Nachfolgend ein Beitrag von Chab, AnwBl 2010, 793-795

Nicht jede anwaltliche Pflichtverletzung führt auch zu einem Schaden

Anwaltshaftung: Das Regress Mandat
Bertin Chab, München
Der Autor ist Rechtsanwalt und bei der Allianz Versicherung München tätig. Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.

Der Regress im Regress ist in den Schadenabteilungen der Berufshaftpflichtversicherer ein bekanntes Phänomen. Gemeint sind Haftpflichtfälle, die ihrerseits einen Beraterregress zum Ausgangspunkt hatten. Mit gewisser Regelmäßigkeit trifft man auf bestimmte Fehlvorstellungen, die zu fehlerhafter Beratung, falscher Prozessführung und damit geradewegs in den eigenen Regress führen können. Der Autor benennt wichtige Klippen der Praxis.

I. Strukturelle Besonderheiten

Allen Regressmandaten ist gemeinsam, dass man es mit einem Mandanten zu tun hat, dessen eigentliches rechtliches Problem wegen eines (manchmal auch nur vermeintlichen) Beraterfehlers ungelöst blieb. Der Fall ist also in gewissem Sinne bereits pathologisch geworden; der Mandant verlangt Schadenersatz von seinem Berater, aber ein Ausgleich mit dem ursprünglichen Gegner ist nicht mehr zu erreichen. Der Mandant hat sich dazu entschlossen, Schadenersatz von seinem Anwalt zu verlangen, mit dem ihn möglicherweise schon ein langjähriges Vertrauensverhältnis verband. Passiert nun erneut ein anwaltlicher Fehler, wird die psychologische Schwelle, auch den nächsten Anwalt mit Schadenersatzansprüchen zu überziehen, eher niedriger sein. Es gibt natürlich auch Mandanten, die es schlicht nicht wahrhaben wollen, dass die ursprüngliche Auseinandersetzung nicht zu ihren Gunsten entschieden wurde. Sie suchen den Grund dafür in einem anwaltlichen Fehler. Ein solcher Mandant wird dies tendenziell auch gegenüber dem neuen Anwalt so fortsetzen. Manche betreiben regelrechtes „Anwalts-Hopping“.

Auf jeden Fall spricht viel dafür, dass die Annahme eines Regressmandats die Beherrschung der Grundzüge der Materie voraussetzen sollte. Im Folgenden werden beispielhaft immer wiederkehrende Missverständnisse aufgezeigt.

II. Einzelfragen

1. Schweigepflicht und Bindung an die eigene Beratung

Behauptet der Mandant Pflichtverletzungen seines Beraters und daraus resultierende Schadenersatzansprüche, ist dieser nicht mehr an seine ursprünglich bestehende Schweigepflicht gebunden; dies lässt sich § 2 Abs. 3 BORA entnehmen. Die Schweigepflicht entfällt übrigens auch gegenüber dem eigenen Haftpflichtversicherer. Schweigepflichtentbindungen sind daher ebenso sinnlos wie das Pochen auf etwaige Schweigepflichten.

Der Anwalt ist selbstverständlich auch nicht an seine eigene vorangegangene Beratung gebunden. Immer wieder werden Schadenersatzansprüche nach versäumter Frist damit begründet, dass der Berater seinem Mandanten schließlich dazu geraten habe, die Forderung geltend zu machen oder das Rechtsmittel zu ergreifen; er könne nun nicht behaupten, dass die Rechtsverfolgung in Wirklichkeit aussichtslos gewesen sei. Das ist nicht richtig. Im Haftpflichtprozess kommt es ausschließlich darauf an, wie das Regressgericht nach eigener Auffassung den Fall sieht. Der in Regress genommene Anwalt kann sehr wohl vollkommen anders argumentieren als zuvor im Mandat und sich auch die Behauptungen der ursprünglichen Gegenseite zu Eigen machen. Darauf sollte man auf Anspruchstellerseite gefasst sein und die Argumentation entsprechend einrichten.

