Nachfolgend ein Beitrag vom 10.5.2017 von Hamann, jurisPR-ArbR 19/2017 Anm. 3

Orientierungssätze

1. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ist eine die nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagende Norm, die als Verbotsnorm i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dem Betriebsrat das Recht zur Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung gibt, weil der Zweck der Regelung nur erreicht werden kann, wenn die Einstellung insgesamt unterbleibt.
2. Die Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ergibt, dass die zeitliche Limitierung nicht arbeitsplatz-, sondern arbeitnehmerbezogen ist.

A. Problemstellung

Aufgrund des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28.04.2011 (BGBl I, 642; künftig: Missbrauchsverhinderungsgesetz) hatte der Gesetzgeber in Umsetzung der RL 104/2008/EG über Leiharbeit in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neu geregelt, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“ erfolgt. Eine Konkretisierung des Begriffs „vorübergehend“ erfolgte nicht. Das hat in der Praxis zu einer ganz erheblichen Rechtsunsicherheit über die rechtliche Bedeutung und den Inhalt dieses unbestimmten Rechtsbegriffs geführt (Hamann, RdA 2014, 271; ders., NZA 2015, 904). Zwar hat der Gesetzgeber dieses Versäumnis inzwischen behoben. Am 01.04.2017 trat das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.02.2017 (BGBl I, 258; künftig: AÜG-ReformG 2017) in Kraft (Art. 7 AÜG-ReformG 2017). Dieses legt in § 1 Abs. 1b AÜG eine grundsätzliche gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinanderfolgenden Monaten fest (Bissels/Falter, ArbR 2017, 4; Hamann/Rudnik, NZA 2017, 209; Lembke, NZA 2017, 1, 3 ff.). Auf Sachverhalte aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ist jedoch weiter § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG a.F. anzuwenden. Für solche Altfälle bedarf es also noch der inhaltlichen Konkretisierung von „vorübergehend“. Das LArbG Frankfurt leistet hierzu einen Beitrag.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die beteiligten Arbeitgeber sind Unternehmen der chemischen Industrie und unterhalten einen Gemeinschaftsbetrieb mit ca. 400 Arbeitnehmern. Für den Gemeinschaftsbetrieb ist ein Betriebsrat gewählt. Zur Abdeckung von Personalengpässen in der Kommissionierung sollten ursprünglich Arbeitsverträge mit befristet Beschäftigten für die Zeit vom 15.03.2015 bis zum 31.01.2017 sachgrundlos befristet verlängert werden, was nach dem anwendbaren Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie (künftig: MTV Chemie) mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig gewesen wäre. Nachdem der Betriebsrat die nach dem MTV Chemie erforderliche Zustimmung zur befristeten Weiterbeschäftigung verweigert hatte, entschieden die Arbeitgeber, die ständig und dauerhaft anfallenden Arbeiten für die Zeit vom 04.05.2015 bis zum 31.01.2017 von Leiharbeitnehmern erledigen zu lassen und beantragten hierzu die Zustimmung des Betriebsrats. Auch dem Einsatz der von den Arbeitgebern bezeichneten Leiharbeitnehmer widersprach der Betriebsrat. Zur Begründung führte er an, der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen verstoße gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG und damit gegen ein Gesetz i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Außerdem seien infolge der geplanten Maßnahme Nachteile i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer zu befürchten. Daraufhin informierten die Arbeitgeber den Betriebsrat über den vorläufigen Einsatz der Leiharbeitnehmer.
Nachdem der Betriebsrat unverzüglich die dringende Erforderlichkeit der Maßnahme bestritten hatte, leiteten die Arbeitgeber fristgerecht das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG ein und beantragten zudem festzustellen, dass die Einstellung der Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Zwischenzeitlich wurde das Beschlussverfahren bis auf den Leiharbeitnehmer B. eingestellt. Den Anträgen der Arbeitgeber wurde erst- und zweitinstanzlich entsprochen.
