Nachfolgend ein Beitrag vom 23.8.2018 von Möller, jurisPR-WettbR 8/2018 Anm. 3

Leitsatz

Ein Immobilienmakler ist gemäß § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten.

A. Problemstellung

Nach § 16a Abs. 1 EnEV muss der Verkäufer einer Immobilie sicherstellen, dass eine Immobilienanzeige bestimmte Energieverbrauchsangaben enthält, wenn für das Gebäude bereits ein Energieausweis vorliegt. § 16 Abs. 2 EnEV erstreckt diese Verpflichtung auf Vermieter, Verpächter und Leasinggeber. Umstritten ist, ob die Norm auch unmittelbar oder analog auf Immobilienmakler anzuwenden ist. Dafür könnte immerhin der Umstand sprechen, dass die Regelung der Umsetzung von Art. 12 Abs. 4 RL 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden dient und die Richtlinie keine entsprechende Einschränkung kennt. Teilweise wurde insofern eine richtlinienkonforme Auslegung für möglich und erforderlich gehalten (so etwa LG Tübingen, Urt. v. 12.11.2015 – 20 O 60/15; LG Tübingen, Urt. v. 01.02.2016 – 20 O 53/15; LG München I, Urt. v. 16.11.2015 – 4 HKO 6347/15; LG Münster, Urt. v. 25.11.2015 – 021 O 87/15; LG Bayreuth, Urt. v. 28.04.2016 – 13 HK O 57/15; LG Leipzig, Urt. v. 10.05.2016 – 01 HK O 2761/15), teilweise wurde eine solche jedoch abgelehnt (so etwa LG Gießen, Urt. v. 11.09.2015 – 8 O 7/15; LG München II, Urt. v. 03.12.2015 – 2 HK O 3089/15).

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Deutsche Umwelthilfe beanstandete zwei Immobilienanzeigen eines Maklers. In einer Anzeige wurde ein Ein-/Zweifamilienhaus zum Kauf angeboten, in der anderen ging es um eine Mietwohnung. In beiden Fällen war jeweils ein Energieausweis vorhanden und es wurden auch einige der von § 16a Abs. 1 EnEV geforderten Angaben, etwa die zum Energieverbrauch, gemacht. Es fehlte indes die Angabe der im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung der Gebäude (§ 16a Abs. 1 Nr. 3 EnEV). Der BGH bejaht zunächst den Marktbezug von § 16a EnEV i.S.d. § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.). Er vertritt indes die Auffassung, der Immobilienmakler sei nicht Adressat der dort statuierten Informationspflichten. Aus der Begründung zu § 16a EnEV ergebe sich hinreichend deutlich, dass der nationale Verordnungsgeber bewusst davon abgesehen habe, Immobilienmakler in den Kreis der Verpflichteten aufzunehmen. Die Bestimmung des § 16a EnEV genüge insofern nicht den Vorgaben des Art. 12 Abs. 4 RL 2010/31/EU. Eine richtlinienkonforme Auslegung sei indes nicht möglich. Die Grenzen für eine solche Auslegung würden zwar nicht von dem Wortlaut der Norm vorgegeben, wohl aber von der Gesamtheit der nach innerstaatlicher Rechtstradition erlaubten Auslegungsmethoden. Richterliche Rechtsfortbildung komme danach nur in Betracht, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Die bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers, Immobilienmakler nicht in den Kreis der nach § 16a Abs. 1 und 2 EnEV Verpflichteten aufzunehmen, sei bindend und könne auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung oder Rechtsfortbildung geändert werden. Es fehle an einer planwidrigen Unvollständigkeit der Verordnung. Da der Immobilienmakler die streitgegenständlichen Anzeigen selbst aufgegeben hat, konnte der BGH auch eine Haftung als Teilnehmer an einer fremden Wettbewerbsverletzung unschwer verneinen.
Der BGH bejaht den Unterlassungsanspruch dann aber aus den §§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 3, 5a Abs. 2 Satz 1 UWG. Anders als bei § 16a EnEV sei der Immobilienmakler auch Adressat der Informationsverpflichtung aus § 5a Abs. 2 UWG. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gälten Informationen als wesentlich, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Auch wenn § 5a Abs. 4 UWG seinem Wortlaut nach nicht auf die Richtlinien, sondern auf Umsetzungsnormen abstellt, sei es in diesem Zusammenhang unerheblich, dass § 16a EnEV die Richtlinienvorgaben unzureichend umsetze. § 5a Abs. 4 UWG diene nämlich seinerseits der Umsetzung einer Richtlinienvorgabe, nämlich von § 7 Abs. 5 RL 2005/29/EG (UGP-Richtlinie). Diese Regelung stelle aber gerade nicht auf die Umsetzungsnormen ab, sondern auf die unionsrechtlichen Vorgaben selbst. Die in § 16a Abs. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV aufgeführten Informationen hätten ihre Grundlage in Art. 12 Abs. 4 RL 2010/31/EU und seien daher gemäß § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich anzusehen.
Ein Vorenthalten i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG liege vor, wenn die entsprechende Information entweder zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder von diesem zumindest mit zumutbarem Aufwand beschafft werden kann und der Verbraucher sie nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann. Der Makler könne sich die in Rede stehenden Informationen hier ohne weiteres beschaffen, da bereits Energieausweise vorhanden gewesen seien. Der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ erfasse außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts oder die Kontaktaufnahme zum Immobilienmakler zu dem Zweck, die Immobilie zu erwerben oder zu mieten.

