Nachfolgend ein Beitrag von Chab, AnwBl 2009, 789-791
Bertin Chab, München
Der Autor ist Rechtsanwalt und bei der Allianz Versicherung München tätig. Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.
Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, aber auch die meisten Versicherungsvermittler und Finanzdienstleister müssen eine Haftpflichtversicherung abschließen, damit sie ihren Beruf ausüben dürfen. Abzusichern ist dabei jeweils die Haftung wegen Vermögensschäden. Auch andere Dienstleister wie Büroserviceunternehmen oder Hausverwaltungen sind gut beraten, sich derart zu versichern. Über die Frage, was einen Vermögensschaden von anderen Schäden unterscheidet, wird erstaunlich wenig diskutiert, obwohl in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten auftauchen. Wer nicht rechtzeitig vorsorgt und sich Gedanken macht, kann in überraschende Deckungslücken beim eigenen Versicherungsschutz geraten oder auch als Berater den Versicherungsschutz des Mandanten oder Kunden falsch einschätzen und dadurch Fehler machen. Was aber macht einen Vermögensschaden aus?
I. Vermögensschaden in § 253 BGB
Im BGB begegnet uns der Begriff des Vermögensschadens in § 253 BGB. Dort wird der immaterielle Schaden als Gegenstück zum Vermögensschaden definiert. Liegt ein Vermögensschaden in diesem Sinne vor, haben wir es in aller Regel mit einer messbaren Vermögenseinbuße zu tun, während der immaterielle Schaden jenseits dessen liegt. Das Schmerzensgeld als Entschädigung für erlittene körperliche Beeinträchtigungen und Schmerzen ist nicht Ersatz für Vermögenseinbußen, der Nutzungsausfall für die fehlende Möglichkeit der Nutzung eines Kraftfahrzeugs liegt da schon im Grenzbereich und wird unter dem Stichwort „Kommerzialisierungsgedanke“ dem Vermögensschaden zugerechnet. In den allgemeinen Vorschriften zum Schaden im BGB ist der Begriff des Vermögensschadens also sehr weit als jegliche Vermögenseinbuße und allein in Abgrenzung zum immateriellen Schaden zu verstehen.
II. Versicherungsrechtliche Einordnung
1. Allgemeine Versicherungsbedingungen
Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen bieten Versicherungsschutz für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines Verstoßes von einem anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird. Die Definition des Vermögensschadens erfolgt durch § 1 I AVB-RSW: „Vermögensschäden sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung des Körpers oder Schädigung der Gesundheit von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen von Sachen) sind, noch sich aus solchen – vom Versicherungsnehmer oder einer Person, für die er einzustehen hat verursachten – Schäden herleiten.“ In dieser Klausel werden ersichtlich eher die Personen- und Sachschäden näher definiert, nicht aber die Vermögensschäden, die sich lediglich dadurch auszeichnen, dass sie keiner der beiden anderen Kategorien angehören. Eine positive Umschreibung dessen, was eigentlich einen Vermögensschaden ausmacht, fehlt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch Teil 2 B letzter Satz AVB-RSW, in dem es heißt, dass unter die in § 1 I 2 AVB genannten Vermögensschäden auch solche fallen, die durch Freiheitsentziehung verursacht worden sind. Darauf ist noch zurückzukommen.
2. Sach- und Vermögensschaden am Beispiel eines Verkehrsunfalls
Zunächst einmal soll ein simples Beispiel zeigen, dass ein und dasselbe Schadenbild jedenfalls in der versicherungsrechtlichen Einordnung Wandlungen unterzogen ist: Bei einem Auffahrunfall wird sowohl das Auto des Geschädigten beschädigt als auch dieser selbst verletzt. Nehmen wir an, es handelt sich um einen selbstständigen Immobilienmakler, der aufgrund der Verletzungen einige Wochen nicht arbeiten kann und deshalb einen Verdienstausfall beklagt.