Das LArbG Frankfurt geht im Ausgangspunkt mit dem BAG (Beschl. v. 10.07.2013 – 7 ABR 91/11, m. Anm. Hamann, jurisPR-ArbR 47/2013 Anm. 1; Beschl. v. 30.09.2014 – 1 ABR 79/12, m. Anm. Bissels, jurisPR-ArbR 10/2015 Anm. 1) davon aus, dass eine nicht vorübergehende Überlassung von Leiharbeitnehmern gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der bis zum 31.03.2017 geltenden Fassung und damit ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verstößt. Im gegebenen Fall sollte der für die Zeit vom 04.05.2015 bis zum 31.01.2017 geplante Einsatz des Leiharbeitnehmers B. jedoch „vorübergehend“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG a.F. erfolgen. In Anwendung der anerkannten Auslegungsmethoden Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck gelangt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass weder die Einsatzdauer von fast 21 Monaten noch der Umstand, dass der Einsatz auf einem ständig zu besetzenden Dauerarbeitsplatz erfolgen sollte, gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG a.F. verstoße. „Vorübergehend“ beziehe sich auf die Einsatzdauer des einzelnen Leiharbeitnehmers und sei insofern arbeitnehmerbezogen. Darauf, ob ein nur vorübergehender Beschäftigungsbedarf auf einem bestimmten Arbeitsplatz bestehe (Arbeitsplatzbezug), komme es nicht an. Insbesondere sei für den Einsatz eines Leiharbeitnehmers kein vorübergehender Bedarf i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zu fordern. Verlange der Gesetzgeber zusätzlich zu einer zeitlichen Komponente einen sachlichen Grund, habe er dies – wie in § 14 TzBfG – ausdrücklich geregelt. Eine feste zeitliche oder sachliche Einschränkung von „vorübergehend“ resultiere auch nicht aus den Vorgaben der RL 2008/104/EG. Vielmehr werde der Begriff im unionsrechtlichen Kontext als flexible Zeitkomponente verstanden und deshalb bewusst auf eine bestimmte Überlassungshöchstgrenze verzichtet. In Anwendung dieses Auslegungsergebnisses sei der von vornherein befristet vorgesehene Einsatz des Leiharbeitnehmers B, „vorübergehend“. Dass den Arbeitgebern als Alternative die tariflich verlängerte Befristung von Arbeitsverträgen zur Verfügung stehe, sei unerheblich. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern bewirke zudem keine Umgehung des Tarifvertrags, der eine befristete Weiterbeschäftigung der bisherigen Arbeitnehmer zuließ. Denn die Arbeitgeber hätten erst auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern zurückgegriffen, nachdem der Betriebsrat der befristeten Weiterbeschäftigung widersprochen hatte. Schließlich werde das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht umgangen; denn dieser habe sowohl bei der befristeten Einstellung eigener Arbeitnehmer als auch beim befristeten Einsatz von Leiharbeitnehmern mitzubestimmen.
Das Landesarbeitsgericht verneint zudem ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG. Die Ausführungen des Betriebsrats ließen insbesondere nicht erkennen, inwiefern die in der Kommissionierung eigene Beschäftigte durch einen Einarbeitungsaufwand zusätzlich belastet würden. Und die Nachteilsfiktion nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 HS. 2 BetrVG greife schon deshalb nicht ein, weil der Leiharbeitnehmer B. nur befristet eingestellt werden sollte.
Begründet sei auch der Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Es sei nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeber die Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung der Einstellung des Leiharbeitnehmers B. grob verkannt haben könnten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass alle Schichten für einen geordneten Produktionsablauf vollständig besetzt sein müssten.
Gegen die Entscheidung ist Rechtsbeschwerde eingelegt (Az. des BAG: 7 ABR 9/17).

C. Kontext der Entscheidung

Bisher musste das BAG nicht entscheiden, wie „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG zu konkretisieren ist. Es ging jeweils um zeitlich unbefristete Einsätze von Leiharbeitnehmern. Die Instanzrechtsprechung ist uneinheitlich. Zum Teil wird bereits ein befristeter Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz generell für unzulässig gehalten (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12, m. Anm. Zimmermann/Gregori, jurisPR-ArbR 40/2013 Anm. 4; LArbG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 09.01.2013 – 15 Sa 1635/12, m. Anm. Hamann, jurisPR-ArbR 10/2013 Anm. 1; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.03.2013 – 18 TaBV 2150/12, 18 TaBV 2192/12, m. Anm. Bissels, jurisPR-ArbR 32/2013 Anm. 3). Anderen Entscheidungen zufolge ist das Merkmal „vorübergehend“ arbeitsplatzbezogen zu verstehen. Es komme darauf an, ob der Einsatz des Leiharbeitnehmers zur Abdeckung eines nur zeitlich befristeten Beschäftigungsbedarfs erfolge (LArbG Frankfurt, Beschl. v. 02.06.2016 – 5 TaBV 200/15; LArbG Hamburg, Beschl. v. 23.09.2014 – 2 TaBV 6/14, m. Anm. Ulrici, jurisPR-ArbR 17/2015 Anm. 4; LArbG Stuttgart, Urt. v. 31.07.2013 – 4 Sa 18/13; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2013 – 24 TaBV 1868/12; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.04.2013 – 4 TaBV 2094/12, m. Anm. Klein, jurisPR-ArbR 39/2013 Anm. 4; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.03.2013 – 9 TaBV 2113/12). Wiederum anderen Entscheidungen zufolge ist „vorübergehend“ arbeitnehmerbezogen auszulegen; entscheidend sei, dass die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei demselben Entleiher zeitlich begrenzt erfolge (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.05.2014 – 14 TaBV 184/14, m. Anm. Hamann, jurisPR-ArbR 43/2014 Anm. 2; LArbG Frankfurt, Beschl. v. 20.11.2014 – 9 TaBV 108/14, m. Anm. Bissels, jurisPR-ArbR 20/2015 Anm. 2; LArbG Hamburg, Beschl. v. 04.09.2013 – 5 TaBV 6/13; LArbG Düsseldorf, Beschl. v. 02.10.2012 – 17 TaBV 48/12, m. Anm. Boemke, jurisPR-ArbR 6/2013 Anm. 1), wozu schon die Kündbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ausreichen soll (LArbG Stuttgart, Urt. v. 09.04.2013 – 6 Sa 105/12, m. Anm. Hamann, jurisPR-ArbR 31/2013 Anm. 2). Entsprechend vielfältig stellt sich das Meinungsspektrum in der Literatur dar (vgl. Ulrici in: HK-AÜG, 1. Aufl. 2017, § 1 Rn. 90).