C. Kontext der Entscheidung

Der BGH versucht sich hier im Spiel über die Bande. Seine Argumentation überzeugt dabei nicht in allen Punkten. Zuzustimmen ist ihm allerdings noch insofern, als er feststellt, dass Immobilienmakler nicht zu den Adressaten des § 16a Abs. 1 EnEV gehören. Erste Zweifel müssen aufkommen, wenn der BGH ohne nähere Begründung davon ausgeht, der Verordnungsgeber habe damit die Richtlinienvorgabe aus Art. 12 Abs. 4 RL 2010/31/EU nur unzureichend umgesetzt. Diese Richtlinienvorgabe gebietet den Mitgliedstaaten, zu „verlangen“, dass in Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in kommerziellen Medien der in dem Ausweis über Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes angegebene Indikator der Gesamtenergieeffizienz genannt wird, ohne zugleich Vorgaben zu machen, wie und gegenüber wem die Mitgliedsstaaten dies „verlangen“ müssen. Insofern hätte man durchaus der Frage nachgehen können, ob der Verordnungsgeber den Richtlinienvorgaben nicht auch dadurch entsprechen konnte, indem er ein entsprechendes Verlangen – wie geschehen – nur an den Verkäufer bzw. Vermieter adressiert, denn dieser ist regelmäßig Auftraggeber des Immobilienmaklers und hat daher die Möglichkeit, den Makler seinerseits entsprechend zu verpflichten.
Gewöhnen muss man sich über kurz oder lang wohl an die eigentümlichen Mischgebilde von Regelbeispielen und Fiktionen. Diese begegnen uns etwa in Art. 7 Abs. 5 RL 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) und in dem zu dessen Umsetzung ergangenen § 5a Abs. 4 UWG. Wenn es dort heißt, dass die im Unionsrecht wurzelnden Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing wesentlich sind, so scheint dies auf den ersten Blick einzuleuchten, denn wer wollte dem Unionsgesetzgeber schon unterstellen, sich mit etwas anderem zu befassen als mit Wesentlichem? Die unionsrechtlichen Informationspflichten scheinen hier zu Paradigmen aufgewertet zu werden, die in ihrer Gesamtheit zugleich den Maßstab der Wesentlichkeit abbilden.
Zweifel an einer solchen Systematik kommen aber spätestens dann auf, wenn man verschiedene unionsrechtlich determinierte Informationspflichten näher betrachtet und dabei zu Fragen gelangt, wie etwa der, ob denn die Registernummer einer Handelsregistereintragung (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 1 VVG-InfoV) oder der räumliche Geltungsbereich einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV) wirklich zu den Informationen zählen, die man außerhalb gesetzlich geschaffener Zwänge mit dem Attribut „wesentlich“ versehen würde. Mit diesen Zweifeln wächst dann auch das Bewusstsein dafür, dass Art. 7 RL 2005/29/EG und § 5a Abs. 4 UWG gesetzestechnisch eine Fiktion begründen („…gelten als wesentlich…“) und insofern eine nähere Auseinandersetzung mit derartigen Fragen