Nach den zitierten Definitionen handelt es sich bei den Beschädigungen des Wagens um einen Sachschaden, bei den Verletzungen der Insassen um Personenschäden. Aufwendungen, die der Geschädigte zur „Naturalrestitution“ tätigen muss, also Reparaturkosten und Heilbehandlungskosten, wären somit als Sach- bzw. Personenschaden zu klassifizieren. Beim Verdienstausfall handelt es sich „eigentlich“ um einen Vermögensschaden, der aber hier als so genannter unechter Vermögensschaden einzuordnen wäre, weil er aus einem Personenschaden resultiert.
Wir wollen nun weiter annehmen, das VerkehrsunfallOpfer beauftragt einen Rechtsanwalt damit, die Schadenersatzansprüche beim gegnerischen Haftpflichtverssicherer geltend zu machen; aus irgendwelchen Gründen verjähren die Schadenersatzansprüche. Für den Berufshaftpflichtversicherer des Anwalts steht zweifellos fest, dass sämtliche Schadenersatzansprüche als Vermögensschäden versichert wären. Dabei hat sich der eigentliche Schaden (verstanden als die Beeinträchtigungen des Geschädigten) durch den Eintritt der Verjährung überhaupt nicht verändert. Das führt zu folgender Erkenntnis: Die Frage, ob es sich bei einer bestimmten Beeinträchtigung eines Geschädigten um einen Vermögensschaden oder um einen Sach- bzw. Personenschaden handelt, hängt jedenfalls nicht allein vom Schadenbild ab.
3. Übliche Abgrenzungskriterien
Dennoch nähert sich auch Diller in seinem neuen Kommentar zur AVB-RSW (Diller: AVB-RSW – Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte) der Problematik über die Art des Schadens. Als Hauptfall des versicherten Vermögensschadens bezeichnet er – völlig zu recht – das Entstehen einer Forderung gegen den Mandanten oder den Verlust einer eigenen Forderung des Mandanten und erklärt dann, dass auch der Verlust sonstiger Rechte (Erfinderrechte, Herausgabeansprüche etc.) einen Vermögensschaden darstellen kann, wenn dieses Recht nur einen eigenen messbaren Wert habe und sich nicht als ideeller Wert im reinen Affektionsinteresse erschöpfe, wie dies etwa beim Umgangsrecht mit Kindern oder beim Namensrecht der Fall sei (Diller, AVB-RSW, § 1 Rz. 81). Fehle ein messbarer Schaden, sei also nur das Affektionsinteresse betroffen, könne die Versicherung nicht für den Ausgleich solcher ideeller Schäden eintreten (Diller, aaO., Rz. 82). Allerdings sei auch der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Vermögensschaden, nicht Sachschaden. Verwiesen wird dazu auf BGH, VersR 1991, 414 (416). Dort hatte der BGH in der Tat davon gesprochen, dass ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ohne Verursachung von Sachschäden nicht als Sachschaden zu qualifizieren ist. Gegenstand der Prüfung war allerdings eine spezielle Klausel aus einer Produkthaftpflichtversicherung. Die Frage, ob man den Eingriff in den Gewerbebetrieb in einer VermögensschadenHaftpflichtversicherung zu decken hätte, beantwortet der BGH an dieser Stelle nicht explizit. Bei Gräfe/Brügge, (Rz. B 276) findet sich die Aussage über die Deckung von Eingriffen in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Kapitel über die Zusammenstellung der gesetzlichen Haftpflichtansprüche, die unter den Versicherungsschutz der Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen fallen. Brügge erläutert dort, dass § 823 I BGB als Anspruchsgrundlage für gedeckte Haftpflichtansprüche nicht in Frage komme, weil dort nicht das Vermögen als Ganzes, sondern nur Personen- und Sachschäden und „sonstige Rechte“ geschützt seien. Unter „sonstige Rechte“ falle nach allgemeiner Meinung auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Wer für derlei Ansprüche Versicherungsschutz benötige, müsse seine Deckung ausdrücklich entsprechend erweitern (Gräfe/Brügge, Rz. B 276 und Fn. 207). Bleibt die Frage, warum die Beeinträchtigung eines „sonstiges Rechts“ nicht als Vermögensschaden definiert werden kann.