Vorzugswürdig erscheint eine „Sowohl-als auch-Lösung“: „Vorübergehend“ ist der Einsatz zum einen, wenn er – arbeitsplatzbezogen – zur Abdeckung eines beim Entleiher nur zeitlich begrenzten Beschäftigungsbedarfs erfolgt, zum anderen aber auch dann, wenn ein Leiharbeitnehmer für einen begrenzten Zeitraum zur Erledigung von zeitlich nicht begrenzter Daueraufgaben überlassen wird. Im ersten Fall besteht aufgrund der Koppelung des Einsatzes an einen zeitlich begrenzten Beschäftigungsbedarf beim Entleiher von vornherein nicht die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung der Leiharbeit. Im Gegenteil entspricht es geradezu ihrer Funktion, einen temporären Beschäftigungsbedarf im entleihenden Unternehmen aufzufangen. Grundsätzlich zulässig ist es andererseits, Leiharbeitnehmer zur Abdeckung eines Dauerbeschäftigungsbedarfs einzusetzen. Weder dem nationalen Recht noch dem Unionsrecht lässt sich ein dahingehendes Verbot entnehmen (zu Letzterem Hamann/Klengel, EuZA 2017, 194, 201 f.). Wann die Grenze zu einer nicht mehr vorübergehenden Überlassung überschritten ist, muss anhand einer Missbrauchskontrolle im Einzelfall entschieden werden. Diese Missbrauchskontrolle ist an den mit der RL Leiharbeit verfolgten Zielen auszurichten. Denn mit dem Missbrauchsverhinderungsgesetz vom 28.04.2011 wollte der nationale Gesetzgeber die Vorgabe „vorübergehend“ in Art. 3 Abs. 1 Buchst. e RL Leiharbeit lediglich „eins zu eins“ in das nationale Recht überführen (BT-Drs. 17/4804, S. 8). Nach den in Art. 2 RL Leiharbeit niedergelegten Zielen verfolgt die RL Leiharbeit ein ausgewogenes Verhältnis von Schutz der Leiharbeitnehmer und Interesse der Arbeitgeber an einer Flexibilisierung der Arbeitsbeziehungen (sog. Flexicurity; vgl. Erwägungsgrund Nr. 9; Brors, ArbuR 2013, 108, 111 f.; Rebhahn/Schörghofer in EU-ArbR, 2016, RL 2008/104/EG, Art. 1 Rn. 15). Den Schutz der Leiharbeitnehmer bezwecken vor allem der Gleichstellungsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 RL Leiharbeit und die mit Art. 6 Abs. 1 bis 3 RL Leiharbeit angestrebte Vollintegration der Leiharbeitnehmer in das entleihende Unternehmen (Hamann/Klengel, EuZA 2017, 194, 201 f.). Darüber hinaus soll aber auch die Stammbelegschaft vor einer Verdrängung durch Leiharbeitnehmer bewahrt werden (Rebhahn/Schörghofer in: EUArbR, RL 2008/104/EG Art. 2 Rn. 2; Gregori, „Vorübergehende“ Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland, Diss. Hamburg 2016, S. 138 ff.).