2. Haftung „dem Grunde nach“

Liegt der Fehler des Beraters auf der Hand, wird dieser häufig aufgefordert, vorweg die Haftung „dem Grunde nach“ anzuerkennen. Dieses Anerkenntnis würde im Prinzip ein Grundurteil ersetzen. Voraussetzung für ein Grundurteil wäre allerdings, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht, auch wenn die Höhe selbst noch nicht feststeht. Dazu gehört auch die haftungsbegründende Kausalität (vgl. BGH, Betr. 1977, 1042; BGH, NJW-RR 2001, 599

[600]). Dem in Anspruch genommenen Anwalt bleibt daher gar nichts anderes übrig als das Ansinnen abzulehnen und allenfalls die Pflichtverletzung einzuräumen, wenn er die haftungsbegründende Kausalität – wie sehr häufig der Fall – noch bestreitet.

3. Kausalität

Die damit bereits angesprochene Frage, ob dem Mandanten gerade durch die behauptete Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist, stellt im Beraterregress eine hohe Hürde für die Begründung des Schadenersatzanspruchs dar. Bevor also ein Regressanspruch in den Raum gestellt wird, weil ein anwaltlicher Kunstfehler unterlaufen ist, sollte man sich mit der Kausalfrage eingehend beschäftigen. Es geht nicht nur darum, Beraterfehler aufzuzeigen; ebenso wichtig ist der schlüssige Vortrag dahingehend, wie es der Berater nach Ansicht des Anspruchstellers richtig gemacht hätte und wie er – der Anspruchsteller – sich dann verhalten hätte oder wie die Sache dann weiter gegangen wäre.

Liest man in einem Urteil, dass Vortrag nicht ausreichend substantiiert war, um den Anspruch zu begründen oder eine Beweisaufnahme zu erreichen, kann dem ein anwaltlicher Fehler zugrunde liegen. Sofern der Prozessbevollmächtigte ausreichende Sachverhaltskenntnisse hatte und nicht ordentlich oder vollständig genug vorgetragen hat, bedeutet dies eine Pflichtverletzung. Das gleiche gilt, wenn Anlass bestand, genauer nachzufragen. Es genügt aber für eine schlüssige Anspruchsbegründung nicht, diese Pflichtverletzung aufzuzeigen und dem Anwalt vorzuwerfen, er habe laut Urteil an dieser und jener Stelle ungenügend vorgetragen. Es muss auch aufgezeigt werden, was bei fehlerfreier Arbeit hätte vorgetragen werden können und müssen. Schließlich trägt der Mandant auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das vermisste Vorbringen tatsächlich zu einem günstigeren Ergebnis geführt hätte. Besonders der letzte Punkt wird viel zu oft vernachlässigt.

Geht der Vorwurf allgemein dahin, dass der Berater fehlerhaft beraten habe, dann ist vorzutragen, wie die korrekte Beratung hätte aussehen müssen und vor allem wie sich der Mandant dann verhalten hätte. Der Mandant ist also so zu stellen wie er stünde, wenn er korrekt beraten worden wäre. Es gibt immer wieder Fälle, in denen der Anspruchsteller fälschlicherweise verlangt, so gestellt zu werden, als sei der falsche Rat korrekt gewesen.

Ein Rentenberater berechnet seinem Mandanten auf dessen Frage hin einen zu hohen Rentenanspruch. Daraufhin kündigt der Mandant seinen Arbeitsplatz vorzeitig und stellt den Rentenantrag. Nachdem er feststellt, dass seine Rente wesentlich niedriger ausfällt als erwartet, beauftragt er einen Anwalt mit der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Dieser fordert die Differenz zwischen errechneter und tatsächlicher Rente.

So einfach lassen sich etwaige Schadenersatzansprüche nicht darstellen. Hier wäre es darauf angekommen, ob sich der Mandant bei korrekt errechneter Rente überhaupt dazu entschlossen hätte, anders zu reagieren als mit der Kündigung. Kann er nachweisen, dass er weiter gearbeitet hätte, kann ein Schaden nur insoweit entstanden sein oder noch entstehen, als zwischen Einkommen und Rente nach Berücksichtigung von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen, arbeitsbedingten Aufwendungen usw. eine Differenz verbleibt.

