Um einen Einstieg in dieses immer wieder den Anlass für Streitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandant und daraus folgend den Gegenstand zahlreicher anwaltsgerichtlicher Entscheidungen bildende „Fremdgeldthema“zu erlangen, verweist der Verfasser zunächst auszugsweise auf folgende grundsätzliche Ausführungen der Rechtsanwaltskammer München:
Allgemein
Gemäß § 43 a V 1 BRAO ist ein Rechtsanwalt bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Insbesondere sind fremde Gelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen (§ 43 a V 2 BRAO, § 4 II 1, 2 1.Hs. BORA). Über Fremdgelder ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandats, abzurechnen (§ 4 II 6 BORA).
„Unverzügliche“ Weiterleitung
Fremdgelder und sonstige Vermögenswerte, insbesondere Wertpapiere und andere geldwerten Urkunden, sind unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 I BGB) weiterzuleiten. Soweit „ohne schuldhaftes Zögern“ im Sinn des § 121 I BGB die Weiterleitung binnen 1-2 Tagen meint, ist aber zu berücksichtigen, dass einem Rechtsanwalt genügend Zeit zur Verfügung stehen muss, um zu überprüfen, wem die Gelder zustehen und auf welche Konten das Fremdgeld weiterzuleiten ist.
Einzahlung auf ein Anderkonto
Teilt der Mandant auf Nachfrage nicht mit, auf welches Konto der ihm zustehende Geldbetrag einzuzahlen ist oder ist der Mandant weder postalisch noch telefonisch zu erreichen, ist das Fremdgeld auf ein Anderkonto einzuzahlen, § 43 a V 2 BRAO, § 4 II 2 BORA. Abweichende Vereinbarungen sind möglich. Mit Änderung der BORA zum 01.07.2009 wurde ein neuer Satz 4 in § 4 II BORA eingefügt. Danach ist es möglich, mit dem Mandanten bezüglich der Weiterleitungs-, Verwaltungs- und Verwahrpflichten abweichende Vereinbarungen zu treffen. Die Vereinbarungen müssen in Textform (§ 126 b BGB) getroffen werden.
Professionell geführte Rechtsanwaltskanzleien verfügen über ein sog. Sammelanderkonto, auf das Fremdgeldzahlungen etwa von Haftpflichtversicherern o.ä. auf entsprechende Anweisung direkt zur Einzahlung kommen. Damit ist zunächst sichergestellt, dass auch nicht zeitweise eine Vermischung eigener und fremder Gelder des Rechtsanwaltes auf dem „normalen“ Kanzleikonto stattfinden. Problematisch kann dies durchaus nicht nur dann werden, wenn die Konten im Rahmen eines dem Rechtsanwalt gewährten Kontokorrentkredites auf dem laufenden Konto debitorisch geführt werden.
Leitet der Rechtsanwalt Fremdgelder nicht unverzüglich in dem oben beschriebenen Sinne an den Mandanten weiter, kann er sich der Unterschlagung (§ 246 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) strafbar machen. Der Tatbestand der Untreue birgt für den Rechtsanwalt ein ziemlich großes Risiko, denn für die Verwirklichung des Tatbestandes reicht bereits eine sog. schadensgleiche Vermögensgefährdung aus. Es kann den Rechtsanwalt in diesen Konstellationen also nicht entlasten, wenn er späterhin den Geldbetrag noch zur Auszahlung bringt.