Man erlebt es ja immer wieder, insbesondere in Zeiten des Wahlkampfes bis hin zur kommunalen Ebene, dass sich Politiker der verschiedenen Lager auf das Übelste beschimpfen. Nicht selten werden da auch persönliche und über Jahre und Jahrzehnte trefflich gepflegte Fehden bedient. Jeder vermag aus seinem näheren Umfeld dafür Beispiele benennen. Auch der Verfasser sieht sich in regelmäßigen Abständen mit Mandaten „konfrontiert“, wonach Gegenstand desselben die gerichtliche Abstrafung des Gegners oder die Verteidigung gegen den Versuch einer solchen sein soll. Besonders lesenswert ist dazu eine Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 14.1.2015, die und deren Vorgängerentscheidungen anderer Gerichte ich bei Mandatsbegründung gerne ausführlich zitiere. Gerade in Wahlkampfzeiten, für manche Politiker scheint immer Wahlkampf zu sein, geriert sich der eine gerne öfter als Pitbull, obwohl er im wahren Leben eher ein „Schoßhund“ ist. Der andere wiederum ist nachgerade die Personifizierung einer Mimose.
Wenn man sich den Beruf (oder bei Ehrenamtlichen die Berufung) als Politiker aussucht, darf man nicht zimperlich sein. Die Gerichte halten sich in aller Regel bei den Auseinandersetzungen heraus und das ist auch gut so. Das verdeutlicht die nachfolgende Pressemitteilung zu dem oben erwähnten Urteil:
„Im Rahmen des politischen Meinungskampfes kann auch die Bezeichnung des Gegners als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner zulässig sein, sofern es sich bei diesen Äußerungen ihrem Sinn und systematischen Kontext nach um eine bewertende Stellungnahme zu einer die Öffentlichkeit bzw. eine politische Partei interessierende Frage handelt. Dies hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden.
Der Verfügungskläger (fortan: Kläger), baden- württembergischer Landesvorsitzender und Gründungsmitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD), hatte sich in dem einstweiligen Verfügungsverfahren dagegen gewendet, dass der Verfügungsbeklagte (fortan: Beklagter) ihn in einem an Parteimitglieder der AfD adressierten E-Mailschreiben als Betrüger, Rechtsbrecher, Halunke, Lügner und Gauner bezeichnet hat. Der Beklagte war früher selbst Mitglied der AfD. Nachdem es im Jahr 2013 zu einem Parteiausschlussverfahren kam, war er freiwillig aus der Partei ausgetreten.
Auf Antrag des Klägers hatte das Landgericht Baden-Baden dem Beklagten die beanstandeten Äußerungen untersagt (Urt. v. 29.09.2014 – Az. 4 O 128/14). Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist nicht der Auffassung des Landgerichts gefolgt, wonach es sich hier um Schmähkritik handele, die ohne weitere Abwägung der betroffenen Interessen unzulässig sei. Denn eine Schmähung liege bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vor und sei eher auf die Privatfehde beschränkt. Wesentliches Merkmal der Schmähung sei eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Davon könne hier keine Rede sein. Die angegriffenen Äußerungen dürften nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr müssten – entgegen der Auffassung des Landgerichts – auch die in der E-Mail gesetzten Links berücksichtigt werden. Dort beanstande der Beklagte den Ablauf der Wahl des Klägers auf den 3. Listenplatz der AfD bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags als fehlerhaft. Bei den Äußerungen des Beklagten handele es sich daher ihrem Sinn und systematischen Zusammenhang nach um die kritisierten parteiinternen Vorgänge zusammenfassende, bewertende Stellungnahmen. Bei der gebotenen Abwägung spreche eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen, da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien und offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2015 – Az. 6 U 156/14″
Anders verhält sich die Sachlage jedoch bei sog. Tatsachenbehauptungen. Handelt es sich um solche und sind diese falsch, steht dem Betroffenen gegen den Äußernden ein Unterlassungsanspruch zu, der zunächst außergerichtlich im Wege einer Abmahnung und bei fruchtlosem Fristablauf im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann. Kommt es dort dann im Rahmen einer mündlichen Verhandlung – entgegen aller bisherigen Erfahrungswerte – nicht zu einer abschließenden vergleichsweisen Regelung des entsprechenden Rechtsverhältnisses etwa durch Anerkenntnis des Anspruches auch in der Hauptsache, ist weiterhin noch die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens erforderlich, in dem im Gegensatz zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren alle in der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehenen Beweismittel zulässig sind.
Aktuell ist gerade ein Verfahren anhängig, in dem sich ein Landespolitiker der Linken gegen einen als Rechtsanwalt tätigen ehemaligen CDU-Staatskanzleiminister zur Wehr setzt, der ersteren mittels Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen und der Androhung einer Strafanzeige „mundtot“ machen wollte, sich andererseits jedoch scheute, tatsächlich die Gerichte anzurufen. Das Mittel der Wahl war hier, selbst Klage zu erheben und zwar in der Sonderform der negativen Feststellungsklage (§ 256 ZPO), dies mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass dem Gegner der behauptete Unterlassungsanspruch nicht zusteht. Dies hat dann noch den willkommenen Nebeneffekt, dass man die Anwaltskosten für die Abwehr der vorherigen unberechtigten Abmahnung, die ansonsten nicht erstattungsfähig sind, zumindest mittelbar wieder herein bekommt.
Die gerichtliche Entscheidung steht noch aus.