Wird eine Berufungsfrist versäumt, werden oft zunächst einmal die Kosten des Berufungsverfahrens als „Mindestschaden“ verlangt. Auch das ist unter Kausalitätsgesichtspunkten nicht richtig. Die Kosten der II. Instanz sind nur dann Teil des begründeten Anspruchs, wenn die Berufung nach rechtzeitiger Einlegung Erfolg gehabt hätte. Andernfalls hätte der Mandant die Kosten ebenfalls aufbringen müssen, ohne einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen den Gegner zu haben.

4. Auswechseln des Vorwurfs

Die dargestellten Schwierigkeiten führen hin und wieder dazu, dass Anspruchsbegründungen einfach ausgetauscht oder nach Art von Hilfsanträgen vorgebracht werden.

Der Mandant hatte in erster Instanz eine bestimmte Forderung geltend gemacht, die Klage wurde jedoch abgewiesen. Man kommt überein, das Urteil anzufechten und Berufung einzulegen, jedoch wird die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Der Mandant lässt sich wegen möglicher Regressansprüche von einem anderen Anwalt beraten, der unter Hinweis auf die Berufungsbegründung Hauptsache, Zinsen und Kosten als Schaden geltend macht. Auf die Einwendung hin, dass die Berufung auch unter Berücksichtigung der in der Begründung erfolgten Argumentation nicht erfolgreich gewesen wäre, wird nunmehr vorgetragen, dass es unter diesen Voraussetzungen ein Fehler war, überhaupt in die Berufung gegangen zu sein, so dass ein Schaden „mindestens“ in Höhe der Kosten für die zweite Instanz entstanden sei.

Schadenersatzansprüche können hier nicht nach Art einer Wahlfeststellung begründet werden. Pflichtverletzung, Kausalität und Schaden stehen für sich in je eigenem Zusammenhang. Die Voraussetzungen widersprechen sich. Geht man davon aus, dass die Forderung berechtigt war, liegt der Fehler in der Fristversäumung, die zum Schadenersatzanspruch hinsichtlich der begehrten Hauptsache führen würde. Bestanden von vornherein keine Aussichten auf Erfolg, könnte die Pflichtverletzung in der fehlerhaften Beratung über die Aussichten der Rechtsverfolgung bestehen. Die Anspruchsbegründung muss dann aber erläutern, dass von vornherein zu große Risiken bestanden, über die nicht aufgeklärt wurde, und dass der Mandant nach richtiger Beratung das erstinstanzliche Urteil gar nicht mehr angefochten hätte. Beide Argumentationsketten schließen sich ersichtlich aus, weshalb es auch im Regressprozess nicht in Frage kommt, hilfsweise den Anspruch allein auf Kostenersatz zu beantragen für den Fall, dass der Anspruch hinsichtlich der Hauptsache misslingt.

5. Notwendigkeit der Rechtsmitteleinlegung im Vorprozess?

Nach wie vor stößt man auf die irrige Meinung, dass der Vorprozess in jedem Fall letztinstanzlich entschieden sein muss, bevor der Mandant erfolgreich Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Auch das ist so nicht richtig. Wer nach Anwaltswechsel zwischen den Instanzen aussichtslose Rechtsmittel einlegt, kann damit gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen. Umgekehrt gilt dies allerdings genauso, wenn aussichtsreiche Rechtsmittel, die den Schaden verringern oder ganz entfallen lassen können, nicht ergriffen werden. Wie kann das Dilemma, das für den Mandanten und seinen neuen Anwalt offenbar besteht, aufgelöst werden?

Zum einen ist festzuhalten, dass der Vorwurf der Verletzung von Schadengeringhaltungspflichten natürlich nur greifen kann, wenn sich der Mandant – entsprechend beraten durch seinen neuen Anwalt – wirklich unvernünftig verhält. Dennoch sollte man hier den sicheren Weg einschlagen und beim Anspruchsgegner bzw. dessen Versicherung eine Aussage zur Schadenminderungspflicht verlangen. Hilfreich kann sein, dabei die eigene Sicht der Dinge darzulegen. Sollte der in Regress genommene Anwalt (zusammen mit der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung) eine andere Meinung vertreten, mag dies dann entsprechend erklärt werden. So vermeidet man unsinnige Rechtsmittel und schließt das für den Mandanten bestehende Risiko aus, die Kosten im Wege des Schadenersatzes nicht ersetzt zu bekommen.

