten des Beteiligten zu 37. abstellt, das dem Auszug des Mieters nachgefolgt ist, die Sachlage zu dieser Frage unzutreffend bewertet hat, geht jedoch im Hinblick auf die bisherige Amtsführung der Beteiligten zu 1. davon aus, dass sie die hier getroffene Entscheidung zum Anlass nehmen wird, ihre Bewertung nochmals zu überdenken. Ein berechtigtes, auf Tatsachen gegründetes Misstrauen, das dann auch im Rahmen der Ermessensentscheidung eine Entlassung begründen muss, könnte erst dann festgestellt werden, wenn die Beteiligte zu 1. sich einer erneuten Überprüfung in Bezug auf das Grundstück in Schauenburg-Elgershausen verschließen würde oder sich über den erklärten Wunsch des Erblassers – eine Übernahme der Immobilie durch den Beteiligten zu 37. unter den im Testament genannten Voraussetzungen – dadurch hinwegsetzen würde, dass sie dem Beteiligten zu 37. nicht ermöglicht, eine auch jetzt noch mögliche gütliche Einigung mit dem Mieter M… D… über den Erlass der aufgelaufenen Mietschulden zu treffen.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
- Die Wertfestsetzung auf 10% des unbereinigten Nachlasswertes, den der Senat anhand der Anlage AG 15 mit 547.529,74 € ermittelt hat, beruht auf § 61, 65 GNotKG.
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.
Anmerkung: Vorliegend erfolgte die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des Beschlusses im Volltext, um die Höhe der Hürden zu verdeutlichen, die bezüglich der Entlassung eines Testamentsvollstreckers existieren. Lediglich bei ausgesprochen krassen Verfehlungen lässt die Rechtsprechung die Entlassung zu. In ähnlicher Weise wird seitens der Rechtsprechung auch bezüglich seitens der Justiz eingesetzter Insolvenzverwalter agiert. Es steht durchaus zu vermuten, dass die ausßerordentlich restriktive Entlassungs- / Abberufungspolitik der Rechtsprechung mit dem Umstand zusammenhängt, dass die Bestellung eben durch die Justiz erfolgt, die Entlassung daher wie ein Eingeständnis eines Fehlers wirkt. Den Betroffenen hilft es in derartigen Fällen „herzlich“ wenig, wenn der eingesetzte Testamentsvollstrecker ggf. künftig durch die Justiz nicht mehr berücksichtigt wird. In vielen Fällen handelt es sich auch nicht um berufsmäßig tätige Testamentsvollstrecker, sondern durch den Erblasser selbst bestimmte Testamentsvollstrecker, oftmals der frühere Steuerberater, die zum ersten und hoffentlich einzigen Mal in ihrem Berufsleben derartige Funktionen ausüben. Dann aber bedarf es nach diesseitiger Auffassung deutlich besserer, schnellerer und effizienterer Kontrolle der Testamenstvollstrecker durch die Gerichte und eben weniger Scheu auch bei der Entlassung bzw. Abberufung derselben.