Anhaltspunkte für eine gemessen an diesen Richtlinienzielen noch hinnehmbare Gesamtdauer der Überlassung sowie die Zulässigkeit aufeinander folgender befristeter Überlassungen lassen sich dem Befristungsrecht und der dazu ergangenen Rechtsprechung entnehmen. Sowohl bei der befristeten Beschäftigung als auch bei der Leiharbeit handelt es sich um prekäre Beschäftigungen. Sie sind für die Arbeitnehmer mit größerer Unsicherheit in Bezug auf den Erhalt des Arbeitsplatzes verbunden und verlangen ihnen typischerweise ein größeres Maß an Mobilität und zeitlicher Flexibilität ab. Wie Art. 5 Abs. 5 Satz 1 RL Leiharbeit enthält auch die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18.03.1999 (ABl EG 1999 Nr. L 175, 43) im Anhang der RL 1999/70/EG vom 28.06.1999 (ABl EG 1999 Nr. L 175, 43) in § 5 Nr. 1 die Vorgabe, einen „Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden“. Daher erscheint es sachgerecht, sich zur Konkretisierung von „vorübergehend“ an die Wertungen in § 14 Abs. 2 bis 4 TzBfG und der dazu ergangenen Rechtsprechung (zuletzt BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15 – NZA 2017, 382; BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15 – NZA 2017, 463) anzulehnen (näher Hamann, NZA 2011, 70, 72 ff.; ders., Anm. zu LArbG Berlin v. 22.05.2014 – 14 TaBV 184/14, jurisPR-ArbR 43/2014 Anm. 2).
Im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG wäre hier mit dem Landesarbeitsgericht der auf knapp 21 Monate befristete Einsatz auf einem Dauerarbeitsplatz noch als „vorübergehend“ anzusehen.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Auslegung von „vorübergehend“ hat das Konfliktpotenzial zwischen den Betriebspartnern deutlich erhöht. Betriebsräte, die die Leiharbeit ohnehin kritisch sehen, legen den Begriff sehr eng aus und nutzen ihr Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG, um die befürchtete Verdrängung von Stammbeschäftigten durch Leiharbeitnehmer zu verhindern. Es bleibt zu hoffen, dass das BAG in den anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren für Klarheit sorgt, damit das leidige Kapitel „vorübergehend“ wenigstens für die Altfälle abgeschlossen werden kann.
Für Sachverhalte ab dem 01.04.2017 besteht aufgrund der wieder eingeführten Überlassungshöchstgrenze insofern Rechtssicherheit, als es eine gesetzliche Überlassungshöchstgrenze gibt, die durch Tarifverträge und aufgrund von Tarifverträgen durch Betriebsvereinbarungen modifizierbar ist (§ 1 Abs. 1b Satz 3 bis 7 AÜG). Doch werden neue klärungsbedürftige Fragen für neuen Konfliktstoff sorgen: Wie ist die zulässige Überlassungshöchstdauer zu berechnen? Wie ermittelt sich die zulässige Überlassungshöchstdauer bei Einsatzunterbrechungen? Die kontroverse Diskussion in der arbeitsrechtlichen Literatur hat gerade erst begonnen (vgl. Hamann/Rudnik, NZA 2017, 209; Pütz, DB 2017, 425). Gerichtsentscheidungen werden auch hier für letzte Klarheit sorgen müssen.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Der Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG ist nur abzuweisen, wenn die vorläufige personelle Maßnahme „offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht erforderlich war“. Allerdings reicht der pauschale Hinweis auf die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs als Begründung nicht aus. Vielmehr bedarf es konkretisierender Ausführungen dazu, weshalb die geplante Maßnahme keinen Aufschub duldet (LArbG Bremen, Beschl. v. 11.03.2010 – 3 TaBV 24/09, m. Anm. Hamann, jurisPR-ArbR 47/2010 Anm. 4). Andererseits kann der Antrag nicht mit der Begründung abgewiesen werden, an der Dringlichkeit fehle es, weil der Arbeitgeber den Leiharbeitnehmer ja als eigenen Arbeitnehmer einstellen könne (so LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.03.2013 – 9 TaBV 2113/12; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2013 – 24 TaBV 1868/12; LArbG Hannover, Beschl. v. 19.09.2012 – 17 TaBV 124/11). Damit wird die unternehmerische Organisationsfreiheit unzulässig eingeschränkt. Ob und wie ein bestehender Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird, entscheidet zunächst einmal der Arbeitgeber. Im vorliegenden Fall schied dieses Argument ohnehin aus, weil der Betriebsrat zuvor die befristete Verlängerung der auf den fraglichen Arbeitsplätzen beschäftigten eigenen Arbeitnehmer durch seine Zustimmungsverweigerung gerade verhindert hatte.