Dass solche Ansprüche auch im Bereich der Rechtsanwalts-Haftung vorkommen, zeigt die Praxis. Hier kann es beispielsweise um Fälle gehen, in denen ein Anwalt für seinen Mandanten aus einem bestehenden Titel gegen ein Unternehmen vollstreckt, indem die Konten gepfändet werden. Die Zwangsvollstreckung ist aber unzulässig, weil das Unternehmen die titulierte Schuld längst beglichen hat; aufgrund einer Fehlbuchung hatte der Anwalt dies übersehen. Das Unternehmen macht gegen den Anwalt Schadenersatzansprüche geltend, weil die Konten unzulässigerweise blockiert wurden und deshalb andere Zahlungen nicht rechtzeitig erfolgen konnten, was wiederum zu Vermögenseinbußen (Zinsen, Rücktritt bestimmter Kunden vom Vertrag etc.) führte.
Vertragliche Ansprüche scheiden aus, weil es keinen Vertrag zwischen dem Gegner des Mandanten und dem Anwalt gibt, auf den sich ersterer stützen könnte. Also greift er zur Begründung seines Anspruchs auf § 823 Abs. 1 BGB zurück und behauptet, dass der Anwalt durch die unzulässige Zwangsvollstreckung widerrechtlich in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen hat. Für die betroffenen Anwälte ist es schon allein wegen des Abwehraspekts (Rechtsschutzkomponente) von Bedeutung, ob grundsätzlich Versicherungsschutz besteht, unabhängig davon, ob die Ansprüche tatsächlich begründet sind.
Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbetrieb, wie ihn die Rechtsprechung zu § 823 Abs. 1 BGB als sonstiges Recht ausgeformt hat, ist mehr als die Summe der Güter eines Unternehmens. Angriffe gegen diese würden ohnehin schon über den Eigentumsschutz Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. Es handelt sich aus hiesiger Sicht (und insoweit mit Diller) vielmehr um einen Vermögensgegenstand, dessen Verletzung als Vermögensschaden zu qualifizieren wäre.
4. Weitere Fallbeispiele
Weitere Beispiele sollen für die folgenden Überlegungen als Grundlage dienen:
Fall 1: Ein Hausverwalter oder Zwangsverwalter versäumt es, die Heizung in einer von ihm verwalteten, aber leer stehenden, Wohnung im Winter anzustellen; es kommt zu Frostschäden; die Eigentümer verlangen die Reparaturkosten.
Fall 2: Ein Hausverwalter unterlässt es, Installationsarbeiten an einer Heizungsanlage, die nicht fachmännisch durchgeführt wurden, zu überprüfen und Mängel zu rügen, so dass die Mängelgewährleistungsansprüche verjähren und die weiteren Reparaturkosten später von der WEG übernommen werden müssen.
Fall 3: Auf Nachfrage erklärt ein Rechtsanwalt seinem Mandanten, dass das verunfallte Fahrzeug verschrottet werden kann. Dadurch kann kein unfallanalytisches Gutachten mehr erstellt werden, im anschließenden Prozess kommt es zu Beweisschwierigkeiten; der Mandant kann seine Forderung gegen den Unfallgegner nicht durchsetzen.
5. Abgrenzung anhand der Verletzungshandlung und der Rechtsgutsverletzung
Um näher zu definieren, was es bedeutet, wenn sich ein Vermögensschaden von einem Sachschaden herleitet, wird häufiger der Begriff der Unmittelbarkeit bemüht. Danach muss der Vermögensschaden „unmittelbar“ entstehen, nicht erst durch einen Sachschaden vermittelt werden. Nach dieser Lesart unmittelbare Vermögensschäden sind der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zuzuordnen; Vermögensschäden, die durch Sachschäden vermittelt werden, werden über die allgemeine Haftpflichtversicherung gedeckt. So lässt sich erklären, warum der Verdienstausfall nach dem Verkehrsunfall des Immobilienmaklers im Beispiel oben von der Kraft-Haftpflichtversicherung zu übernehmen ist, obwohl dort nur Sach- und Personenschäden abgesichert sind. Schwieriger wäre da schon die Begründung dafür, dass der gleiche Schaden nach Verjährenlassen durch den Rechtsanwalt als Vermögensschaden zu bewerten ist. Mit Diller (aaO, § 1 Rz. 81) hat man darauf abzustellen, dass der Schaden des Mandanten nun nicht mehr in der Verletzung des Körpers begründet ist, sondern im Verlust einer Forderung.
Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass sich der so verstandene Schaden nicht losgelöst von der Verletzungshandlung einordnen lässt. Erst nach Analyse des Verhaltens der den Schaden auslösenden und in die Haftung genommenen Person lässt sich klären, welcher Deckungsbereich eröffnet ist. Das ist auch konsequent, denn durch eine Haftpflichtversicherung werden nicht bestimmte Vermögensgüter des Versicherungsnehmers abgesichert, sondern eine näher definierte Art von Forderungen. Dieselben Beeinträchtigungen der verletzten Person können einmal Sach- oder Personenschaden, einmal Vermögensschaden im Sinne der Haftpflichtversicherungs-Bedingungen sein. Stellt man nun zu einseitig auf das Schadenbild ab, kommt man zwar in aller Regel zu richtigen Ergebnissen, kann diese aber nicht immer sauber begründen und stößt in Grenzfällen leichter auf Zweifel. Sicherer lässt sich die Grenze ziehen, indem man danach fragt, welches Rechtsgut durch die dem Versicherungsnehmer vorgeworfene Handlung verletzt wurde. Nur wenn es sich dabei um das Vermögen des Geschädigten handelt, nicht um das Interesse des Berechtigten an der Erhaltung einer Sache oder die körperliche Integrität oder Freiheit der Person selbst, ist die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Schädigers angesprochen.
Wer also den Verkehrsunfall im Eingangsbeispiel verschuldet, weil er unachtsam auf ein an der Ampel stehendes Fahrzeug auffährt, verletzt damit das Rechtsgut Eigentum, indem der Wagen durch die Handlung beschädigt oder zerstört wird. Durch dieselbe Handlung wird das Rechtsgut der Gesundheit der anderen Fahrzeuginsassen beeinträchtigt. Welche Schäden sich dann im Einzelnen für die Geschädigten daraus ergeben, ist für die weitere Zuordnung nicht mehr von Belang.
Der Anwalt, der diese Schadenersatzansprüche verjähren lässt, verletzt damit das Vermögen des Geschädigten als solches, denn die Verletzungshandlung (Unterlassen rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung) entzieht dem Mandanten eine Forderung. Er konnte mit seiner Handlung gar nicht den Wagen beschädigen. Wie sich diese Forderung zusammensetzt, ist dann nicht von Bedeutung. Es kann sich ebenso um Reparaturkosten wie um Schmerzensgeld handeln, das nicht mehr durchgesetzt werden kann.
Für Fall 1 gilt: Der Zwangsverwalter, dem vorgeworfen wird, dass er des Winters nicht die Heizung im leer stehenden Haus in Betrieb gesetzt hat, verletzt durch diese Handlung das Rechtsgut „Eigentum“.
Im Fall 2 hat der Hausverwalter, der sich nicht um mögliche Gewährleistungsansprüche gegen den Installateur kümmert, nichts dazu beigetragen, dass die Heizung nicht ordentlich funktioniert. Er hat vielmehr einer zunächst bestehenden Forderung des Auftraggebers nicht zur Durchsetzung verholfen und daher deren Verlust verursacht.
Liegt der Vorwurf darin, dass der Versicherungsnehmer den Schaden durch Untätigkeit herbeigeführt hat, darf man es nicht bei diesem allgemeinen Befund belassen. Vielmehr ist zu analysieren, welche Tätigkeiten zu erwarten gewesen wären, um den eingetretenen Verletzungserfolg zu vermeiden. Nur so lässt sich die Frage danach, welches Rechtsgut durch die Verletzungshandlung beeinträchtigt wurde und welche Haftpflichtversicherung dafür Deckung zu gewähren hätte, korrekt beantworten.
Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Schädiger die Sache gleichsam „eigenhändig“ beschädigt. Wenn ein Hausverwalter eine Entrümpelungsfirma anweist, ein bestimmtes Kellerabteil zu räumen und die Sachen zu entsorgen, sich dabei aber im Abteil irrt, so dass die falschen Dinge weggeräumt werden, liegt darin ebenfalls eine Sachbeschädigung. Strafrechtlich würde man von mittelbarer Täterschaft sprechen.
