In einem vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg geführten Verfahren hat sich ein Steuerberater bemüht, die zusätzliche Bezeichnung „Zertifizierter Rating-Analyst (IHK)“ im geschäftlichen Verkehr, auf Briefbögen, Visitenkarten und sogar auf seinem Anzugrevers für zulässig erklären zu lassen. Richtig ist, dass jeder Berufsträger zunächst einmal das Recht haben muss, Fragen grundsätzlicher Bedeutung für ihn einer gerichtlichen Klärung zuführen zu lassen, soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen. Das hat das Finanzgericht in den Entscheidungsgründen auszugsweise wie folgt gesehen
„Die Vermeidung verbotener Zusätze zur Berufsbezeichnung ist Berufspflicht des Steuerberaters. Gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 1 StBerG obliegt es der Steuerberaterkammer, die Mitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. Ein Mitglied, dass sich entsprechend dem erteilten Rat verhält, kann im berufsgerichtlichen Verfahren und im Strafverfahren darauf verweisen, dass ihm sein Verhalten nicht vorgeworfen werden kann. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass derjenige, der Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Handelns hat, das insbesondere auch für einen bestimmten Berufskreis von Bedeutung ist, eine Erkundigungspflicht hat. So muss sich selbst ein Rechtsanwalt bei einer schwierigen Frage der anwaltlichen Berufspflicht vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer beraten lassen (BGH, Urteil vom 16. November 1962 4 StR 344/62, BGHSt 18, 192). Entsprechendes gilt für einen Steuerberater (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 1996 StO 1/95, DStR 1996, 1304). Kommt der Steuerberater dieser Pflicht nach, muss er auch die Möglichkeit haben, seine von der Steuerberaterkammer abweichende Rechtsauffassung auf dem Rechtsweg überprüfen zu lassen. Ansonsten würde er sich dem Risiko aussetzen, die Frage erst in einem berufsgerichtlichen Verfahren mit ggf. inkriminierenden Folgen klären lassen zu können.“
und kommt daher zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Klage des Steuerberaters.
Gleichwohl erachtet das Finanzgericht die zusätzliche Berufsbezeichnung selbst als unzulässig, die Klage des Steuerberaters daher als unbegründet. In den Entscheidungsgründen dazu heißt es auszugsweise:
Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG ist geeignet, dem mit ihr verfolgten Zweck Rechnung zu tragen. Denn durch das Verbot nicht amtlicher Zusätze zur amtlichen Berufsbezeichnung wird sichergestellt, dass die mit der amtlichen Berufsbezeichnung zum Ausdruck gebrachte hoheitliche Gewähr für die Sachkompetenz des Berufsträgers nicht auf privat verliehene, nicht amtliche Bezeichnungen ausstrahlt und diesen hierdurch eine trügerische – tatsächlich nicht zwingend vorhandene Autorität verleiht. Die Regelung ist auch erforderlich, um die mit ihr verfolgten Belange des Gemeinwohls zu schützen. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Der mit ihr verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit des Steuerberaters wiegt nicht übermäßig schwer, sondern bringt das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Schutz vor irreführenden Berufs- oder Qualifikationsbezeichnungen und das grundrechtlich geschützte Interesse des Steuerberaters auf werbende Außendarstellung in einen angemessenen Ausgleich. § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber ist berechtigt, für unterschiedliche Berufsgruppen deren spezifischen Bedürfnissen entsprechende Berufsausübungsregeln zu erlassen.
(Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Oktober 2014 – 2 K 3426/11 –, Rn. 72, juris)
Ob das Urteil, obwohl durchaus nachvollziehbar begündet, letztlich in Rechtskraft erwachsen wird, mag durchaus bezweifelt werden. So hat der betroffene Steuerberater Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. des BFH: VII B 185/14), da die Revision durch das Finanzgericht nicht zugelassen worden ist. Der Bundesgerichtshof, oberstes Gericht in Angelegenheiten das anwaltliche Berufsrecht betreffend ist da durchaus weniger restriktiv. So wurde das Werbeverbot für Rechtsanwälte mittlerweile praktisch vollständig aufgehoben, auch wenn der eine oder andere abstruse Auswuchs („Schockwerbung“) noch mit den verbliebenen wenigen Mitteln versucht wird einzudämmen. Die Berufsgruppe der Steuerberater ist da im Kern deutlich weniger „kämpferisch“ veranlagt.