Nachfolgend ein Beitrag vom 10.10.2018 von Bertlings, jurisPR-StrafR 20/2018 Anm. 5

Leitsatz

Bereits das Halten eines Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeuges ist ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. Auf den Grund des Haltens kommt es nicht an.

A. Problemstellung

Die hier besprochene Entscheidung setzt sich mit den Anforderungen des § 23 Abs. 1a StVO n.F. auseinander. Nach dieser Vorschrift darf ein Kraftfahrzeugführer ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation dient, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch in der Hand gehalten wird. Dies wirft eine für die Praxis ungemein wichtige Frage auf: Erfordert das Benutzen mehr als ein In-den-Händen-Halten?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Das AG Lingen hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen die §§ 23 Abs. 1a, 49 StVO; § 24 StVG zu einem Bußgeld von 120,00 Euro verurteilt.
Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde zum OLG Oldenburg. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Betroffene fuhr mit seinem PKW und hielt während der Fahrt ein Mobiltelefon in der rechten Hand, wobei er mehrere Sekunden auf das Display schaute. Er wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt nicht gestattet ist. Ob der Fahrer das Mobiltelefon darüber hinaus auch funktionsgemäß genutzt hatte, ist unbekannt.
Das OLG Oldenburg hat die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nicht zugelassen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hielt der Betroffene während des Führens eines PKW ein Mobiltelefon in der rechten Hand und schaute mehrere Sekunden auf das Display.
In seiner Beschwerde hat der Betroffene angeführt, dass allein durch das Halten die Nutzung des Mobiltelefons nicht belegt sei.
Nach Auffassung des OLG Oldenburg stellt das Halten eines Mobiltelefons sehr wohl eine Nutzung dar. Auf die Gründe, weshalb der Betroffene das Mobiltelefon gehalten habe, komme es nicht an.
Durch die Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO sollte die Regelungslücke für die Fälle geschlossen werden, in denen das Gerät in der Hand gehalten werde, obwohl dies nicht erforderlich sei (BR-Drs. 556/17, S. 26). Die Neufassung verfolgt deshalb normtechnisch einen anderen Weg: Der neue Abs. 1a enthält, statt des bisherigen Verbotes, nunmehr ein Gebot, wann eine Gerätenutzung zulässig ist (Eggert in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 23 StVO, 1. Überarbeitung Rn. 26).
Demnach ist eine Nutzung nur dann zulässig, wenn das Gerät weder aufgenommen noch gehalten werde. Indem der Betroffene das Smartphone gehalten habe, habe er bereits gegen § 23 Abs 1a StVO n.F. verstoßen (vgl. Fromm, MMR 2018, 68, 69). Von einer weitergehenden Begründung sah das OLG Oldenburg gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG ab.

C. Kontext der Entscheidung

Der erst später hinzugefügte § 23 Abs. 1a StVO untersagt es dem Führer eines Kraftfahrzeugs, ein elektronisches Gerät, welches der Kommunikation, Information oder Organisation dient, oder zu dienen bestimmt ist, zu benutzen. Darunter fallen insbesondere Mobiltelefone. Zweck der Norm ist, dass der Fahrer beide Hände zur Verfügung hat und damit letztlich die Sicherheit des Straßenverkehrs (Krenberger in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 23 StVO Rn. 12).
Unter der Nutzung werden zahlreiche Handlungen verstanden und eben nicht nur das Telefonieren mit dem Mobiltelefon (Krenberger in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 23 StVO Rn. 13). Maßgeblich ist die Tatsache, dass der Führer des Kraftfahrzeugs das Mobiltelefon in der Hand hält (Krenberger in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 23 StVO Rn. 13).
Dies wird durch die Entscheidung des OLG Oldenburg noch einmal bestätigt. Nach Auffassung des OLG Oldenburg stellt jegliche Form der Benutzung außerhalb der in Nr. 1 und Nr. 2 aufgeführten Konstellationen einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO dar. Eine Benutzung eines in § 23 StVO aufgeführten Gerätes ist nur in den in Nr. 1 und Nr. 2 aufgeführten Fällen gestattet. Sie führt mithin die bestehende Rechtsprechungspraxis weiter (vgl. auch: OLG Hamm, NJW 2006, 2870).

D. Auswirkungen für die Praxis

Durch die Entscheidung des OLG Oldenburg wird klargestellt, dass es nicht auf die Beweggründe der Fahrzeugführer, warum diese ein Mobiltelefon gehalten haben, ankommt. Das In-der-Hand-Halten eines Mobiltelefons erfüllt den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO.
Demzufolge bedarf es zukünftig keiner dezidierten Beweisaufnahme mehr, in der die Gründe des Fahrzeugführers ermittelt werden müssen, die diesen dazu bewegt haben, das Mobiltelefon in der Hand zu halten, da das In-der-Hand-Halten des Mobiltelefons explizit durch Nr. 1 verboten wird. Gleichwohl kann aber nicht aus jeder Form der Nutzung auf die Wiederrechtlichkeit geschlossen werden, da nach der Entscheidung des BVerfG keine Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen stattfinden darf („Verschleifungsverbot“ BVerfG, NJW 2010, 3209 ff.). Demzufolge sollte bei der Anwendung der Norm ein besonderes Augenmerk auf das oben erwähnte Verschleifungsgebot des BVerfG gelegt werden und die Formen der Nutzung, bei denen das Mobiltelefon nicht aufgenommen wurde, explizit auf ihre Widerrechtlichkeit überprüft werden.
Auf diese Weise wird dem Zweck der Regelung, nämlich die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, bestmöglich Rechnung getragen.

Das Halten eines Mobiltelefons stellt einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO dar
Andrea KahleRechtsanwältin

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