6. Sach- und Personenschäden in der Anwaltshaftung
Auch durch einen falschen Rechtsrat oder durch eine Fristversäumung bzw. eine vergessene Terminverschiebung können Sach- und Personenschäden verursacht werden. So etwa im oben gebildeten Fall 3, für den Schlee (in Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rz. 2109) die Zuordnung letztlich offen lässt. Die „Freigabe“ zur Verschrottung durch den Anwalt führt nämlich zunächst einmal dazu, dass der Mandant sein Fahrzeug endgültig der Schrottpresse überlässt, damit sein Eigentum und sein Interesse an der Erhaltung des Zustands, wie er nach dem Unfall bestand, aufgibt. Das ist keine Verletzung des Rechtsguts Vermögen. Erst die Beweisschwierigkeiten führen zum Verlust der (möglicherweise) innegehabten Forderung, d. h. in der Sprache der AVB, dass sich der Vermögensschaden erst aus dem Sachschaden herleitet.
Fall 4: (nach KG, NJW 2005, 1284): Eine Strafverteidigerin sollte den bereits angesetzten Termin zur Hauptverhandlung verlegen lassen, weil der Mandant zu diesem Zeitpunkt in sein Heimatland Ghana reisen wollte, um zu heiraten. Die Verlegung wurde zu spät beantragt und misslang, so dass der Mandant aufgrund des Fernbleibens von der Hauptverhandlung nach seiner Rückkehr in U-Haft genommen wurde. Er verlangt von der Anwältin Zahlung eines Schmerzensgelds und Ausgleich des Verdienstausfalls.
Im ersten Moment mutet es etwas merkwürdig an, dass eine versehentlich unterlassene Terminverlegung das Rechtsgut der körperlichen Freiheit des Mandanten verletzen soll; genau davon ist hier aber auszugehen. Die Vermögensschäden, die der Mandant aufgrund des Verdienstausfalls während der U-Haft geltend macht, werden erst durch die Freiheitsentziehung verursacht und leiten sich insofern aus dem Personenschaden her. Die Folge ist, dass weder der Schmerzensgeldanspruch, noch der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls versichert sind. Eine Deckungserweiterung in den neueren Versicherungsbedingungen sieht der bereits angesprochene Teil 2 B letzter Satz AVB-RSW vor. Danach sind Vermögensschäden auch dann vom Versicherungsschutz umfasst, wenn sie durch Freiheitsentziehung verursacht wurden. Würde es sich bereits um gedeckte Haftpflichtansprüche im Sinne des § 1 AVB handeln, bedürfte es dieser Deckungserweiterung nicht. Hier werden also ausnahmsweise auch Personenschäden in die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung integriert, freilich nur mit einem Ausschnitt möglicher Schadenfolgen. Nur die Vermögensschäden sind umfasst. Damit wird an dieser Stelle offenbar der Vermögensschadenbegriff des § 253 BGB bemüht. Erfasst sind sämtliche Schadenersatzansprüche, die sich auf eine reale Vermögenseinbuße beziehen, nicht aber die immateriellen Schäden.
III. Zusammenfassung
Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung schützt den Versicherungsnehmer wie andere Haftpflichtversicherungen auch nicht vor bestimmten Schäden, sondern bei richtiger Betrachtung vor im Einzelnen näher definierten Ansprüchen Dritter. Bei der Abgrenzung von Sach- und Personenschäden zu Vermögensschäden spielt es keine entscheidende Rolle, welche Beeinträchtigungen der Geschädigte beklagt. Vielmehr kommt es auf die konkret vorgeworfene Verletzungshandlung und das Rechtsgut an, das durch diese Handlung betroffen ist. Deckung über eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ist dann gegeben, wenn es sich dabei um das Rechtsgut des Vermögens als solches handelt. Die Beschränkung auf den Ersatz von Vermögensschäden schließt daneben grundsätzlich immaterielle Schadenersatzansprüche im Sinne des § 253 BGB aus.