entbehrlich machen. Innerhalb des Anwendungsbereiches einer Norm macht es keinen Unterschied, ob eine Information wesentlich „ist“ oder nur als wesentlich „gilt“. Außerhalb des Anwendungsbereiches der Norm stellt sich jedoch die Frage, ob auch eine nur fingierte Wesentlichkeit erlaubt, die solchermaßen gekennzeichnete Information auch ganz allgemein und losgelöst vom Anwendungsbereich als „wesentlich“ zu markieren. Wenn eine Information nicht wesentlich ist, aber als wesentlich gilt, dann wäre es nicht fernliegend, auch die rechtlichen Auswirkungen der materiellen Qualifizierung anzupassen und – im Rahmen des methodisch Zulässigen – so weit wie irgend möglich zu begrenzen. Dabei muss auch die (Aus-)Nutzung von Auslassungen und Fehlern sowie von Defiziten bei der Richtlinienumsetzung nicht per se außer Betracht bleiben.
Die Entscheidungsbegründung des BGH hätte jedenfalls deutlich mehr Überzeugungskraft, wenn sich das Gericht auch inhaltlich mit der Frage befasst hätte, inwiefern die Kenntnis über den Energieträger eine wesentliche Information ist, der für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers Bedeutung zukommt. In diesen Rahmen gehört dann sicherlich auch die Auseinandersetzung mit dem Einwand, dass weder Art. 12 Abs. 4 RL 2010/31/EU noch § 16a Abs. 1 EnEV die Angabe des Energieträgers unbedingt verlangt, sondern nur, wenn bereits ein Energieausweis zu dem Gebäude vorliegt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Praxis wird sich mit der Auffassung des BGH arrangieren müssen. Soweit das Urteil in Maklerkreisen teilweise mit der Schlagzeile „Informationspflichten nach EnEV gelten nicht für Makler“ als vermeintlicher Erfolg angepriesen wurde, so ist dies wohl weniger als die halbe Wahrheit. Für den Makler dürfte es gleich sein, ob entsprechende Informationspflichten aus § 16a Abs. 1 EnEV oder aus § 5a Abs. 2 UWG hergeleitet werden. § 5a Abs. 2 UWG stellt insofern sogar die deutlich gefährlichere Norm dar, weil nicht einmal ausgeschlossen werden kann, dass bestimmte in § 16a Abs. 1 EnEV vorgesehene Angaben (etwa zu dem wesentlichen Energieträger für die Heizung) auch unabhängig von dem Vorliegen der in § 16a Abs. 1 EnEV geregelten Voraussetzungen (namentlich: dem Vorliegen eines Energieausweises) verlangt werden könnte. Da der amtliche Leitsatz der Entscheidung indes ausdrücklich auch die Wendung „… wenn ein Energieausweis vorliegt …“ umfasst, erscheint diese Gefahr derzeit gering.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Der Senat hat mit zwei Parallelentscheidungen vom gleichen Tag in den Rechtssachen I ZR 229/16 und I ZR 4/17 in gleicher Weise entschieden.

Energieverbrauchsangaben in Immobilienanzeigen von Maklern als wesentliche Information
Birgit OehlmannRechtsanwältin

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