„Ein Ehrenamt ist schnell übernommen. Immer wieder werden gerade erfolgreiche Rechtsanwälte und Steuerberater oder ihre Mandanten und Bekannten voreilig 1. oder 2. Vorsitzender, Kassenwart oder Schriftführer in einem Verein. Aber sind auch alle Konsequenzen bedacht worden? Viele ehrenamtliche Vorstandsmitglieder glauben noch immer, nicht privat zu haften, wenn sie ihre Tätigkeit als Vorstandsmitglied ausüben. Häufig gehen sie davon aus, geschützt zu sein, weil sie „alles nur für den Verein“, darüberhinaus für einen gemeinnützigen Verein und zudem „ehrenamtlich“ tun. Zwar haftet bei einem eingetragenen Verein im Allgemeinen nur der Verein selbst. Nur in bestimmten Ausnahmefällen sind Ansprüche unmittelbar gegen Vorstandsmitglieder denkbar. Aber die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren gravierend verändert. Und die Regressmentalität steigt. Dadurch haben sich auch die wirtschaftlichen Risiken der Vereine und damit die Haftungsrisiken der handelnden Personen deutlich erhöht.“

So beginnt ein sehr informativer Aufsatz von Prof. Dr. Harald Ehlers, veröffentlicht in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) vom 8.9.2011, S. 2.689-2752. Der Volltext ist auch hier abrufbar.

An Aktualität hat der Aufsatz bis zum heutigen Tage nichts eingebüßt. Wir haben gerade in den letzten Wochen persönliche Haftungsinanspruchnahmen von Vereinsvorständen seitens der Finanzverwaltung in ganz nennenswerter und Existenz bedrohender Größenordnung abwehren können. Das hat uns zu diesem Beitrag veranlasst. Schließlich nehmen Mitglieder unserer Kanzlei auch mehrere ehrenamtliche Vorstandsposten wahr, sind also selbst betroffen.

Reitturniere (z.B. Springreiten und Geländeritte), Sicherung der Radrennfahrer gegen querende Zuschauer, Absicherungen bei einem Fussballplatz in Straßennähe oder bei einem Mountainbike-Rennen, jegliche Motorsport-Veranstaltungen: All diese Veranstaltungen sind potentiell außerordentlich gefahrenträchtig im Hinblick auf die Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflichten. Auch steuerliche Verpflichtungen und aus deren Nichtbefolgung abzuleitende persönliche Haftungen dürfen keineswegs vernachlässigt werden. Die Finanzverwaltung ist gerade in den letzten Jahren verstärkt und vermehrt dazu übergegangen, den vormals immer wieder anzutreffenden „Welpenschutz“ für Vereinsvorstände gänzlich aufzugeben. Hier wird zwischenzeitlich mit ganz harten Bandagen gearbeitet, vergleichbar etwa denjenigen gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH.

Wenn der Vorstand aus mehreren Mitgliedern besteht, was der Regelfall sein dürfte, sind alle Vorstandsmitglieder für alle Angelegenheiten des Vereins zuständig. Interne Aufgabenverteilungen spielen bei der Haftung keinerlei Rolle! Daher haften alle Vorstandmitglieder auch gesamtschuldnerisch, jedes Vorstandsmitglied für den vollen Betrag. Es ist also möglich, dass das vermögendste Vorstandsmitglied in die Haftung genommen wird und den Schaden vollständig allein bezahlen muss. Dieses Vorstandsmitglied muss sich dann über den sog. Gesamtschuldnerinnenausgleich schadlos halten. Bonitätsrisiken der Vorstandskollegen gehen dann zu Lasten des zunächst in Anspruch genommenen Vorstandsmitgliedes.

Bei wie vielen Vereinen wird es mit den Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten nach § 135 ff. AO genau genommen? Wird wirklich jede Einnahme aus dem Verkauf von Eintrittskarten, Getränke- und Kuchenverkauf erfasst? Was ist mit der Vermietung von Vereinseigentum? Wie wird die Frage einer evtl. Umsatzsteuerpflicht beantwortet? Hier gelangt der Verein schnell über die Grenze von 17.500€ Jahreseinnahmen (ohne Mitgliedsbeiträge, öffentliche Zuschüsse etc.), man denke z.B. auch an Bannerwerbung etc.

Gelangt der Verein – wie leider häufig – in eine wirtschaftliche Krise, ist ganz besondere Vorsicht angebracht, der Rat eines erfahrenen Rechtsanwaltes zwingend einzuholen, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat zum Umgang mit den „letzten Geldern“ ganz besondere Grundsätze aufgestellt, die strikt zu beachten sind.

Lassen die laufenden Einnahmen des Vereins den Abschluss einer Vermögensschadenversicherung / D & O-Versicherung für die Vereinsvorstände zu, sollte dies zwingend auf die Tagesordnung der nächsten Mitgliederversammlung gesetzt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich immer weniger qualifizierte Personen zur Übernahme einer ehrenamtlichen Vorstandstätigkeit bereit finden.