6. Vorfinanzierung von Kosten?

Kommt es in der unter 5. geschilderten Situation einvernehmlich zur Durchführung des Rechtsmittels, stellt sich die Frage, ob dann die weiter entstehenden Kosten durch den potentiell regresspflichtigen Anwalt bzw. dessen Versicherer automatisch und sofort zu leisten sind. Das ist nicht der Fall. Der Geschädigte kann allenfalls die Zusage erreichen, dass die Kosten später als Teil des Schadenersatzes übernommen werden, wenn die Sache letztinstanzlich mit gleicher Begründung verloren wird.

Die Klage des Mandanten wird in erster Instanz wegen Verjährung abgewiesen. Der Mandant wechselt den Anwalt. Dieser rät zur Berufung, weil er die Ausführungen zur Verjährung im Urteil für falsch hält. Er informiert den zuvor tätigen Anwalt über das Ergebnis seiner Prüfung, dieser spricht sich ebenfalls für die Durchführung des Rechtsmittels aus.

Weist das Berufungsgericht die Klage ebenfalls wegen Verjährung ab, müssten dem Mandanten die in zweiter Instanz entstandenen Kosten ersetzt werden, vorausgesetzt der Eintritt der Verjährung ist auf eine Pflichtverletzung des erstinstanzlich tätigen Anwalts zurückzuführen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass das Berufungsgericht die Forderung zwar nicht als verjährt ansieht, jedoch aus anderen Gründen zur Klageabweisung kommt. Der Vorwurf, die Forderung des Mandanten zu spät und damit in bereits verjährter Zeit eingeklagt zu haben, würde in sich zusammenfallen. Jegliche Schadenersatzansprüche wären unbegründet, zumal sich zusätzlich herausgestellt hat, dass der Mandant seine Forderung ohnehin nicht mit Erfolg hätte durchsetzen können. Zur Übernahme der Kosten als Schadenersatzleistung bestand also zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung.

Die Durchführung eines weiteren Prozesses auf Kosten des in Anspruch genommenen Anwalts steht ganz ausnahmsweise dann zur Diskussion, wenn ein Schaden bereits unwiederbringlich entstanden ist und durch einen weiteren Prozess gemindert oder beseitigt werden kann (dazu eingehend Neuhofer, AnwBl 2002, 422 und AnwBl 2006, 577).

7. Probleme beim Schaden

Beruht der Schadenersatzanspruch des Mandanten darauf, dass durch das Verschulden des Anwalts eine an und für sich gegen eine Dritten bestehende Forderung nicht mehr geltend gemacht werden kann – z. B. weil sie verjährt ist -, so gehört zur Darlegung des Anspruchs auch, dass diese Forderung gegen den Dritten durchsetzbar gewesen wäre. Sofern der Regressschuldner also Anhaltspunkte dafür hat, dass der Dritte gar nicht in der Lage gewesen wäre, die Forderung zu begleichen, kann er dies einwenden. Es wird immer wieder übersehen, dass nach st. Rspr. (BGH, NJW 1986, 246) der Anspruchsteller konkret darzulegen und im Zweifel zu beweisen hat, dass die Forderung auch hätte beigetrieben werden können.

Manchmal scheitern eigentlich begründete Schadenersatzansprüche lediglich daran, dass der Schaden nicht richtig dargestellt und beziffert wird. Wirklich kompliziert kann dies zum Beispiel dann werden, wenn die anwaltliche Pflichtverletzung in der Versäumung der Frist des § 4 KSchG besteht, einem häufigen Fehler. Kann der Mandant nachweisen, dass er den Kündigungsschutzprozess bei rechtzeitiger Klageeinreichung gewonnen hätte, besteht sein Schaden darin, dass er bei korrektem Vorgehen noch im Arbeitsverhältnis stünde. Oft wird hier schlicht ein Schaden in Höhe eines nach §§ 9, 10 KSchG berechneten Abfindungsanspruchs geltend gemacht, ohne dass die besonderen Voraussetzungen dafür auch nur behauptet werden. Das kann zur Klageabweisung führen. Richtig ist es, die fiktiven Nettoeinnahmen unter allen dazu gehörenden Aspekten zu berechnen und davon die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstandenen Vorteile (zum Beispiel Bezug von Arbeitslosengeld, Wegfall arbeitsbedingter Aufwendungen) abzuziehen. Zu den dafür anzuwendenden Methoden darf auf OLG Düsseldorf – I U 14/05 – und die Anmerkung des Verfassers hierzu (BRAK-Mitt. 2009, 70) verwiesen werden. Sind in diesem Sinne noch zukünftige Schäden zu erwarten, ist ein Feststellungsantrag der richtige Weg. Damit ist dem Mandanten in vielen Fällen auch eher gedient. Freilich wird er sich dann seinerseits um einen neuen Arbeitsplatz bemühen müssen, will er nicht seine Schadengeringhaltungspflichten gem. § 254 Abs. 2 BGB verletzen.

