Nachfolgend ein Beitrag vom 26.07.2016 von Fortmann, jurisPR-HaGesR 7/2016 Anm. 4

Leitsätze

1. Im kaufmännischen Verkehr genügt die Übergabe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen von Vorverhandlungen für deren wirksame Einbeziehung nach §§ 305 ff. BGB und UN-Kaufrecht.
2. Der ausländische Vertragspartner hat die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn der Hinweis auf deren Geltung in der Verhandlungssprache erfolgt. Den Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst braucht der Verwender nur dann in der Verhandlungssprache oder in einer Weltsprache vorzulegen, wenn der Vertragspartner dies ausdrücklich von ihm verlangt.
3. Eine Klausel über eine Vereinbarung des Erfüllungsortes ist nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB und hält jedenfalls im kaufmännischen Verkehr einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand.
4. Im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wirkt sich ein nach Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO wirksam vereinbarter Erfüllungsort auf den Gerichtsstand unabhängig davon aus, ob die Formvorschriften des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO beachtet wurden.

A. Problemstellung

Bei Handelsgeschäften, bei denen die Parteien aus verschiedenen Staaten stammen, werden eine oder beide Parteien versuchen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag mit einzubeziehen. Es stellt sich in dieser Situation – wie im vorliegenden Fall – dann die Frage, wann eine wirksame Einbeziehung der AGB vorliegt.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin ist eine deutsche Herstellerin von Polstermöbeln. Der niederländische Beklagte wollte eine Musterkollektion von der Klägerin erwerben. Es fanden diesbezüglich Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien statt. Zu einem nicht mehr genau nachvollziehbaren Zeitpunkt, der aber jedenfalls vor der ersten Bestellung des Beklagten lag, übergab die Klägerin dem Beklagten ihre Preisliste mit den darin befindlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. In den AGB der Klägerin ist eine Regelung enthalten, die als anwendbares Recht das Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss des einheitlichen Kaufgesetzes und des UN-Kaufrechts bestimmt. Ferner wird in den AGB die Niederlassung der Klägerin als Erfüllungsort festgelegt.
Ende des Jahres 2011 bot ein Handelsvertreter der Klägerin dem Beklagten verschiedene Möbelstücke unter Gewährung von Rabatten zum Kauf an. Daraufhin bestellte der Beklagte bei der Klägerin die streitgegenständlichen Polstermöbel. Unklar ist, ob zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurde, dass die bestellten Möbel mit Spannstoffen geliefert werden sollten, in denen das Logo des Beklagten eingearbeitet werden sollte. Die Klägerin versandte daraufhin eine Auftragsbestätigung über die Lieferung der Möbelstücke zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von ca. 8.800 Euro. In dieser Auftragsbestätigung ist in deutscher Sprache folgender Zusatz enthalten: „Dieser Auftrag unterliegt den Ihnen bekannten Bedingungen.“
Die Möbel wurden Ende April 2012 an den Beklagten geliefert. Der Kaufpreis wurde vom Beklagten trotz mehrfacher Mahnungen nicht bezahlt. Der Handelsvertreter der Klägerin teilte im Juli 2012 dem Beklagten mit, dass der Spannstoff mit dem Logo zeitnah erwartet werde und dass nach Lieferung dieser Spannstoff nachträglich an den Möbeln angebracht werden könne.
Im Oktober 2012 bestätigte die Klägerin dem Beklagten mit einer Änderungsanzeige die Bestellung von Spannstoffen in den Farben schwarz und beige mit Logo gemäß Auftrag aus August 2012. Dem Beklagten wurden spätestens im Oktober 2012 die bestellten Spannstoffe geliefert. Die entsprechende Rechnung der Klägerin wurde vom Beklagten – mit Ausnahme der Frachtkosten – bezahlt.
Im November 2012 teilte der Beklagten der Klägerin mit, dass er die Zusammenarbeit aufgrund fehlenden Vertrauens nicht fortsetzen werde, und verweigerte weiterhin den Ausgleich der noch offenen Rechnungsbeträge. Die Klägerin machte diese nunmehr gerichtlich gegen den Beklagten geltend.
Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Klägerin sowohl ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die gelieferten Möbel als auch auf Ausgleich der Frachtkosten samt Zinsen zustehe.
Das Gericht sah – anders als die Vorinstanz – zunächst die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte als gegeben an. Das Gericht bejahte, dass der Ort der Niederlassung der Klägerin zwischen den Parteien als relevanter Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO festgelegt worden sei. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Erfüllungsortvereinbarungen seien nach der Rom I-Verordnung zu beurteilen. Dabei sei auf den Vertrag deutsches Recht anwendbar, da die Rechtswahl in den AGB zugunsten des deutschen Rechts wirksam sei. Die wirksame Einbeziehung der AGB der Klägerin in den Vertrag ergebe sich aus den §§ 305 ff. BGB. Es reiche dabei im kaufmännischen Geschäftsverkehr aus, wenn der Verwender auf die Einbeziehung von AGB im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss hinweise und der Vertragspartner der Geltung nicht widerspreche. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Der Beklagte habe die Preisliste mit den AGB von der Klägerin erhalten. Zudem habe der Handelsvertreter der Klägerin bei Übergabe der Preisliste ausdrücklich auf die Einbeziehung der AGB hingewiesen. Dies begründe eine im Voraus getroffene Einziehungsvereinbarung nach § 305 Abs. 3 BGB. Zudem sei nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch der Hinweis in der Auftragsbestätigung auf die AGB ohne Widerspruch des Beklagten ausreichend, damit die AGB der Klägerin wirksam zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden seien. Da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Beklagten spätestens im November 2011 übergeben worden seien, hatte dieser auch genügend Zeit, diese zur Kenntnis zu nehmen. Es sei dabei unschädlich, dass der Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen lediglich in deutscher und englischer Sprache verfasst gewesen sei, da der Beklagte nicht ausdrücklich eine andere Sprache verlangt habe.
Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin unstreitig die Möbel an den Beklagten geliefert habe. Das Gericht sah auch nicht einen Sachmangel der Möbel darin, dass das Logo des Beklagten auf diesen fehlte. Ein entsprechender Sachmangel könne nicht festgestellt werden, da der Beklagte die Behauptung, dass sein Logo in den Futterstoff der gelieferten Möbel eingearbeitet werden sollte, nicht beweisen konnte. Selbst wenn allerdings die gelieferten Möbel fehlerhaft gewesen sein sollten – so das Gericht weiter –, würde die Ware nach § 377 Abs. 2 und 3 HGB i.V.m. Ziffer 4 der AGB der Klägerin als genehmigt gelten, da eine in den AGB der Klägerin vorgesehene schriftliche Rüge durch den Beklagten nicht erhoben worden sei.