8. Regressverjährung

Die Verjährung der Regressansprüche war bislang der sicher häufigste Grund für einen „Regress im Regress“. Nach Wegfall des § 51 b BRAO mit seiner komplizierten und verästelten Rechtsprechung vor allem zur Sekundärverjährung könnte sich die Lage an dieser Front etwas entspannen. Die Gesetzesänderung mit den Übergangsvorschriften hat allerdings viele Fragen aufgeworfen, die auch heute noch relevant sein können. In jedem Regressfall sollte die Verjährungsfrist kritisch und frühzeitig geprüft werden.

9. Prozessuale Fragen

Sobald als Haftungssubjekt nicht ein Einzelanwalt, sondern eine Kanzlei zur Verfügung steht, stellt sich die Frage, wer auf Beklagtenseite benannt werden sollte. Die Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit von BGB-Gesellschaften und die Möglichkeit, auch nach dem Verstoß in die Kanzlei eingetretene Sozien über § 130 HGB analog (höchstrichterlich noch nicht geklärt) beziehungsweise § 8 Abs. 2 PartGG für die Partnerschaft (vgl. BGH, NJW 2010, 1360) in Anspruch nehmen zu können, macht die Frage nicht leichter. Soweit man davon ausgehen kann, dass ausreichend Deckung über einen Berufshaftpflichtversicherer besteht, sollte es genügen, lediglich einen Berater zu verklagen, der sicher haftet. Bestehen hinsichtlich des Versicherungsschutzes Zweifel, kann es für den Mandanten den sichereren Weg bedeuten, möglichst alle haftenden Sozien und gegebenenfalls auch die Gesellschaft selbst zu verklagen, um nach Obsiegen im Prozess auch die bestmögliche Gewähr für eine erfolgreiche Beitreibung zu erhalten. In jedem Einzelfall ist also neu abzuwägen.

Es hat allerdings den Anschein, dass mehr und mehr Kläger dazu übergehen, ganz automatisch alle oder zumindest mehrere Sozien zusammen mit der Gesellschaft zu verklagen. Das kann zu unnötigen Kostenrisiken führen. Ob in der sogenannten gemischten Sozietät Steuerberater für Vorbehaltsaufgaben des Anwalts mit haften, ist vom BGH noch nicht entschieden (siehe BGH, NJW-RR 2008, 1594). Das gleiche gilt wie erwähnt bei der analogen Anwendung des § 130 HGB. Es sollte daher geprüft werden, welche Sozien zum Verstoßzeitpunkt als solche in Erscheinung traten, um die Klage insoweit zu beschränken, zumal die Gefahr besteht, dass sich jede der beklagten Parteien anwaltlich vertreten lässt. Das Kostenrisiko kann sich damit enorm erhöhen.

Zur Vorbereitung und Sicherung von Regressansprüchen ist eine Streitverkündung oft das Mittel der Wahl. In der Streitverkündungsschrift ist zumindest kurz darzulegen, aus welchen Gründen ein Regressanspruch in Frage kommt. Mit der Streitverkündung können zwei wichtige Ziele erreicht werden, nämlich die Bindungswirkung und die Verjährungshemmung. Die Bindungswirkung kann entfallen, z.B. wenn der Vorprozess durch einen Vergleich entschieden wird. Das sollte in der entsprechenden Situation berücksichtigt werden. Ebenso ist zu beachten, dass die Verjährungsfrist nach Ende des Vorprozesses wieder läuft. Auch dieser Umstand hat schon manchen „Regress im Regress“ produziert.