C. Kontext der Entscheidung

Der Entscheidung des OLG Hamm ist zuzustimmen. Der BGH hat entschieden, dass jedenfalls in denjenigen internationalen Sachverhalten, in denen sich die Einbeziehung von AGB nach § 305 BGB richtet, diese Bestimmungen dann zum Vertragsinhalt werden, wenn auf diese Bezug genommen werde und der Geschäftspartner die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von diesen habe (BGH, Urt. v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01). Die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme besteht z.B. schon dann, wenn die AGB beim Verwender angefordert werden können. Diese Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme ist in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall zu bejahen, da die AGB der Klägerin dem Beklagten zumindest in englischer Sprache vorlagen und daher vom Beklagten hätten zur Kenntnis genommen werden können. Daher ist auch unschädlich, dass die AGB nicht in niederländischer Sprache vorlagen, da im internationalen Rechtsverkehr – jedenfalls ohne anderweitige Anhaltspunkte – davon ausgegangen werden darf, dass der Vertragspartner der englischen Sprache mächtig ist.

D. Auswirkungen für die Praxis

Um im internationalen Geschäftsverkehr sicherzustellen, dass die eigenen AGB in den Vertrag einbezogen werden, sollten diese dem Vertragspartner vorab – auch in englischer Sprache – übersandt werden und auf den Einbeziehungswunsch – am besten in Text- oder Schriftform – ausdrücklich bei Vertragsschluss hingewiesen werden. Bei einer solchen Vorgehensweise erübrigt sich dann die Klärung der ansonsten aufzuwerfenden Frage, ob im konkreten Fall die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme bestand.